- Gut zu wissen
Von Hülsen und Kapseln, Beeren und Nüssen: Verschiedene Fruchtformen dienen dem Schutz und der Verbreitung von Samen
Foto: Breder „Mmmhhh, leckere Erdbeeren!“ Wem munden sie nicht, die süßen Früchte? Doch wer glaubt, er isst pro Erdbeere nur eine Frucht, der irrt sich. Erdbeeren bestehen nämlich aus vielen kleinen Früchtchen, man bezeichnet sie daher als Sammelfrüchte. Und bei den kleinen Früchtchen handelt es sich auch noch um Nüsschen. Wer steigt da noch durch? Versuchen wir, das Rätsel zu lösen.
Entstehung von Früchten
Prinzipiell entwickeln nur Bedecktsamer (Angiospermen) Früchte. Bei ihnen sind die Samen in eine Fruchthülle eingebettet. Im Gegensatz dazu liegen bei den Nacktsamern (Gymnospermen), zu denen viele unserer Nadelgehölze gehören, die Samen in den Zapfen frei vor.
Betrachten wir also die Bedecktsamer: Nach der Befruchtung reift im Fruchtknoten der Samen heran. Zu dieser Zeit sind die Blüten- und Staubblätter oftmals bereits verwelkt und abgefallen.
Während der Samen heranreift, wächst der Fruchtknoten. Seine Fruchtwand wird dabei entweder ledrig bzw. holzig, um den Samen zu schützen, oder er bildet saftiges Fruchtfleisch, um Tiere anzulocken. Sie sollen die Früchte mitsamt Samen verzehren und über die Ausscheidung für eine Ausbreitung sorgen.
Einzeln oder zusammen
Foto: Breder Einzelfrüchte entstehen aus Blüten mit nur einem Fruchtknoten. Er kann aus nur einem Fruchtblatt bestehen oder aus mehreren miteinander verwachsenen Fruchtblättern. Typische Einzelfrüchte sind z.B. Steinfrüchte wie Pfirsich oder Pflaume.
Sammelfrüchte, wie sie z.B. Magnolien, Himbeeren oder Erdbeeren bilden, entstehen aus einem Fruchtknoten, der aus einzelnen getrennten Fruchtblättern besteht. Dabei verwachsen die Fruchtwände der einzelnen Früchtchen zu einer Einheit oder werden durch ein Achsengewebe miteinander verbunden.
Fruchtstände entstehen aus den Fruchtknoten mehrerer Blüten. Die einzelnen Früchte vereinigen sich zu den Fruchtständen. Ein Beispiel dafür ist die Ananas („mmh, auch lecker“). Sie besteht aus einer fleischigen Fruchtachse, an der die einzelnen Beeren sitzen, die ihrerseits von fleischigen Beerenblättern umgeben sind.
Streufrüchte entlassen den Samen ins Freie
Foto: Breder Früchte lassen sich auch danach einteilen, wie sie den Samen verbreiten. Man unterscheidet z.B. zwischen Streu- und Schließfrüchten. Bei den Streufrüchten wird die Fruchtwand trocken und spröde. Sind die Samen reif, öffnen sich die Früchte und entlassen die Samen ins Freie. Folgende Formen von Streufrüchten gibt es:
Bei der Balgfrucht besteht der Fruchtknoten aus einem einzigen Fruchtblatt. Sie gilt als die einfachste Fruchtform. Die Frucht enthält mehrere Samen und öffnet sich zumeist an der Bauchnaht. Balgfrüchte finden sich z.B. häufig bei den Hahnenfußgewächsen (Ranunculaceae) wie dem Rittersporn (Delphinium).
Von einer Hülsenfrucht spricht man, wenn die Frucht wie bei der Balgfrucht nur eine Kammer besitzt, sich Bauch- und Rückenwand aber gleichzeitig öffnen, um die Samen zu entlassen. Hülsenfrüchte sind typisch für Leguminosen, bekannte Vertreter sind Erbsen und Bohnen.
Schoten besitzen Kreuzblütler (Brassicaceae) wie Raps oder Senf. Die Früchte haben zwei Kammern, die von einer Wand unterteilt werden. Von Schötchen spricht man, wenn die Länge der Frucht nicht das Dreifache der Breite erreicht. Ein Beispiel dafür ist das Gewöhnliche Hirtentäschel (Capsella bursa-pastoris) mit seinen hübschen, herzförmigen Schötchen.
Bei Kapseln als Fruchtform werden die reifen Samen in die Freiheit entlassen, indem z.B. Längsrisse in der Kapsel entstehen oder die Samen durch Poren in der Kapsel ausgestreut werden. Bekannter Vertreter einer Kapselfrucht ist der Mohn (Papaver). Seine Kapselfrucht diente übrigens dem Salzstreuer als Vorbild.
Schließfrüchte verbreiten den Samen mit der Frucht
Foto: Breder Bei den Schließfrüchten werden die Samen meistens mit der Frucht oder mit Teilen der Frucht verbreitet. Je nachdem, wie die Fruchtwand beschaffen ist, unterscheidet man zwischen Beeren, Steinfrüchten und Nüssen.
Die Fruchtwand von Beeren, z.B. Tomaten, Datteln oder Trauben, ist häufig fleischig, saftig und auffallend gefärbt. Beeren enthalten meistens zahlreiche Samen.
Bei den Steinfrüchten, wie Kirsche, Pflaume, Pfirsich oder Olive, umschließt der innere Teil der Fruchtwand sklerenchymatisch (Sklerenchym = Festigungsgewebe) meist nur einen Samen. Die äußere Fruchtwand ist fleischig. Beeren und Steinfrüchte sind bei vielen Vögeln und Säugetieren als Nahrungsquelle beliebt. Sie scheiden den Samen unverdaut wieder aus und tragen somit zu seiner Verbreitung bei (Endozoochorie).
Bei Nüssen ist die Fruchtwand zu einem harten, dickwandigen Gehäuse umgewandelt. Es umschließt meistens nur einen einzigen Samen. Typische Beispiele hierfür sind Haselnüsse, Eicheln oder Ess-Kastanien.
Apropos Nüsse, betrachten wir jetzt auch noch einmal die Erdbeere. Die rote Frucht ist nur eine so genannte Scheinfrucht. Sie besteht aus einem verdickten Blütenboden. Die eigentlichen Früchte sind die kleinen gelben Nüsschen, die auf der Oberfläche zu sehen sind. Da das rote Fruchtfleisch die Nüsschen miteinander vereint, ist die Erdbeere zudem eine Sammelfrucht.
Durch die Lüfte gleiten
Foto: Breder Die mannigfaltige Welt der Fruchtformen gibt auch Hinweise darauf, mit welchem Transportmittel die Samen verbreitet werden. Bei einigen Pflanzen sind die Früchte oder Samen so leicht, dass sie vom Wind verweht werden können (Anemochorie).
Die Früchte des Löwenzahns (Taraxacum) besitzen z.B. einen haarförmigen Flugschirm (Pappus), mit dem sie durch die Lüfte gleiten. Auch der Ahorn (Acer) ist an die Windverbreitung angepasst. Seine Früchte bilden Flügel, mit denen sie auf den Boden segeln.
Mit Tieren auf Wanderschaft
Werden die Samen oder Früchte verbreitet, indem Sie den Verdauungsapparat von Tieren passieren, spricht man von Endozoochorie. Beeren- und Steinfrüchte sind dafür typische Beispiele (s.o.).
Heften sich Früchte oder Samen mit Hilfe von Stacheln, Haken oder klebrigen Hüllen an Fell oder Federn von Tieren fest und lassen sich von ihnen forttragen, bezeichnet der Biologe das als Klettverbreitung (Epizoochorie). Namengebende Pflanze und ein typischer Vertreter ist die Klette (Arctium).
Und noch einen Verbreitungsweg über Tiere gibt es: Dienen Ameisen als Transportmittel, nennt die Wissenschaft das Myrmekochorie. Angelockt werden die kleinen Tierchen dabei von einem ölhaltigen Anhängsel, Elaiosom genannt, das ihnen als Nahrung dient. Veilchen (Viola) und Schneeglöckchen (Galanthus) nutzen diese Verbreitungsmöglichkeit.
Wasser als Transportmittel
Pflanzen wie die Weiße Seerose (Nymphaea alba) und die Sumpf-Schwertlilie (Iris pseudacorus), die im oder am Wasser leben, haben oftmals Samen oder Früchte, die über das Wasser verbreitet werden (Hydrochorie). Schwimmgewebe oder lufthaltige Kammern ermöglichen es ihnen, vom Wasser fortgetragen zu werden.
Auch „Samenschleudern“ führen zum Ziel
Es gibt auch Pflanzen, die keine Transportmittel benötigen, sondern selbst für ihre Verbreitung sorgen (Autochorie). Beim Großen Springkraut (Impatiens noli-tangere), auch Rühr-mich-nicht-an genannt, springt die reife Frucht bei der kleinsten Berührung auf und schleudert die Samen in hohem Bogen in die Umgebung. Manch ein Gartenfreund hat den Schleudervorgang sicher schon selbst ausgelöst, und besonders Kinder haben Spaß daran.
Christiane Breder