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Wildobst für den Garten
Foto: blickwinkel/F. Hecker
Mit „Wildobst“ bezeichnet man Wildgehölze, die züchterisch nicht oder nur wenig verändert wurden. Früher sammelte man die Früchte in der Natur. Sie wurden entweder frisch gegessen oder weiterverarbeitet. In Kloster- und Bauerngärten wurden über Jahrhunderte Ebereschen, Hagebuttenrosen, Holunder, Mispeln und Schlehen angebaut.
Heute besinnt man sich auf die geschmackliche Vielfalt und den ökologischen Nutzen vieler Wildobstarten. Vielerorts werden die fast vergessenen Früchte wieder vermehrt in Gärten angebaut. Denn diese Pflanzen sehen nicht nur gut aus, sondern sie bieten Insekten und Vögeln Nahrung und Unterschlupf. Neben den ursprünglich bei uns vorkommenden Wildobstarten stellen wir hier auch einige besondere Obstarten vor, die nicht bei uns heimisch sind.
Reich gedeckter Tisch
Die Früchte einiger Wildobstarten können Sie roh essen, wie z.B. die von Maulbeere, Felsenbirne, Japanischer Weinbeere, Honigbeere (auch Sibrische Blaubeere genannt, die Baumschule Häberli vermarktet die Pflanze unter dem geschützten Namen "Maibeere") und natürlich Brombeere, Himbeere, Heidelbeere und Preiselbeere. Andere Obstarten sind roh ungenießbar, können aber zu Marmeladen, Likören, Säften und in Kuchen verarbeitet werden, z.B. Ebereschen, Schwarzer Holunder, Sanddorn, Wildrosen und Früchte von Wildapfel und -birne.
Manche dieser Pflanzen werden zudem auch in der Naturheilkunde verwendet, z.B. der Schwarze Holunder (Sambucus nigra). Seine Blütenstände ergeben getrocknet einen fiebersenkenden Tee, und der Saft der Früchte ist heiß und mit Honig gesüßt ein gutes Mittel gegen Erkältungen. Diese Pflanze ist ein „Allroundtalent“. So stand früher nicht umsonst an jedem Gehöft mindestens ein Holunder, und in manchen Gegenden Deutschlands zog man sogar den Hut vor ihm, weil er angeblich wohlgesinnte Hausgeister beherbergen sollte.
Klein und kompakt
Es gibt kleinwüchsige Wildobstarten, die Sie auch in einem kleinen Garten anpflanzen können. Diese Gehölze sind pflegeleicht und winterhart, ihnen reicht ein gut mit Humus versorgter Gartenboden und ein sonniger Standort.
Dazu gehört die Schwarze Apfelbeere (Aronia melanocarpa), die aus Nordamerika stammt und in letzter Zeit immer mehr Freunde findet. Der Strauch wird ca. 1,5 m hoch und blüht von Mai bis Juni. In dieser Zeit ist er mit seinen zahlreichen in Büscheln stehenden, weißen Blütchen nicht nur eine Augenweide, sondern auch für heimische Insekten ein wunderbarer Nektar- und Pollenspender. Im Herbst werden die schwarz glänzenden Früchte reif und fallen spätestens im Dezember vom Strauch. Dann sind sie für viele Vögel ein wichtiges Winterfutter.
Foto: blickwinkel/McPHOTO
Der Geschmack ist herb-säuerlich und verleitet nicht zum rohen Verzehr. Kombinieren Sie die Beeren aber mit süßen Früchten, können Sie eine schmackhafte Marmelade herstellen. Der Saft aus den Früchten enthält neben Flavonoiden, die herzstärkend wirken, sehr viele Vitamine und Mineralstoffe. Der Geschmack ist allerdings gewöhnungsbedürftig.
Foto: Kunibert / pixelio.de
Eine weitere Wildobstart ist die Berberitze. Ihre Früchte sind essbar und schmecken säuerlich, in rohem Zustand sind sie jedoch nicht zu empfehlen. Sie können Marmelade aus ihnen kochen oder sie trocknen und wie Rosinen im Müsli essen. Im Nahen Osten, vor allem im Iran, werden die getrockneten Beeren zum Kochen verwendet.
Die Thunbergs Berberitze (Berberis thunbergii) ist eine kleinwüchsige Verwandte der Gewöhnlichen Berberitze (Berberis vulgaris). Sie wird nur 2 m hoch und besitzt neben ihren kleinen grünen Blättern sehr harte Dornen. Deshalb bietet sie vielen Vögeln Schutz vor Feinden. Die Sorte ‘Atropurpurea’ hat dunkelrote Blätter und wird häufig als Heckenpflanze genutzt. Im Frühling verströmen ihre Blüten einen Duft, der für Insekten äußerst attraktiv ist – für unsere Nase allerdings weniger.
Im Gegensatz zu Apfelbeere und Berberitze ist die Gewöhnliche Mahonie (Mahonia aquifolium) immergrün. Ihre schwefelgelben Blüten leuchten im Frühjahr und locken Insekten an. Die Pflanze erreicht eine Wuchshöhe von bis zu 1,8 m. Ihre blauen Beeren lassen sich zu Marmelade und Saft verarbeiten. Sie sind sehr sauer und roh nicht genießbar. Die Mahonie stammt ursprünglich aus Nordamerika und ist bei uns z.T. verwildert.
Foto: Heger
Foto: Heger
Wer gern Quittenmus und -gelee mag und im Garten keinen Platz für einen Quittenbaum hat, kann auf die Japanische Scheinquitte (Chaenomeles var. japonica) zurückgreifen. Die Früchte (Bild im Kasten) sind kleiner, nicht behaart, duften jedoch genauso gut wie die „richtigen“ Quittenfrüchte. Roh sind sie genauso wenig genießbar, denn auch sie sind sehr hart. Sie lassen sich aber zu Marmelade, Gelee oder Quittenbrot verarbeiten wie die Früchte der Echten Quitte – und sie schmecken auch genau wie diese. Bei der Verarbeitung von Quitten ist es wichtig, das Kerngehäuse vollständig zu entfernen, das verhindert den sonst bitteren Geschmack.
Foto: Heger
Die Japanische Scheinquitte stammt aus Ostasien und ist ursprünglich als Zierpflanze in unsere Gärten gekommen. Denn wenn im Frühling die leuchtend orangeroten Blüten erscheinen, sieht der Strauch wunderschön aus. Heute gibt es Züchtungen mit blassroten, rosa oder weißen Blüten.
Unter den Scheinquitten sind Sorten mit sehr unterschiedlichem Wuchs: Die Höhe variiert zwischen 50 cm und 2 m und die Breite zwischen 1 m und 1,50 m. Die höheren Sorten lassen sich auch gut am Spalier ziehen.
Da die Scheinquitte sehr dornig ist, bietet sie vielen brütenden Vögeln Schutz vor Feinden. Im Winter wird der kahle Strauch gern als Schlafplatz genutzt. Die Sorte ‘Cido’ wird im Fachhandel als „Nordische Zitrone“ angeboten. Sie bleibt niedrig und wächst eher flächig.
Foto: Gärtner Pötschke
Wenn Sie auf einen Schwarzen Holunder in Ihrem kleinen Garten nicht verzichten wollen, finden Sie mit der Sorte ‘Black Beauty®’ einen Strauch, der eine Wuchshöhe von maximal 3 m erreicht. Ganz apart wirkt er durch sein dunkelblauviolettes Laub und die hellrosa Blüten, die stark nach Zitrone duften. Die im Spätsommer reifenden Früchte können Sie genauso verwenden wie die Früchte der hochwachsenden Sorten.
Eine andere niedrig bleibende Sorte mit dunkelviolettfarbenem Laub ist ‘Black Lace’. Die Blätter sind zudem tief geschlitzt. Die Sorte ‘Black Tower’ wächst schmal aufrecht und ist sogar für die Kübelpflanzung geeignet.
Viele andere Wildsträucher werden für kleine Gärten zu groß, z.B. die Kornelkirsche (Cornus mas). Sie wird bis zu 8 m hoch – jedoch erst nach ca. 50 Jahren. Eine Pflanzung lohnt sich auf jeden Fall, denn durch die frühe Blütezeit ist sie für heimische Insekten eine gute Futterquelle. Auch für Hecken ist sie geeignet.
Foto: Roland Müller/botanikfoto
Die im Herbst erscheinenden Früchte werden Kornellen genannt. Sie sollten sie im fast überreifen, d.h. dunkel- bis schwarzroten Zustand ernten. Die Kornellen sind dann süßer und weicher, lassen sich besser pflücken, und die Steine lösen sich einfacher vom Fruchtfleisch. Weil die Früchte über einen längeren Zeitraum reifen, kann etwa alle drei Tage geerntet werden. Sie können die Früchte roh oder kandiert genießen oder Marmeladen und Säfte aus den Kornellen zubereiten.
Foto: Steffen Hauser/botanikfoto
Ein anderes größeres Wildobstgehölz, dessen Früchte in der Küche vielseitige Verwendung finden, ist die Felsenbirne. Der Fachhandel bietet drei verschiedene Arten an, die alle unterschiedlich hoch werden. Die niedrigste ist die Gewöhnliche Felsenbirne (Amelanchier ovalis), die bei uns heimisch ist. Mit einer maximalen Höhe von 3 m scheint sie eigentlich auch für kleinere Gärten geeignet zu sein, aber die Pflanze erreicht auch einen Durchmesser von bis zu 3 m und braucht deshalb viel Platz.
Aus Nordamerika stammen die Kahle Felsenbirne (Amelanchier laevis), die 3 bis 5 m hoch wird und buschig wächst, und die Kupfer-Felsenbirne (Amelanchier lamarckii), die eine Höhe von bis zu 8 m erreichen kann. Alle drei Vertreter sind im Frühling mit einer Fülle von weißen Blütentrauben übersät – für Insekten ein wahres Schlaraffenland. Im Herbst können Sie die Früchte ernten und zu einer süßen Marmelade mit marzipanartigem Geschmack verarbeiten.
Ich hoffe, dass Sie diese kleine Auswahl von „etwas anderen Obstgehölzen“ dazu anregt, die eine oder andere Art in den Garten zu pflanzen. Denn eines haben alle hier vorgestellten Pflanzen gemeinsam: Sie sehen nicht nur schön aus, sondern sind auch für die heimische Tierwelt von großem Nutzen. Und im Herbst können Sie aus vielen Früchten seltene kulinarische Köstlichkeiten herstellen, die es nirgendwo zu kaufen gibt.
Weitere Wildobstgehölze
Für kleine Gärten
- Japanische Weinbeere (Rubus phoenicolasius)
- Honigbeere (Lonicera kamtschatica)
- Ölweide (Elaeagnus)
- Wildrose (Rosa in Arten)
- Eberesche (Sorbus aucuparia)
- Edelkastanie (Castanea sativa)
- Elsbeere (Sorbus torminalis)
- Haselnuss (Corylus avellana)
- Kirschpflaume (Prunus subsp. cerasifera)
- Kornelkirsche (Cornus mas)
- Maulbeere (Morus)
- Mehlbeere (Sorbus aria)
- Mispel (Mespilus germanica)
- Sanddorn (Hippophae)
- Schlehe (Prunus spinosa)
- Schwarzer Holunder (Sambucus nigra)
- Wildapfel (Malus sylvestris)
- Wildbirne (Pyrus pyraster)
Claudia Heger
Landesgartenfachberaterin des
LV Braunschweig der Gartenfreunde