• Tiere im Garten

Schwirrende Schwebfliegen

Bestäuber und Blattlausjäger

Große SchwebfliegeFoto: Malcolm Schuyl/FLPA - Frank Lane Picture Agency/Biosphoto Große Schwebfliege

Ihren Namen verdanken Schwebfliegen ihrer Fähigkeit, fliegend auf einer Stelle zu verharren – selbst bei Wind. Sie fliegen mit bis zu 300 Flügelschlägen pro Sekunde in der Luft und können so längere Zeit an Ort und Stelle schweben. Sie gelten als Paradebeispiel dafür, wie die Evolution die Entwicklung von Lebewesen vorantreiben kann: Die harmlosen Schwebfliegen imitieren mit ihrem Aussehen Bienen, Wespen oder Hummeln und schützen sich so vor Fressfeinden (Mimikry).

Ausgewachsene Schwebfliegen ernähren sich von Nektar und Pollen und sind damit wichtige Bestäuber unserer Blühpflanzen. Schwebfliegen orientieren sich dabei optisch und lieben vor allem gelbe Blüten. Der Beitrag von Fliegen und Schwebfliegen zur Bestäubung von Kulturpflanzen ist ähnlich hoch wie der von Bienen. Eine Studie aus den Vereinigten Staaten stufte die Leistung von Fliegen und Schwebfliegen als Bestäuber auf 35 % ein, wobei der größere Anteil den Schwebfliegen zugesprochen wurde. Für Erbsen, Grünkohl und Lilien waren Fliegen die einzigen nachgewiesenen Bestäuber.

Jagende Larven

Im Gegensatz zu den erwachsenen Insekten (Imagines) ist die Lebensweise der Larven vielfältiger. Sie unterscheiden sich vor allem in den Nahrungsquellen. Entsprechend sind die Larven der verschiedenen Schwebfliegen-Arten unterschiedlich gestaltet. Insgesamt lassen sich die Larven in drei Kategorien einteilen: Blattlausfresser und Räuber; Fresser von Pflanzensäften und -resten sowie Schlamm- und Bodenstreufresser.

Larve der SchwebfliegeFoto: Jean-Claude Malausa/Biosphoto Leibspeise: Die Larven der Schwebfliegen fressen bis zu 150 Blattläuse pro Tag.

Der überwiegende Teil der Schwebfliegenlarven in Mitteleuropa frisst Blattläuse, und ihre Jagd beginnt in der Dämmerung. Mit kräftigen Mundwerkzeugen packen sie die Beute und saugen sie aus. Eine Larve vertilgt pro Nacht bis zu 100 Blattläuse.

Einige Arten beschränken sich nur auf Blattläuse, andere Arten saugen auch größere Raupen von Schmetterlingen und Blattwespen aus. Es gibt auch Larven, die Eier und Larven von Blattkäfern fressen. Aufgrund ihrer Vielzahl spielen die Larven eine große Rolle in der Nahrungskette. Obwohl Schwebfliegen eine vermeintliche Wehrhaftigkeit vortäuschen, lassen sich Wespen und Spinnen davon nicht immer abschrecken, sie zu fangen.

Schwebfliegen legen ihre EierFoto: Stéphane Vitzthum/Biosphoto Schwebfliegen legen ihre Eier gern in der Nähe von Blattlauskolonien ab.

Die wichtigsten Arten

Die Große Schwebfliege (Syrphus ribesii) ist u.a. von Europa bis zum Mittelmeer verbreitet. Ihr natürliches Habitat sind Laub- und Nadelwälder sowie verschiedene offene Landschaften. Gerne siedelt sie sich in Parkanlagen, Gärten, Obstplantagen und Feldern an. Mehrere Generationen sind von April bis November aktiv.

Ihr Körper ist ca. 9–13 mm lang. Die Beine der Weibchen sind völlig gelb, bei den Männchen sind die Schenkel der Hinterbeine zur Hälfte schwarz. Ihr Körper besitzt die typischen gelb-schwarzen Streifen, ähnlich den Feldwespen.

Kleine SchwebfliegeFoto: Dave Pressland/FLPA - Frank Lane Picture Agency/Biosphoto Kleine Schwebfliege

Die Männchen verteidigen ihr Territorium, in dem sie in 2–5 m Höhe schweben. Die Larven fressen Blattläuse. Sie über­wintern in der Bodenstreuschicht und schlüpfen im April des nächsten Jahres.
Die Kleine Schwebfliege (Syrphus vitripennis) fliegt in mehreren Generationen von April bis Oktober und kommt von Mitteleuropa bis nach Japan vor. Mit einer Körperlänge von ca. 7–11 mm ist sie deutlich kleiner als die Große Schwebfliege. Bei den Weibchen sind die Schenkel der Hinterbeine zu zwei Dritteln, bei den Männchen bis zu drei Vierteln schwarz.

Die erwachsenen Insekten besuchen verschiedene Pflanzenarten wie Schlehe, Sumpfdotterblume, Löwenzahn und Zypressen-Wolfsmilch. Die Männchen sind sehr auf ihr Territorium bezogen. Um es zu verteidigen, schweben sie 2–3 m hoch und vertreiben sogar andere Fliegenarten. Weibchen legen ihre Eier auf krautigen Pflanzen, Bäumen oder Sträuchern mit einem starken Blattlausbefall ab. Von der Eiablage bis zum fertigen Insekt dauert es nur 20–40 Tage. Während ihrer Entwicklung fressen die Larven bis zu 1100 Blattläuse. Die Larven überwintern ebenfalls in der Streuschicht und schlüpfen im April des nächsten Jahres.

Mondfleck-FeldschwebfliegeFoto: picture alliance/Hippocampus-Bildarchiv/Frank Teigler Mondfleck-Feldschwebfliege

Die Mondfleck-Feldschwebfliege (Eupeodes luniger) bevorzugt offenes Gelände wie Gärten, Wiesen und Felder. Ihr natürliches Habitat sind Hecken. Die Art ist in Europa, Asien, Nordamerika und Nordafrika weit verbreitet. Das erwachsene Insekt fliegt von April bis August und besucht Blütenpflanzen wie Herbst-Löwenzahn, Rainfarn oder Wiesen-Bärenklau. Die Puppen und die begatteten Weibchen überwintern. Sind die Bedingungen für den Nachwuchs ungünstig, halten die Weibchen ihre Eier für mehrere Wochen zurück. Auch die Larven zeigen eine Besonderheit: Wenn Blattläuse als Nahrung fehlen, können sie einige Zeit mithilfe pflanzlicher Kost überleben. Die Fliegen haben eine Körperlänge von 8–12 mm.

Späte GroßstirnschwebfliegeFoto: Nicholas & Sherry Lu Aldridge/FLPA – Frank Lane Picture Agency/Biosphoto Späte Großstirnschwebfliege

Die Späte Großstirnschwebfliege (Scaeva pyrastri) ist von März bis September in mehreren Generationen aktiv. Bei uns überwintern überwiegend die begatteten Weibchen, teils auch die Puppen. Gewöhnlich erscheint die Späte Großstirnschwebfliege an sonnigen Wintertagen und im zeitigen Frühjahr. Die Art ist auf der gesamten nördlichen Halbkugel verbreitet. Ihr bevorzugter Lebensraum in Mitteleuropa sind Wiesen, Felder sowie Weg- und Waldränder, aber auch Gärten. Die Art kann weite Strecken zurücklegen und ist ortsungebunden.

Sie erreicht eine Körperlänge von 10–15 mm. Die Larven fressen Blattläuse, die erwachsenen Insekten besuchen Blüten, besonders von Him- und Brombeeren, Disteln und Zypressen-Wolfsmilch.

Eine bemerkenswerte Lebensstrategie zwischen Parasit und Nützling hat die Gemeine Waldschwebfliege oder auch Gemeine Hummel-Schwebfliege (Volucella pellucens) entwickelt: Die Larven leben in Hummel- und Wespennestern und ernähren sich dort von Abfällen und verstorbenen Insekten. Diese „Gesundheitspolizei“ ist für die Hummeln und Wespen von großem Vorteil, da sich so Pilze und Keime im Nest nicht ausbreiten. Geht aber diese Nahrung zur Neige oder ist vollständig verzehrt, fressen die Larven auch die Brut ihrer Gastgeber. Die Art lässt sich häufig im Sommer an Blüten von Brom- und Himbeeren im Garten beobachten.

Gemeine WaldschwebfliegeFoto: Paul Hobson/FLPA - Frank Lane Picture Agency/Biosphoto Gemeine Waldschwebfliege

 

Überlebenskünstler

Ein Fossil aus Sibirischem Bernstein belegt, wie lange es Schwebfliegen bereits gibt: Der älteste Fund stammt aus der Kreidezeit (66 bis 145 Mil­lionen Jahre alt). Anders als die Dinosaurier überlebten Schwebfliegen die globale Katastrophe am Ende der Kreidezeit. Heute gibt es etwa 6000 Arten, rund 450 davon in Deutschland. Die Schwebfliegen (Syrphi­dae) bilden eine Familie innerhalb der Insektenordnung Zweiflügler (Diptera) und werden der Unterordnung der Fliegen zugerechnet.

 

Tommy Brumm
Präsident des Landesverbandes Sachsen der Kleingärtner