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Kategorien => Kleingarten => Thema gestartet von: bachgarten am 12. Juni 2017, 11:44:24

Titel: Übernachten - Verzwickte Rechtslage
Beitrag von: bachgarten am 12. Juni 2017, 11:44:24
Hallo liebe Gartenfreunde,
ein Brief der Verpächterin (Gemeinde) sorgt für Unruhe, daher folgende Nachfragen:
Lt. Pachtvertrag ist bzw. war Übernachten bisher verboten.
Lt. Gartenordnung ist bzw. war Übernachten bisher erlaubt.
Bisher war Übernachten ohne jegliche Einschränkungen und Problematiken von der Verpächterin akzeptiert und von der abgewähltn Vorstandschaft sogar aus Sicherheitsgründen erwünscht.
Frage 1: Wie wird gelegentliches Übernachten (!nicht Dauerwohnen!) bei euch gehandhabt?
Frage 2: Was würdet ihr als Vorstandsmitglied bzw. als Pächter/Vereinsmitglied darauf reagieren?

;) Danke für eure zahlreichen Mitteilungen  ;)
Titel: Re: Übernachten - Verzwickte Rechtslage
Beitrag von: Black_Knight am 13. Juni 2017, 21:38:32
Also in meiner Anlage in Rostock habe ich nichts gegen gelegentliches Übernachten. Dauerhaftes wohnen ist bei uns eh nicht möglich da es kein Wasser über die Wintermonate gibt. Ich achte auch darauf das es keine Urlauber sind die alle 2 Wochen wechseln.
Aber das ist nur meine Meinung. Andere Verbände/Vereine andere Regelungen.
Titel: Re: Übernachten - Verzwickte Rechtslage
Beitrag von: verbandsfrei am 15. Juni 2017, 10:20:02
Hallo bachgarten,

welcher Pachtvertrag verbietet das Übernachten? Der Vertrag zwischen Verpächterin und eurem Verein oder der zwischen Verein und einzelnem Kleingärtner?

Das BVerwG hat sich 1984 offenbar erstmals mit dem Thema Übernachten im Kleingarten beschäftigt, allerdings nur beiläufig. Streitgegenstand war die zulässige Höhe einer Gartenlaube in Bremen (Urteil vom 17.02.1984, Az. 4 C 55/81). Im Urteil heißt es:

"Die kleingärtnerische Nutzung einer Laube besteht vor allem in der Aufbewahrung von Geräten für die Gartenbearbeitung und von Gartenerzeugnissen sowie in kurzfristigen Aufenthalten des Kleingärtners und seiner Familie aus Anlaß von Arbeiten oder der Freizeiterholung im Garten. Es kann offenbleiben, ob es noch im Rahmen dieser Nutzung liegt, wenn der Kleingärtner und Familienangehörige behelfsmäßig auch einmal in der Laube übernachten. Lauben dürfen jedoch nicht eine Größe und eine Ausstattung haben, die zu einer regelmäßigen Wohnnutzung, etwa an den Wochenenden, einladen."

In welchem Bundesland befindet sich eure Kleingartenanlage?

VG
verbandsfrei
Titel: Re: Übernachten - Verzwickte Rechtslage
Beitrag von: bachgarten am 16. Juni 2017, 10:06:47
Hallo verbandsfrei,
Das Übernachtungsverbot steht im jeweiligen Pachtvertrag der Gemeinde mit den einzelnen Gartenpächtern im Bundesland Bayern.
(Der Verein hat damit nichts zu tun. Allerdings erklärte und von Anpachtung der 1. Vorstand des e.V. zum Pachtvertrag mit der Gemeinde dass weder die Gemeinde noch die Gesamtvorstandschaft, dies stehe ja in der Gartenordnung, etwas gegen Übernachtungen habe, diese aus Sicherheitsgründen sogar als gewünscht zu betrachten sei. --- Dieser seit Jahren/Jahrzehnten mehrfach angesprochenen Meinung ist der Gesamtvorstand nach Abwahl jetzt urplötzlich nicht mehr).
 
Titel: Re: Übernachten - Verzwickte Rechtslage
Beitrag von: Hardy am 23. Juni 2017, 13:34:07
Hier dazu ein RA aus Leipzig, viel text

Dr. Rößger antwortet


LGF 06/2017: Vorübergehender Aufenthalt im Kleingarten

§ Sie fragen - wir antworten:

Wir sind die ,,Neuen". In den Sommermonaten würden wir gern über das Wochenende in unserem Garten verbleiben und schnell auch mal ab und zu in der Woche in unserer Gartenlaube schlafen. Was haben wir zu beachten?

Obwohl der Gesetzgeber im Bundeskleingartengesetz (BKleingG) keine Regelung hinsichtlich des vorübergehenden (einmaligen oder über mehrere Tage oder Wochen zusammenhängenden) Aufenthalts im Kleingarten einschließlich des Übernachtens in der Gartenlaube trifft, ist in der Rechtspraxis allgemein anerkannt, dass es dem Kleingartenpächter und den in seinem Haushalt lebenden Personen nicht verwehrt werden kann, die Gartenlaube zu einem vorübergehenden, d.h. gelegentlichen Aufenthalt an einem oder mehreren zusammenhängenden Tagen und den damit verbundenen Übernachtungen (unter behelfsmäßigen Bedingungen) in der Gartenlaube zu nutzen.

Ablehnung finden Praktiken, die ein regelmäßiges Verbleiben und Schlafen in der Gartenlaube an den Wochenenden in den Sommermonaten oder während der gesamten Sommer- und Herbstmonate beinhalten, weil es sich dabei um keinen vorübergehenden Aufenthalt im obigen Sinne handelt.

Es ist also grundsätzlich zwischen dem Wohnen und dem vorübergehenden – im Sinne eines gelegentlichen/zeitweiligen – Aufenthalt in der Gartenlaube zu unterscheiden. Die ,,Grenzen" vom erlaubten gelegentlichen Aufenthalt und Übernachten zum unerlaubten dauernden Aufenthalt und unerlaubten Wohnen in der Gartenlaube sind schnell überschritten.

Die Rechtslage ist eindeutig: Die Gartenlaube übt eine Hilfsfunktion bei der kleingärtnerischen Nutzung der Pachtsache aus. Sie dient vor allem der Lagerung von Gegenständen/Sachen (so von Garten-/Freizeitgeräten, Sämereien, Dünge-/Pflanzenschutzmitteln, Gartenfrüchten, Arbeitskleidung etc.) ebenso wie als Umkleideraum, als Ort der Verrichtung der Notdurft und einer angemessenen Körperhygiene.

Die Gartenlaube darf nach § 3 BKleingG nicht zum dauerhaften Wohnen geeignet sein und sie darf (nach einschlägiger Rechtsprechung und herrschender Rechtsmeinung) ungeachtet ihrer Beschaffenheit, Ausstattung und Einrichtung nicht zum Wohnen genutzt werden. Dies auch dann nicht, wenn der Kleingartenpächter seinen Wohnsitz aufgibt oder verliert. Es ist daher unzulässig, den Kleingarten als Wohnsitz i.S. § 7 BGB oder Zweitwohnsitz zu nutzen. Der Klengartenpächter darf den Kleingarten nicht zu seinem Lebensmittelpunkt gestalten und von hier aus demzufolge auch nicht die Gesamtheit der mit der selbstständigen Führung seines Haushalts verbundenen Aufgaben erledigen und den Kleingarten auch nicht als Postanschrift angeben.

Der Kleingartenpächter darf auch anderen Personen seine Gartenlaube nicht zu einer derartig missbräuchlichen Nutzung überlassen.

Diese Rechtspositionen liegen eindeutig im Interesse der Erhaltung der durch das BKleingG geförderten und geschützten Kleingartenanlagen und somit im Interesse jedes Vereinsmitgliedes und Kleingartenpächters.

Konsequenterweise finden diese Grundsätze in den im Kreisverband Leipzig der Kleingärtner Westsachsen e.V. und dem Stadtverband Leipzig der Kleingärtner e.V. zur Anwendung kommenden Pachtvertragsformularen und in der für jedes Kleingartenpachtverhältnis geltenden Kleingartenordnung als Vertragspflicht ihre rechtliche Ausgestaltung.

Deren Nichtbefolgung kann – je nach dem Grad der Schwere der Vertragsverletzung nach § 9 Abs. 1 Ziff. 1 BKleingG – zur Kündigung des Kleingartenpachtvertrages führen. Ohnehin stellen sich hier Fragen nach der tatsächlichen Ausstattung und Einrichtung der Gartenlaube.

Die nicht zu leugnenden in der Praxis anzutreffenden stark emotional geführten Diskussionen zu dieser Problematik und ,,demonstrativ" ablehnenden Verhaltensweisen führen daher nicht grundlos zu der Empfehlung, in den Kleingartenordnungen, so wie es verschiedentlich hinsichtlich des Aufstellens und Nutzens von (Wohn-) Zelten der Fall ist, auch Regelungen bezüglich des vorübergehenden Aufenthalts in der Gartenlaube zu treffen. Konsequent ist gegen Gartenfreunde vorzugehen, die diesbezügliche Gesetzes- und Vertragsverletzungen begehen. 


Dr. Wolfgang Rößger
Titel: Re: Übernachten - Verzwickte Rechtslage
Beitrag von: bachgarten am 24. Juni 2017, 11:17:07
Danke Hardy für die interessanten Ausführungen. Die Frage, die vermutlich nur ein Rechtsgelehrter beantworten kann wäre hier:
Gehen Erlaubnis aus dem Bundeskleingartengesetz in Verbindung mit Erlaubnis in der (Vereins)Gartenordnung dem Verbot aus dem Pachtvertrag mit der gemeindlichen Verpächterin  v o r  ?   :-\
Titel: Re: Übernachten - Verzwickte Rechtslage
Beitrag von: Hardy am 24. Juni 2017, 11:54:19
Obwohl der Gesetzgeber im Bundeskleingartengesetz (BKleingG) keine Regelung hinsichtlich des vorübergehenden (einmaligen oder über mehrere Tage oder Wochen zusammenhängenden) Aufenthalts im Kleingarten einschließlich des Übernachtens in der Gartenlaube trifft, ist in der Rechtspraxis allgemein anerkannt...

das stand im 2. Absatz von mir, also keine generelle Genehmigung zum Schlafen im Garten!

Wenn sich der e.V. darüber hinwegsetzt und GF das noch ausweiten, braucht Ihr Euch nicht zu wundern, wenn die Gemeinde als Vermieter eine evtl. Pachterhöhung anstrebt. D.h.: der Vorstand muss das mit der Gemeinde klären und die GF zur Zurückhaltung veranlassen. Sage doch mal in welchem BL Du den Garten hast? Das hatte schon Verbandsfrei gefragt!!!

Hardy

Hardy
Titel: Re: Übernachten - Verzwickte Rechtslage
Beitrag von: bachgarten am 24. Juni 2017, 12:23:55
Ok. Gerne: Bundesland: Bayern. Gemeinde will keine höhere Pacht, sondern wies auf das Übernachtungsverbot lt. Pachtvertrag hin. Dies war ein Anliegen des bisherigen 1. Vorstandes (nach Vorstandsneuwahl) nach dem dieser über 20 Jahre dies vertreten und gewünscht hatte. Und jedem Neuen sagte, dass die Gartenordnung dies ja erlaube und die Gemeinde nichts dagegen hätte. "...Das stünde (so seine Aussage zu uns und anderen) nur im Pachtvertrag, um Fremdvermietung zu unterbinden".
Titel: Re: Übernachten - Verzwickte Rechtslage
Beitrag von: Laremas am 28. Juni 2017, 12:38:04
Ach hart, das wusste ich gar nicht, dass es da solche Regelungen gibt ... wir haben einfach da drin übernachtet, allerdings würde da wahrscheinlich keiner etwas sagen, weil das ja sicherlich nicht als "wohnen" aufgefasst werden kann
Titel: Re: Übernachten - Verzwickte Rechtslage
Beitrag von: ThomasDMG am 18. Juli 2017, 11:48:29
Hier denke ich hilft nur der genaue Text der im Pachtvertrag steht.

Kannst Du den mal posten ?
Titel: Re: Übernachten - Verzwickte Rechtslage
Beitrag von: Jagcreser am 18. Juli 2017, 12:11:51
Man pachtet was und darf es nicht so benutzen wie man es will das ist doch nicht normal! Was ist wenn man sagt man ist die ganze nacht da gesessen und hat die Sterne beobachtet?
Titel: Re: Übernachten - Verzwickte Rechtslage
Beitrag von: Gatinade am 18. Juli 2017, 12:34:06
Sehe ich auch als Schwachsinn, manche schlafen doch einfach auch unterm offenen Himmel?
Mir ist klar, das es ein dauerhaftes Unterfangen sein darf.