- Gartenpraxis
- Gartengenuss
- Obst und Nüsse
Von der Hand in den Mund: Naschobst im Garten
Foto: Buchter-Weisbrodt Die Vorstellungen, die sich mit dem Stichwort „Obst im Garten“ verbinden, haben sich deutlich gewandelt. Kaum jemand denkt dabei noch an umfangreiche Bevorratung, an stundenlanges Ernten und Einmachen.
Gefragt ist Naschobst, also Arten und Sorten in möglichst großer Vielfalt, aber als Einzelexemplare. Sie sollen einen hohen Zierwert haben, pflegeleicht sein und über einen langen Zeitraum Früchte liefern, die sich beim Gang durch den Garten naschen oder für einen Kuchen verwerten lassen.
Ein pflegeleichter Obstgarten, der die ganze Saison über nicht nur gesunde Früchte bringt, sondern auch einen hohen Zierwert hat, lässt sich nur auf eine Weise verwirklichen: mit robusten Sorten am jeweils für sie richtigen Standort. Je nach Obstart kommen dann noch entsprechende Pflegeschritte dazu.
Einige Obstarten benötigen nach den ersten zwei bis drei Jahren keinerlei Pflege mehr, andere gedeihen nicht ohne fundiertes Fachwissen und entsprechend umfassende Maßnahmen. Zur ersten Gruppe zählen Quitte, Haselnuss, Walnuss und Marone, etwas aufwändiger sind Sauerkirsche, Süßkirsche, die Pflaumenarten, Johannisbeere und Heidelbeere. Apfel, Birne, Aprikose, Pfirsich, Stachelbeere, Himbeere und Brombeere verlangen dagegen eine kundige und arbeitswillige Gärtnerhand.
Vorgaben zur Auswahl
Foto: Buchter-Weisbrodt Die Auswahl der Obstgehölze wird stark vom Klima und von den Bodenbedingungen bestimmt. Fast alle Arten bevorzugen humose und vor allem luftdurchlässige Böden im schwach sauren bis neutralen Bereich.
Frühblüher wie Birnen und Pflaumen haben in Spätfrostzonen oft Ernteausfälle. Tiefe Wintertemperaturen sind für wärmeliebende Arten wie Walnuss, Tafeltraube, Quitte, Pfirsich, Aprikose, Kiwi und Brombeere kritisch. Es gibt allerdings bei nahezu allen Arten spezielle Sorten, die besonders kälteverträglich sind.
Auch die Größe des Gartens spielt bei der Pflanzenwahl eine Rolle. Ein Obsthochstamm kann bei entsprechenden Platzverhältnissen das ganze Jahr über besondere Akzente setzen. Ein großer Apfelbaum bietet einen imposanten Anblick, dient aber auch als Schattenspender und Schaukelträger.
Im kleinen Garten reicht der Platz meist nur für klein bleibende Spindelbäume. Grundsätzlich gilt jedoch: Je schwächer der Wuchs, desto höher sind die Ansprüche an den Boden und die sachgerechte Pflege.
Fortwährend ernten
Foto: Buchter-Weisbrodt Wer um die Vielfalt der im Garten möglichen Obstarten und mehr noch um die breite Palette an Sorten weiß, kann vom Frühjahr bis zum Frostbeginn laufend frisches Obst ernten. Selbst im kleinen Garten ist es möglich, immer etwas reifes Obst zum Naschen vorzufinden, auch wenn Erntemengen zur Bevorratung hier kaum machbar sind.
Die ersten Früchte liefern Erdbeeren, die wie die Wildobstart Honigbeere schon Mitte Mai reifen. Mit entsprechenden Sorten und Kulturmaßnahmen lassen sich bis Oktober fortwährend Erdbeeren ernten.
Frühe Himbeer- und Johannisbeersorten tragen ab Anfang Juni. Späte Johannisbeeren reifen bis Anfang September, Herbsthimbeeren und Minikiwis laden noch weit im November zum Naschen ein, sofern kein Frühfrost dem Genuss vorzeitig ein Ende setzt.
Auch bei Äpfeln und Birnen dauern die Reifezeiten von Mitte Juli bis Ende Oktober, reife Pflaumen gibt es von Anfang Juli bis Mitte Oktober. Und bei Tafeltrauben erstreckt sich die Erntespanne von Ende Juli bis Ende Oktober.
Baum- oder Beerenobst
Foto: Buchter-Weisbrodt Baumobst wie Apfel, Birne, Quitte, Pflaume, Kirsche oder Pfirsich benötigt eine geschulte und willige Gärtnerhand: Es ist aufwändig in der Pflege, da ein regelmäßiger fachkundiger Schnitt erforderlich ist und zahlreiche Krankheiten und Schädlinge vorkommen.
Einfacher ist es, mit Beeren- und Wildobst einen Naschgarten zu unterhalten, der attraktiv aussieht und zugleich fortwährend Pflückbares bietet. Unter den baumartig wachsenden Wildobstarten bieten sich besonders Felsenbirne und Kornelkirsche an, da sie ohne Schnitt und Pflanzenschutz auskommen, überaus aparte Früchte liefern, sich problemlos kleinwüchsig halten lassen und einen hohen Öko- und Zierwert haben.
Den Beerenreigen eröffnet ein unscheinbarer Strauch: die Honigbeere. Ihre intensiv blauen, süßen Früchte reifen im Mai. Der extrem winterharte, gut 1 m hohe Strauch kennt keine Krankheiten und Schädlinge.
Bei geschickter Sortenwahl und mit einigen gezielten Kulturmaßnahmen reifen kurz nach der Honigbeere Erdbeeren von Mitte Mai bis Mitte Oktober, Himbeeren von Anfang Juni bis in den November hinein und Johannisbeeren von Mitte Juni bis Anfang September.
Pflanzenschutz im Vorfeld
Foto: Buchter-Weisbrodt Bei den meisten Beerenarten sind leider immer noch viele Sorten im Handel, die ohne gezielte Spritzungen keinen Ertrag bringen, den Zierwert verlieren und sogar absterben können. Dies lässt sich im Vorfeld ganz einfach vermeiden: konsequent nur robuste Sorten pflanzen.
Himbeeren verlieren in wenigen Jahren ihre Vitalität, sofern es sich nicht um Sorten handelt, die eine genetisch bedingte Widerstandsfähigkeit gegen Mosaikviren haben. Die Krankheit wird von den allgegenwärtigen Blattläusen übertragen und ruft in wenigen Jahren rasch fortschreitende Degeneration hervor. Die bekannte Sorte ‘Schönemann’ ist hoch anfällig – im Gegensatz zur schmackhaften und ertragreichen Resistenzzüchtung ‘Meeker’.
Wer nicht viel Zeit in die Pflege investieren will, findet in der Herbsthimbeere eine ideale Obstart. Herbsthimbeeren tragen an den einjährigen Ruten, also den Trieben, die im Frühjahr aufwachsen. Ausschneiden, aufbinden, das lästige Gewirr von ein- und zweijährigen Ruten wie bei Sommerhimbeeren entfällt.
Nach Ernteende – je nach Region bzw. Frostbeginn Mitte Oktober bis Anfang Dezember – werden alle Ruten bodeneben abgeschnitten. Am meisten verbreitet ist die robuste Sorte ‘Autumn Bliss’, besonders aromatisch schmeckt ‘Himbo Top’.
Foto: Buchter-Weisbrodt Bei Stachelbeeren ist es genauso verhängnisvoll wie bei Tafeltrauben, wenn keine pilzfeste Sorte gepflanzt wird. Ohne sechs- bis zehnmaliges Spritzen würden die Pflanzen dem Pilzbefall erliegen.
Bei Stachelbeeren bleiben ‘Invicta’, ‘Remarka’ und ‘Reflamba’ pilzfrei. Bei Hausreben sollte man ‘Muscat bleu’ oder die samenlose, gelbschalige ‘Romulus’ pflanzen. Josta, die Kreuzung aus Schwarzer Johannisbeere und Stachelbeere, trägt kaum Früchte, wenn man nicht darauf achtet, dass es sich um ausgewiesene Sorten handelt: entweder die seit 20 Jahren bewährten ‘Jogranda’ und ‘Jostine’ oder die neu im Handel erhältliche ‘Jonova’.
Langlebige Pflanzen
Bei fast allen Obstarten für den Garten handelt es sich um langlebige Kulturen. Sorte und Qualität der Pflanze bestimmen Pflegeaufwand, Ertrag, Gesundheit und Langlebigkeit des Gehölzes. Es lohnt sich also, in zertifizierten Obstbaumschulen einzukaufen.
Den besten Pflanzenschutz bieten Sorten, die von Natur aus gegen die wichtigsten Schaderreger widerstandsfähig sind. Sie bleiben anhaltend gesund, sofern sonst nichts die Pflanze stresst – etwa falsche Bodenbeschaffenheit oder zu viel Dünger.
Beerenhecken
Foto: Buchter-Weisbrodt Johannisbeeren lassen sich besonders leicht als gut 2 m hohe Hecken ziehen – ein attraktiver Sichtschutz oder Raumteiler. Die Jungpflanzen werden dann am Drahtgerüst ein- oder zweitriebig erzogen. Wer einen traditionellen Strauch erziehen will, muss die Jungpflanze recht tief setzen. Ist der Strauch vier Jahre alt, werden jedes Jahr die vier ältesten Äste bodeneben entfernt und bis auf vier alle Neutriebe weggeschnitten.
Bei Schwarzen Johannisbeeren sind alle alten Sorten krankheitsanfällig. Als äußerst robust haben sich ‘Titania’, ‘Ometa’ und ‘Fertöder’ erwiesen. Bei Roten Johannisbeeren haben sich ‘Jonkheer van Tets’ (früh), ‘Rolan’ (mittel) und ‘Rovada’ (spät reif) bewährt. Wer das Besondere sucht, kann die weißen Sorten ‘Primus’ und ‘Blanka’ oder die rosaroten ‘Rosa Sport’ und ‘Rosalinn’ pflanzen.
Brombeeren ergeben hübsche Hecken. Die geschmacklich unübertroffene, leider extrem stachelige Sorte ‘Theodor Reimers’ ist ein „Muss“, wenn die Frucht intensiv nach Brombeere schmecken soll.
Einfacher lassen sich stachellose Sorten kultivieren. Zu den ertragreichsten und geschmacklich noch am ehesten an Brombeeren erinnernden Sorten zählt ‘Chester Thornless’, die mit ihren auffallend großen, rosaroten Blüten auch eine richtige Gartenschönheit ist.
Die weit verbreitete Sorte ‘Loch Ness’ wächst nur auf besten Böden üppig. Interessant ist auch die wie Himbeeren aufrecht wachsende stachellose Brombeersorte ‘Navaho’.
Mit der richtigen Schnitttechnik (gezieltes Anschneiden der Seitentriebe) lassen sich hier große, vergleichsweise aromatische Beeren ernten.
Dr. Helga Buchter-Weisbrodt