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Gutes Obst kommt aus guter Schule

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Journalistenreise ins Alte Land und in die Elbmarsch

Äpfel anbauenFoto: Verlag W. Wächter/Peters Rund 750 Betriebe bauen im Alten Land vor allem Äpfel an. Etwa 1,5 Mio. Tonnen Äpfel werden jedes Jahr in Deutschland verkauft, ein großer Teil davon wird auch in Deutschland geerntet. 72 Mio. Apfelbäume wachsen hierzulande auf einer Fläche von knapp 32.000 ha (lt. Statistischem Bundesamt). Auf rund 9500 ha wird Baumobst allein im Alten Land angebaut.

Das Alte Land erstreckt sich auf einer Fläche von 170 km2 zwischen Hamburg und Stade. Zwei Drittel gehören zu Niedersachsen, ein Drittel zu Hamburg. Holländische Siedler kultivierten das fruchtbare Marschland seit dem 13. Jahrhundert, den Obstbau führten vor 680 Jahren Mönche des Stader Klosters ein.

Heute ist das Alte Land das größte geschlossene Obstanbaugebiet Deutschlands und eins der größten in Europa. 750 Betriebe bauen hier vor allem Äpfel an (fast 90 %), außerdem Kirschen, Birnen, Pflaumen, Erd- und Himbeeren. Das landschaftlich reizvolle Gebiet in der linksseitigen Elbmarsch ist besonders zur Zeit der Obstblüte im Frühjahr und zur Erntezeit im Spät­som­mer einen Besuch wert.

Auf Einladung vom Bund deutscher Baumschulen (BDB) reiste eine Gruppe Journalisten im Herbst 2012 zur besten Apfelerntezeit ins Alte Land, um mehr über den Obstanbau zu erfahren. Weil die Apfelernte nun aber nur den Abschluss bildet in einer langen Kette von gärtnerischen Produktionsabläufen und Anbaumethoden, ging die Reise auch auf die andere Seite der Elbe, nach Schleswig-Holstein, in das größte zusammenhängende Baumschulgebiet Europas im Kreis Pinneberg. Auf 4200 ha werden hier neben Obstbäumen vor allem Ziergehölze und Rosen produziert und gezüchtet.


Obstbauversuchsanstalt Jork

Der Obstanbau ist der wichtigste Wirtschaftsfaktor im Alten Land. Um konkurrenzfähig zu bleiben, wird in der Obstbauversuchsanstalt (OVA) in Jork kontinuierlich nach Verbesserungen gesucht. Die OVA gehört zusammen mit dem Obstbauzentrum Jork zum Kompetenzzentrum für den Obstbau in Norddeutschland. Im Rahmen der norddeutschen Kooperation koordiniert es das gärtnerische Versuchswesen und die Gartenbauberatung für ca. 1400 Obstbaubetriebe in den Ländern Nie­der­sach­sen, Hamburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt. Darüber hinaus hält die OVA zu Versuchsanstalten und Züchtern in ganz Europa Kontakt.

Birnbäume auf den VersuchsfeldernFoto: Verlag W. Wächter/Peters Birnbäume auf den Versuchsfeldern. Der wissenschaftliche Leiter des Versuchsbetriebes Esteburg, Dr. Rolf Stehr, beschrieb uns die vielfältigen Aufgaben der OVA. Von allen Obstarten werden hier neue Sorten geprüft. Es wird ermittelt, unter welchen Be­din­gun­gen die Pflanzen am besten tragen: Dabei geht es u.a. um Pflanzabstände, Ausdünnung, Schnitt und Ern­te­zeit­punkt.

Der Versuchsbetrieb Esteburg in Jork verfügt über rund 30 ha Anbau- und Versuchsfläche für Äpfel, Birnen, Süßkirschen, Sauerkirschen, Pflaumen und Zwetschen. Neben der Forschung spielt auch die Beratung der Obstanbauer eine wesentliche Rolle in der täglichen Arbeit der OVA. Dritter Tätigkeitsbereich ist die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften in der Region.

25 Mitarbeiter und acht Auszubildende kümmern sich in den Abteilungen um die Themenbereiche Kernobst und Steinobst, Beerenobst und Sonderkulturen, Integrierter Pflanzenschutz, Pflan­zen­krank­hei­ten, Fruchtqualität und Obstlagerung, Ökologischer Obstbau, Maschinen, Geräte, An­wen­dungs­tech­nik, Betriebs- und Marktwirtschaft.

Dr. Rolf Stehr gab uns auch einen Einblick in die Kriterien, die bei der Züchtung und Verbreitung von Apfelsorten eine Rolle spielen. Ein Apfel soll gut aussehen, fest und knackig sein und sich gut lagern lassen. Die Bäume sollen gesund sein und regelmäßig tragen. Der Geschmack der Kunden ändert sich. Derzeit sind Sorten wie ‘Elstar’ gefragt, in wenigen Jahren werden es wahrscheinlich solche mit süßeren und festeren Früchten sein, die schon heute bei jungen Käufern beliebter sind. Immer wichtiger werden die sogenannten Clubsorten, etwa ‘Pink Lady’ oder ‘Kanzi’. Sie dürfen nur von bestimmten Anbauern produziert werden und „gehören“ Markeninhabern, z.B. Su­per­markt­ket­ten.

Analyse der Inhaltsstoffe frisch gepflückter ÄpfelFoto: Verlag W. Wächter/Peters Wissenschaftliche Mitarbeiter der Obstbauversuchsanstalt Jork analysieren die Inhaltsstoffe frisch gepflückter Äpfel. Gezüchtet wird in Richtung Pflan­zen­ge­sund­heit, wobei heute die Virusfreiheit der Unterlagen und Edelreiser eine zunehmend größere Rolle spielt. Der zweite wichtige Aspekt bei der Züch­tung ist der Geschmack der Früchte. Auch hierzu führt die OVA um­fang­rei­che Tests durch.

Alle Testergebnisse fasst die OVA zu­sam­men und gibt jährlich Sor­ten­emp­feh­lun­gen heraus. Diese sind nicht nur für die Obstbauern wichtig, sondern auch für die Baumschulen. Denn sie müssen die Bäume mit den ent­spre­chen­den Sorten schließlich erst einmal produzieren, bevor sie die Obstbauern pflanzen können.


Baumschule Armholt, Guderhandviertel

Einjähriger JungbaumFoto: Verlag W. Wächter/Peters Hinrich Armholt erklärt an einem einjährigen Jungbaum das Prinzip eines Knipbaums. Die jungen Obstbäume kommen z.B. aus der Baumschule Armhold in Guderhandviertel, der nächsten Station unserer Reise. Neben der Baumschule gehört auch ein Obstbaubetrieb zu dem Familienunternehmen, der bereits seit 1540 bewirtschaftet wird. Die Armholts wissen daher genau, was ein Obstbaubetrieb braucht, wohin sich die Züchtung entwickelt, und sie kennen die Vorlieben der Verbraucher.
 
Seit den 80er Jahren haben die Armholts die Anzucht der Bäume auf sogenannte Knip­bäu­me umgestellt. Dafür wird nicht erst eine Unterlage gepflanzt und im darauffolgenden Sommer veredelt, sondern gleich die im Winter veredelte Jungpflanze (= Winter-Handveredelung). Der Austrieb ist schwächer, wird aber in 30 bis 40 cm Höhe ohnehin zurückgeschnitten. Das oberste Auge treibt dann kräftig aus, und bald entstehen an diesem senkrechten Trieb schön waagerecht stehende Seitentriebe. Genau die braucht der Anbauer, weil sie schon in jungen Jahren Früchte tragen. Weitere Vorteile des Knip­baums: In der Baumschule wird ein Jahr bis zur Pflanzware eingespart, im Anbau können die Reihen enger gepflanzt werden, und die Ernte setzt ein Jahr früher ein.

270.000 Jungpflanzen werden jährlich in der Baumschule Armholt neu gepflanzt. Davon sind 200.000 Äpfel, 50.000 Süßkirschen, 15.000 Pflaumen und Zwetschen und 5000 Birnen. Auf 12 ha stehen einjährige Pflanzen, auf 12 ha zweijährige und auf weiteren 12 ha verkaufsfertige Ware.
 
Jungpflanzen in der Baumschule ArmholtFoto: Verlag W. Wächter/Peters Links stehen die einjährigen Bäume dicht an dicht, rechts in den Reihen mit größerem Abstand die verkaufsfertige Ware. Ein Erwerbsobstbauer sollte seine Anbauflächen alle 20 Jahre einmal roden und neu bepflanzen. 2500 bis 3000 Obstbäume stehen auf 1 ha, macht einen Bedarf von etwa 1,2 Mio. Jungbäumen jedes Jahr allein im Alten Land. Davon deckt die Baumschule Armholt nur einen kleinen Teil ab. Weitere Jungbäume kommen z.B. aus den Niederlanden, wo Groß­baum­schu­len 1,5 Mio. ver­kaufs­fer­ti­ge Bäume pro Jahr produzieren.

Für die meisten Sorten muss Hinrich Armholt eine Lizenzgebühr an den Eigentümer (= Züchter oder Finder) der Sorte zahlen, die zwischen 25 Cent und 1 Euro pro Baum liegt. Er muss Sorten, die im Kommen sind, rechtzeitig erkennen und sich die Lizenzen dafür sichern, nur so kann er seine Kunden schnell damit beliefern.

 

Frische Äpfel bis zum Frühjahr

Weil die geernteten Äpfel nicht alle auf einmal verkauft werden können und sollen, werden sie in Lagerkammern in „kontrollierter Atmosphäre“ eingelagert. Der Reifeprozess lässt sich durch Absenken des Sauerstoffgehalts und Erhöhen des CO2-Gehalts in völlig luftdicht geschlossenen Kammern gezielt steuern. Werden die Kammern dann nach Wochen oder sogar Monaten wieder geöffnet, sind die Äpfel genauso frisch wie direkt nach der Ernte.


Baumschule Cordes in Holm

Es stehen derzeit allein in Deutschland weit über 1000 unterschiedliche Apfelsorten in Gärten und auf Streuobstwiesen, von denen aber nur 30 bis 40 im traditionellen Einzelhandel zu kaufen sind. Und nur Bäume dieser Sorten werden in den meisten Baumschulen herangezogen und auf den Feldern der Obstbauern gepflanzt.

Dass die vielen anderen, zum Teil sehr alten Sorten erhalten bleiben, darum kümmert sich John Hermann Cordes. In Holm bei Pinneberg, auf der anderen Seite der Elbe in Schleswig-Holstein, pflegt er in seinem Baumschulbetrieb eine Genbank mit mehr als 600 Apfel- und über 100 Birnensorten. Die Sammlung gehört zur Deutschen Genbank Obst, einem dezentral organisierten Genbanknetzwerk zum Erhalt alter Obstsorten, die u.a. 2000 Apfelsorten umfasst.

Zahlreiche alte ObstsortenFoto: Verlag W. Wächter/Peters Ein Fest für Feinschmecker: Zahlreiche alte Obstsorten können Besucher in der Baumschule Cordes in Holm zur Erntezeit probieren. Im gestreiften Pullover: John Hermann Cordes. Die Genbank ist in diesem Fall kein steriles Labor, sondern ein kleiner Acker auf dem Betriebsgelände der Baumschule Cordes. In Reihen stehen dort die wertvollen Bäume, einer von jeder Sorte. Diese 600 Sorten machen fast ein Drittel aller in Deutschland bekannten Apfelsorten aus. Sie werden regelmäßig weiter vermehrt, um sie zu erhalten, gelegentlich fordern auch andere Betriebe oder Genbanken Edelreiser an.

Bäume mit den alten Sorten veredelt die Baumschule Cordes z.B. für res­tau­rier­te Gärten, Streuobstwiesen, Obst­lehr­pfa­de und Privatgärten. Ende September/Anfang Oktober können Interessierte in Holm meh­re­re hundert Apfel-, Birnen- und auch Nashi-Sorten begutachten und verkosten.

Die Baumschule von John Hermann Cordes gehört zu den wenigen Spezialbetrieben für Obst­ge­höl­ze, die ein großes Angebot an alten Obstsorten mit regionaler Bedeutung zu bieten haben. Daneben produziert der Betrieb auf einer Fläche von 40 ha noch Beerenobst, Wildschutzgehölze, Knickbepflanzungen und Straßenbäume.


Baumschule BKN Strobel in Holm

Eine Pflanzenproduktion mit ganz anderem Schwerpunkt lernten wir anschließend in der Baum­schu­le BKN Strobel kennen, die ebenfalls in Holm ansässig ist. Hier werden seit Ende der 90er Jahre ausschließlich Containerpflanzen für den Verkauf an Endverbraucher in Gärtnereien, Fach-Gartencentern und Baumärkten mit Gartenabteilungen produziert. Es sind hochwertige, visuell attraktive Produkte mit besonderem Erlebniswert, sowohl beim Einkauf als auch im Garten, so der Geschäftsführer Hajo Steinmeyer.

Obstzwerge, Beerenobst-Trio und FamilienbäumeFoto: Verlag W. Wächter/Peters Obstzwerge, Beerenobst-Trio und Familienbäume: Hajo Steinmeyer, der Geschäftsführer der Baumschule BKN Strobel, zeigt das Spezialsortiment an Obstgehölzen. Im Bereich Obst hat BKN Strobel auch Konsumenten mit kleinen Gärten oder Balkonen im Blick, die auf wenig Platz selbst ernten möchten. Für diesen Markt sind die Obstzwerge gedacht, Minibäume von Äpfeln, Birnen, Kir­schen, Nektarinen und Pfirsichen. Oder die Beerenobst-Trios, Pflanzen mit drei verschiedenen Sorten an einem Spalier, und das Sortiment Familienbaum mit drei Apfelsorten. Weitere Produktlinien bei BKN Strobel sind: exklusive Vi­ta­mi­ne, Kinder im Garten, Kletterrosen, Mini Eden Rose, Weltrosen, Duftgarten.
 
Das 45 ha große Betriebsgelände befindet sich auf einer zusammenhängenden Fläche. Das ist ungewöhnlich in der Branche und konnte hier durch den Neubau einer modernen Baumschulanlage verwirklicht werden, die 2002 in Betrieb ging. Mit 120 Mitarbeitern in Produktion und Vertrieb zählt BKN Strobel zu den europaweit führenden Sortimentsbaumschulen für Containerpflanzen und Rosen. 32 ha umfasst allein die Stellfläche für Container.

Pflanzen werden mit umweltschonender Technik kultiviertFoto: Verlag W. Wächter/Peters Alle Pflanzen werden in Containern auf Stellflächen mit moderner, umweltschonender Technik kultiviert. Alle Produktionsbereiche sind com­pu­ter­ge­steu­ert, alle Quartiere mit­ein­an­der vernetzt, Be­wäs­se­rung und Dün­gung können millimetergenau ein­ge­stellt werden. In einem geschlossenen Wasserkreislaufsystem wird Re­gen­was­ser und das Wasser von den Flächen gesammelt, gefiltert und wieder aus­ge­bracht. Weil der Betrieb inmitten eines Landschaftsschutzgebiets und in unmittelbarer Nähe zu einem Na­tur­schutz­ge­biet liegt, hat der Um­welt­schutz einen großen Stellenwert.

Der Absatz von Pflanzen im Einzelhandel konzentriert sich extrem auf die Frühjahrsmonate. Pflanzen im Wert von 75 % des Jahresumsatzes verlassen bei BKN Strobel von Februar bis April den Hof. Alle werden individuell nach den Kundenwünschen zusammengestellt auf CC-Containern direkt in die Gartencenter und Gärtnereien geliefert. Dazu gibt es Präsentations- und ganzheitliche Verkaufskonzepte.


Beerenobst Dierking, Gilten

Heidel- oder BlaubeerenFoto: Verlag W. Wächter/Peters Heidel- oder Blaubeeren schmecken nicht nur köstlich, die Pflanzen sind mit ihrer attraktiven Herbstfärbung auch optisch ein Genuss. Eine ganz andere Art von Obstanbau erwartete uns am nächsten Tag in Nie­der­sach­sen. In den sandigen, nähr­stoff­ar­men und sauren Böden der Land­schaft nördlich von Hannover gedeihen Heidekrautgewächse vortrefflich. Seit den 80er Jahren werden auf inzwischen 800 bis 1000 ha verstärkt Heidelbeeren in dieser Region angebaut, die deshalb auch das blaue Dreieck genannt wird. Die Anbauer ziehen das Wort Blau­bee­ren dem Begriff Kulturheidelbeeren vor, weil es verständlicher ist und auch international gebräuchlich (Blueberry).

Für den Beerenobst-Spezialbetrieb von Wilhelm und Sonja Dierking in Gilten bei Schwarmstedt sind Cranberries und Blaubeeren die beiden wichtigsten Kulturen. Von dem 65 ha großen Gelände des seit 40 Jahren bestehenden Betriebes entfallen 15 ha auf den Obstanbau, 5 ha auf die Baumschule und 1 ha auf Forschung und Entwicklung.

Pro Jahr verkauft Dierking etwa 1,5 Mio. Pflanzen an Baumschulen und Pflanzen-Versandhäuser als Jungpflanzen, Halbfertigware und Fertigware. Die eine Hälfte der Pflanzen landet z.B. über Versandhäuser in den Hausgärten, die andere im Erwerbsanbau. Neben dem kommerziellen Anbau, der Vermehrung und Anzucht und dem weltweiten Versand von Blaubeeren unterstützt Dierking auch aktiv die Erforschung und Entwicklung neuer Sorten in und für Europa, außerdem arbeitet der Betrieb mit dem Institut für „Plant & Food Research“ in Neuseeland zusammen und züchtet auch selbst.

Spezialbetriebs für BeerenobstFoto: Verlag W. Wächter/Peters Sonja Dierking führte uns durch einen Teil des Spezialbetriebs für Beerenobst. Im Hintergrund Gewächshäuser mit Jungpflanzen. Blaubeeren werden in den letzten Jahren immer häu­fi­ger auf Wochenmärkten und im Einzelhandel an­ge­bo­ten. Es sind meist Kulturheidelbeeren (Vaccinum corymbosum) mit deutlich größeren Früchten als die der Wildart (V. myrtillus). Sie wurden aus der Amerikanischen Heidelbeere gezüchtet, die Pflanzen erreichen in Kultur eine Höhe von etwa 150 cm. Die Früchte haben helles Fruchtfleisch, weil sich der typische blaue Farbstoff nur in der Schale befindet.
 
Kulturheidelbeeren bringen gut 25 Jahre lang Erträge, 5 bis 6 kg trägt ein Strauch jedes Jahr. Die Pflanzen sind extrem robust - wenn der Boden stimmt - und dekorativ. Sie haben eine schöne Blüte und Herbst­fär­bung sowie eine lange Reifezeit.
 
Mit ihrem zweiten Schwerpunkt, den Cranberries, kultivieren die Dierkings seit zehn Jahren eine weitere Trendfrucht und sind damit Vorreiter in der Region. Um die Produktion weiter zu verbessern, tauschen sie sich regelmäßig mit Anbauern in den USA aus.
 
Cranberries schmecken sehr herb, sie sollen das Immunsystem stärken und gegen schädliche Bakterien wirken. Dierking bietet neben den Pflanzen auch frische Cranberries und Produkte wie Saft, Fruchtaufstrich und Aperitif an.


Reisermuttergarten Hannover

Volker Zahn und Helmuth SchwarzFoto: Verlag W. Wächter/Peters Dr. Volker Zahn (links) leitet den Reisermuttergarten bei Hannover. Wie wichtig gesundes Pflanzenmaterial für die Baumschulen ist, erläuterte unser Reisebegleiter vom BdB, Helmuth Schwarz. Letzte Station der Journalistenreise war der Reisermuttergarten bei Hannover. Er gehört zum Pflanzenschutzamt der Landwirtschaftskammer Hannover und wird von Dr. Volker Zahn geleitet, der uns auch über das Gelände führte. Hier werden Reiser geerntet, keine Früchte. Es kommt also darauf an, dass die Gehölze möglichst viel „Holz“ bilden, so nennen es die Baumschuler. Dafür schneiden sie die Bäume im Frühjahr relativ stark zurück, sodass sich viele einjährige Triebe bilden. Diese werden dann im Sommer zur Veredelungszeit abgeschnitten und auf Bestellung an die Baumschulen geliefert.

In Deutschland bestehen von ehemals elf Reisermuttergärten heute nur noch drei. Sie sorgen dafür, dass von möglichst vielen Obstsorten gesundes, virusfreies Vermehrungsmaterial vorhanden ist, und stellen es den Baumschulen zur Verfügung.
 
In Obstbaumbeständen kommt es immer wieder zu Virusinfektionen. Diese werden häufig bei der Veredelung übertragen und dadurch immer weiter verbreitet. Ist ein Baum infiziert, gibt es keine Heilung mehr. Er wächst schwächer, trägt kleinere Früchte und stirbt schließlich ab. Im Erwerbsobstbau können durch Viruskrankheiten erhebliche Schäden entstehen, bis hin zum Totalausfall. Deshalb ist es für die Obstbaubetriebe so wichtig, gesundes Pflanzenmaterial zu verwenden.
 
ReisermuttergartenFoto: Verlag W. Wächter/Peters Hier kommt es nicht auf Schönheit oder reichen Fruchtertrag an: Im Reisermuttergarten dürfen nur völlig krankheitsfreie Pflanzen stehen. Bis zertifizierte, virusfreie Reiser von einer Sorte zur Verfügung stehen, dauert es insgesamt zwölf bis 15 Jahre. Das Pflanzenmaterial wird erst mit Wärmetherapie behandelt und muss dann noch aufgepflanzt und vermehrt werden. In den Reisergärten Deutsch­lands wird auf ein möglichst breites Sortiment vorhandener Lokal- und Regionalsorten Wert gelegt. Reiser für die Standardsorten werden vielfach aus den Niederlanden bezogen.

Seit Jahren wird zwischen Bund, Län­dern und Berufsstand (BdB) diskutiert, wie die Muttergärten erhalten werden können, wie die Finanzierung verteilt werden kann und wie das Risiko eines Befalls der vor­han­de­nen Bestände minimiert werden kann.
 
Es gibt heute noch Muttergärten in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Hannover ist der nördlichste, Kiel und Quedlinburg, zwei weitere Gärten im Norden mit anderen Klimabedingungen, sind inzwischen weggefallen. Parallel dazu wachsen aber die Ansprüche der Verbraucher, die gesundes, möglichst unbehandeltes Obst essen wollen. Dafür ist wiederum nicht zuletzt auch virusfreies, widerstandsfähiges Pflanzenmaterial eine wichtige Voraussetzung.

Warum gesundes Pflanzenmaterial so wichtig ist

Bei der Veredelung von Obstgehölzen werden Unterlage (Wurzel) und Edelreis zu einer Einheit zusammengefügt. Die Qualität des Vermehrungsmaterials und das fachliche Können des Baumschulers sind die Basis für das Gelingen der Veredelung und entscheiden auch über die spätere Fruchtentwicklung.

Qualitativ hochwertige, zertifiziert virusfreie Edelreiser können die Baumschulen aus den Reisermuttergärten oder Reiserschnittgärten beziehen.

Der von der EU erlassene Rahmen sieht zwei Qualitätsstufen vor: das sogenannte Stan­dard­ma­te­ri­al (CAC = Conformitas Agraria Communitatis) und das hochwertige, zertifizierte Material, das auf dem Pflanzenetikett durch den Vermerk „zertifiziert virusfrei“ oder „zert.vf.“ gekennzeichnet sein muss.

 

Susanne Peters