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Gartenwunder im Kleinbiotop
Dass viele potenzielle Gartenbewohner nur darauf warten, ein Gärtner möge ihnen neuen Lebensraum anbieten, scheint Tatsache zu sein. Hier ein Beweis aus der Gartenpraxis des Autors:
Der Hügel „Bergfried“ entsteht
Da gibt es eine große Rasenfläche, die uns im Lauf der Jahre allzu „einsam“ und wenig abwechslungsreich erschien. Wie kann man sie auflockern?
Gemüsebeete kommen nicht in Frage, da starke Leute fehlen, sie umzugraben und zu pflegen. Nachbars Steingarten, in einer Ecke seines Gartens als Hügel aufgeschichtet, lieferte die Idee. Hier ist nicht genügend Platz, um zu schildern, wie schließlich der ca. 3 mal 2 m messende Hügel inmitten des Rasens, kurz „Bergfried“ genannt, zustande gekommen ist; unser Thema bezieht sich ja auf seine zukünftigen Bewohner.
Eine Erdkröte macht den Anfang
Schon wenige Tage nach der ersten Bepflanzung mit Steingartengewächsen stellten sich tierische Besucher ein, die so lange blieben, bis der Einzug von Herbst und Winter sie zwang, sich eine andere Bleibe zu suchen. Da war zum Beispiel als Erstsiedlerin eine hübsche Erdkrötendame, die plötzlich aus irgendeiner Gegend eingewandert war und sich ihr Tagesversteck zwischen der Umfassung der gelben Steine oder in einer Dränageröhre einrichtete.
Von dort aus startete sie zu ihren abendlichen Beutezügen – je feuchter der Abend, desto früher war sie unterwegs – auf Regenwürmer, Käfer, bevorzugt auf Nacktschnecken und auf die nachts aus dem Erdboden steigenden Erdraupen der Saateulen. Diese löbliche Tätigkeit weist sie für den Gärtner eindeutig als nützlich aus.
So weit sich diese Erdkröte auch vom Versteck entfernte, sogar bis in Nachbars Gärten hinein, fand sie doch stets sicher zu ihm zurück. Dort scheint sie auch überwintert zu haben, denn im folgenden Jahr erschien sie erneut und „arbeitete“ für uns den ganzen Sommer lang.
Grünes Heupferd und Singdrosseln fliegen ein
Aus Nachbars Garten angeflogen kam eines schönen Sonnentages das Weibchen des Grünen Heupferdes, kenntlich am langen Legestachel, mit dem es seine Eier ins Erdreich zu legen pflegt. Es hockte gern auf den Blüten der Fetthenne (Sedum), auf Insekten lauernd, die es in einem kurzen Sprung zu erhaschen suchte. Mit der Fortpflanzung wurde es aber leider nichts, da sich im ersten Jahr kein Partner einfand.
Im zweiten Jahr wurden im Garten Singdrosseln heimisch, vielleicht, weil ihnen der höchste Stein des Hügels als Ausguck gut gefiel. Dort stand das Männchen häufig aufrecht und sang seine melodischen Strophen, dort „knackten“ beide Partner auch ihre erbeuteten Gehäuseschnecken, indem sie sie bis zum Bersten auf den Stein schlugen und dann stückweise vernaschten.
Naturnahen Garten abwechslungsreich gestalten
Für die kurze hier geschilderte Zeit hat sich also allerhand getan auf und im Umfeld des neuen Minibiotops; es wird hoffentlich so weitergehen. So ist bewiesen, mit wie wenig Aufwand neuer Lebensraum für Kleintiere geschaffen werden kann. Abwechslungsreichtum ist das A und O eines jeden naturnahen Gartens. Wie wir erfahren haben, finden auch in solch kleinen Biotopen nichts anderes als harte Überlebenskämpfe statt, wie „draußen“ in freier Natur auch ...
Walther Rohdich