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Kalkung – eine Frage der Bodenreaktion
Foto: Jauch Traditionell wird Kalk weit verbreitet als Allheilmittel zur Gesunderhaltung der Böden und folgerichtig als unverzichtbarer Bestandteil der Bodenpflege angesehen. Ob eine Kalkung mit ihren vielfältigen Wirkungen auf die Ertragsfähigkeit des Bodens aber tatsächlich Nutzen bringt, hängt entscheidend von der Bodenreaktion, das heißt vom pH-Wert des Bodens, ab.
Der pH-Wert
Böden sind in Jahrtausenden durch Verwitterung von Gesteinen mit sehr unterschiedlicher mineralischer Zusammensetzung entstanden. Aufgrund dieser durch die Entstehungsgeschichte bedingten Unterschiede zeigen Böden von Natur aus entweder eine saure, neutrale oder basische (alkalische) Reaktion, die als pH-Wert angegeben wird.
Der pH-Wert ist dabei nichts anderes als eine Maßzahl für die Konzentration an sauer wirkenden Wasserstoff-Ionen (H+) im Boden, die allerdings in stark verkürzter Schreibweise wiedergegeben wird. Enthält der Boden z.B. 1/1.000.000 g H+/l, so kann dieser Wert logarithmisch als 10-6 g H+/l dargestellt werden. Nimmt man nun die negative Hochzahl (-6) und lässt das Vorzeichen weg, so erhält man die Zahl 6, den pH-Wert. Aufgrund dieser Schreibweise nimmt bei sinkenden pH-Werten die H+-Konzentration zu, der Boden wird saurer – und umgekehrt.
Wirkung, Ziel und Nutzen von Kalkgaben
Führt man einem ausreichend feuchten, sauren Boden Kalk zu, so kommen chemische Reaktionen in Gang, bei denen letztendlich alkalisch wirksame Hydroxid-Ionen (OH-) gebildet werden. Diese OH--Ionen sind in der Lage, sauer wirkende H+-Ionen zu neutralisieren, wodurch deren Konzentration abnimmt bzw. der pH-Wert ansteigt.
Bei Bedarf lassen sich somit auf sauren Böden durch gezielte Kalkung optimale pH-Werte einstellen (siehe Tabelle), die darauf abzielen, günstige Bodenverhältnisse zu schaffen, z.B. hinsichtlich der folgenden Punkte:
- Bodenleben
Foto: Jauch Die meisten nützlichen Kleinstlebewesen (Bakterien, Strahlenpilze) bevorzugen eine schwach saure bis schwach alkalische Bodenreaktion (pH 6–8). Aber auch der Große Regenwurm, wohl unser wichtigster „Bodenwühler", ist auf hohe Calcium-Gehalte, wie man sie auf kalkreichen Standorten findet, angewiesen.
- Bodenstruktur
Die Stabilität des Bodengefüges wird durch die verklebende Wirkung des bei hohen pH-Werten verfügbaren Kalks gefördert. Hierbei spielt – neben den alkalisierenden Bestandteilen – das Calcium-Ion eine zentrale Rolle, das durch „Flockung" und „Brückenbildung" Feinstteilchen zu stabilen Bodenkrümeln „verklebt".
Die dabei entstehenden Zwischenräume (Poren) verbessern den Luft- und Wasserhaushalt des Bodens und können Bodenorganismen als Lebensraum dienen. Deshalb sind vor allem bei schweren, strukturschwachen Böden ausreichend hohe pH-Werte von besonderer Bedeutung.
- Humusabbau
Die durch Kalkgaben gesteigerte Aktivität des Bodenlebens fördert und verstärkt den Humusabbau (Mineralisierung). Das wird heutzutage kaum mehr beachtet. Das Sprichwort aus alten Zeiten „Kalk macht reiche Väter, aber arme Söhne", das vor allem auf der (sich erschöpfenden) Mineralisierung von organischer Substanz und der damit verbundenen Freisetzung von Nährstoffen beruht, hat in unseren Zeiten ausgedient. Wir sind heute offensichtlich in der Lage, unsere Gartenböden überaus reich mit Düngemitteln und Humus zu versorgen, wie Ergebnisse von Bodenuntersuchungen zeigen.
Dennoch bleibt festzuhalten, dass eine Kalkung den Gehalt an wertvollem Humus im Boden verringert. Daher wird empfohlen, bei humusreichen Böden, die in der Regel über eine gute Struktur verfügen, relativ niedrige pH-Werte einzustellen. Für Moorböden, die über 30 Gewichtsprozent organische Substanz in der Trockenmasse enthalten, gilt z.B. ein pH-Wert von 4,3 als günstig.
- Verfügbarkeit von Pflanzennährstoffen
Foto: Jauch In welchem Umfang Nährstoffe im Boden von den Pflanzenwurzeln aufgenommen werden können, hängt entscheidend von der Bodenreaktion ab. Auf alkalischen Böden z.B. sind Phosphat und die meisten Spurennährstoffe nur in relativ geringem Umfang pflanzenverfügbar, was zu Mangelerscheinungen führen kann.
Im Gegenzug können in sauren Böden aber auch zu hohe Mengen an Spurennährstoffen in pflanzenverfügbare Formen übergehen und die Pflanzen schädigen. Im Grundsatz gilt: Auf leichten Böden, die naturgemäß arm an Nährstoffen sind, sind niedrige pH-Werte von Vorteil.
Bei schweren, nährstoffreichen Böden kann man eine geringere Pflanzenverfügbarkeit mancher Nährstoffe durchaus in Kauf nehmen. Hier sollte man höheren pH-Werten den Vorzug geben – vor allem mit Rücksicht auf die Bodenstruktur.
Martin Jauch
Lesen Sie zu diesem Thema auch den Beitrag "Braucht mein Boden Kalk?"