• Gartenpflege
  • Naturnahes Gärtnern

Bodenflora

Schlagworte zu diesem Artikel:
  • Bodenflora
  • Bakterien
  • Flechten
  • Gartenboden
  • Bodenorganismen
  • Pilze
  • Algen
  • Mikro­or­ga­nis­men
  • Humusauf­bau
  • Zellkern
  • Zellen
  • Pflanzenteile
  • Protoc­tisten
  • Wurzeln
  • Cya­nobakterien
  • Cyanobakterien­zelle
  • Gallerte
  • Zellwänden
  • Mulchmaterialien
  • Pilzgeflecht
  • Schleimpilz
  • Lohblüte
  • Plas­ma-Massen
  • Mykorrhiza-Pilze
  • Landkartenflechte
  • Gestein
  • Grünalgen

Von Bakterien bis Flechten – vielgestaltiges Leben im Gartenboden


Grünblättriger SchwefelkopfFoto: mauritius images/Gerhard Tegeler Die Fruchtkörper des Grünblättrigen Schwefelkopfes sind leicht auf abgestorbenem Holz zu entdecken.


In einem fruchtbaren Boden laufen in­­tensive Auf- und Abbauvorgänge von organischer Substanz ab. Dafür sorgen Bodenorganismen in all ihrer Vielfalt. In belebtem Boden wachsen Pflanzen bes­ser, und sie bleiben gesünder.

Zusammengenommen nehmen Bodenflora und Bodenfauna etwa 5 % der Festsubstanz des Bodens ein. Nicht nur zahlenmäßig überwiegen die Vertreter der Bo­denflora in der Erde, sondern sie machen rund 60–90 % der Masse an Bodenorganismen aus.

Spricht man von der Bodenflora, steht ganz zu Beginn die Schwierigkeit der De­finition. Grob aus­ge­drückt sind damit die nicht-tierischen Organismen gemeint, denn der Begriff „Bodenflora“ umfasst nicht ausschließlich pflanzliche Lebewesen, sondern auch Bakterien, Strahlenpil­ze, Schleim­pilze, Pilze, Algen und Flechten. Bei den Vertretern der Bodenflora handelt es sich vor­wie­gend um Mikro­or­ga­nis­men, die maßgeblich an allen Prozessen der Zersetzung von ab­ge­stor­be­nem organischem Material und dem Humusauf­bau beteiligt sind.

In der biologischen Systematik wird un­terschieden, ob die Zellen einen Zellkern besitzen oder nicht: Die Prokaryoten be­sitzen Zellen ohne Zellkern, meist sind sie Einzeller. Bei den Eukaryoten dagegen besitzt jede Zelle einen Zellkern. Die Domäne der Eukaryoten lässt sich in vier Reiche einteilen: Tiere, Pilze, Pflanzen und die künstliche Sammelgruppe der Protoc­tisten. Pflanzenteile wie etwa Wurzeln werden nicht zur Bodenflora gerechnet.


Massenweise Bakterien

Die Bakterien aus der Domäne der Proka­ryoten sind einfach gebaute Lebewesen ohne Zellkern, ihr Erbgut liegt frei im Zell­plasma. Man unterscheidet die Bakterien je nach der Form der Zellen: Kokken sind kugelrund, Bazillen sind gerade Stäb­chen, als Spirillen bezeichnet man gedrehte Stäbchen, Vibrionen sind kommaförmig. Als Überdauerungsform bilden Bakterien weitgehend inaktive, langlebige Sporen. Bei günstigen Umwelt­bedin­gungen werden diese aktiviert.

Schätzungen zufolge übertrifft die Men­ge der weltweit existierenden bodenlebenden Bakterien das Gewicht aller Säugetiere, einschließlich der Menschen, plus der Vögel um das Zehnfache. Ein ein­ziges Gramm Gartenboden kann über 100 Millionen Bakterien enthalten, die ei­ner Vielfalt von Gattungen angehören.

Was die Umsetzung von Stoffen betrifft, stellen Bakterien die bedeutendste Gruppe innerhalb der Bodenflora dar. Manche bauen eigenständig ihre körpereigenen Substanzen auf, andere ernähren sich vor­wiegend von organischer Substanz. Die überwiegende Zahl von ihnen gewinnt ihre Energie durch den Abbau toter organi­scher Substanz, das heißt, sie leben sapro­phytisch.

Die meisten Arten sind abhängig von Sau­­erstoff, diese sind aerobe Organismen. Jene, die ohne Sauerstoff existieren, nennt man anaerob. Bakterien können sich inner­halb weniger Stunden vermehren und bil­den häufig große Zellkolonien und lange Ketten.

Bakterien haben vielfältige Anpassungen an unterschiedliche Lebensräume ent­wickelt. Sie leben bevorzugt in dem dünnen Wasserfilm, der die Bodenpartikel um­gibt, an Wurzeloberflächen und im un­mittelbaren Bereich um die Wurzeln, der sogenannten Rhizosphäre. Sie können sich aktiv durch Geißeln oder passiv mit dem Bodenwasser bewegen, doch in verdichteten und verschlämmten Böden sind die Bewegungsmöglichkeiten eingeschränkt, dort können sie sich auch nicht mehr vermehren.

Bakterien reagieren empfindlich auf Aus­trocknung. Am besten entwickeln sie sich in gut belüfteter, lockerer Erde. Für das Pflanzenleben bedeutsam sind Gattungen wie Nitrosomonas und Nitro­bac­ter, die Ammonium durch Oxidation in Ver­bin­dungen umwandeln, die von den Wurzeln auf­ge­nom­men werden.

Zu den Bakterien zählen auch die Cyano­bakterien, die man früher als Blaualgen bezeichnet hat. Der Bau der Zelle stimmt mit den Bakterien überein, doch sind Cya­nobakterien Organismen, die eine einfache Form von Fotosynthese betreiben. Dabei wird Sauerstoff frei. Eine Cyanobakterien­zelle ist um ein Vielfaches größer als eine Bakterienzelle. Die Einzelzellen hängen locker in einer Gallerte oder an den Zellwänden zusammen.


CyanobakterienFoto: mauritius images/Science Source/Jerome Pickett-Heaps Cyanobakterien sind für das menschliche Auge unsichtbar – hier eine angefärbte mikros­kopische Vergrößerung.


Cyanobakterien siedeln sich auf sich zersetzender, feuchter, organischer Substanz an. Im Garten treten sie oft auf ab­gelagerten organischen Mulchmaterialien auf. Sie schwellen nach Nie­der­schlä­gen an und fallen bei Trockenheit wieder in sich zusammen.


Humus bildende Strahlenpilze


Strahlenpilz StreptomycesFoto: hp-fiedler-group.de Der Strahlenpilz Streptomyces trägt wesentlich zur Humusbildung bei.


Bei den Strahlenpilzen handelt es sich um bakterienähnliche einzellige Or­ganismen, systematisch werden sie den Bakterien zu­­geordnet. Sie besitzen längliche oder rundliche Zellen. Weil diese zeit­weise durch schleimartige Zellwandbestandteile zusammengehalten werden, können sie ein ver­zweig­tes fadenförmiges Pilzgeflecht bilden, das man als Pseudo-Myzel bezeich­net.

Strahlenpilze, wie die weit verbreitete Gattung Streptomyces (Mikrobe das Jahres 2016), ernähren sich von abgestorbener organischer Substanz, sie besiedeln alle organischen Materialien. Sie zer­set­zen so­gar schwer abbaubare Substanzen wie Holz oder Chitinpanzer von Insekten. Für ihren Stoffwechsel benötigen sie Sauerstoff.

Die größte Dichte an Strahlenpilzen kommt in einer Bodentiefe von 5–10 cm vor. Sie sind maß­geb­lich an der Humusbildung beteiligt, zusammen mit den Pil­zen bewirken sie den typischen Erdgeruch. Viele Arten der Strahlenpilze produzieren antibiotische Substanzen, die auf andere Mikroorganismen hemmend oder toxisch wirken.


Mobile Schleimpilze


Gelbe LohblüteFoto: mauritius images/Minden Pictures/Martin Withers/FLPA Einige auch bei uns verbreitete Schleimpilz-Arten fallen durch ihre farbigen Fruchtkörper auf: Gelbe Lohblüte.


Die relativ einfach aufgebauten Organismen der Schleimpilze bilden zellwandlose, vielkernige Plas­ma-Massen, die man als Plasmodien bezeichnet. Durch Ausstülpungen können sie sich fort­be­wegen. Schleimpilze zählen ungeachtet ihres Namens nicht zu den Pilzen, ihre systematische Zu­ordnung war immer schon umstritten. Heute betrachtet man sie als eigenständige, von den Pro­to­zoen abstam­mende Gruppe. Sie zählen zu den Protoctisten.

Rotköpfiger SchleimpilzFoto: Rainer Fuhrmann/Fotolia Rotköpfiger Schleimpilz Sehr auffällig und weit verbreitet sind z.B. die Gelbe Lohblüte (Fuligo septica) mit leuchtend gelben Frucht­körpern und der Rotköpfige Schleimpilz (Trichia decipiens). Beide können Sie auf moderigem Holz leicht entdecken.


Pilze in vielen Formen

Inzwischen bilden Pilze ein eigenes Reich, während man sie früher dem Reich der Pflanzen zugeschlagen hatte. Pilze wachsen entweder als ellipsenförmige Einzelzellen wie bei den Hefepilzen, oder sie bil­den längliche, fadenförmig angeordnete Zellverbände, die als Pilzfäden oder Hyphen bezeichnet werden. Beide Wachs­tumsformen kön- nen bei einer Art vorkom­men. In der Regel entwickeln sich Pilze als vielzellige Or­ga­nis­men, ihre Zellketten bilden ein fadenförmiges, oft meterlanges Geflecht, das man als Myzel bezeichnet. Die äußerst formenreiche Gruppe vermehrt sich über Sporen.

Bezogen auf die Ernährungsweise lassen sich drei Gruppen unterscheiden:

  • Saprophytische Pilze wie der Grünblättrige Schwefelkopf (Hypholoma fasciculare) ernähren sich von abgestorbenen organischen Substanzen, indem sie sie zersetzen. Sie tragen wesent­lich zum Stoffumsatz im Boden bei. Man erkennt ihre Pilzfäden in den obersten Schichten des Kompostes oder in der Streuauflage des Waldbodens, ihre Fruchtkörper können Sie an abgestorbenem Holz sehen.
     
  • Parasitische Pilze greifen lebende Pflanzen und Tiere an, als Krankheitserreger können sie beträchtlichen Schaden hervorrufen. Verursacher bodenbürtiger Krankheiten können über viele Jahre hinweg die Kultur bestimmter Pflanzen unmöglich machen.
     
  • Mykorrhiza-Pilze leben in Gemeinschaft mit den Wurzeln Höherer Pflanzen. Zwischen beiden Partnern findet ein Stoffaus­tausch statt: Die Pilze liefern den Höheren Pflanzen Stickstoff, Phosphor und Spurenelemente, die Pflanzen versorgen den Pilz vor allem mit Kohlen­hy­dra­ten. In der Regel ist der Pilz stark oder vollkommen abhängig von der Pflanze, die Pflanze hat nicht immer einen Vorteil von der Lebensgemeinschaft, obwohl im Allgemeinen von einer Symbiose gesprochen wird.

Die Pilzfäden dringen immer weiter in neue Bodenbereiche vor und erschließen damit laufend neue Nährstoffquellen. Sie bevorzugen ein neutrales bis saures Milieu und sind wesentlich am Abbau von organischen Stoffen und am Aufbau von Humusverbindungen im Boden beteiligt. Im Vergleich zu den Bakterien sind Pilze viel weniger an Wasser gebunden, sie vertragen Trockenheit besser. Ein Liter Boden kann bis zu 300 m Pilz­myzel enthalten. An der Spitze der Pilzfä­den von Hutpilzen entstehen an der Boden- ­oberfläche die typischen Sporenträger.


Algen brauchen Licht

Systematisch gehören sie ebenfalls zu den Protoctisten. Algen leben oft als einzellige Organismen im Boden, sie können aber auch fadenförmige Kolonien bilden.

DICHT BESIEDELT Algen enthalten Chlorophyll und können wie die Höheren Pflanzen Fotosynthese betreiben. Weil sie dafür Licht benötigen, beschränkt sich ihr Lebensraum auf die Bo­den­ober­fläche und die obers­ten Milli­meter der Bodenschicht. Dort be­sie­deln sie die Oberflächen von Steinen, Laub­streu, Borke und Kot. Die meis­ten Bodenalgen gehören zur Familie der Grünalgen, doch es kommen auch Gelb­grün­algen und Kieselalgen vor. Die meisten Algen sind an eine Ent­wick­lung im Wasser angepasst.

Aus bodenbiologischer und bodenökologischer Sicht spielen Algen eine weniger bedeutsame Rolle als Bakterien und Pilze. Da sie jedoch organische Substanz herstel­len, bilden sie eine Nahrungs­grund­lage für Bodentiere. Als Erstbesiedler von Gesteinen und extremen Standorten erschließen Algen Lebensräume für andere Organismen. Der Anteil der Algen an der Biomasse im Boden ist vergleichsweise gering.


Flechten sind Erstbesiedler


LandkartenflechteFoto: mauritius images/imageBROKER/Kurt Möbus Die Landkartenflechte gehört zu den Erstbesiedlern, die sogar auf nacktem Gestein gedeihen.


Manche Algen und gewisse Cyanobakterien gehen eine enge Vergesellschaftung mit bestimmten Pilzarten ein, es entstehen Flechten. Die beiden Organismen leben zum gegensei­tigen Vorteil zu­sam­men, bil­den also eine Symbiose. Die beiden Partner binden jeweils Luftstickstoff oder Koh­len­stoff, den sie sich wechselseitig zur Ver­fügung stellen. Flechten spielen eine wichtige Rolle als Erstbesiedler von anor­ganischen und organischen Substraten und leiten auf rohem Gestein die Bodenbildung ein. So überzieht die Landkarten­flechte mit ihren gelb- bis olivgrünen Krus­ten nackte Felsen.

Die chlorophyllhaltigen Cyanobakterien und Grünalgen assimilieren Kohlenstoffdioxid aus der Luft und bauen organische Verbindungen auf, von denen sich die Pilzpartner ernähren. Die Pilze ihrer­seits scheiden säurehaltige Stoffe aus, wodurch das Gestein geätzt wird und Mineralsalze frei­ge­setzt werden. Davon profitieren wiederum die Cyanobakterien bzw. Algen.

Agnes Pahler