Fachberater

Begonnen von Horst, 13. September 2000, 20:31:10

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Horst

Der Fachberater ist im Kleingartenwesen verhältnismäßig neu.
Ich bin in einem kleinen Verein und es ergeben sich folgende Fragen:
1. Warum noch Fachberater neben den voll besetzten        Vorständen bzw. Ausschüssen?
2. Haben die Fachberater bei euch nur beratende Funktion?
3. Welche Qualifikation braucht ein Fachberater?
4. Wird er ernannt? von wem? oder wird er gewählt?
5. Welches sind die Aufgaben eines Fachberaters?
Nur "zuständig" für den Anbau von Gartenbauerzeugnissen?
Kurz: Wie sieht das alles bei euch aus?

Carolin

Hallo,
also: der Fachberater hat (im Unterschied zum Vorstand und anderen Funktionären im Verein) die Aufgabe, seine Vereinsmitglieder/Gartenfreunde in allen Fragen des praktischen wie theoretischen Gartenbaus (Gemüse, Obst, Boden, Stauden, Kräuter, Kompost, Gestaltung, Schädlinge, Nützlinge u.v.a.m.) zu beraten. Da alle Kleingärtner Individualisten sind (die selbst alles am Besten wissen), wird dieser Rat zwar (leider) selten in Anspruch genommen, steht aber theoretisch gern zur Verfügung. Ausgebildet wird der Fachberater (zumindest bei uns) in einem einjährigen (wöchentlich stattfindenden) Kursus. Anmelden dazu kann sich jeder interessierte und organisierte Gartenfreund/in.
Ich halte dies für eine sinnvolle Möglichkeit der Fortbildung.
Gruß, Carolin
 

Burkhard Kohnert / KGV Rosenhain, Lehrte

Fachberatung im Kleingärtnerverein ... was ist das eigentlich?

Eine äußerst interessante Frage, über die lange philosophiert werden kann und deren Antwort sich nicht in wenigen Sätzen festhalten lässt.

Das Wesentliche will ich aber bereits an den Anfang der folgenden Ausführungen stellen: Die Fachberatung legt ihre Position im Verein selbst fest! Diese Aussage mag zunächst verwundern, lässt sich jedoch einfach begründen.

Ich spreche hier übrigens bewusst nicht vom Fachberater als Einzelperson sondern von der Fachberatung als Team und als Institution. Der Fachberatung gehören alle FachberaterInnen eines Vereins an. Mindestens eine/r von ihnen, der/die sogenannte VereinsfachberaterIn, sollte satzungsgemäßes Vorstandsmitglied sein, um als Bindeglied zu fungieren und unmittelbar das Vereinsgeschehen beeinflussen zu können.

Die Arbeitsinhalte der Fachberatung werden in keiner Legaldefinition erwähnt. Lediglich die "Pflichtaufgaben" der/des VereinsfachberaterIn werden bestenfalls in den vorstandsintern beschlossenen Geschäftsverteilungsplänen auftauchen. Somit bestimmt sich das tatsächliche Tätigkeitsfeld der Fachberatung durch deren Kompetenz. Denn durch Kompetenz - und nur durch Kompetenz - wird Akzeptanz erreicht: innerhalb des Vorstandes und gegenüber den einzelnen Mitgliedern. Besseres Wissen - und nicht die Besserwisser - sind immer gefragt.

Die Fachberatung sollte sich im Rahmen der Qualifikation der einzelnen FachberaterInnen positionieren als Berater in Fragen, die das Vereinsleben betreffen, und zwar sowohl als Berater der einzelnen Mitglieder als auch - und insbesondere - als Berater des Vorstandes! Die Führung eines Kleingärtnervereines ist in der Vergangenheit immer schwieriger geworden. Das liegt einerseits an der permanent nachlassenden Bereitschaft der Mitglieder, sich ehrenamtlich zu engagieren. Andererseits werden die das Vereinsleben behindernden Gesetze und andere Vorschriften für "Otto-Normalverbraucher" immer komplizierter, so dass gelegentlich der Rechtsanwalt und der Steuerberater die wichtigsten "Vorstandsmitglieder" zu sein scheinen. In dieser Situation kann jede erdenkliche Entlastung des übrigen Vorstandes hilfreich sein. Die Fachberatung hat die Möglichkeit, wichtige - beispielsweise aus zeitlichen Gründen immer wieder aufgeschobene - Dinge aufzugreifen, zu erarbeiten und erforderliche Beschlüsse des Vorstandes und der Mitgliederversammlung vorzubereiten.

Das Wissen um Flora und Fauna und dessen Weitergabe an Ratsuchende ist sicherlich eine wesentliche und auch aus der Historie gewachsene Domäne der Fachberatung. Sie sollte aber in der heutigen Zeit bei Weitem nicht alles sein.

Nach obigen Ausführung wird deutlich, dass die Aufgaben der Fachberatung nicht abschließend festgelegt werden können und sollten. Im Folgenden möchte ich aber beispielhaft einige Aufgaben beschreiben, und zwar zunächst die Aufgaben, die aus meiner Sicht zur Pflicht der Fachberatung gehören sollten und im Anschluss daran einige Anregungen für die Kür:

-  Beratung der einzelnen Mitglieder in allen Fragen der Gartenbewirtschaftung (Bodenbearbeitung, Düngung, Pflanzenanbau und -schutz, geeignete Sorten, Baumschnitt, Kompostwirtschaft, Mulch, ...).

-  Ständige Information der Mitglieder über Neues und Wissenswertes (Aushangkästen, Handzettel, ...).

-  Organisation von Bodenuntersuchungen.

-  Organisation und Durchführung von Informationsveranstaltungen, insbesondere Vorträge über alle kleingärtnerischen Belange.

-  Durchführung von Gartenbewertungen zur Ermittlung der Abstandssumme bei Kündigung des Pachtverhältnisses.

-  Konzeption und Pflege von Bewertungsrichtlinien zur Ermittlung der Abstandssumme; Herbeiführung erforderlicher Beschlüsse durch die Mitgliederversammlung.

-  z. B. Organisation, Mitwirkung und Herausgabe einer Vereinszeitung.

-  z. B. Konzeption und Pflege der Gartenordnung; Herbeiführung erforderlicher Beschlüsse durch die Mitgliederversammlung.

-  z. B. Pachtvertragsentwürfe erarbeiten.

-  z. B. die Datentechnik des Vereins organisieren.

-  z. B. das Gestalten einer Homepage für den Verein.

-  z. B. an der Anlage des vereinseigenen Spielplatzes mitwirken, insbesondere "Fremdmittel" (öffentliche Zuschüsse, Spenden) einwerben oder hiefür einen Basar durchführen.

z. B. einen Lehrgarten anlegen (lassen).

Die Aufzählung ließe sich fast unendlich fortführen.

Um hier kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Ich bin nicht der Meinung, dass die FachberaterInnen die Allwissenden eines Vereins sind und schon gar nicht, dass sie sich - was den Meisten unter zeitlichen Gesichtpunkten auch überhaupt nicht möglich wäre - in alles einmischen sollten. Andererseits können durch die Fachberatung ungeahnte Ressourcen nutzbar gemacht werden. Diese sind abhängig von der Eingangs erwähnten Kompetenz, die sich insbesondere aus dem jeweils ausgeübten Beruf ergibt, aber sich auch auf die persönlichen Interessen der FachberaterInnen stützt.

Wie ist die außerberufliche Qualifikation zu erreichen?

Einen Einstieg, für das "Grobe" sozusagen, sind die - meistens auf Bezirksverbandsebene - angebotenen Fachberaterschulungen, durch die man auch den formellen Nachweis der Eignung in Form eines Fachberaterausweises erhält. Daneben wird von Fachberater/n/Innen zu erwarten sein, dass sie sich detaillierte Kenntnisse durch andauerndes Studium der Fachliteratur selbst aneignen. Das Lesen möglichst mehrer Fachzeitschriften gehört selbstverständlich dazu, um ständig "up to date" zu sein. Nahezu unerlässlich ist das Surfen im Internet, um möglichst zeitsparend umfassende Informationen zu erhalten. (Konkretes Beispiel: als kürzlich aktuelle Informationen zu Asbest in Laubendächern und deren Bearbeitung benötigt wurden, war das mit ca. 1 Stunde Zeitaufwand erledigt. Das wäre ansonsten nur mit hohem Zeitaufwand und umfangreichem Schriftverkehr - und wahrscheinlich nur unvollständig - möglich gewesen). Alle angebotenen Fortbildungsveranstaltungen der Spitzenverbände werden besucht.

Ebenso selbstverständlich ist es, dass sich die Fachberatung sowohl in den vereinsinternen Vorschriften und auch in den gesetzlichen Bestimmungen, wie den einschlägigen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches, dem Bundeskleingartengesetz, Immissionsschutzgesetzen und baurechtlichen Bestimmungen gut auskennt. Ein Kommentar zum Bundeskleingartengesetz gehört natürlich auch zum Handwerkszeug der Fachberatung.

Ein Wort zum Schluss: Das Kleingartenwesen ist nicht statisch. Um die heranwachsende Generation für unser Anliegen begeistern zu können, ist viel Innovation von Nöten. Umweltproblemen ist entgegenzuwirken. Im Interesse Aller ist der Bestand an Kleingärten als Teil eines funktionierenden ökologischen Systems zu sichern. In diesem Gefüge gibt es für die Fachberatung unendliche Einsatzmöglichkeiten.

Viel Erfolg bei dieser anspruchsvollen Aufgabe.

Und noch ein letzter Tipp: Wenn es auf andere Weise nicht gelingt, einen Gartenfreund für die Arbeit im Verein zu motivieren, besteht eine Chance vielleicht noch darin, ihn für die Fachberatung zu interessieren und ihn auf diese Weise auf spätere Vorstandstätigkeiten vorzubereiten.

Burkhard Kohnert
Vereinsfachberater im
KGV Rosenhain e. V., Lehrte
Kontakt: rosenhain@kleingaerten.de


Zur Information:
Unser Verein hat über 200 Mitglieder und rund 170 Parzellen in einer durchschnittlichen Größe zwischen 600 und 700 m². Der Vereinsfachberater ist Vorstandsmitglied. Es gibt etwa 15 formal ausgebildete FachberaterInnen, von denen 7 (davon 3 weiblich) aktiv tätig sind. Drei davon (zwei weiblich) nehmen gleichzeitig andere Vorstandstätigkeiten wahr.

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Für Gartenfachberater, Vereinsvorstände und alle, die es genauer wissen wollen: „Der Fachberater“ informiert Sie vier Mal im Jahr über gartenfachliche und verbandspolitische Themen des Klein­gar­ten­wesens. Die Ver­bands­zeit­schrift des Bun­des­ver­ban­des Deutscher Gartenfreunde widmet sich zudem Ausgabe für Ausgabe verschiedenen Schwer­punkt­the­men.

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