- Gartenpraxis
- Gartengestaltung
- Obst und Nüsse
Qualität bei Obstgehölzen erkennen
Foto: Spieß Wer kennt das nicht: „Ich habe im Supermarkt gestöbert und ein Schnäppchen gemacht.“ Nun steht dieses Schnäppchen im Garten, will sich nicht recht entwickeln, kümmert so vor sich hin und wird obendrein noch von Schädlingen befallen. Also, wer weiß Rat? Der Fachberater! Und dann kommen die Fragen: Wo hast Du diesen Busch gekauft? Was hat er gekostet? Hatte er ein Etikett? ...
Die Pflanze war von minderer Qualität und hat sich daher nicht wie gewünscht entwickelt. Im Handel gibt es erhebliche Unterschiede in der Güte der Pflanzen: Wie und wo sind sie gewachsen? Wie wurden sie gepflegt?
Pflanzen, die in einem Betrieb erworben werden, der dem Bund deutscher Baumschulen angeschlossen ist, weisen einen bestimmten Qualitätsstandard auf. Grundsätzlich gibt es bei Obstgehölzen zwei Kaufvarianten:
- Wurzelnackte Pflanzen
- Containerpflanzen
Zunächst befassen wir uns mit den für beide Varianten gleichen Voraussetzungen.
„Zertifiziertes Material“ bevorzugen
Die Veredelungsunterlagen müssen vegetativ, also ungeschlechtlich vermehrt worden sein. Das sichert eine absolute Gleichheit der Unterlagen und damit gleiche Wachstumsbedingungen. Bei einigen Obstsorten sind auch Zwischenveredelungen möglich.
Die Obstgehölze, die die Mindestanforderungen erfüllen, werden als Standardmaterial oder CACMaterial (Conformitas Agraria Communitatis) bezeichnet. Besser ist es jedoch, auf „zertifiziertes Material“ zurückzugreifen. Hier ist eine große Sicherheit im Bezug auf Sortenreinheit und Virusfreiheit gegeben. Diese Sortenechtheit und Virusfreiheit schlägt sich natürlich in einem hohen Arbeitsaufwand in der Baumschule, insbesondere auch im Zukauf von virusfreiem Edelreismaterial und damit auch in der Preisgestaltung nieder.
Allgemein gilt: Auf dem Etikett müssen Obstart, Sorte, Alter, die Unterlage – gegebenenfalls auch die Zwischenveredelung – und der Virusstatus (virusfrei oder virusgetestet) angeben sein.
Was bei wurzelnackten Pflanzen zu beachten ist
Foto: Spieß Betrachten wir nun die wurzelnackten Pflanzen. Hier gilt das erste Augenmerk dem Wurzelwerk. Das Wurzelwerk muss gesund und mit genügend Faserwurzeln ausgestattet sein, es muss frei von Wurzelkropf, Schädlingen oder Schaderregern sein. Es darf keine mechanischen, chemischen oder witterungsbedingten Schädigungen aufweisen.
Ein weiteres wichtiges Qualitätsmerkmal ist die Veredelungsstelle. Bei der Okulation muss sich die Veredelungsstelle mindestens 10 cm über dem Erdboden (Wurzelansatz) befinden. Der Leittrieb der Pflanze darf nur leichte Verkrümmungen aufweisen. Die Krone muss über mindestens fünf gut verteilte und gleichwertige Triebe verfügen.
Kopfveredelungen müssen einen starken Mitteltrieb mit sortentypischen Seitenästen oder mindestens drei der Sorte entsprechende, kräftige Triebe haben.
Soweit die Theorie. Das alles bedeutet aber, dass mir die Wuchseigenschaften der Obstgehölze bekannt sein müssen. Hier empfiehlt es sich, im Verlauf eines Jahres die Bestände des Betriebes bei einem Besuch oder bei einem Einkauf anderer Pflanzen zu betrachten und sich Qualitätsmerkmale einzuprägen.
Beim Kauf selbst sollte das Hauptaugenmerk dem Wurzelwerk gelten. Als Faustregel kann man sich merken: Je feingliedriger und faseriger das Wurzelwerk ist, desto schwachwachsender ist die Unterlage.
Auch empfiehlt es sich, das Wurzelwerk zu befühlen, um etwaige Schäden, z.B. Risse in den Wurzeln, zu erkennen. Oft führen diese Schäden dazu, dass die Pflanze zwar in den ersten Jahren gut wächst, dann jedoch ohne jeden erkennbaren Grund abstirbt.
Was bei Containerpflanzen zu beachten ist
Foto: Spieß Die für die wurzelnackten Pflanzen beschriebenen Qualitäten gelten sinngemäß auch für Containerpflanzen. Auf dem Etikett muss zudem der Topf oder Containerinhalt in Litern angegeben sein.
Kern und Steinobst muss bei einjähriger Veredelung einen Behälterinhalt von mindestens 5 l haben. Für mehrjährige Veredelungen beträgt der Mindestinhalt 10 l. Das gilt ebenfalls für Halbstämme. Johannis und Stachelbeeren benötigen mindestens 3 l Behälterinhalt.
Wichtiger als diese Inhaltsangaben ist jedoch die gute und gesunde Durchwurzelung des Containers. Das ist in der Regel der Fall, wenn die Pflanze fest im Container steht. Eine kleine optische Einkaufshilfe bietet die Oberflächenstruktur: Ist sie fest und schwer einzudrücken, kann von einem durchwurzelten Ballen ausgegangen werden.
Häufig sind Container mit Vlies oder Kunststoffscheiben abgedeckt. Das verhindert, dass die Container übermäßig verunkrauten. Unter der Abdeckung ist die Oberfläche oft krümelig. Auch hier hilft ein leichter Daumendruck, um die Festigkeit des Ballens zu überprüfen.
Auch wenn Sie leicht an der Pflanze ziehen, zeigt sich, wie der Zustand des Wurzelballens ist. Der Ballen sollte sich nicht oder nur im Ganzen aus dem Container lösen lassen. Hilfreich ist auch eine Riechprobe. Ein fauliger Geruch ist oft auf Staunässe und daraus resultierende Wurzelfäulnis zurückzuführen.
Containerpflanzen werden überwiegend im belaubten Zustand gekauft. Sehen Sie sich auch die Unterseite der Blätter an, um Hinweise auf einen Schädlingsbefall zu bekommen.
Die Veredelungsstelle
Foto: Roemer Nun zu einem weiteren wichtigen Aspekt bei Obstgehölzen – der Veredelungsstelle. Auch hier gibt es wieder zwei Möglichkeiten:
- Okulation
- Kopfveredelung
Bei der Okulation kommt es – wie schon zuvor erwähnt – auf den Abstand zum Wurzelansatz an. Nur ein ausreichend großer Abstand bietet Schutz vor dem sogenannten „Freimachen.“ „Freimachen“ bedeutet, dass sich, wenn sich die Veredelungsstelle im Boden befindet, aus den schlafenden Augen der Edelsorte Wurzeln bilden und sich die Pflanze über diese Wurzeln ernährt.
Damit gehen alle Eigenschaften, die durch die Unterlage gesteuert werden (wie z.B. die Schwachwüchsigkeit), verloren. So muss sich auch nach der Pflanzung des Gehölzes die Veredelungsstelle noch deutlich über dem Erdboden befinden, damit keine Wurzelbildung aus der Edelsorte heraus entstehen kann.
Die Veredelungsstelle muss zudem gut verwachsen sein und darf keine Risse oder Wucherungen aufweisen. Wichtig ist auch, dass zwischen der Unterlage und dem Stammansatz kein rissartiger Zwischenraum ist. Ein solcher Zwischenraum tritt auf, wenn der Zapfen, d.h. der verbleibende Teil der Unterlage, zu tief abgeschnitten wurde. An derartigen Stellen ist die Bruchgefahr besonders hoch.
Kopfveredelungen weisen eine Besonderheit auf, die man als Käufer unbedingt kennen muss. Bei einer Kopfveredelung wird ein Edelreis auf die Unterlage (oder den Stammbilder) gesetzt. Somit können nur so viele Augen austreiben und Gerüstäste bilden, wie das Edelreis aufweist. Die Anordnung der Gerüstäste ist also vorgegeben und nicht ergänzbar. Es kommt auf die sortentypische Ausbildung der Seitenäste an.
Die Veredelungsstelle muss gut und abstandsfrei mit der Unterlage verbunden sein. Achten Sie darauf, dass keine Einschnürungen durch die Bindemittel (Bast, Gummi oder Kunststoff) entstanden sind, da es sonst leicht zu Brüchen kommt. Die Veredelungsstelle ist bei der Pflanze der absolute Schwachpunkt.
Der Kronenaufbau
Nun noch etwas zur Krone der Obstgehölze. Die Kronen müssen über drei bis fünf gleichmäßig um den Leittrieb verteilte Seitenäste (die späteren Gerüstäste) verfügen. Hierbei kommt es darauf an, dass sie auch annähernd gleich stark sind.
Einige Sorten bilden zusätzlich Kurztriebe aus, die aber die Funktion des Gerüstaufbaus nicht erfüllen können. Mängel im Kronenaufbau können, wenn überhaupt, nur äußert schwer durch nachfolgende Schnittmaßnahmen verändert werden.
Soll aus der Pflanze ein Spalierobst erzogen werden, muss ein dafür vorteilhafter Kronenaufbau gewählt werden. Das bedeutet, dass die Seitenäste möglichst gegenüber (und nicht ringförmig) angeordnet sein sollten. So erspart man sich und der Pflanze unnötigen Stress bei der Erziehung, da das Breitenwachstum vorgegeben ist.
Wilhelm Spieß,
Landesfachberater des
Landesverbandes Westfalen
und Lippe der Kleingärtner
Preiswert, aber nicht billig
Allzu große Sparsamkeit zahlt sich beim Pflanzenkauf oft nicht aus. Billigware wird in vielen Fällen durch hohe Düngergaben schnell produziert. Das führt dazu, dass die Pflanze nicht vollständig ausgereift und anfällig für Krankheiten und Probleme durch Witterungsbedingungen ist. Je sorgfältiger die Pflanze herangezogen wurde, desto arbeitsaufwändiger ist dies, aber dadurch erhalten Sie auch eine optimale Qualität, und die ist den Preis wert. Die Pflanze ist dann also „preiswert“, aber nicht billig.