• Kleingartenwesen

Liebe geht durch den Magen

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Verwertung und Wertschätzung von Obst und Gemüse fördern


Umweltbildung im KleingartenFoto: Heike Schneider Umweltbildung im Kleingarten: Duftende Kräuter sind ein Aha-Erlebnis für alle, die Dill und Co. nur aus dem Gewürzstreuer kennen.


In der ersten Stunde der Fachberaterausbildung frage ich die Teilnehmer gerne nach ihrer Motivation. „Wir möchten lernen, wie wir gesundes Obst und Gemüse anbauen, und dieses Wissen an andere weitergeben“, so lautet die typische Antwort. Das bringt auf den Punkt, warum wir auf der eigenen Scholle mit Leidenschaft Obst und Gemüse anbauen: Wir wissen um ihre Qualität!

Unsere Lebensmittel sind frei von Pestiziden, sie gedeihen ohne Mineraldünger und Gentechnik. Aber nicht nur das erfüllt uns mit Befriedigung. Mit den Früchten unserer Arbeit genießen wir auch das gute Gefühl, gesunde Nahrungsmittel durch die mühe- und liebevolle Pflege unserer Parzellen selbst hervorgebracht zu haben. Von der Aussaat bis zur Zubereitung – wir fühlen uns mit unseren Lebensmitteln verbunden! Verstecken wir uns mit diesen Schätzen und unserer Freu­de daran nicht hinter unseren Gartenhecken. Fördern wir die Wertschätzung von Lebensmitteln „Marke Ei­gen­an­bau“ auch außerhalb der eigenen Reihen.


Grüne Bildung fördern

Wir tun dies z.B., indem wir Kindergartengruppen und Schulklassen zeigen, wie Obst und Ge­mü­se in unseren Gärten wachsen und was wir daraus alles herstellen. Bei uns im „FlorAtrium“, dem Lern- und Erlebnisgarten der Bremer Gartenfreunde, verarbeiten wir z.B. Äpfel zu Saft oder bauen Wintergetreide an, um es nach dem Dreschen zu Müsli und Co. zu verarbeiten.

Dabei vermitteln wir dem Nachwuchs das „Wesen“ unserer Nahrungspflanzen: Es sind lebendige Geschöpfe, die nach dem Rhythmus der Natur wachsen und gedeihen. Die Kinder verstehen, dass jede Frucht nur zu „ihrer“ Zeit geerntet werden kann. So bestimmt ihr natürlicher Lebenszyklus, wann sie auf dem Wochenmarkt erscheint und gekauft werden kann. Ich freue mich immer wieder, wenn im Supermarkt eine Tochter zu ihrer Mutter sagt: „Nein, jetzt kaufen wir keine Erdbeeren. Die sind im Garten doch im Sommer reif und nicht im Winter.“ Hier wird klar, was uns der eigene Garten lehrt: die bewusste Nutzung von Lebensmitteln statt der Ressourcenverschwendung auf Kosten Dritter durch Massenproduktion in Billiglohnländern.

Das „FlorAtrium“ ist Bremens „grüne Adresse“ für die Bildung rund um das Thema Obst und Ge­mü­se. Neben den privat interessierten Besuchern begrüße ich hier regelmäßig Vertreter anderer Bildungsinstitutionen, z.B. der Volkshochschule, der „Bremer Umwelt Be­ra­tung“ oder der Werk­schu­le. Sie alle wirken als Multiplikatoren für unsere wich­tigen Botschaften.


Aha-Erlebnisse

MispelFoto: Christian Jung/Fotolia.comMenschen für die Verwertung von Obst und Gemüse zu begeistern, gelingt nicht mit „08/15-Rezepten“. Präsentieren wir ihnen Gehölze, Kräuter und Gemüse, die nicht jeder kennt. Im „FlorAtrium“ bleiben z.B. in jedem Jahr viele Besucher vor unserer Mispel (Mes­pi­lus germanica) stehen und fragen, was das denn sei. Im Oktober trägt die Pflanze rundlich birnenförmige, braune und 2–4 cm große Früchte. Erst nach den ersten Frösten werden die Mispeln weich und ge­nieß­bar. Verwendet werden die mehligen und süßen Früchte für die Herstellung von Desserts, Gebäck und Konfitüre.

Auch der Speierling (Sorbus domestica) verwundert unsere Gäste, viele meinen, eine Vogelbeere (Sorbus aucuparia) vor sich zu haben. Das für das Ge­mein­schafts­grün geeignete Gehölz erfreut uns von Sep­tem­ber bis Oktober mit bis zu 4 cm großen Früchten. Verwendung findet dieses Obst bei der Herstellung von Most und Schnaps.

Ernten wir die Früchte nicht, freuen sich die Vögel über diese Nahrungsquelle. Das Holz des Baumes wurde übrigens früher zum Schnitzen oder für die Herstellung von Radnaben verwendet. Später produzierte man daraus Billardstöcke.

Für Begeisterung sorgt auch der Spinatbaum (Chenopodium giganteum). Es gibt nicht viele Eltern, die zusammen mit Ihren Sprösslingen zuvor „Spinat“ von einer bis zu 3 m hohen Pflanze ge­ern­tet haben. In Europa noch recht unbekannt wird der Spinatbaum in Asien schon lange kultiviert.

Es muss nicht immer Asien sein: Was in Westfalen und im Rheinland selbstverständlich ist, wird in Bremen zum Exoten: Stielmus, auch Rübstiel genannt. Dieses Blattgemüse, als Früh- oder Spätkultur angebaut, überrascht erfahrene Gartenfreunde ebenso wie Gäste.

Mit solchem „Anschauungsunterricht“ wecken wir Begeisterung für die vielfältige Nutzung von Lebensmitteln aus eigenem Anbau und legen zugleich die Grundlage für ihre besondere Wert­schät­zung gegenüber handelsüblichen Produkten aus dem Supermarktregal – ein Aha-Erlebnis für viele Verbraucher.

Die Kultivierung und Präsentation der Gartenerzeugnisse ergänzt im „FlorAtrium“ ein Bil­dungs­an­ge­bot zum Thema „Leckere Wildkräuter“. Dabei lernen die Teilnehmer essbare Wildpflanzen kennen, sammeln sie frisch aus dem Garten oder von der Wiese. Gemeinsam essen und trinken wir dann unsere selbst gemachten Delikatessen, etwa Kräuterbutter, Blütenwasser oder Salat.


Auf den Geschmack bringen

Die uns eigene Wertschätzung selbst produzierter Lebensmittel ist Außenstehenden oft fremd. Öffnen wir ihnen daher unsere Gärten, um sie für unsere Sache zu begeistern und sie zu Mit­strei­tern zu machen. Wie das z.B. gehen kann, machen die Gartenfreunde des Vereins „Am Mit­tel­wisch­weg“ in Bremen vor. Dort hat der Vorstand bereits vor Jahren eine „Schnup­per­par­zel­le“ ein­ge­rich­tet, um Interessenten die Möglichkeit der kleingärtnerischen Nutzung zu bieten. Zeitlich befristet kann dort angebaut und geerntet werden, was Gemüserabatten und Obst­ge­höl­ze hergeben. Ganz im Sinne von Karl Förster – „Wer der Gartenleidenschaft verfiel, ist noch nie geheilt worden“ – gewinnt man so neue Gartenfreunde. Um mögliche demotivierende Misserfolge im Keim zu ersticken, steht den potenziellen Neupächtern der Fachberater zur Seite.


Wertschätzung der eigenen ErnteFoto: coco/Fotolia.com Verstecken wir uns nicht mit den Früchten unserer Arbeit, sondern fördern selbstbewusst die Wertschätzung der „Marke Eigenanbau“ auch jenseits unserer Gartenpforten.


Teilen und freuen

Oft ernten wir Gartenfreunde reichlich Salat, Kohlrabi oder Mangold. Wenn unsere Win­ter­vor­rats­la­ger bereits gut gefüllt sind – warum nicht etwas verschenken? Denn Schenken macht Freude und ist zudem Werbung in eigener Sache. Lebensmitteltafeln nehmen unser Obst und Gemüse gerne an, und auch Kirchengemeinden freuen sich über Kürbis und Co. zum Erntedankfest. Es ist auch eine schöne Geste, wenn Kleingärtner einen Teil ihrer Ernte für Bedürftige an ihre Gar­ten­pfor­te stellen. Vielleicht gibt es noch einen Schnack über den Zaun gratis dazu.

Auf Herbstmärkten und Herbstfesten bieten wir Kuchen, Marmeladen und Säfte mit Zutaten aus unseren Gärten an. Was wir als Gemeinschaft oft im Überfluss erzeugen, lernen andere bei solchen Gelegenheiten erst kennen.


Gut für Mensch und Umwelt

Unsere Botschaften gehen über Theorie und Praxis des Grabens und Harkens also weit hinaus. Wir leben vor, dass die Liebe zum Gärtnern auch durch den Magen geht.

Lassen wir andere an unserem Hobby teilhaben, damit die Wertschätzung giftfrei und nachhaltig erzeugter Lebens­mittel auch außerhalb unserer Reihen wächst. Das tut den Menschen gut und auch der Umwelt.

Hartmut Clemen
Landesfachberater des Landesverbandes der Gartenfreunde Bremen

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