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Rosen veredeln für den Hausgebrauch
Foto: Spellerberg
Wer selbst schon Edel- oder Strauchrosen ausgesät hat, hat vielleicht die Erfahrung gemacht, dass die Nachkommen meist anders aussehen als die Eltern. Das liegt daran, dass die Blüte der Mutterpflanze mit dem Pollen anderer Rosen bestäubt wurde und sich deshalb die Eigenschaften der beteiligten Pflanzen mischen. Diese Neukombination der Gene wird z.B. bei Neuzüchtungen gezielt eingesetzt.
Möchte man als Rosenliebhaber identische Nachkommen seiner Mutterpflanze bekommen, kann man sie nur vegetativ vermehren, also entweder durch Stecklinge, Steckholz, Ausläufer oder durch die Augenveredelung – die Okulation. Ein großer Teil der Rosen wird in den Baumschulen Ende Juli, Anfang August durch Augenveredelung vermehrt.
Unterlage und Edelauge
Foto: Breder
Die Veredelung ist eine künstliche Verbindung zweier unterschiedlicher Partner – eine Zwangsehe sozusagen. Die Edelsorte liefert mit dem Edelauge die gewünschte Sorte, die Unterlage nimmt das Edelauge auf und bildet den unterirdischen Teil der Pflanze. Beide Partner verwachsen dauerhaft und bilden die neue Pflanze. Grund für diese Methode der Vermehrung ist, dass die meisten Edelsorten auf den eigenen Wurzeln zu empfindlich sind, z.B. gegenüber Frost. Gängige Veredelungsunterlagen bei Rosen sind z.B. Hundsrose (Rosa canina) ‘Inermis’ und ‘Pfänder’, Vielblütige Rose (Rosa multiflora) oder Heckenrose (Rosa corymbifera) ‘Laxa’. Die Heckenrose ‘Laxa’ wird z.B. wegen des geraden Wurzelhalses geschätzt, bei der Hundsrose ‘Inermis’ löst sich die Rinde gut. Für Kletterrosen eignen sich nur stark wachsende Unterlagen. Manche Unterlagenbaumschulen liefern auch kleinere Mengen ab 25 Stück für den Hobbygärtner.
Die bestellten Unterlagen werden im Herbst oder Frühjahr im Abstand von ca. 25 cm gepflanzt (aufgeschult). Hierbei sollte man darauf achten, dass der Wurzelhals etwas aus dem Boden herausragt. Das erleichtert das spätere Veredeln. Sind die Unterlagen gepflanzt und gewässert, werden sie mit einem kleinen Damm etwas angehäufelt, damit der Wurzelhals wieder in der Erde verschwindet. Die Pflanzen wachsen nun bis zum Veredeln im kommenden Juli/August an.
Okulieren Schritt für Schritt
Edelreiser schneiden: Die Edelreiser werden erst unmittelbar vor dem Veredeln geschnitten. Verwendet werden hierzu Augen von ausgereiften diesjährigen Trieben. Die Triebspitze mit kleinen, schwachen Augen ist weniger geeignet. Zunächst entfernt man die Blätter, sodass nur ganz kurze Stummel stehen bleiben. Wer mit der sogenannten Okulette verbindet, kann die Blattstiele auch ganz entfernen. Die Stacheln lassen sich vorsichtig zur Seite wegdrücken. Zur Kurzzeitlagerung der Reiser eignet sich ein feuchtes Tuch.
Foto: Neder
Wurzelhälse freilegen: Kurz vor dem Veredeln werden die Wurzelhälse, die im Herbst oder Frühjahr angehäufelt wurden, wieder freigelegt und mit einem feuchten Tuch gesäubert. Zum Veredeln werden die Triebe zur Seite gedrückt.
Edelauge schneiden: Um vom Edelreis das Auge zu gewinnen, setzt man zunächst unterhalb davon mit einem Okuliermesser flach an. Das Reis liegt hierbei so in der Hand, dass die eingekürzten Blattstiele auf den Körper zeigen. Der Daumen wird auf das Reis aufgesetzt und führt den flachen Schnitt des Okuliermessers in Richtung Körper. Der Schnitt wird bis etwa 2 cm hinter das Auge geführt. An dieser Stelle sollte das Messer bereits wieder dicht unter der Rinde angelangt sein. Durch Weiterführung der Schnitt- bzw. Zugbewegung wird die Rinde vom Holz gelöst.
Die sich lösende Rinde kann dann nach 4–5 cm mit dem Messer durchtrennt werden, oder man zieht sie ab, bis sie sich löst. Nach dem Lösen wird das Schildchen mit dem Auge mit der linken Hand am kurzen Stummel gefasst (alternativ kann man das Schildchen auch am langen Ende halten, das man nach dem Einsetzen abschneidet). Nach leichter Wölbung des Schildchenrandes lässt sich nun ein Teil des innen noch anhaftenden Holzkörpers zwischen Daumen und Messer fassen und ablösen. Ist der Holzteil sehr dünn, kann er auch verbleiben.
Foto: Neder
Foto: Neder
Wurzelhals vorbereiten: Als nächstes wird der Wurzelhals der Unterlage direkt mit einem T-Schnitt zur Aufnahme des Edelauges vorbereitet. Mit dem Okuliermesser wird die Rinde erst quer eingeschnitten. Von der Mitte des Querschnittes beginnend führt ein senkrechter Schnitt bis etwa 3 cm gerade nach unten. Beide Schnitte ergeben ein T. Mit Hilfe des Lösers auf der Rückseite des Okuliermessers lässt sich die Rinde links und rechts des senkrechten Schnittes leicht zur Seite anheben.
Edelauge einsetzen: Nachdem ein Rindenflügel etwas angehoben wurde, löst man die andere Seite vom Holzteil und formt eine Art Tasche, in die das Auge eingeschoben werden kann. Die Spitze des Auges muss dabei nach oben zeigen. Um das Auge in die richtige Position zu bringen, kann man mit dem Löser etwas nachhelfen. Das über den Querschnitt der Unterlage hinausragende Rindenstück des Schildchens wird abgeschnitten.
Foto: Neder
Veredelung verbinden: Zum Verbinden des Edelauges gibt es verschiedene Varianten. Früher wurde mit Bast und Wachs verbunden, mittlerweile hat sich der sogenannte Okulationsschnellverschluss (OSV) durchgesetzt. Im Gegensatz zum Bastverband ist hier ein nachträgliches Lösen nicht notwendig. Die Gummimanschette zerfällt nach einiger Zeit und gibt das mit der Unterlage fest verwachsene Auge selbst wieder frei oder kann nach dem Abhäufeln leicht entfernt werden. Die Manschette wird einfach über die Okulationsstelle gespannt und mit Hilfe der Klammer befestigt. Alternativ ist auch ein Verbinden mit dem Fleico- Gummiband möglich. Ist das Auge eingesetzt und verbunden, wird der Wurzelhals wieder leicht angehäufelt.
Roden und verpflanzen
Foto: Neder
Im nächsten Frühjahr zeigt sich, ob die Veredelung geglückt ist. Der Wurzelhals wird wieder abgehäufelt und die Veredelungsunterlage knapp über dem Veredelungsschnitt abgeschnitten (abgeworfen). War die Veredlung erfolgreich, treibt das Auge durch und bildet einen neuen Trieb. Dieser Trieb wird nach dem dritten bis vierten Auge eingekürzt, um die Verzweigung zu fördern. Triebe, die direkt aus der Veredelungsunterlage erscheinen, werden entfernt. Im Herbst kann man die neuen Rosen roden (ausgraben) und nach einem Pflanzschnitt an den gewünschten Stellen im Garten neu einpflanzen.
Foto: Neder
Spezialfall Hochstammrosen
Unterlagen für Hochstammrosen kann man in verschiedenen Stammhöhen bestellen. Man kann sie aufschulen oder auch gleich in einen Container pflanzen. Dies ermöglicht z.B. eine kalte Überwinterung im Haus ohne Frostschäden. Die Veredelung erfolgt im Prinzip wie beschrieben, nur nicht am Wurzelhals, sondern in der gewünschten Kronenhöhe. Man kann hier auch zwei Augen auf sich gegenüberliegenden Seiten etwa 4–5 cm höhenversetzt einveredeln. Wer möchte, kann ohne Probleme Augen verschiedener Sorten einsetzen und sich somit einen kombinierten Hochstamm mit z.B. weißen und roten Blüten basteln.
Sortenschutz beachten!
Rosen, die unter Sortenschutz stehen, dürfen nur für den Hausgebrauch vermehrt werden. Bei gewerblichem Verkauf ist eine Lizenzgebühr beim Züchter der Sorte zu entrichten.
Bezugsquellen
Unterlagen und Zubehör, auch in kleinen Mengen bei
Andrea Lutz
Tel. 0 84 59/99 50 68
www.veredelungsunterlagen.de
Baumschule Stahl
Tel. 0 41 20/70 67 80
www.baumschule-stahl.de
(ab 25 Pflanzen je Sorte)
Thomas Neder
Kreisfachberater im Landratsamt Coburg