- Gartenpraxis
- Gartengestaltung
- Obst und Nüsse
Weintrauben im Garten anbauen
Foto: BrederVor Kurzem konnten Sie es im Beitrag "Obst im Klimawandel" schwarz auf weiß lesen: Das Klima ändert sich, es wird insgesamt wärmer in Deutschland. Das hat Folgen für unsere Gemüse- und Obstkulturen. Für die Gartenfreunde in den nördlichen Bundesländern bedeutet es, dass zunehmend gelingt, was in Bayern und Baden-Württemberg schon lange klappt: der Weinanbau.
Trauben keltern ist eine Jahrtausende alte Tradition
Wein (Vitis) gehört zu den ältesten Getränken der Menschheit, beispielsweise sollen die Chinesen bereits vor über 9000 Jahren Weinbau betrieben haben. Im vorderasiatischen Raum ist der Weinanbau vor mehr als 7000 Jahren nachweislich durch Funde von typischen Werkzeugen, Gefäßen und Traubenkernen belegt. Vor 5000 Jahren wurde in Gebieten südlich des kaspischen Meeres, dem Zweistromland (Euphrat, Tigres), im Gebiet des heutigen Georgiens und des südlichen Iraks mit der Kultivierung der Weinrebe begonnen.
Über Griechenland und Rom verbreitete sich die Rebe bis nach Gallien. Durch die römischen Eroberungszüge gelangte der Wein in den Germanischen Raum. Selbst in Skandinavien und bis weit in den hohen Norden beschäftigen sich „Polarwinzer“ erfolgreich mit dem Weinanbau.
Das sollte für uns Ansporn sein, in unseren Gärten mutig zu experimentieren. Und sollte es mit dem Ertrag nicht so klappen, dann können wir uns doch zumindest über die dekorative Wirkung freuen.
Wärmehungrige Kletterkünstler
Der Weinstock ist eine wärmeliebende Pflanze. Der Standort muss gut geschützt und sonnig sein. Eine wesentliche Verbesserung des Ertrages erreichen wir, wenn wir unsere Gärten vor der Pflanzung sehr genau beobachten und das Kleinklima denkbarer Standorte ausloten. Nach Süden abfallende Hänge, Standorte vor Mauern, Bäumen, Büschen und Hecken, die vor kalten Winden schützen, sind geeignete Weinstandorte.
Die Ansprüche des Weins an den Boden kann man als genügsam einstufen. Die Rebe wächst auf fast allen Böden, die leicht erwärmbar sind und keine Staunässe aufweisen.
Bei der Sortenwahl sind die klimatischen Bedingungen des Standortes und die Reife ausschlaggebend. Sie dürfen nicht zur Verrieselung neigen (siehe Kasten) und sollten eine hohe Frostfestigkeit haben. Mit sehr frühen Sorten heller Trauben (z.B. ‘Sayval blanc’ und ‘Osella’, ‘Birstaler Muskat’, ‘Hecker’ und ‘Phönix’) oder blauer Trauben (z.B. ‘Mitschurinski’, ‘Muscat bleu’ und ‘Könglich Esther’) sind auch sehr gute Erträge zu erzielen, wie ich aus eigener Erfahrung mit solchen Sorten an den Südhängen des Erzgebirges bis auf über 350 m Höhe weiß.
Vom Wald an die Pergola
Foto: Breder Nachdem im Garten der richtige Standort gefunden worden ist und die Sortenwahl erfolgt ist, müssen wir uns entscheiden, welche Erziehungsformen in unseren Garten passen und welche Unterstützungsvorrichtungen wir brauchen. Ursprünglich war unsere Rebe im Wald beheimatet und rankte an Bäumen empor. In Italien wurden Reben noch im 18. Jahrhundert in archaischer Baumerziehung kultiviert.
Wir erziehen unsere Rebstöcke heute am Spalier. Die Unterstützungsvorrichtung gibt dem Rebstock einen sicheren Stand. Holz, Stahl, Beton und Draht sind die gängigsten Materialien. Dabei sollte der ästhetische Wert vor allem bei Pergolen und Wandspalieren keine untergeordnete Rolle spielen.
Bei günstigen klimatischen Bedingungen ist im Garten auch ein frei stehendes Spalier mit einem Nord-Süd-Verlauf möglich. Beim Wandspalier ist darauf zu achten, dass zwischen Laubenwand und Spalier ein Abstand von 10–15 cm verbleibt.
Der Bau einer Pergola erfolgt aus Holz oder Stahl. Besonders attraktiv ist die Ausgestaltung als Laubengang. Dieser sollte mindestens 1,5 m breit sein, der Abstand der waagerechten Träger sollte 30 cm betragen. Wegen der hohen Belastung durch Weinrebe und Früchte müssen Pergola und Laubengang besonders solide gebaut werden.
Pflanzen und pflegen
Foto: Breder Das Pflanzmaterial wird veredelt angeboten und kann als wurzelnackte Ware oder im Container gekauft werden. Die Pflanzzeit für wurzelnackte Reben liegt zwischen Mitte April und Mitte Mai (Herbstpflanzungen leiden zu sehr unter Frost). Reben mit Ballen und Containerreben können während der gesamten Vegetationszeit gepflanzt werden. Wurzelnackte Reben sollten vor der Pflanzung ausreichend gewässert werden. Verletzte und vertrocknete Wurzeln werden ausgeschnitten.
Die Wurzeln werden in der Pflanzgrube gleichmäßig verteilt, sie dürfen dabei nicht geknickt oder gequetscht werden. Den ausgehobenen Boden mit gut verrottetem Kompost mischen, Pflanzpfahl setzen und die Pflanzgrube verfüllen. Boden angießen und mit Mulch abdecken. Die Veredlungsstelle muss sich ungefähr 5 cm über dem Boden befinden.
VerrieselnAls Verrieseln bezeichnet man bei einer Weinrebe das Abfallen der Blüten, was verschiedene Gründe haben kann: zuviel und lang andauernder Regen im Frühling, zuviel Stickstoffdüngung, Pilz- oder Schädlingsbefall. Zudem gibt es Sorten, die zum Verrieseln neigen. An den verrieselten Stellen wachsen nur noch kleine, meist kernlose Früchte, die nicht selten deutlich süßer sind und auch durchaus erstklassige Weine ergeben würden, wenn sie nicht einen solch geringen Ertrag bringen würden. |
Quelle: www.wein-entdecken.de
Der richtige Schnitt – das A und O in der Rebenpflege
Foto: Köhler Für einen guten Ertrag und gesunde, kräftige Pflanzen sind auch beim Wein die entsprechenden Schnittmaßnahmen notwendig. Bei wurzelnackten Reben wurde das Edelreis – also der sortengebende Zweig oberhalb der Veredlungsstelle – in der Rebschule bereits zurückgeschnitten. Bei Topf- bzw. Containerware müssen wir darauf achten, dass der Trieb in der Höhe des zukünftigen Stammes (50 bis 60 cm) mindestens bleistiftstark ist. Trifft dies zu, wird auf diese Höhe zuzüglich drei Augen zurückgeschnitten.
Weitere Triebe, die aus der Veredlungsstelle wachsen, werden entfernt. Hat der Trieb, der den zukünftigen Stamm bilden soll, diese Stärke noch nicht erreicht, wird er auf ein, maximal zwei sichtbare Augen an der Basis zurückgeschnitten. Werden Reben im belaubten Zustand in der Vegetationszeit gepflanzt, ist der Pflanzschnitt erst im folgenden Frühjahr durchzuführen. (Quelle: Broschüre „Spalierreben“, Gerd Großmann, Sächsische Landesanstalt für Landwirtschaft, Gartenakademie, Pillnitz)
Der Erziehungsschnitt richtet sich nach der zukünftigen Erziehungsform und würde in ganzer Ausführlichkeit den Rahmen dieses Artikels sprengen. Als Faustregel sollte man aber wissen: Weinreben tragen an einjährigen Trieben, die an zweijährigen Trieben wachsen müssen. Der Schnittzeitpunkt darf nicht zu spät liegen. Geschnitten werden sollte möglichst bei frostfreiem Wetter Ende Februar/Anfang März. Erfolgt der Schnitt zu spät, kann Wein „verbluten“, der Saft tropft sehr stark aus der Wunde, die Rebe wird geschwächt.
Da wir die Reben jährlich stark schneiden, haben sie einen erheblichen Nährstoffbedarf und müssen regelmäßig gedüngt werden, am besten mit 60 bis 80 g/m² chloridfreiem Mehrnährstoffdünger. In Trockenperioden ist eine Zusatzbewässerung notwendig.
Essen, Trinken, Einmachen ... alles ist möglich
Foto: BrederDie geernteten Trauben sind süß und schmackhaft. Sie eignen sich zum sofortigen Verzehr, zur Herstellung von Marmelade und Most und natürlich auch zur Weinherstellung. Diese Meinung vertreten nicht nur die enthusiastischen Kleingärtner, die sich dem Weinanbau verschrieben haben. Auch unsere „Mitbewohner“ wie Vögel und Insekten, die ja bekanntlich sehr hohe Anforderungen an die Qualität unserer Gartenerzeugnisse stellen, lieben die süßen Trauben. Ich habe die Erfahrung gemacht: Wenn die Wespen mit der „Lese“ meiner Trauben beginnen, sind diese wirklich süß.
Von den 8000 bis 10.000 Rebsorten, die weltweit angebaut werden, eignet sich nur ein Bruchteil für den Hobbygarten. Wir als Kleingärtner beschäftigen uns ausschließlich mit solchen, aus denen Tafelwein hergestellt werden kann. Es handelt sich dabei um durchaus wohlschmeckende Trauben, die leckere Tropfen ergeben, die aber keiner Qualitätsprüfung unterliegen.
Krankheiten und Schädlinge
Foto: Breder Eine ständige Kontrolle auf Krankheitsbefall ist sehr wichtig. Nichtparasitäre Erkrankungen wie Stiellähme, Chlorose, Krankheiten wie Grauschimmel, Falscher Mehltau, Echter Mehltau, Roter Brenner, Schwarzfleckenkrankheit, die Bakteriose Mauke, Schädlinge wie Kräuselmilbe, Rebenblattfilzmilbe, Rebstecher, Thrips, Zikade, Schildlaus und Reblaus können den Spaß für „Kleingartenwinzer“ trüben.
Indem wir vorausschauend und ökologisch gärtnern, resistente, für den Standort geeignete Sorten (z.B. die oben genannten) wählen und sehr sorgfältig einen geeigneten Standort aussuchen, können wir böse Überraschungen vermeiden. Bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln bitte immer beachten, dass nur Mittel zum Einsatz kommen dürfen, die für den Haus- und Kleingartenbereich zugelassen sind.
Peter Köhler,
Kreisfachberater des Kreisverbandes
Aue/Stollberg der Kleingärtner
Gerd Großmann,
Sächsische Gartenakademie