- Gut zu wissen
Phänologie – Gärtnern im Takt der zehn Jahreszeiten
Foto: jackfrog/Adobe Stock Wenn die Forsythien blühen, ist der richtige Zeitpunkt gekommen, um die Rosen zu beschneiden. Diese Aussage ist sicherlich fast allen Gartenfreunden geläufig. Dass sie auf der „Phänologie“ beruht, ist jedoch nicht jedem bekannt. Die Phänologie ist die „Lehre der Erscheinungen“.
Sie befasst sich mit dem Einfluss des Wetters und des Klimas auf die Entwicklung von Tieren und die Wachstumsphasen von Pflanzen im Jahresverlauf – etwa auf den Zeitpunkt von Knospenbildung, Blütenbildung oder Blattfall. Diese sichtbaren Veränderungen werden auch als Phänophasen bezeichnet. Die Phänologie bildet somit einen Grenzbereich zwischen Biologie und Klimatologie.
Sie ist jedoch keine moderne Erscheinung: Die ältesten phänologischen Beobachtungsdaten reichen bis ins Jahr 705 zurück. Seitdem werden die Daten für den Beginn der Kirschbaumblüte in den Archiven des Kaiserlichen Hofes von Japan aufbewahrt.
Sichtbare Veränderungen
Welchen Einfluss Wetter und Klima auf die Pflanzenentwicklung haben, lässt sich besonders gut an diesen weit zurückreichenden Beobachtungsdaten ablesen. So begann die japanische Kirschblüte die letzten 1000 Jahre immer etwa Mitte April, heutzutage beginnt sie jedoch schon Ende März.
Ähnliche Beobachtungen lassen sich auch in Deutschland machen. Die Apfelblüte etwa hat sich in den zurückliegenden Jahrzehnten immer weiter Richtung April verschoben. Während Anfang der 50er Jahre die Apfelblüte durchschnittlich um den 10. Mai begann, ist mittlerweile bereits 14 Tage früher damit zu rechnen.
Neben den Pflanzen sind jedoch auch Tiere betroffen. So sind etwa die Raupen verschiedener Schmetterlingsarten auf die frisch entfalteten Blätter bestimmter Bäume und Sträucher als Nahrungsquelle angewiesen. Kommt es jetzt bei der Blattentfaltung zu einer zeitlichen Verschiebung, kann es sein, dass den Raupen nur wenig oder überhaupt kein Futter zur Verfügung steht. Dies hat gravierende Folgen für die Population der Falter und den weiteren Fortbestand einer betroffenen Art.
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Phänologische Jahreszeiten
Im Alltag teilen wir das Jahr in die vier bekannten Jahreszeiten Frühling, Sommer, Herbst und Winter ein. Doch leider ist diese Einteilung sehr variabel, wenn man die Entwicklung des Klimas und der Wettererscheinungen betrachtet. Vor allem als Gärtner stellt man fest, dass kein Jahr in seinem Verlauf dem anderen gleicht.
Von phänologischer Seite wird deshalb eine feinere Einteilung in zehn Jahreszeiten vorgenommen: Vorfrühling, Erstfrühling, Vollfrühling, Frühsommer, Hochsommer, Spätsommer, Frühherbst, Vollherbst, Spätherbst und Winter. Für jede dieser Jahreszeiten gibt es bestimmte Zeiger- bzw. Leitpflanzen (s. Grafik), die den Beginn der jeweiligen Jahreszeit anzeigen. Der Vollfrühling beginnt beispielsweise mit der Apfelblüte. Da diese von Jahr zu Jahr und auch von Region zu Region zu unterschiedlichen Terminen auftritt, lässt sich die Notwendigkeit dieser feineren Einteilung der Jahreszeiten an diesem Beispiel bereits sehr gut erkennen.
Phänologisch Gärtnern
Foto: Johanna Mühlbauer/Adobe Stock Doch was nützt es einem nun ganz konkret im eigenen Garten, wenn man beobachtet, dass die Hasel blüht, der Frühapfel reif wird oder die Stiel-Eiche ihre Blätter verliert? Da wäre beispielsweise das Problem, dass Angaben wie „Saatzeitpunkt: Februar bis März“ ungenau sind. Liegt im Februar noch Schnee, ist klar, dass die Karotten nicht gesät werden können, aber ist es vielleicht im März schon warm genug dafür? Wissen Sie jedoch, dass frühe Karotten gesät werden können, wenn die Forsythie blüht, haben Sie einen genauen Anhaltspunkt. Der größte Vorteil des phänologischen Kalenders ist damit auch, dass er in milden Regionen genauso gilt wie in rauen und unabhängig davon, ob die Saison nach einem langen Winter erst spät oder schon früh beginnt.
Sowohl im Garten als auch in der Landwirtschaft sind es somit vor allem die phänologischen Jahreszeiten, die dabei helfen zu beurteilen, welche Arbeiten für die jeweilige Region gerade anfallen. Daher legen sich meist auch Gartenkalender nicht auf konkrete Daten fest, sondern geben in der Regel an, was in den kommenden Wochen im Garten zu erledigen ist.
Sinnvoll kann es daher auch sein, ein Gartentagebuch zu führen oder persönliche Eintragungen in einem Gartenkalender zu machen. Daraus lassen sich dann Rückschlüsse ziehen und in den folgenden Jahren immer wieder Vergleiche zu den vergangenen Jahren anstellen.
Miriam Soboll, Fachberaterin des Landesverbandes
Niedersächsischer Gartenfreunde
Gärtnern nach den phänologischen Jahreszeiten
Jahreszeit |
Arbeiten |
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Vorfrühling | Obstgarten: Beste Zeit für den Obstbaumschnitt und die Pflanzung von Obstgehölzen. Gemüsegarten: Freilandaussaat von Spinat, Schwarzwurzeln, Dicken Bohnen, Radieschen oder Mairübchen. Ziergarten: Rückschnitt von Ziergräsern und Freilandaussaat von Ringelblumen, Kornblumen oder Klatschmohn. |
Erstfrühling | Obstgarten: Pflanzung und Düngung von Obstgehölzen. Gemüsegarten: Pflanzung von Kopfsalat, Kohlrabi, Kartoffeln oder Steckzwiebeln. Aussaat von Möhren, Pastinaken und Roter Bete. Ziergarten: Rosenschnitt und Pflanzung von Dahlien, Gladiolen usw. |
Vollfrühling | Obstgarten: Erdbeeren mit Stroh unterlegen und Himbeeren auslichten. Gemüsegarten: Nach den Eisheiligen Tomaten, Auberginen usw. auspflanzen. Aussaat von Salat, Stangenbohnen, Brokkoli und Blumenkohl. Ziergarten: Beginn des Rasenschnitts und Auspflanzen vorgezogener Sommerblumen. |
Frühsommer | Obstgarten: Wasserschosser entfernen und Früchte ausdünnen. Gemüsegarten: Pflanzung von Grün- und Rotkohl und Wirsing. Aus- und Folgesaaten von Stangenbohnen, Brokkoli, Sommersalaten und Wintermöhren. Ziergarten: Rückschnitt von Rittersporn, Katzenminze und Phlox. Aussaat von Zweijährigen wie Stiefmütterchen, Königskerzen oder Bartnelken. |
Hochsommer | Obstgarten: Neuanlage von Erdbeerbeeten und Sommerschnitt von Süß- und Sauerkirschen. Gemüsegarten: Auspflanzen von Chinakohl, Endivien, Knollenfenchel und Zuckerhutsalat. Ziergarten: Weiterhin Aussaat von Zweijährigen möglich. |
Spätsommer | Obstgarten: Beerensträucher schneiden bzw. auslichten. Gemüsegarten: Auspflanzen von Herbstsalaten, Blumenkohl, Endivien usw. Aussaat von Spinat, Feldsalat, Radieschen und Frühlingszwiebeln. Ziergarten: Pflanzzeit für immergrüne Laubgehölze und herbstblühende Zwiebelblumen wie Herbstkrokusse. Heckenschnitt. |
Frühherbst | Obstgarten: Pflanzzeit für Himbeeren. Gemüsegarten: Auspflanzen später Sorten von Endivie und Zuckerhutsalat. Knoblauch stecken. Aussaat von Spinat, Feldsalat oder Radieschen. Ziergarten: Zwiebelblumen wie Tulpen, Narzissen oder Krokusse pflanzen. Vorgezogene Zweijährige auspflanzen. Herbstdüngung für den Rasen. Pflanzung von Sträuchern und Stauden. |
Vollherbst | Obstgarten: Pflanzzeit für Obstgehölze. Gemüsegarten: Folgesaat von Spinat und Feldsalat. Ziergarten: Weiterhin Pflanzung von Zwiebelblumen. Pflanzen von Rosen und anderen Gehölzen sowie Stauden. Dahlien, Gladiolen usw. ausgraben und einlagern. |
Spätherbst | Obstgarten: Weiterhin Pflanzzeit für Obstgehölze. Gemüsegarten: Aussaat von Kaltkeimern wie Bärlauch und Waldmeister. Ziergarten: Weiterhin Pflanzzeit von Rosen und anderen Gehölzen. Kaltkeimer wie Akelei, Schlüsselblumen oder Veilchen aussäen. |
Winter | Obstgarten: Zu Beginn Stammanstrich vornehmen. Im Verlauf Winterschnitt und Veredelungen. Gemüsegarten: Weiterhin Aussaat von Kaltkeimern möglich. Chicorée treiben. Ziergarten: Weiterhin Aussaat von Kaltkeimern möglich. |
Werden Sie Beobachter
Für die Erfassung sowie die Auswertung der betreffenden phänologischen Daten ist in Deutschland der Deutsche Wetterdienst zuständig. Um die Bestimmung der jeweiligen Jahreszeit durchführen zu können, ist auf den Seiten des Deutschen Wetterdienstes eine entsprechende Anleitung verfügbar.
Wer Interesse daran hat, kann sich dort auch selbst als Beobachter anmelden und an der Betrachtung der jahreszeitlichen Veränderungen teilnehmen. Der Deutsche Wetterdienst sucht hierfür immer wieder ehrenamtliche Pflanzenbeobachter.
Weitere Informationen erhalten Sie unter: http://bit.ly/dwd-phaeno