- Gartenpflege
Jungpflanzen anziehen
So gelingt die Anzucht
Foto: Romberg Es ist doch absolut faszinierend, wie sich aus einem winzigen Tomatensamen innerhalb weniger Monate eine über 2 m große Pflanze entwickelt. Ein kleines Wunder, das Gartenfreunde jedes Jahr erleben, wenn sie ihre Pflanzen aus Saatgut anziehen! Damit aber aus dem kleinen Wunder keine Enttäuschung wird, sollten Sie bei der Anzucht Ihrer Pflanzen einiges beachten.
Basis für gutes Wachstum
Das Wichtigste vorweg: Verwenden Sie bitte keine normale Blumenerde für die Anzucht, denn sie enthält meist zu viele Nährstoffe, die die jungen Pflanzenwurzeln verbrennen können. Eine gute Anzuchterde ist daher die Grundlage für ein erfolgreiches Gelingen der Aussaat. Sie sollte möglichst wenig Nährstoffe enthalten, feinkrümelig und unbedingt frei von Unkrautsamen sowie Krankheitserregern sein.
Bei guter Qualitätserde aus dem Fachhandel können Sie sich in der Regel darauf verlassen. Achten Sie hierbei bitte auf torffreie Substrate. Zusatzstoffe wie Holzfasern, Kokosfasern und Reisspelzen ermöglichen den Verzicht.
Wenn Sie Ihre eigene Anzuchterde herstellen wollen, empfehle ich ein Gemisch aus 40 % Gartenerde, 40 % Kompost und 20 % Sand. In diesem Fall müssen Sie das Substrat natürlich selbst sterilisieren.
Da die professionelle Variante, bei der das Substrat mit einem sogenannten Erddämpfer über zwei Stunden auf 90 °C erhitzt wird, im eigenen Garten schwer umzusetzen ist, brauchen Sie eine Alternative. Dafür können Sie Ihr Substratgemisch in einen Bratschlauch füllen und für eine halbe Stunde bei 150 °C im Backofen erhitzen. Nach dem Abkühlen sollten Sie die Erde möglichst sofort verwenden oder den Beutel bis zum Gebrauch verschlossen lassen.
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Das Saatgut
Was gibt es Schöneres für einen Gartenfreund, als an einem tristen Wintertag die aktuellen Saatgutkataloge zu studieren. Hierbei können neue Sorten entdeckt oder alte wiederentdeckt werden. Natürlich sind robuste und resistente Sorten zu bevorzugen.
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Foto: Flora Press/BIOSPHOTO/Serge Lapouge
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Wenn Sie noch Saatgut vom letzten Jahr oder einer anderen vorausgegangenen Saison haben, müssen Sie auf die Keimfähigkeit achten. Saatgut von Porree, Feldsalat oder Bohnenkraut ist beispielsweise nur gut zwei Jahre keimfähig, das von Erbsen, Tomaten oder Gurken dagegen drei bis sechs Jahre. Wollen Sie auf der sicheren Seite sein, prüfen Sie das Saatgut vor der Aussaat, ob es noch keimt. Dazu legen Sie eine vorher definierte Anzahl (z.B. zehn Stück) von Samen auf Fließpapier und befeuchten es gleichmäßig. Beachten Sie die notwendige Keimtemperatur. Liegt die Keimfähigkeit über 80 %, können Sie zufrieden sein.
Die Aussaat
Bitte säen Sie nicht einfach drauf los, sondern beachten Sie den auf den Saatguttüten angegebenen Aussaatzeitpunkt und ob es sich um Licht-, Dunkel- oder Kaltkeimer handelt. Grundsätzlich sollten Sie nur in saubere Schalen und Töpfe aussäen. Da Saatgut oft in Portionsgrößen angeboten wird, die locker für 50–100 Pflanzen oder mehr reichen, müssen Sie nicht die ganze Tüte auf einmal verwenden.
Säen Sie Gemüse besser in mehreren „Sätzen“ aus, also mehrere kleine Aussaaten in Abständen von ein bis zwei Wochen. So vermeiden Sie nicht nur die Verschwendung von wertvollem Saatgut, sondern verlängern gleichzeitig die Erntezeit.
Sind die Aussaatgefäße mit Anzuchterde befüllt, geht es an die Aussaat. Gleichmäßig werden die Körner zunächst in der Saatschale verteilt und, sofern es sich nicht um Lichtkeimer handelt, mit einer 0,5–1 cm dicken Schicht Anzuchterde abgedeckt. Das geschieht am besten mit einem feinen Sieb, denn so lässt sich das Substrat gleichmäßig verteilen, und noch evtl. vorhandene Fremdkörper wie Steine und Holzreste werden entfernt. Drücken Sie das Ganze anschließend mit einer kleinen Handkelle fest.
Damit die Keimung beginnen kann, ist es notwendig, für die auf den Saatguttüten angegebene Keimtemperatur (je nach Art zwischen 12–22 °C) zu sorgen. Nach der Keimphase von acht bis 14 Tagen sollten sich die ersten zarten Keimblätter zeigen. Wichtig während dieser Phase ist es, für ausreichend Wasser zu sorgen.
Bewährt haben sich feine Düsen für Gießkannen sowie Feinsprüher zum gleichmäßigen Wässern. Während der Keimung darf das Substrat niemals austrocknen, denn das kann zum Abbruch des Keimprozesses führen. Wiederum darf die Erde aber auch nicht zu nass sein, was Fäulnis bewirken würde.
Auch Geduld ist gefordert, wer meint, durch Temperaturerhöhung das Wachstum zu optimieren, wird enttäuscht. „Geilwuchs“ (lange, unstabile Triebe) ist dann häufig die Folge. Gleiches gilt bei zu wenig Licht.
Das Pikieren
Sind nach zwei bis drei Wochen zarte Jungpflanzen gewachsen, müssen diese vereinzelt werden, um eine Licht- und Nährstoffkonkurrenz zu vermeiden. Als gute Orientierung dient dabei der Zeitpunkt, an dem sich das erste „echte“ Blattpaar entwickelt hat. Dies ist meist recht leicht zu erkennen, da es sich deutlich von den Keimblättern unterscheidet.
Haben Sie aber keine Angst, diesen Zeitpunkt zu verpassen, selbst wenn etwas zu früh oder zu spät pikiert wird, schadet das den Pflanzen nicht. Letztendlich hängt der richtige Zeitpunkt auch immer vom Entwicklungszustand ab und davon, wie dicht gesät wurde.
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Setzen Sie die einzelnen Pflanzen in kleine Töpfe mit Aussaaterde. Am einfachsten geht das mit einem Pikierstab, mit dem die Pflanzen vorsichtig aus der Saatschale genommen werden können, ohne die zarten Wurzeln zu beschädigen. Wenn Sie keinen Pikierstab zur Hand haben, können Sie alternativ auch kleine Bambusstäbe verwenden.
Grundsätzlich sollten Sie die Pflanzen nur so tief in die Erde setzen, wie sie zuvor in der Aussaatschale gestanden haben. Eine Ausnahme bilden Tomaten, denn sie sind in der Lage, am Trieb neue Wurzeln zu bilden. Daher werden sie bis zu den Keimblättern eingetopft, das sorgt auch für zusätzliche Standfestigkeit.
Wie bei der Aussaat müssen Sie auch nach dem Pikieren für eine gleichmäßige Bewässerung sorgen. Sind die Pflanzen in ihren Töpfen gut angewachsen, sollten Sie sie an einem kühleren und hellen Ort aufstellen. Das sorgt für kräftige und gedrungene Jungpflanzen. Eine erste „Startdüngung“ kann nach ca. vier Wochen erfolgen. Wenn nach den Eisheiligen der Zeitpunkt zum Auspflanzen gekommen ist, sollten Sie die Jungpflanzen vorher noch einige Tage an einem windgeschützten Platz „abhärten“.
Egal ob Gemüse, Kräuter oder ein- und zweijährige Sommerblumen, wenn Sie neben oben genannten Tipps die individuellen Eigenschaften und Bedürfnisse der Kulturen beachten, kann so nicht mehr viel schief gehen.
Hartmut Clemen
Leiter des Lehr- und Erlebnisgartens
FlorAtrium
Aussaat für Anfänger
Nicht selten ist Gartenfreunden der Aufwand für eine eigene Aussaat zu groß. Statt Saatgut werden gleich Jungpflanzen gekauft. Ihnen rate ich dann: „Versucht es mit der kinderleichten Variante der Anzucht.“ Bohnen, Kürbis, Zucchini oder Sonnenblumen sind die idealen Einsteiger-Kulturen für die spätere ultimative Begeisterung bei der Jungpflanzenanzucht.
Denn bei diesen Arten kann auf das Vorziehen in Aussaatschalen sowie das Pikieren verzichtet werden. Direkt in einen mit Anzuchterde gefüllten 10-cm-Topf wird ein Saatkorn z.B. vom Kürbis gelegt. Genauso verhält es sich mit Zucchini, Sonnenblume oder Gurke. Bei Buschbohnen ist es etwas anders, sie werden zu dritt in den Topf gelegt.
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