• Natur des Jahres 2014

Arzneipflanze des Jahres: der Spitzwegerich

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SpitzwegerichFoto: Dr. Heike Will, Würzburg Seinen Namen verdankt der Spitzwegerich den spitz zulaufenden, langen, schmalen, aufrecht stehenden Blättern, die eine Bodenrosette bilden. Der „Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arz­nei­pflan­zen­kun­de“ an der Universität Würzburg hat den Spitzwegerich (Plantago lanceolata) zur Arz­neipflanze des Jahres 2014 gewählt.

Verschiedene Wegerich-Arten werden schon seit Jahr­tau­sen­den in der Heilkunde genutzt, ganz be­sonders der Breit- und der Spitzwegerich. Heute wissen wir, dass der Spitzwegerich die stärkste Wirkung besitzt. Seine zahl­rei­chen Inhaltsstoffe lassen positive Effekte bei Katarrhen der Atemwege und Entzündungen von Mund und Rachenschleimhaut sowie bei Wunden erwarten. Pharmakologische Laboruntersuchungen belegen diese Effekte.


Blätter mit wertvollen Inhaltsstoffen

Von der Pflanze werden ausschließlich die Blätter verwendet. Zu ihren wichtigsten Inhaltsstoffen gehören die Iridoidglykoside wie Aucubin und Catalpol, die eine antibakterielle Wirkung zeigen, sowie Schleimstoffe (Polysaccharide), die reiz­mil­dern­de Effekte besitzen. Sie bilden eine Art schüt­zenden Film über die Schleimhaut in Mund und Rachen. Damit kann der Spitzwegerich lästigen Hustenreiz mindern.

Hinzu kommen Gerbstoffe, die mit 6,5 % Anteil die größte Inhaltsstoffgruppe bilden. Sie wirken zusammenziehend (adstringierend) und blutstillend und sta­bilisieren die Schleimhäute.

Weitere Inhaltsstoffe, die an der Heilwirkung des Spitzwegerichs beteiligt sein könnten, sind Fla­vo­no­ide, Kaffeesäurederivate, Saponin, Kieselsäure und Mineralstoffe wie Zink und Kalium.

Das Symptom Husten ist eigentlich der Ausdruck eines schützenden Reflexes, der die Atemwege reinigen soll. Durch die Reinigung der sensiblen Nervenfasern wird dieser Reflex ausgelöst, auch wenn, wie bei einem trockenen Husten, kein Fremdkörper entfernt werden muss. In diesen Fällen ist die reizmildernde Wirkung der pflanzlichen Inhaltsstoffe des Spitzwegerichs wertvoll.

Äußerlich kann Spitzwegerichkraut auch bei Entzündungen der Haut verwendet werden. In der Erfahrungs- und Volksmedizin gilt Spitzwegerich seit Langem als ein gutes Mittel zur ersten Wund­ver­sor­gung und bei Insektenstichen.


„Guter Heinrich“ oder „König des Weges“?

Zum Namen: Nicht ganz eindeutig ist die Bedeutung von „Wegerich“. Der Volkskundler Heinrich Marzell schreibt in seinem großen Lexikon der deutschen Pflanzennamen, dass es sich einfach um einen Män­nernamen wie „Guter Heinrich“ handle.

Andere – wie Gerhard Madaus – leiten den Namen vom althochdeutschen Wort „rich“ ab, was „König“ bedeutet. Wegerich hieße demnach „König des Weges“. Nachdem vor allem der sehr robuste Mittlere Wegerich selbst auf befahrenen Wegen gedeiht, erscheint dieser Name zumindest sinnvoll.

Den Spitzwegerich findet man allerdings mehr an Wegrändern und in trockenen Wiesen. Seinen Namen verdankt er den spitz zulaufenden, langen, schmalen, aufrecht stehenden Blättern, die eine Bodenrosette bilden.

Je nach den Bedingungen kann die Pflanze 5 bis 60 cm hoch werden. Die Blütezeit reicht von Mai bis in den September. Ursprünglich auf der nördlichen Halbkugel beheimatet ist er heute nahezu weltweit anzutreffen.

Dr. Johannes Gottfried Mayer,
Institut für Geschichte
der Medizin, Würzburg

 


 

Exkurs in die Geschichte

Von der Antike bis in die Neuzeit hinein galt als wichtigstes Einsatzgebiet des Breit- und Spitz­we­ge­richs die Stillung von Blutungen bei Wunden, in den Luftwegen, im Darm und sehr starke Mens­tru­a­tions­blu­tung. Auch andere Verletzungen wie Brandwunden, Insektenstiche und Tierbisse sowie Knochenbrüche werden häufig als Einsatzgebiete genannt. Sogar Shakespeare erwähnt „plantain“ (Plantago) mehrfach in seinen Werken als Mittel gegen Hautverletzungen.

Daneben spielten die Wegerich-Arten bei der Behandlung von Asthma, Geschwülsten und Ge­schwü­ren – insbesondere in der Mundhöhle – eine große Rolle und wurden auch bei Zahn- und Oh­ren­schmer­zen sowie gegen brennende Augen eingesetzt.