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Birnen – Obstart für Könner
Foto: Buchter-Weisbrodt Die Tafelbirne (Pyrus communis) stammt von der Holzbirne und der Schneebirne ab. Sie hat wie die vorwiegend in Streuobstwiesen verbreitete Mostbirne intensiv grüne, glänzende Blätter, die sich nach der üppigen Blüte entfalten. Die schneeweißen Blüten mit ihren auffallend roten Staubgefäßen sitzen in dichten Büscheln zusammen, riechen allerdings im Gegensatz zu Apfelblüten nicht angenehm. Auch die heranreifenden Früchte sehen hübsch aus, und im Winter sind es die bizarren Fruchtholzquirle, die reizvoll wirken. Birnen sind im Garten jedoch heikle Gäste, und nur fachkundige Gartenliebhaber können sich über viele Jahre an dem vitalen, aber anspruchsvollen und pflegeintensiven Kernobst erfreuen.
Nur wenige Sorten sind wirklich robust
Ähnlich wie der Apfel ist die Birne für viele Schaderreger anfällig, darunter Schorf, Feuerbrand, Birnengitterrost, Birnensterben und Birnblattsauger. ‘Williams Christ’ eignet sich nicht für den Garten, da sie auf fast alle Krankheitserreger reagiert. Die derzeit beste im Handel verfügbare Tafelbirne, die nicht von Feuerbrand befallen wird, ist ‘Harrow Sweet’.
Als robuste Frühsorten, die schon im Juli reifen, kommen die kaum schorfanfällige ‘Bunte Julibirne’ und für besonders raue Lagen die ‘Frühe aus Trevoux’ infrage. Überaus robust ist die erst im Oktober reife ‘Madame Verte’. Wer bereits im September Birnen ernten möchte, kann zwischen den beiden sehr widerstandsfähigen Sorten ‘Gute Graue’ und ‘Gellerts Butterbirne’ wählen, auch ‘Conference’ bleibt bei guter Pflege vital. Ebenfalls Anfang September reift ‘Schöne Helene’, eine Kreuzung von ‘Conference’ und ‘Gute Luise’.
Ein gravierendes Problem lässt sich über die Sortenfrage leider nicht lösen: der weit verbreitete Birnengitterrost. Der Pilz überwintert auf den in vielen Gärten verbreiteten Wacholder-Arten, und ein Befall ist fast unvermeidlich. Die Birnenblätter werden von orangefarbenen Flecken überzogen und lassen sich nicht chemisch schützen.
Der richtige Standort ist wichtig für den Erfolg
Foto: Wanja Jacob/Fotolia Mit richtiger Standortwahl lässt sich dagegen ein weiteres Problem der Birnenkultur beheben. Besonders empfindlich auf ungeeignete Bodenverhältnisse reagieren die auf Quitte veredelten kleinwüchsigen Bäume. Der Standort darf nicht staunass und luftarm sein, der pH-Wert sollte 6 bis 6,5 nicht überschreiten. Auf kalkhaltigen Böden zeigen sich rasch Blattvergilbungen (Chlorosen).
Vor allem spät reifende Lagersorten brauchen viel Wärme. Solche Sorten erreichen nur in sonnenreichen Jahren und an sonnigen Wänden oder in Weinbauregionen gute Fruchtqualitäten. Wird ihr Wärmeanspruch nicht erfüllt, enttäuschen die Birnen nicht nur geschmacklich, sondern haben auch trockenes, zähes Fruchtfleisch und Steinzellen im Kernhausbereich.
Birnen blühen im Schnitt zehn Tage vor den Apfelsorten, deshalb sind die Blüten stärker frostgefährdet. Auch das Holz der meisten Sorten reagiert empfindlicher auf Winterfröste als das vieler Apfelsorten. Wie Äpfel sind Birnen nicht selbstfruchtbar, die Blüten müssen also mit den Pollen einer anderen Birnensorte bestäubt werden. Stehen im weiten Umkreis keine Birnbäume, sollten mindestens zwei Sorten gepflanzt werden, die im selben Zeitraum blühen.
Bei einigen Sorten können sich Früchte ohne vorherige Befruchtung entwickeln (Parthenocarpie). Diese Jungfernfrüchte entstehen vor allem nach Blütenfrösten oder unzureichender Fremdbefruchtung und sind meist schmaler als Birnen, die befruchtet wurden und ganz normal Samen im Kernhaus ausbilden.
Die Unterlage bestimmt das Wachstum
Foto: Buchter-Weisbrodt Es gibt nicht viele Birnenunterlagen. Für Hochstämme und auf sehr schwierigen Standorten dienen Sämlinge als Unterlage, meist ‘Kirchensaller Mostbirne’. Sie geben den Bäumen kräftigen Wuchs, gute Standfestigkeit, lange Lebensdauer und hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber Holzfrost, der erste Ertrag setzt aber frühestens nach vier Jahren ein.
Quittenunterlagen bewirken dagegen einen frühen Ertragsbeginn, schwächeren Wuchs, geringe Alternanz (Schwankung des Fruchtertrags) und gute Fruchtqualität. Auf Quitte veredelte Birnbäume haben jedoch eine kürzere Lebensdauer (maximal 40 Jahre), sie sind nicht standfest, weniger winterhart und auf kalkhaltigen Böden oder nach Nässeperioden deutlich anfälliger für Chlorosen. Am meisten verbreitet ist die aus England stammende Unterlage ‘Quitte A’ (= ‘Quitte aus Angers’), die frosthärter als ‘Quitte C’ und ‘Quitte Adams’ ist. Neuzüchtungen wie ‘Pyrodwarf’, ‘Sydow’ und OHF-Hybriden eignen sich nicht für alle Böden, teils bestehen Sortenunverträglichkeiten.
Birnbäume brauchen viel Pflege
Foto: Buchter-Weisbrodt Stärker als der Apfel neigen die meisten Birnensorten zu ausgeprägtem Höhenzuwachs und zur Betonung der Mittelachse. Dies kommt der Erziehungsform als Wandspalier entgegen. Soll der Baum eine freistehende Krone erhalten, muss die Höhe der Mittelachse durch Rückschnitt auf den nächsten Konkurrenztrieb begrenzt werden. Um Birnbäume als Spaliere zu formieren, sind entsprechende Draht- oder Lattengerüste erforderlich. Die Triebe werden im Frühjahr, wenn der Saftfluss bereits begonnen hat, vorsichtig in die gewünschte Richtung gebogen und befestigt.
Birnen auf Sämlingsunterlagen entwickeln ein tiefes Wurzelsystem, während die Wurzeln der Quittenunterlagen relativ flach liegen. Sie sollten deshalb in den ersten Jahren gut mit Wasser versorgt werden. Es empfiehlt sich zudem, den Boden zu mulchen.
Die Früchte sind gesund und bekömmlich
Foto: Buchter-Weisbrodt Bei einem Vergleich der Inhaltsstoffe von Apfel und Birne zeigen sich erstaunlich ähnliche Werte. Deutliche Unterschiede gibt es nur beim Rohfasergehalt – er ist bei der Birne fast doppelt so hoch – und vor allem bei den Säurewerten. Während Äpfel je nach Sorte eine Schwankungsbreite von 5 bis 15 g/l aufweisen, enthalten Birnen nur 1 bis 3 g/l, sind also säureärmer als die mildesten Apfelsorten.
Die Heilkundigen des Mittelalters warnten davor, Birnen roh zu essen: „Roh die Birne vom Baum zu essen, ist giftig. Gegengift sind Birnen gekocht, doch meide die rohen. Solche beschweren den Magen, gekochte hingegen erleichtern.“ Birnen sind auch frisch gegessen alles andere als giftig, in einem Punkt haben die mittelalterlichen Ärzte jedoch Recht: Gekochte Birnen und Birnensaft gelten als ausgesprochene Schonkost. Schwer im Magen liegen nur sehr unreife frische Früchte.
Die Birne ist beliebter Bestandteil von Therapien, die den Körper entgiften. Sie enthält fein ausgewogene Mengen an Mineralstoffen und Spurenelementen, die Schwermetalle und schädliche Lebensmittelzusätze neutralisieren und ausscheiden helfen. Auch bei Verdauungsstörungen leistet diese Frucht wirksame Hilfe. Wertvoll ist auch die reichlich enthaltene Folsäure, ein Vitamin des B-Komplexes, das Wachstum und Blutbildung fördert. Folsäure spielt zudem eine Rolle beim Aufbau von Glückshormonen. Frische Birnen können also dazu beitragen, unsere Laune zu heben und den Alltag zuversichtlich anzugehen.
Birnen als Zierbaum
Von nahezu allen Obstarten gibt es Zierformen, so auch von den Birnen. Die Wild- oder Holzbirne (Pyrus pyraster) kommt allenfalls für das Rahmengrün von Kleingartenanlagen oder für große, naturnahe Gärten in Frage.
Ebenso die gut 10 m hohe Schnee- oder Lederbirne (Pyrus nivalis). Ihre jungen Triebe sind filzig behaart, die Blätter mit ihrem anfänglich weißen Haarfilz umgeben die 3 cm großen, weißen Blüten im April. Im Herbst überrascht sie mit dunkelroter Färbung. Die rundlichen Birnchen lassen sich allenfalls überreif essen.
Als Birnen-Ziergehölz am meisten verbreitet ist die Weidenblättrige Birne (Pyrus salicifolia), ein 5 bis 10 m hoher Baum mit hängenden Zweigen. Die schmalen Blätter sind silbrig behaart und erklären die Namensgebung. Nur 2 cm groß sind die unscheinbaren Früchte, sie werden nicht genutzt. Die Sorte ‘Pendula’ fällt durch den Hängecharakter der Äste auf, ‘Silver Cascade’ hat nicht nur stark hängende Zweige, die Blätter schimmern auch besonders silbrig.
Die Chinesische Birne (Pyrus calleryana) ist ein kleiner Baum mit kleinen, dunkelgrünen Blättern. Ende April, Anfang Mai erscheinen die 2 cm großen, weißen Blüten. Daraus entwickeln sich 1 cm große Birnchen. Sorten sind z.B. säulenförmig wachsende wie ‘Capital’ oder pyramidenförmige wie ‘Clerizam’, ‘Gladzam’, ‘Valzam’ und ‘Cleveland Select’. ‘Edgeball’ hat silbrige Blätter, ‘Jilzam’ bleibt besonders klein, ‘Stonehill’ wird überdurchschnittlich groß.
Die Ussuri-Birne (Pyrus ussuriensis) wird 15 m hoch. Die gelblichen Zweige tragen deutlich gezähnte Blätter. Im April erscheinen je Büschel 6 bis 10 gut 3?cm große Blüten. Daraus entwickeln sich 3 cm große grünlichgelbe Früchte mit kurzen Stielen. Die Sorte ‘Bailfrost’ wächst streng aufrecht, ‘Mordak’ bleibt kleiner und hat eine runde Krone.
Helga Buchter-Weisbrodt
Bezugsquellen
für Birnbäume (Fruchtsorten):
Artus Group Gesellschaft für Obstneuheiten mbH
Tel. 07 21/94 48 07
www.artus-group.de
Krämer Markenbaumschulen
Tel. 0 52 31/6 87 78
www.baumschule-kraemer.de
Baum- und Rosenschule Wolfgang Müller
Tel. 03 43/59 76 1-0
www.baum-rosenschule-mueller.de