- Pflanzenporträts
Alpenveilchen
Leuchtfeuer in lichtarmer Zeit
Foto: Bakker Holland
Modetrends kommen, Modetrends gehen – auch bei Blumen. Alpenveilchen werden schon seit fast 400 Jahren kultiviert. Um 1620 sollen die ersten Exemplare nach Paris gekommen sein. In England wird von Kulturen um das Jahr 1730 berichtet. 1881 sorgte die erste deutsche Sorte ‘Rosa von Marienthal’ für große Bewunderung.
Vor einigen Jahren noch galt das Zimmer-Alpenveilchen (Cyclamen persicum) als ziemlich verstaubt und nicht mehr „en vogue“. Dank einer ganzen Palette von Neuzüchtungen mit attraktiven Farbtönen erlebt die alte Topfpflanze eine Renaissance. Gefranste oder gewellte Blütenblätter im Biedermeierlook, „Minis“ oder „Midis“ sowie opulente Exemplare in „XXL-Größe“ oder auch zweifarbige Duette im Topf haben das Image des Alpenveilchens wieder aufpoliert.
Kleine „Wilde“
Die Bezeichnung „Alpenveilchen“ ist ein wenig irreführend. Das im Zimmer kultivierte Alpenveilchen stammt aus dem Mittelmeerraum. Lediglich das Europäische Alpenveilchen (Cyclamen purpurascens) kommt als Wildform in den Alpen vor. Es wurde wie andere Wildarten in den letzten Jahren vermehrt mit den großblütigen Kulturformen gekreuzt. Das Ergebnis kann sich in Form sog. „Miniaturhybriden“ („Minis“) oder Hybriden von mittlerer Größe („Midis“) sehen lassen. Besonders vorteilhaft sind die straff aufrecht wachsenden Blüten und der geringe Platzbedarf der „Midis“. Sie sind zwar kälteresistenter, aber im Freiland nicht winterhart.
Foto: Neder
Keine Wegwerfpflanze
Das Alpenveilchen ist weit mehr als nur eine Wegwerfpflanze mit vorprogrammiertem Verfallsdatum. Respektieren Sie seine Ansprüche, können Sie es über viele Jahre vital und gesund halten. Manche Liebhaber schaffen es, die Pflanze über mehrere Jahrzehnte immer wieder zur Blüte zu ermuntern.
Passender Standort gesucht
Ein kühler und hell-schattiger Platz wird vom Alpenveilchen besonders geschätzt. Grelle Sonne mag vor allem die Kulturform gar nicht. Bei Temperaturen zwischen 15 und 18 °C fühlt sich das Alpenveilchen so richtig wohl. So haben Sie viel länger Freude an den herrlichen Blüten, als wenn Sie die Pflanzen an einen viel zu warmen Platz über der Heizung stellen. Die Pflanze bleibt deutlich vitaler und erschöpft nicht so schnell. Früher gab man ihr übrigens einen Platz zwischen den Doppelfenstern an der Nordseite des Hauses.
Auf ein neues Blütenjahr
Alpenveilchen sind ausdauernde Pflanzen, die mithilfe von Knollen widrige Jahreszeiten überstehen können. Diese Eigenschaft ermöglicht es ihnen, als Wildpflanzen in ihren heißen und trockenen Heimatgebieten Temperaturen von über 40 °C zu überleben.
Sie wachsen dort oft im lichten Schatten von Gehölzen sowie auf steinigen und durchlässigen Böden. Wird es ihnen zu heiß, nehmen sie sich einfach eine „Auszeit“, ruhen in der Hitze des Sommers und wagen sich erst wieder in der kühleren und feuchteren Jahreszeit aus der Deckung. Erst dann fangen die Blätter, die nach der Blüte allmählich vertrocknet sind, wieder an zu wachsen.
Diese für Wildalpenveilchen typische Auszeit brauchen Sie bei den Kulturformen nicht zwingend einzuhalten. Im Gegenteil: Öfter haben eingezogene Kulturpflanzen Probleme, im Spätsommer wieder richtig in Schwung zu kommen. Manche Alpenveilchenfans gönnen ihren Pfleglingen dennoch eine kurze Auszeit im Sommer, indem sie die Wassergaben allmählich verringern und einige Zeit vorher das Düngen einstellen.
Tipps für ein langes Leben
Abgeblühtes und gelbe Blätter werden laufend mit einem kurzen Ruck ausgezupft. Gönnen Sie dem Alpenveilchen ab Ende Mai einen halbschattigen Platz im Freien – aber Vorsicht: Schnecken fressen gerne die Blätter und Knollen.
Beginnen die ersten Blätter wieder zu sprießen, können Sie im August/September die alte Erde entfernen und frisches lockeres Topfpflanzensubstrat einfüllen. Beim Umtopfen halten Sie am besten gleich nach den cremefarbenen und braunköpfigen Larven des Dickmaulrüsslers Ausschau. Die finden sich nach einer Frischluftkur öfter in den Töpfen wieder und können die Pflanzen durch Wurzelfraß schnell zerstören.
Nach dem Topfen sollte die Knolle 1/3 bis 2/3 aus der Erde herausragen. Wegen des geringen Wurzelwachstums dürfen die Töpfe auch relativ flach sein. Besonders interessant wirkt es, wenn Sie mehrere Exemplare in eine flache Schale setzen. So können Sie vor allem auch die kleinen Pflanzen auf Dauer erfolgreich kultivieren.
Nicht mitten ins „Herz“ gießen
Das Gießen verlangt in der Tat etwas Fingerspitzengefühl. Am besten sorgen Sie stets für eine leichte Feuchtigkeit. Die Erde sollte nicht ganz austrocknen, aber auch keinesfalls zu nass sein. Hierauf reagieren die Winterblüher besonders empfindlich und werden dann schnell von Pilzen wie Grauschimmel, Cyclamenwelke oder der Cylindrocarpon-Krankheit befallen.
Gegossen wird keinesfalls direkt auf die Knolle, sondern an den Topfrand oder auch in den Untersetzer. Nicht aufgesaugtes Wasser schütten Sie weg. Mit dem Gießwasser können Sie während der Blütezeit alle ein bis zwei Wochen einen Flüssigdünger ausbringen.
Alpenveilchen für den Garten
Wer keine geeigneten kühlen Räume hat oder mehr auf den grazilen Charme und den dezenten Duft von Wildarten steht, kann sein Glück mit Wildalpenveilchen für den Garten probieren. Staudengärtnereien oder der Blumenzwiebelhandel bieten einige winterharte Arten an.
Gefällt den Wildformen ihr Standort im lichten Schatten von Laubgehölzen oder im Steingarten, säen sie sich auch selbst aus. Hierzu rollen sich die Blütenstände nach dem Abfallen der Kronblätter spiralig ein und drücken die Fruchtkapseln in die Erde. Damit sie sich ungestört entfalten können, sollten Sie die Pflanzen vor allzu ausbreitungsfreudigen Nachbarn schützen.
Freilandalpenveilchen können die kalten Winter nur überleben, wenn ihre Knollen bei Frost unter einer geschützten Decke liegen. Im Gegensatz zu den Knollen der Zimmer-Alpenveilchen kommen ihre Knollen ca. 2–5 cm unter die Erde.
Schutz vor Winterkälte
Foto: Visions/Pötschke
Eine schützende Decke aus Fichtenreisig oder eine dünne Laubdecke hilft dabei, strenge Winter zu überleben. Etwa 17 Arten sind im südlichen Mitteleuropa und dem Mittelmeergebiet beheimatet. Winterhart in unserem Klima sind allerdings nur einige. Hierzu gehören das Europäische Alpenveilchen, das Vorfrühlings-Alpenveilchen (Cyclamen coum ssp. coum) oder das Herbst-Alpenveilchen (Cyclamen hederifolium).
Mit einem warmen, gut durchlüfteten und kalkhaltigen Boden kommen die Wildarten am besten klar. Nasse Füße und schwere, kalte Böden sind für Wildalpenveilchen ungeeignet. Im Herbst sorgt eine fingerstarke Schicht aus reifem Kompost für einen langsam fließenden Nährstoffnachschub in der Wachstumsphase.
Alternativ ist liegen gelassenes Laub nicht nur ein sehr guter Frostschutz, sondern liefert auch Nährstoffe langsam nach, sodass Düngen fast überflüssig wird. Manche Arten, wie z.B. das Europäische Alpenveilchen, sprechen auf leichte Gaben von Knochenmehl gut an.
„Unwillige Exemplare“
Der große Staudenzüchter Karl Foerster hat für „unwillige“ Exemplare folgenden Ratschlag: „Von den winterharten Alpenveilchen wollen mitunter die Erdscheiben nicht austreiben. Das liegt zumeist daran, dass einige wichtige Pflanzvorschriften nicht beachtet wurden. Setze Cyclamen-Knollen an absonnige, aber warme, gleichmäßig frisch-feuchte Stellen. Mürber Lehmzusatz wird dankbar angenommen, leichte Kiesgaben in die Erde rund um die Knolle reizen meist zu schneller Neubewurzelung, und wenn diese erfolgt ist, kommt bestimmt auch der Austrieb und das Blühen. Einmal in Gang gesetzt, versagen Cyclamen nie mehr.“
Blütengruß nach dem Schnee
Den Auftakt im Gartenjahr macht das Vorfrühlings-Alpenveilchen. Bei der Pflanzung im frühen Herbst sollten Sie es mit 3–5 cm Erde abdecken. Je nach Witterung schickt es bereits ab Februar/März einen ersten Blütengruß aus der Deckschicht. Maximal 10 cm kann es hoch werden.
Die Blütenfarbe schwankt zwischen karminrot, rosa und weiß. Wer es ganz weiß haben möchte, kann auf die Sorte ‘Album’ zurückgreifen. Das Vorfrühlings-Alpenveilchen liebt kühl-feuchte Winter und trocken-warme Sommer. In der warmen Jahreszeit sterben auch bei ihm die Blätter ab, und die Knolle ruht.
Foto: Neder
Zauberhafter Herbst
Das Europäische Alpenveilchen wächst vor allem im Wanderschatten von Bäumen gut. Bei ausreichender Bodenfeuchte und einer guten Nährstoffversorgung kann das Wildalpenveilchen die Blätter auch während des ganzen Jahres behalten. Sonst kann es bis Juni ruhen und erst dann mit der Bildung herzförmiger, silbergrauer Blätter beginnen. Im Herbst erfolgt die Bildung der leuchtend roten Blüten. Sie duften zart und angenehm.
Auch das Herbst-Alpenveilchen ist ein interessanter Herbstblüher und entfaltet seine rosa Blüten zwischen Ende August und Oktober. Die Blüten erscheinen oft vor den Blättern. Je nach Wetter kann der Flor auch länger anhalten. Auch nach der Blüte fällt es durch das efeublättrige Laub auf. Die Sorte ‘Perlenteppich’ blüht weiß, die Sorte ‘Rosenteppich’ dunkelrosa. Die Blüten duften sehr angenehm. Das Herbst-Alpenveilchen gilt bei vielen Kennern als das beste, da es bei uns überall winterhart ist.
Auslegen der Knolle
Beim Auslegen der Cyclamen-Knollen müssen Sie etwas aufpassen, damit Sie oben und unten nicht vertauschen. Die Unterseite ist oft kahl. Die Oberseite erkennen Sie an den Triebhälsen, die mit Erde bedeckt sein müssen. Sie fallen besonders beim Europäischen Alpenveilchen deutlich auf.
Foto: Neder
Thomas Neder
Kreisfachberater im Landkreis Coburg