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Kirschen: Mit richtiger Sorte und Pflege zum Erfolg
Die wenigsten Gärten bieten für einen klassischen Süßkirschbaum Platz. Zwar wachsen sie heute kaum noch 20 bis 30 m hoch, aber das Potenzial für 10 m haben immer noch viele und 3 bis 5 m sind selbst auf schwächer wachsenden Unterlagen möglich. Starker Rückschnitt setzt zwar gewisse Grenzen, kann aber zu Pilzinfektionen und Gummifluss führen. Es gibt auch sehr schwach wachsende Unterlagen für Süßkirschen, diese Bäume sind aber extrem heikel.
Foto: Buchter-Weisbrodt
Wer einen problemlosen kleinen Kirschbaum im Garten haben will, muss zur Sauerkirsche greifen. Diese Bäume sind von Natur aus deutlich kleiner, robuster und auch weniger anspruchsvoll in Bezug auf den Boden. Süßkirschen dagegen reagieren schon auf wüchsigen Sämlingsunterlagen auf staunasse, verdichtete, luftarme Böden mit Absterbe-Erscheinungen.
Und selbst auf besten Böden zeigen sich bei zahlreichen Unterlagen-Sorten-Kombinationen bei schwachen Unterlagen zahlreiche Unverträglichkeiten. Sie äußern sich in Geschwulstbildung an der Veredlungsstelle oder schlechtem Zusammenwachsen, in vorzeitiger Vergilbung, Blattfall, Kümmerwuchs und Absterben von Ästen oder der ganzen Baumkrone.
Bei der Unterlagenstärke gilt grundsätzlich die Regel: Je schwächer die Unterlage von Natur aus wächst, desto empfindlicher reagiert der Baum auf negative Einflüsse, desto besser müssen also Standort und Schnittkenntnisse sein.
Kleinwüchsige Sauerkirsche
Da Sauerkirschen von Natur aus kleinwüchsig sind und zudem starken Rückschnitt vertragen, bieten sie sich für kleinere Gärten oder bei begrenzten Platzverhältnissen eher an als Süßkirschen. Sie eignen sich selbst für Spaliere an Mauern. Im Gegensatz zur Süßkirsche stehen bei der Sauerkirsche weniger Sorten und Unterlagen zur Auswahl.
Wird für die jeweiligen Standortbedingungen die richtige Kombination von Unterlage und Sorte gewählt, ist die Sauerkirsche nicht nur durch den Ertrag, sondern auch durch das schmucke Aussehen zur Blütezeit, durch das kräftig grüne Laub an den hängenden Ästen, durch die Früchte selbst und zudem durch die intensive Herbstfärbung ein Gewinn für den Garten.
Die wichtigsten Unterlagen für Sauerkirschen sind auf Kalkboden die Steppenkirsche (Prunus fruticosa), auf Sandboden die Steinweichsel (Prunus mahaleb) oder die Selektion Hüttners Heimann 10, und auf kühleren Böden die Vogelkirsche (Prunus avium), Selektion F12/1. Sauerkirschen können auch auf eigener Wurzel stehen.
Bei Sauerkirschen besteht das Madenproblem so gut wie nie; hier ist der Monilia-Pilz das Hauptübel. Die als Spitzendürre bezeichnete Krankheit zeigt sich nach der Blüte durch dürre Triebspitzen. Bei hohem Infektionsdruck werden ganze Astpartien braun. Die bekannte Sorte ‘Schattenmorelle’ gehört eher nicht in den Garten. Sie ist hoch anfällig für Monilia.
Hier haben sich ‘Karneol’ und ‘Morellenfeuer’ bewährt. Sie sind weniger sauer, selbstfruchtbar und weitgehend robust. Das gilt auch für die Neuzüchtung ‘Morina’, die kaum verkahlt, trocken vom Stiel löst und bislang keine Monilia zeigt. Die ähnlich ertragreiche Neuheit ‘Safir’ zeigt nur leichten, tolerierbaren Monilia-Befall.
Um zu verhindern, dass die Seitenäste im steilen Winkel zur Mittelachse wachsen, gibt es eine einfache Methode: Wenn der Neutrieb des Jungbaumes 10 cm lang ist, wird er mit Wäscheklammern im rechten Winkel zur Stammverlängerung geklammert. Nach drei Wochen kann man die Klammer entfernen und kleine Gewichtssäckchen an die Triebspitze des gleichen Triebes hängen. Ansonsten stellt sich der Trieb durch die natürliche Spitzenförderung wieder nach oben und muss im Herbst oder Frühjahr wieder waagerecht gebunden werden.
Formieren hält gesund
Foto: Buchter-Weisbrodt
Bei Süßkirschen entscheiden die ersten Jahre über die weitere Baumgesundheit. Wie bei keiner anderen Obstart hat die Aststellung Einfluss auf das Lebensalter des Baumes. Deshalb sind im Pflanzjahr und im ersten Standjahr Formierungsarbeiten erforderlich, die für den richtigen Astabgangswinkel sorgen: so flach wie möglich. Von Natur aus wachsen die Seitenäste in so spitzem Winkel, dass sie unter Fruchtlast leicht ausbrechen (Schlitzäste). Steil am Mitteltrieb ansetzende Seitenäste neigen zudem zu Gummifluss, der den Baum gefährden kann.
Beim Auswählen der Seitenäste spielt neben dem Astabgangswinkel die Astdicke eine ausschlaggebende Rolle. Hier gilt die Grundregel: Alle Seitenäste, die dicker sind als die Hälfte des Stammes in Höhe der Seitenast-Ansatzstelle unbedingt entfernen! Sämtliche Schnittmaßnahmen sollten bei Süßkirschen nur im Sommer, also während oder kurz nach der Ernte erfolgen. Keinesfalls bei Frost schneiden!
Madenfreie Süßkirschen
Nicht nur die Vorstellung, meterhohe Leitern zur Ernte zu brauchen oder mit Vögeln um die Früchte zu streiten, schreckt manchen Gartenbesitzer davon ab, einen Süßkirschbaum zu pflanzen. Es ist auch der leidige Pflanzenschutz. Die meisten Probleme bereiten die Larven der Kirschfruchtfliege (Foto), die als dicke, weiße Maden im Fruchtfleisch leben und den Kirschengenuss gründlich verleiden.
Der Rat, mehrere Gelbtafeln in die Baumkrone zu hängen, kann sich als zweischneidiges Schwert erweisen. Theoretisch fliegen die Schadinsekten buchstäblich auf Gelb und bleiben dann am Leim auf den Tafeln hängen. Verschiedene Beobachtungen haben aber gezeigt, dass diese Gelbtafeln verstärkt Kirschfruchtfliegen in den Baum locken und etliche davon die Früchte den Leimtafeln vorziehen.
Dezimierend, aber kein Vollschutz, denn Kirschfruchtfliegen kommen auch aus Nachbars Garten und von Wildhecken, ist Vorbeugen: Alle Früchte abernten, nichts auf dem Boden liegen lassen oder den Boden abdecken, damit die Maden nicht eindringen und sich verpuppen können.
Früher halfen Hühner durch ihr Scharren unter dem Baum mit. Aber auch Spinnen, Laufkäfer und Schlupfwespen sind natürliche Feinde der Kirschfruchtfliege – zumindest in den Gärten, die im Herbst nicht abgeräumt werden. Nematoden als Gegenspieler haben es schwer: Sie können nur die Larven angreifen, auf dem Weg raus aus der Kirsche und rein in den Boden – ein äußerst kurzer Zeitraum. Einzigen sicheren Rundumschutz bietet ein feinmaschiges Schutznetz, das im Nebeneffekt Vogelfraß verhindert.
Foto: Buchter-Weisbrodt
Frühe Sorten – späte Fliegen
Die Sortenwahl ist eine bessere Methode, garantiert madenfreie Kirschen zu ernten. Das breite Spektrum an neuen und alten Sorten wird nach der Reifezeit in Kirschenwochen (KW) aufgeteilt, der Zeitraum erstreckt sich über zwölf Wochen. Je nach Klima reift eine Sorte der 1. KW zwischen Anfang Juni und Anfang Juli. Die Kirschfruchtfliege beginnt ihre Eiablage (bis zu 200 pro Fliege) erst in der 3. bis 4. KW, sodass Sorten der 1. und 2. KW nicht gefährdet sind, das bedeutet madenfreien Genuss ohne Pflanzenschutz.
Foto: Buchter-Weisbrodt
Die bekannteste und überall im Handel erhältliche Frühsorte ist die großfrüchtige, knackige ‘Burlat’. Weitere Frühsorten wie ‘Frühe Rote Meckenheimer’, ‘Kassins Frühe’, ‘Magda’, ‘Maibiggareau’, ‘Merton Glory’, ‘Valeska’ und ‘Werdersche Braune’ sind allenfalls lokal vertreten. Leider gibt es unter den Frühsorten keine selbstfruchtbaren, man benötigt also einen geeigneten Befruchter im Umkreis von 100 m.
In den letzten Jahren kamen einige frühreife Neuzüchtungen auf den Markt. Aus Sicht der Obstversuchsstation Jork haben sie, verglichen mit der Standardsorte ‘Burlat’, folgende Anbaueignung:
‘Burlat’ (Frankreich): KW 2, 25 mm Durchmesser, 7,5 g, dunkelrot, starker Glanz, fest, guter Geschmack, kurzer Stiel, mittlerer Ertrag, aufrechter Wuchs, auf Gisela 5 relativ gesund.
‘Earlise’ (Frankreich): KW 2, drei Tage vor ‘Burlat’, 27 mm, 9 g, dunkelrot, eher matt, weich, sehr süß bis fade, kurzer Stiel, starker Wuchs, sehr platzanfällig.
‘Naprumi’ (Dresden): KW 2, gemeinsam mit ‘Burlat’, Abkömmling von ‘Hedelfinger’, 25 mm, 7,5 g, schwarzrot glänzend, mittelfest, guter Geschmack, platzfest, kurzer Stiel, schöner Wuchs, etwas holzfrostgefährdet.
‘Narana’ (Dresden): KW 2, gemeinsam mit ‘Burlat’, 25 mm, 8,5 g, leicht nierenförmig, dunkelrot, mittelfest, guter Geschmack, platzfest, kurzer Stiel, aufrechter Wuchs, robust, aufgrund sehr früher Blüte eventuell blütenfrostgefährdet.
‘Sweet Early’ (Italien): KW 2, gemeinsam mit ‘Burlat’, 27 mm, 9 g, dunkelrot, herzförmig, mittelfest, sehr süß und eher fad, relativ platzfest, mittellanger Stiel, aufrechter, aber gut verzweigter Wuchs.
‘Valerij Tschkalow’ (Russland): KW 2, gemeinsam mit ‘Burlat’, 29 mm, 9 g, schwarzrot, fest, angenehm süß-säuerlich, platzanfällig, ansonsten sehr robust, schöner Wuchs.
Im späten Reifesegment sind unverändert ‘Kordia’ (KW 6), ‘Regina’ (KW 7), die selbstfruchtbaren ‘Lapins’ (KW 5) und ‘Stella’ (KW 6) Standardsorten.
Süßkirschen-Unterlagen für unterschiedliche Standorte
Die meisten Baumschulen bieten Kirschbäume auf F12/1, Colt und Gisela 5 an. Es gibt aber inzwischen viele weitere, meist neue Unterlagen, die belegen, dass die Suche nach Besserem, vor allem Robustem und Schwachwüchsigem unverändert anhält.
- Vogelkirsche (Prunus avium), Selektionen aus Sämlingen von Limburger Vogelkirsche, Hüttners Hochzucht und Alkavo: gute Verträglichkeit, robust, starker Wuchs (100 %).
- Vogelkirsche (P. avium), vegetativ vermehrte Selektion F12/1, robust, bildet Wurzelausläufer, starker Wuchs (95 % von Vogelkirsch-Sämling).
- Colt (P. mahaleb x P. pseudocerasus), für feuchtere Lagen, bei nicht zu tiefen Wintertemperaturen (nicht sehr frosthart), Wuchs 80 % von F12/1.
- Maxma Delbard 14 (P. avium x P. mahaleb), starker Wuchs (75 % von F12/1), für mittelschwere Böden.
- Gisela 5 (P. cerasus x P. canescens), für gute Böden, hoher Ertrag, wenig Wurzelausläufer, Virustoleranz, Wuchs 50 % von F12/1, am meisten verbreitete schwach wachsende Kirschenunterlage im Erwerbs- und Hobbyanbau.
- PHL-Serie (P. avium x P. cerasus), PHL-A: Wuchs 50 % von F 12/1, relativ frosthart, ertragreich, wenig standfest, kaum Praxiserfahrungen.
- Piku-Unterlagen (P. avium x P. canescens x P. tomentosa), bevorzugt für leichte Böden,
- Piku 3: Wuchs 90 % von F12/1, Piku 1 und 4: Wuchs 60 bis 70 % von F12/1.
- Weiroot-Selektionen W 154, W 158, W 53 und W 72 (P. cerasus), für trocken-warme Böden, wenig Wurzelausläufer, Wuchs zwischen 40 und 70 % von F12/1.
- Tabel Edabriz (P. cerasus), bevorzugt auf fruchtbaren, bewässerten Böden, chloroseanfällig, nicht standfest, Wuchs 30 % von F12/1.
Bezugsquellen
Neue Sorten führen z.B.:
Kiefer-Obstwelt
Tel. 07 81/9 32 25 00
www.kiefer-obstwelt.de
Ganter OHG Markenbaumschule
Tel. 0 76 42/10 61
www.obstbau.de
Dr. Helga Buchter-Weisbrodt