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Vorfahren unserer heutigen Gemüse

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Ursprung heutiger GemüseartenFoto: chris74/Adobe Stock Mancher Gemüsegarten ist eine wahre Schatzkammer. Dort findet sich eine Fülle von Gemüsearten, die gehegt und gepflegt werden. Dabei ist uns bewusst: Viele unserer Gemüsepflanzen sind weitgereiste Wanderer – Begleiter des Menschen. Der entdeckte sie in ihrer Urform, wusste ihre Eigenschaften zu nutzen und zu kultivieren. Doch woher genau kommen sie eigentlich? Es ist nicht leicht, den Anfang zu finden, denn es gibt keine Ahnengalerie, an der wir von Bild zu Bild entlanggehen können. Also machen wir uns auf Spurensuche, um uns ins Bild zu setzen.

 

 

 

Tomate (1)

(Lycopersicon esculentum)
Ursprünglich stammt sie aus Mittel- und Südamerika. Hier wurde sie erstmals durch die Indios kultiviert und kam Anfang des 16. Jahrhunderts über Peru und Mexiko nach Europa. Zunächst nur als Zierpflanze genutzt, erkannte man ihren Wert als Nahrungsmittel erst im 20. Jahrhundert. Suchen wir nach ihren Ahnen, finden wir sie möglicherweise in den südamerikanischen Wildtomaten (mit sehr kleinen Früchten) wie L. pimpinellifolium.

Erbse (2)

(Pisum sativum)
In Vorderasien und im östlichen Griechenland kannte man die Wilderbse (wahrscheinlich Pisum sativum ssp. elatius) schon vor ca. 8000 Jahren. In der Zeit der ersten Ackerbaukulturen (um 6500 v. Chr.) wird sie in Mitteleuropa bekannt, im heutigen Deutschland ab 900 nach Chr. Die Urform war nicht gut für den Ackerbau geeignet. Ihre in der Folgezeit gezüchteten Nachkommen wie die Zuckererbse sind dagegen bis heute hochgeschätzt.

Tomaten (l.) und Erbsen (r.) Fotos: mauritius images/Tim Gainey/Alamy/Alamy Stock Photos (l.);
Flora Press/Botanical Images/BRUNO PETRIGLIA


Rettich und Radieschen (3)

(Raphanus sativus, Raphanus sativus var. sativus)
Im Deutschland des 13. Jahrhunderts schätzte man den Rettich als Heilpflanze und als Gemüse. Die Urform findet sich wahrscheinlich im Hederich oder Wilden Rettich (Raphanus ssp. raphanistrum), der le­diglich eine dünne, weiße Wurzel besitzt.
Das Radieschen kennt man in Deutschland seit der Renaissance. Es wächst heute in fast jedem Garten. Im 16. Jahrhundert wurde es auch Fränkischer Rettich genannt – wegen der engen Verwandtschaft zum Rettich. RettichFoto: Elena Schweitzer/Adobe Stock

Pastinake (4)

(Pastinaca sativa)
Seit der Römerzeit wurde die Pastinake verbreitet auch bei uns als Hauptnahrungsmittel angebaut. Diese Stellung verlor sie, als Kartoffel und Möhre Mitte des 18. Jahrhunderts bei uns kultiviert wurden. Von der Urform, der Wiesen-Pastinake (Pastinaca sativa ssp. sativa var. pratensis) unterscheidet sich die heutige Pastinake bis auf eine etwas dickere Wurzel kaum. Funde aus der Jungsteinzeit belegen eine weitverbreitete Existenz von Europa bis Sibirien. Später, während der Pestzeit, fand sie bei uns als Heilmittel Verwendung, dabei wurde ihr der leicht abgewandelte Beiname Pestnacke „angepasst“.

Rettich/Radieschen (l.) und Pastinake (r.) Fotos: Harry Rose/Wikipedia (CC BY-SA 2.0) (l.); Patrick Roper/http://geograph.org.uk/p/5263072 (CC BY-SA 2.0)


Kohl (5)

(Brassica oleracea)
Ob Weiß-, Grün-, Rot-, Rosen- oder Blumenkohl, ein gemeinsamer Ursprung findet sich im Wildkohl (Brassica oleracea var. oleracea), der aus dem Mittelmeerraum stammt. Hier kannte man im heutigen Griechenland neben dem Wildkohl schon lange zwei Kulturformen. Erst ab dem 9. Jahrhundert erfolgte die Zuwanderung nach Deutschland. Die letzten Ahnen finden sich auch heute noch in Deutschland, und zwar auf Helgoland in Form des Helgoländer Wildkohls. Weit verbreitet siedelt er darüber hinaus an der englischen Südküste und am Atlantik bis nach Spanien.

Fenchel (6)

(Foeniculum vulgare)
Die Urpflanze, der Wilde Fenchel oder Bitterfenchel (Foeniculum var. vulgare) mit einer sehr kleinen Knolle, existierte schon vor 3000 Jahren im Mittelmeerraum. Man schätzte ihn als Heilpflanze, nutzte ihn zum Würzen, und als Gewürzlieferant ist er heute noch gefragt. Von ihm stammen unsere Gartenfenchel wie Gemüse-Fenchel, auch Knollen- oder Zwiebel-Fenchel (var. azoricum), und Gewürz-Fenchel (var. dulce) ab.

Kohl (l.) und Fenchel (r.) Fotos: mauritius images/Martin Fowler/Alamy/Alamy Stock Photos (l.); Olivier Pichard/Wikimedia (CC BY-SA 3.0)


Lauch (7)

(Allium porrum var. porrum)
Sein lateinischer Name „porrum“ erklärt, woher sich der früher gebräuchlichere Name Porree ableitet. Die Urform findet sich wahrscheinlich im Acker-Knoblauch (Allium ampeloprasum), der im Gegensatz zur heutigen Kulturform noch Zwiebeln ausbildet. Die Sumerer bauten ihn bereits rund 2500 vor unserer Zeit an, und in der Antike war er im gesamten Mittelmeerraum verbreitet. Über Italien fand er im Mittelalter seinen Weg zu uns. KartoffelFoto: mates/Adobe Stock

Kartoffel (8)

(Solanum tuberosum)
Ohne Kartoffeln geht nichts. Dabei mussten sie einst bei uns per Gesetz als Lebensmittel eingeführt werden. Der „Kartoffelbefehl“ (Friedrich der Große hatte ihn 1756 erlassen) führte dann tatsächlich zur Verbreitung dieses „unverzichtbaren“ Gemüses. Auch die Kartoffel hatte einen oder mehrere wilden Ahnen, wie die „Urkartoffel“ (Solanum vernei) und die Anden-Kartoffel (Solanum tuberosum ssp. andigenum) aus den Anden. Es wird vermutet, dass die Inkas bereits unzählige Sorten anbauten. Auch heute finden sich in Chile, Peru und Bolivien noch viele dieser uralten Sorten.

Lauch (l.) und Kartoffel (r.) Fotos: Sonia Bonet/Shutterstock (l.); Arthur Chapman/Flickr


Bohne (9)

(Phaseolus vulgaris)
In beinahe jedem Gemüsegarten treffen wir Bohnen an, seien es nun die niedrig wachsenden Buschbohnen, die Dicken Bohnen oder die hochstrebenden Stangenbohnen. Bereits um 800 v. Chr. war die Gartenbohne Kulturpflanze im westlichen Südamerika bis Mexiko. Wahrscheinlich ist sie aus der dort verbreiteten Wildbohne (Phaseolus aborigineus) entstanden. Den Weg nach Europa trat sie im 16. Jahrhundert an.

Rote Bete (10)

(Beta var. vulgaris)
Sie ist zusammen mit Mangold, Runkelrüben und Zuckerrüben aus einer gemeinsamen Wildform (Beta vulgaris ssp. maritima) entstanden. Diese Wildform findet man heute noch an den Küsten Europas. Funde aus einer jungsteinzeitlichen Siedlung in Nordholland zeigen, dass die Urform schon um etwa 2000 v. Chr. genutzt wurde. Sehr frühzeitig hat es bereits runde, lange, goldgelbe und auch weiße Formen gegeben, die heute noch auf dem Markt angeboten werden, aber selten geworden sind.

Bohne (l.) und Rote Bete (r.) Fotos: Botanikfoto/Steffen Hauser (l.); mauritius images/PHILIP SMITH/Alamy/Alamy Stock Photos


Karotte (11)

(Daucus carota ssp. sativus)
Die Karotte entstand vermutlich aus der Kreuzung mehrerer Urformen wie der  Wilden Möhre (Daucus carota ssp. carota). Schon im antiken Griechenland wurde von der Kultivierung der Karotte berichtet. Belegt ist zudem, dass im 10. Jahrhundert auf dem Gebiet des heutigen Iran sowohl gelbe als auch violette Karotten angebaut wurden. Die violette Karotte gelangte im 12. Jahrhundert nach Spanien und von dort später nach Italien, Frankreich und Deutschland. SpargelFoto: Mihai/Adobe StockDie heutzutage gängige orangefarbene Karotte entstand vermutlich im 18. Jahrhundert in den Niederlanden.

Spargel (12)

(Asparagus officinalis)
Weiß oder grün, welche Spielart bevorzugt wird, ist bei uns je nach Region unterschiedlich. Die Urform findet sich im Spitz­blättrigen Spargel (Asparagus acutifolius), der rund um das Mittelmeer in lichten Wäldern wächst. Im heutigen Griechenland wurde er schon weit vor unserer Zeitrechnung als Heilmittel genutzt. Die Römer bauten ihn als Gemüse an; sie und möglicherweise zurückkehrende Kreuzfahrer brachten „unseren“ Spargel nach Deutschland.

Karotte (l.) und Spargel (r.) Fotos: mauritius images/Westend61/Mandy Reschke (l.); Antonio Nardelli/Adobe Stock


Rhabarber (13)

(Rheum rhabarbarum)
Groß und eindrucksvoll sind zwar die Blätter, nutzen tun wir allerdings ausschließlich die Stängel dieses Früh-Gemüses. Bei ihm handelt es sich eigentlich um eine Hybride, die wahrscheinlich aus mehreren Wildformen, darunter der Himalaya-Rhabarber (Rheum australe), entstanden ist. Kulturgeschichtlich spielte er zunächst in der arabischen Medizin eine bedeutende Rolle. Zunächst also medizinisch genutzt, wurde Rhabarber Anfang des 16. Jahrhunderts auch in Europa heimisch, und hier setzte sich die Nutzung als Gemüse durch. Stationen der weiteren Verbreitung waren Russland, wo er im 16. Jahrhundert angebaut wurde, später Frankreich, die Niederlande und England. 1848 schaffte er den Sprung nach Hamburg. 

Rhabarber Foto: Vinayaraj/Wikimedia (CC BY-SA 4.0) Jens Carstens
Vorsitzender des Kreisverbandes 
Stormarn der Kleingärtner