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Heilkräuter anbauen, ernten und konservieren
Foto: Paprotka-Kühne
Husten, Schnupfen, Heiserkeit sind sicher die häufigsten Leiden, bei denen auch Gartenfreunde zum Kraut greifen. Thymian gegen Husten und Salbei bei Halsbeschwerden sind wohlbekannt. Auch bei anderen Krankheiten können uns Kräuter helfend unterstützen und zeigen dabei kaum Nebenwirkungen.
Es ist von daher ratsam und praktisch, einige dieser Heilkräuter selbst im Garten zu kultivieren. Dann sind sie bei Bedarf direkt vor Ort, und es lässt sich eine hervorragende Qualität im eigenen Garten erzeugen – oftmals viel besser als die Ware aus der Apotheke.
Die eigenen Kräuter können frisch angewendet werden – z.B. als Tee, Presssaft, Gemüse oder Salatbeilage. So haben sie noch viel mehr wertgebende Inhaltsstoffe als in getrockneter Form, vor allem an ätherischen Ölen! Die ätherischen Öle, die den Duft der Pflanzen bedingen, haben heilende Eigenschaften, sie wirken alle antibakteriell und durchblutungsfördernd, einige sogar auch gegen Viren und Pilze.
Anbau: sonniger Standort, nicht zu sauer
Die Kultivierung von wichtigen Heilkräutern im Garten ist einfach und benötigt nicht viel Platz. Für einen 4-Personen-Haushalt reicht pro Kultur eine Fläche von ca. 1 m². Die meisten Kräuter haben keine besonderen Bodenansprüche, sie können gut auf leichten, sandigen Böden gedeihen. Schwere, lehmige Böden sollten durch Sandzugabe durchlässiger gemacht werden. Staunässe ist auf jeden Fall zu vermeiden.
Der pH-Wert sollte nicht zu sehr im sauren Bereich liegen, pH-Wert 6,5–7,5 ist für die meisten Kräuter ideal. Eine Aufkalkung sollte nur mit mildem kohlensaurem Kalk bzw. Algenkalk erfolgen. Besonders vorteilhaft ist die Gabe von basischem Gesteinsmehl, da es leicht den pH-Wert anhebt und wertvolle Spurenelemente enthält.
Wenig Dünger und gar kein chemischer Pflanzenschutz
Vorsicht mit synthetischen Düngern und hohen Stickstoffgaben! Mit steigendem Stickstoffgehalt nimmt die Festigkeit des Pflanzengewebes ab, die Pflanze wird anfälliger gegenüber dem Befall mit Pilzkrankheiten, und die wertvollen Inhaltsstoffe nehmen ab.
Um die beste Qualität zu erzeugen, ist auch ein sonniger Standort empfehlenswert. Auf einen Pestizideinsatz sollten Sie auf jeden Fall verzichten. Beim Kauf von Pflanzen sollten robuste Sorten mit einem gut ausgebildeten Wurzelwerk bevorzugt werden.
Foto: Paprotka-Kühne
Viele unserer Heilkräuter lassen sich gut in die Gemüsebeete integrieren, da sie zu den Gemüsepflanzen zählen, sich gut für die Mischkultur eignen und zudem oft auch Schädlinge fernhalten, wie z. B. Zwiebeln und Knoblauch.
Kapuzinerkresse kann auf Baumscheiben oder in der Nähe von Rosen gepflanzt werden. Sie hält Blattläuse fern, und die Ringelblume schmückt jedes Beet durch ihre lange Blütezeit.
Haltbarmachen mit Wärme
Kräuter zum Trocknen sollten an sonnigen Tagen vorsichtig geerntet werden und keinen Schädlingsbefall aufweisen, da sie nicht gewaschen werden (Ausnahme: Wurzeldrogen). Sie werden an einem warmen und schattigen Ort möglichst rasch getrocknet, z.B. einschichtig ausgebreitet auf dem Dachboden.
Bestens geeignet sind Dörrapparate, gerade für schleimhaltige Pflanzen, da sie bei langsamerer Lufttrocknung leicht verschimmeln. Bewahren Sie die Kräuter dunkel und luftig an einem trockenen Ort auf, z.B. in dunklen Gläsern oder Weißblechdosen. So halten sie notfalls bis zu einem Jahr.
Lunge und Bauch brauchen die meiste Hilfe
Durch Viren ausgelöst, sind meist die oberen Atemwege betroffen, und durch Schwächung des Immunsystems können nachfolgend Bakterien „Fuß fassen“. Direkt antibakteriell wirken Knoblauch (Allium sativum), Bärlauch (Allium ursinum) und Zwiebel (Allium cepa) – als sogenannte „Küchenantibiotika“. Die Lauchgewächse wirken zudem auch vorbeugend gegen Bluthochdruck und Arteriosklerose.
Sehr wirkungsvoll sind auch Gartenkresse (Lepidium sativum), Meerrettich (Armoracia rusticana) und die Kapuzinerkresse (Tropaeolum majus). Die Wirkstoffe sind scharfe Senföle, die bei der Zerkleinerung der Pflanzen freigesetzt werden (Fraßschutz für die Pflanze). Alle Kreuzblütler enthalten übrigens in mehr oder weniger großen Mengen diese Senföle, also auch unsere ganzen Kohlgewächse oder die Salatrauke (Eruca sativa).
Achtung, Verwechslungsgefahr!
Immer wieder gibt es Meldungen, dass Menschen Blätter vom Bärlauch (Allium ursinum, rechts) mit den hochgiftigen Blättern der Herbstzeitlosen (Colchicum, links und 2.v.l.), des Maiglöckchens (Convallaria majalis, 2.v.r.) und mit den jungen(!) Blättern des Gefleckten Aronstabes (Arum maculatum, ohne Abbildung) verwechselt haben, was schlimmstenfalls zum Tod der betroffenen Personen führen kann.
Wenn Sie Bärlauch im Garten anbauen, merken Sie sich also genau, wo sie ihn ausgesät haben, und pflanzen Sie Maiglöckchen usw. nicht in seiner Nähe an.
Weitere Informationen zu dem Thema finden Sie im Beitrag „Bärlauch sammeln mit Sachverstand“.
Rohverzehr hilft am besten
Die Senföle werden durch Kochen zum Teil zerstört. Am wirkungsvollsten ist also der Frischverzehr. Gartenfreunde sollten deshalb ruhig auch mal ein Stück von einem Meerrettichblatt knabbern. Kresse, Bärlauch oder Kapuzinerkresse immer frisch verwenden! Beim Grünkohl müssen wir wohl einen Senfölverlust hinnehmen, denn wer mag schon unzubereiteten Grünkohl?
Natürlich lassen sich diese antibakteriell wirkenden Pflanzen auch bei Harnwegsinfekten anwenden – sie wirken auch dort. Tipp: Eine besonders heilsame und dekorative Zubereitung und Konservierung: Sie geben frische rote und orangefarbene Kapuzinerkresse-Blüten in einen guten Weißweinessig. Dieser verfärbt sich sehr rasch kräftig orange und wird pikant. Die wertvollen Senföle und Farbstoffe befinden sich nun im Essig. Nach einer Woche können die Blüten abgefiltert werden.
Foto: Paprotka-Kühne
Antibiotikum aus der Natur hilft auch getrocknet
Bei Pflanzen mit anderen ätherischen Ölen sei besonders der Thymian (Thymus vulgaris) zu erwähnen, er ist ein sogenanntes „Breitbandantibiotikum“ und wirkt gegen viele unterschiedliche Bakterienstämme. Er ist erfreulich winterhart und kann über mehrere Jahre beerntet werden.
Thymian ist jederzeit frisch oder getrocknet zu verwenden, als Tee oder Gewürz. Auch lässt sich hervorragend ein Sirup daraus kochen, der sich lange hält und als Hustenmedizin eingesetzt wird.
Ätherische Öle gegen Bauchkrämpfe
Ebenfalls mehrjährig ist der Fenchel (Foeniculum vulgare subsp. vulgare var. vulgare), der Gewöhnliche Fenchel oder Bitterfenchel. Der Knollenfenchel – als Varietät – dient nur als Gemüse. Vom Fenchel sind ganzjährig die Blätter zu verwenden. Wenn die Früchte (Samen) anfangen, sich braun zu verfärben, schneidet man die Dolden ab und lässt sie auf einem Tuch nachreifen, bis die Samen nach und nach herausfallen.
Fenchelfrüchte sollten Sie kurz vor der Zubereitung zermörsern, dann werden die wirksamen ätherischen Öle aus der Schale freigesetzt. Beim Teeaufguss sollten Sie den Deckel nicht vergessen, um die ätherischen Öle in der Tasse zu behalten. Bei Erkältungskrankheiten kann mit Honig gesüßt werden, bei Blähungen bitte ungesüßt trinken.
Foto: Paprotka-Kühne
„Und warum soll jemand sterben, wo doch Salbei (Salvia officinalis) in seinem Garten wächst“, so ein mittelalterlicher Lehrspruch aus der Medizinerschule von Salerno. Die Blätter können frisch oder getrocknet bei Halsschmerzen zum Gurgeln verwendet werden oder als Tee, der bei übermäßigem Schwitzen auch zum Waschen des Körpers genutzt werden kann.
Echte Kamille lindert und heilt
Bei Magen- und Darmschleimhaut-Entzündungen ist unsere gute Echte Kamille (Matricaria recutita) immer noch die erste Wahl. Durch ihre ätherischen Öle und Schleimstoffe regeneriert sie entzündete und verletzte (Schleim-)Häute. Die winzigen Samen sind in Fachhandlungen erhältlich. Die Köpfchen werden bei trockenem, sonnigem Wetter geerntet.
Foto: Paprotka-Kühne Neben Fenchel wirken der zwei-jährige Kümmel (Carum carvi), Dill (Anethum graveolens) und Koriander (Coriandrum sativum) „entblähend“. Sie fördern allgemein wohltuend die Verdauung.
Auch Pfefferminze (Mentha x piperita), die sogar einen schattigeren Platz verträgt, sollte – evtl. im Kübel gepflanzt, weil sie sich stark ausbreitet – ebenfalls einen Platz im Garten finden. Besonders resistent gegen den Rost ist die Sorte ‘Multi Mentha’. Frische Blätter werden vor der Blüte geerntet und ohne Stängel getrocknet, um den höchsten Gehalt an ätherischen Ölen zu erhalten. Pfefferminze lässt sich gut bei Krämpfen und Übelkeit anwenden und fördert die Verdauung, da der Gallenfluss angeregt wird.
Rosmarin hilft und muss geholfen werden
Ergänzend als Kübelpflanze wäre da noch der Rosmarin (Rosmarinus officinalis) zu nennen, ein vielseitiger, aber eben leicht frostempfindlicher Helfer, der Winterschutz benötigt. Die Blätter als Tee, Gewürz oder in Wein machen munter und fördern die Verdauung.
Zudem sorgen sie auch noch für eine allgemein bessere Durchblutung, u.a. der Herzkranzgefäße. Rosmarin ist allgemein bei Erschöpfungszuständen, Kreislaufbeschwerden oder bei Muskelschmerzen (z.B. als Ölauszug) einsetzbar.
Es gibt noch viele weitere pflanzliche Helfer, sodass sich ganze Bücher damit füllen lassen. Ein Plätzchen sollten auch noch die (Zitronen-)Melisse (Melissa officinalis) und der Lavendel (Lavandula angustifolia) finden. Gerade in der heutigen Zeit sind diese beiden Pflanzen ein Balsam für unsere Seele, sie beruhigen und harmonisieren unser Gemüt und unseren Stoffwechsel.
Die Blätter der Melisse sollten auch vor der Blüte gesammelt und am besten sofort frisch verwendet werden. Die Lavendelblüten schneidet man zu Beginn der Blüte ab und lässt sie kopfüber in kleinen Sträußen trocknen.
Tipp
Bei beginnendem Lippenherpes öfter den Saft von frischen Melissenblättern auftragen!
Und auch die Ringelblume (Calendula officinalis) bereichert nicht nur optisch jeden Garten. Die Blüten sind eine gesunde Dekoration für jeden Salat, und jede Teemischung kann durch die Blütenköpfe aufgewertet werden. Als „Solo“-Tee wird die Ringelblume bei Magen-Darm-Entzündungen eingesetzt, sie regt die Gallentätigkeit an und stärkt allgemein das Immunsystem. Und natürlich nutzt man die Blüten zur Herstellung einer heilenden Calendula-Creme.
Es ist schon faszinierend, sich mit den Heilkräften von Pflanzen zu beschäftigen, die so leicht in unseren Gärten gedeihen können.
Diplombiologin Margitta Paprotka-Kühne
Heilpflanzenschule Verden
Tel. 0 42 37/94 22 82
www.heilpflanzenschule-verden.de