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Artischocken selbst anbauen: schön und lecker

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Artischocken sind delikate GroßdistelnFoto: Breder Artischockenblüten: ein Blickfang im Garten – und auch die Insekten freuen sich Sind das etwa…?, „Die sehen ja aus wie…“, „Wachsen die denn hier auch?“ Solche Fragen und einige mehr bekam ich von Gärtnern und Gärtnerinnen zu hören, die im Som­mer an meinem Kleingarten in Bre­men vorbeikamen und staunten. Und da ich nicht immer zur Stelle sein kann, hier die Antwort: „Ja, es sind Artischocken.“

Sie gedeihen hier prächtig, sind wunderschön anzuschauen und schmecken den Hummeln und uns vorzüglich. Ich habe die Samen im Mai 2009 in eine Saatschale gesät, dann getopft und im Juli ausgepflanzt. Schon im September gab‘s eine reiche Ernte.

Vor dem Frost wurden die Stauden 20–30 cm hoch mit Laub abgedeckt. Weder Frost noch Fäulnis noch Schnecken haben ihnen zugesetzt, alle 13 Pflanzen kamen gut durch den Winter. (Wenn wir einen nasskalten Bremer Winter gehabt hätten, hätte ich die Pflanzen zusätzlich z.B. mit großen Mörtelkübeln abgedeckt, um sie vor Nässe zu schützen).

Im Frühjahr habe ich drei Artischocken an den Zaun gesetzt und jeder Pflanze 1 m2 Platz gegönnt. Ins Pflanzloch kam reichlich Kompost, denn für ihre großen Blätter und schweren Blütenköpfe brauchen Artischocken ordentlich „Fut­ter“.

Den Boden habe ich erst mit Moos (aus dem Rasen), dann mit grobem Häcksel und zuletzt mit Rasenschnitt bedeckt. Viele unserer Unkräuter sind Lichtkeimer, ihre Samen laufen unter der Moosschicht gar nicht erst auf. Der Häcksel hindert die Amseln daran, das Moos „durchzumuddeln“, und der Rasenschnitt sorgt dafür, dass der Belag die Feuchtigkeit gut hält.

Die Mulchschicht verrottet zum großen Teil während des Sommers und nährt so zugleich das Bodenleben. Es gab einige wenige Schne­cken – da zückte ich die Rosenschere ..., und einige Blatt- läuse – die Marienkäfer haben sich bedankt.

Wir hätten schon im Juli ernten können, aber die ersten Blüten wollte ich als prachtvollen Schmuck stehen lassen. Schauen Sie einmal einer Hummel zu, wie sie mit ei­nem Kopfsprung in das Blü­ten­blau eintaucht, bis nur noch die Hinterbeine herausragen!

Ob die Samen hierzulande ausreifen, werde ich sehen. Vielleicht gibt es auf unserem nächsten Gartenflohmarkt im Frühjahr schon Jungpflanzen der Auslese „Bremens Beste“.


Hintergründiges
Artischocken (Cynara cardunculus Scolymus Gruppe) werden heutzutage in vielen Ländern angebaut. Es gibt verschiedene Sorten, ich habe die ‘Große Grüne von Laon’ ausgesät.

Die Pflanzen enthalten Cynarin, einen Bitterstoff, der den Appetit anregt, das Blut reinigt, den Gallefluss anregt und die Verdauung von Fetten fördert. Außerdem sind sie für Diabetiker interessant, denn sie enthalten Inulin, eine Zuckerart, die ohne Insulin aufgeschlossen und nicht auf die Broteinheiten angerechnet wird.

Artischocken fallen nicht rein aus Samen, d.h. die Pflanzen unterscheiden sich deutlich in der Größe und Form der Knospen, der Blütenfarbe und der Wuchskraft. Da ich von den kräftigsten Pflanzen Samen abnehmen werde, sollte im Laufe der Jahre eine Auslese (Lokalsorte) entstehen, die in unserem Klima und auf dem schweren Boden gut gedeiht.

Artischocken werden im April im Frühbeet ausgesät (evtl. auch gleich in Töpfe) und nach den letzten Frösten ausgepflanzt. Der Abstand sollte 1 m betragen. Die bes­ten Pflanzen soll man im Frühjahr durch Teilung oder Wurzelschnittlinge vermehren können (hab‘ ich noch nicht selbst versucht).

Michael Paluch,
Fachberater im Kgv.
„Am Krähenberg“, Bremen

 

Geerntet werden die Knospen am besten kurz vor dem Aufblühen (später werden sie holzig). Die Knospen direkt unter dem Blütenboden abschneiden, in Salzwasser (evtl. etwas Zitronensaft zugeben) 30–45 Mi­nuten kochen.

Eine Soße zubereiten: zerlassene Butter, Joghurt-Dip, aromatisiertes Olivenöl, Vinaigrette (Essig-Öl-Soße) oder Aioli (Knoblauch­mayonnaise).

Servietten oder feuchte Tücher bereitlegen – ­Artischocken enthalten einen besonderen Zucker (Inulin), der sie klebrig macht, und ohne Finger kommt man ihnen nicht bei. Dann eine große Schüssel auf den Tisch stellen.

Die Knospen abtropfen lassen, mit dem Stiel nach oben auf einen Teller legen und vom Stiel her beginnend die Knospenschuppen einzeln ­abzupfen. An den ersten Blättchen hängen oft noch holzige Fasern, sie wandern gleich in die Schüssel. Die folgenden Knospenblätter mit dem fleischigen Ende in die Soße tunken, in den Mund stecken und beim Herausziehen das „Fleisch“ mit den Zähnen abziehen.

Zuletzt bleibt der Blütenboden (das Artischockenherz) übrig. Das faserige Blüteninnere („Heu“ genannt) mit den Fingern abzupfen oder mit einem Löffel vorsichtig abschaben, es wird nicht gegessen. Dann mit Messer und Gabel (oder Fingern und Zähnen) dem leckeren Rest zu Leibe rücken. Dazu gibt‘s ein Baguette.

Übrigens: Frische Artischocken schmecken feinherb mit „einer Prise süß“ und unvergleichlich anders als alles, was in Dosen steckt.

Guten Appetit wünscht Michael Paluch