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Pflaumen im Garten erfolgreich anbauen

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Vielfältig und gesund


Pflaumen und ZwetschenFoto: topdeq/pantermedia.net Bei richtiger Sortenwahl bescheren Pflaumen und Zwetschen reiche Ernten. Der Oberbegriff „Pflaume“ (Prunus domestica) umfasst eine Reihe untereinander stark vermischter Arten, die von verschiedenen Wildformen abstammen: Echte Pflaume, Zwetsche, Mirabelle und Reneklode. Gerade weil sie durchweg als gesund gelten, sich vielfältig ver­werten lassen und recht anspruchslos bezüglich Standort und Pflege sind, eignen sie sich gut für den Garten – mit der entsprechenden Unterlage selbst bei begrenztem Platz.


Auswahlkriterien

Es gibt weit über 2000 Sorten, die 15 Arten an­ge­hö­ren. Welche Pflaumensorte für Ihren Garten infrage kommt, lässt sich an folgenden Kriterien messen:

Fruchtbarkeit: Wichtig ist vor allem, ob eine Sorte selbstfruchtbar ist. Wenn eine Sorte nicht selbst­frucht­bar ist, müssen Sie eine zweite als Befruchtersorte pflanzen.

Scharka-Anfälligkeit: Einige Sorten sind gegen Scharka anfälliger als andere. In Regionen, in denen diese nicht bekämpfbare und meldepflichtige Viruserkrankung vermehrt auftritt, kommen an­fällige Sorten nicht infrage. Ob Scharka-Fälle in Ihrer Region bekannt sind, können Sie beim jeweiligen Pflanzenschutzdienst Ihres Bundeslandes erfahren. Eine entsprechende Liste mit Kontakten finden Sie auf www.bvl.bund.de

Reifezeit: Je nach Klimaregion reifen die ersten Sorten Anfang Juli, die letzten Mitte Oktober. Ausgesprochene Frühsorten sind u.a. ‘Ruth Gerstetter’ und ‘Katin­ka’, im mittleren Bereich reift ‘Mirabelle von Nancy’, Schlusslicht bilden ‘Hauszwetsche’, ‘Elena’ und ‘Presenta’.

Verwendung: Wenn Sie die Früchte ger­ne direkt vom Baum naschen, dann eignen sich hoch­aro­ma­ti­sche Sorten, wie ‘Hanita’, ‘Felsina’, ‘Mirabelle von Nancy’ und ‘Fellenberg’. Für die Hobbybäcker unter Ih­nen gibt es Sorten, die sich gut zum Ba­cken eignen, z.B. ‘Katinka’, ‘Bühler Frühzwetsche’, ‘Auerbacher’, ‘Hauszwetsche’ und ‘Elena’.


Unterlagen

Es gibt ein breites Spektrum an stark- und schwachwüchsigen Unterlagen. Schwach­wüchsige bilden zwar nur kleine Baumkronen, sind aber sehr empfindlich und nicht immer mit allen Sorten verträglich. Die unter den schwach wachsenden Unterlagen noch am ehesten zu empfehlende ist ‘Weito’. Sie braucht jedoch fachkun­dige Pflege und ideale Böden: humos, nährstoffreich, feucht und gut durchlüftet.


Mirabelle von NancyFoto: Buchter-Weisbrodt Die aus dem 15. Jahrhundert stammende ‘Mirabelle von Nancy’ zählt zu den hocharomatischen Sorten.


Auf ganz besonders schwierigen Stand­orten ermöglicht die starkwüchsige Unterlage GF 8/1 den Anbau, auch INRA GF 655/2 passt sich normalerweise den meis­ten Bedingungen gut an und lässt sich durch entsprechenden Schnitt auch unter 3 m Höhe halten.


Pflegetipps

Für Pflaumenbäume ist eine gute Durchlüftung des Bodens wichtig. Dazu genügt es aber, wenn Sie die Baumscheibe im Frühjahr flach hacken und im Mai mit einer dicken Humusschicht bedecken, dass verringert auch die Wasserverdunstung. Im Herbst können Sie noch einmal weiteres or­ga­ni­sches Material verteilen. Eine zusätzliche Düngung müs­sen Sie dann nicht vornehmen, denn normalerweise reichen die durch das Material zugeführten Nähr­stoffe aus.
Bei Pflaumenbäumen sind je nach Unterlage, Sorte und gewünschter Baumform verschiedene Schnittsysteme mög­lich: Spindeln (starke Mittelachse mit kurzen Seitenästen), Pyramiden- oder Hohlkronen. Für die Form der Spindel müs­sen Sie die Schnittmaßnahmen allerdings konsequent durchführen. Weniger aufwändig und ide­al für einzeln stehende Bäume ist die Pyramidenkrone. Um eine solche Krone zu erziehen, wählen Sie beim Jungbaum drei bis vier Seitentriebe aus. Die Mittelachse sollte die Seitentriebe um ca. 20 cm über­ra­gen. In den folgenden Jah­ren wird die Krone aufgebaut, dazu sollten Sie jährlich die Verlängerungstriebe der Leitäste einkürzen und starkes Oberseitenholz entfernen. Im Ertrags­alter müssen Sie die Bäume auslichten und das Fruchtholz durch Rückschnitt verjüngen. Da Stein­obst sehr pilzanfällig ist, sollten Sie es grund­sätz­lich nur während der Vegetationszeit schneiden.


Pflaumensorten im Porträt


Wer die Wahl hat, hat die Qual. Denn die Auswahl an Pflaumensor­ten ist groß, und die Un­ter­schie­de sind entsprechend deutlich. Nicht empfehlenswert unter den alten Sorten sind ‘Lützelsachser’, ‘Zimmers’, ‘Chrudimer’, ‘Czernowitzer’ und ‘Mag­na Glauca’: Sie sind zu fad und krankheitsanfällig. Nach wie vor anpflan­zungswürdig sind dagegen die alten Sorten ‘Bühler Früh­zwetsche’, ‘Ersinger’ und ‘Mi­rabelle von Nancy’, in scharkafrei­en Regio­nen auch ‘Auerbacher’, ‘Fellen­berg’, ‘Hauszwetsche’ und ‘Ortenauer’.


‘Löhrpflaume’, ‘Mirabelle von Nancy’ und ‘Graf Althans Reneklode’Foto: Buchter-Weisbrodt ‘Löhrpflaume’ (links oben), ‘Mirabelle von Nancy’ und ‘Graf Althans Reneklode’ (unten).


Echte Pflaumen

‘Löhrpflaume’: Geschmack­lich ist sie mit das Beste, was die Art Prunus domestica zu bieten hat. Sie ist eine mittelgroße, rötlich violettfarbene Pflaume, die frisch, als Kompott, Marmelade und Saft unvergleichlich aromatisch mild schmeckt. Die sehr ertragreiche, scharka­tolerante Sorte wächst mittelstark, die mittelfrühe Blü­te ist leider nur teilweise selbstfruchtbar.


Zwetschen

‘Bühler Frühzwetsche’: Von der 1894 entdeckten Sorte gibt es mehrere Selektionen: Typ ‘Ringwald’ wird in der vierten, Typ ‘Schofer’ in der fünften und ‘Typ Scho­­fer 319’ in der sechsten Zwet­schen­wo­che reif. Die durchweg robuste und selbstfruchtbare Sorte zeigt keine Scharka-Symp­­tome. Das feste, grüngelbe Fruchtfleisch löst sich relativ gut vom Stein und bleibt nur in kühlen Lagen eher fad und sauer.

‘Cacaks’-Sorten: Die ‘Cacaks’-Züchtungen sind selbstfruchtbar, aber für den Garten kein Gewinn. Die für das Zwetschen­sterben hochanfällige ‘Cacaks Schö­ne’ (wenig scharkaanfällig) schmeckt selbst gut ausgereift nicht. ‘Cacaks Fruchtbare’ (scharkaanfällig) neigt zur Krankheits­über­tragung und ­fadem Geschmack. ‘Cacaks Beste’ (scharkatolerant) schmeckt ebenfalls nur mäßig und ist wie ‘Cacaks Frühe’ (scharkatolerant) nur teilweise selbstfruchtbar.

‘Elena’: Die extrem spät reife (Oktober), selbstfruchtbare Neuheit ist wie ‘Bühler’ wenig spät­frost­ge­fähr­det. Der Ertrag setzt früh ein, ist regelmäßig und hoch, bei guter Scharka-Toleranz. Die attraktiven Früchte lösen sich gut vom Stein und schmecken süß-harmonisch.

‘Felsina’: Die scharkaresistente Züchtung aus ‘Fellenberg’ und ‘Ersinger’ hat ge­schmacklich ausgezeichnete Eltern und ist entsprechend aromatisch. In kühleren Regionen bringt sie gleich­mä­ßig gute Erträge, in warmen Gebieten fällt der Ertrag geringer aus. Die Blüten sind nur teilweise selbstfruchtbar. Die schönen Früchte reifen mittelspät (Mitte August).

‘Hanita’: Die selbstfruchtbare Kreuzung zwischen ‘President’ und ‘Auerbacher’ reift zehn Tage vor der scharkaanfälligen ‘Haus­zwetsche’, die zudem kleinere Früchte bildet. Die scharkatolerante ‘Hanita’ setzt sehr früh Früchte an und liefert gute Erträge optisch und geschmacklich her­vor­ra­gen­der Früchte.

‘Katinka’: Früh reifende Zwetschensorten haben einen eher pflaumenartigen Charakter (weich, schlecht vom Stein lö­send), sind also zum Backen ungeeignet. Eine Ausnahme ist ‘Katinka’, eine ertragreiche, selbstfruchtbare, scharkatolerante, neuere Frühsorte, die kurz vor der alten Sorte ‘Ersinger’ reift. Sie hat mittelgroße Früchte, die sich ausgezeichnet vom Stein lösen und beim Backen nicht saften. Auch frisch schmecken sie gut.

‘Ortenauer’: Wie ‘Hauszwetsche’ gehört die etwas früher reifende, selbstfruchtba­re ‘Ortenauer’ zu den scharkaanfälligen Sor­ten. Die großen, länglichen Früchte lö­sen sich gut vom Stein, und das Fruchtfleisch schmeckt angenehm süß-säuerlich.

‘Tegera’: Diese selbstfruchtbare Züchtung ist scharkatolerant, auffallend unempfindlich gegen Monilia und insgesamt sehr robust. Die gut schmeckenden Früch­te reifen Mitte Juli, der Ertrag ist regelmä­ßig und gut.

‘Colora’ und ‘Tipala’: Es gibt auch gel­be und gelbrote Zwetschen. Die derzeit bekanntesten Sorten reifen Ende Juli und schmecken süß-fruchtig. ‘Colora’ ist teilweise selbstfruchtbar und nur wenig scharkaanfällig, ‘Tipala’ kommt nicht ohne Befruchter aus, ist aber scharkatolerant.


Zwetsche ‘Tipala’Foto: Buchter-Weisbrodt Eine Besonderheit unter den Zwetschen: die gelbe Sorte ‘Tipala’.


Mirabellen und Renekloden

Es gibt etwa ein Dutzend Mirabellensorten – immer noch unüberboten ist die scharkatolerante und selbstfruchtbare ‘Mirabelle von Nancy’. Das Reneklodensortiment besteht aus einer Handvoll alter Sorten, die unter zähen Schalen weiches Fleisch haben, das sich schlecht vom Stein lösen lässt und rasch fault. Wer unbedingt eine Reneklode will, sollte die robuste, selbst­fruchtbare, scharkatolerante, grün­früchtige ‘Oullins’, allenfalls noch die rot­violettfarbene, nicht selbst­frucht­ba­re, scharkatolerante ‘Graf Althans’ wählen.

Dr. Helga Buchter-Weisbrodt