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Pelargonien selbst vermehren
Foto: Neder
Viele Beet- und Balkonpflanzen, Obstgehölze und Stauden können durch Stecklinge vermehrt werden. Diese vegetative Vermehrungsmethode beruht auf der Eigenschaft der Pflanze, aus einem Sprossteil eine in Blüte, Form und Größe identische Jungpflanze aufzubauen. Man erhält also Duplikate der Mutterpflanze. Im Gegensatz dazu entstehen bei der generativen Vermehrung – der Aussaat – unterschiedliche Nachkommen. Sie ähneln zwar der Mutterpflanze, weichen aber manchmal auch erheblich von ihr ab.
Wir erklären hier die Stecklingsvermehrung am Beispiel der Pelargonien, meist Geranien genannt. Alle fünf Pelargoniengruppen (Zonale, Miniatur-, Duft-, Edel- und Efeupelargonien) lassen sich leicht durch Stecklinge vermehren.
Krautig oder halbreif
Pelargonienstecklinge werden „krautig“ im Februar/März geschnitten oder „halbreif bis reif“ im Spätsommer bis Oktober/November. Geeignet sind gesunde, kräftige, am besten nicht blühende Triebe. Das Schnittmaterial sollte nicht zu kräftig, aber auch nicht zu schwach und dünn sein. Kranke oder von Schädlingen befallene Triebe scheiden aus.
Geschnitten wird am besten dicht unterhalb eines Blattknotens, da sich dort besonders viele zur Wurzelbildung notwendige Pflanzenwuchsstoffe befinden. In der Regel wird dies bei einem fingerlangen Steckling nach etwa dem dritten Blattpaar der Fall sein. Bis auf die oberen zwei bis drei Blätter werden alle anderen Blätter entfernt, da sie nur unnötig Wasser verdunsten und dadurch den anfangs noch nicht bewurzelten Steckling schwächen.
Aus langen Trieben lassen sich ein Kopfsteckling und mehrere Teilstecklinge schneiden. Sie sollten möglichst gleich lang sein, das bewirkt meist eine gleichmäßige Bewurzelung und erleichtert die spätere Handhabung.
Schneiden und Stecken
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Zum Schneiden ist ein scharfes Stecklingsmesser ideal. Stumpfe Scheren oder Messer quetschen die Schnittstelle. Mit gut geschärfter Klinge erzielt man auch mit der Schere gute Erfolge. Alternativ leistet eine Rasierklinge hervorragende Dienste.
Zum Stecken eignet sich nährstoffarme Aussaaterde mit geringem Salzgehalt. Sie enthält zudem keine Keime unerwünschter Vermehrungskrankheiten wie Umfallkrankheit, Stängelwelke oder Grauschimmel. Eine Mischung aus Torf und Sand im Verhältnis 1:1 oder das altbekannte Kultursubstrat TKS 1 eignen sich ebenso – oder die im Handel erhältlichen Torfquelltöpfe, die im Wasser ihre volle Größe entfalten. In die Quelltöpfe steckt man nur jeweils einen Steckling.
Um den Steckling an der Basis nicht zu verletzen oder umzuknicken, formt man mithilfe eines Hölzchens oder Pikierstabes kleine, etwa 3 cm tiefe Löcher in das feuchte Vermehrungssubstrat, steckt den Steckling vorsichtig hinein und drückt leicht an. Die Stecklinge können dicht stehen, sollten sich aber möglichst nicht berühren.
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Nicht von oben angießen, um einen Befall mit Grauschimmel und anderen Pilzkrankheiten zu vermeiden! Wasser im Untersetzer steigt durch die Kapillarkräfte im Substrat automatisch langsam nach oben. Generell können Pflanzen in Tontöpfen wegen der starken kapillaren Wirkung leichter über einen Untersetzer von unten bewässert werden als solche in Töpfen aus Kunststoff.
Das Eintauchen in ein Bewurzelungshormon kann die Bewurzelung beschleunigen, ist aber nicht unbedingt notwendig. Unter guten Bedingungen bewurzeln die Stecklinge ab ca. 15 °C Bodentemperatur innerhalb von sieben bis zehn Tagen.
Feuchte Luft und Wärme
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Die Auswahl geeigneter Töpfe oder Behältnisse ist groß. Werden gebrauchte Gefäße verwendet, sollten diese wirklich sauber sein oder in reinem Alkohol ca. 20 Minuten desinfiziert werden. Das gilt auch für das Stecklingsmesser.
Ideal sind z.B. handelsübliche Mini-Gewächshäuser mit lichtdurchlässiger Abdeckung, wodurch man leicht eine „gespannte“, also feuchte Luft erzeugen kann. Luxusausführungen besitzen eine Bodenheizung, die besonders bei späten oder sehr frühen Stecklingssätzen sinnvoll ist. Aber auch einfache 12-cm-Töpfe mit einer selbst gebastelten Haube aus Folie eignen sich. Die Folie sollte die Blätter nicht berühren, denn an den feuchten Kontaktstellen tritt leicht Fäulnis auf. Als Stütze für die Folie können z.B. sich kreuzende Drahtbögen dienen.
Gut geeignet zum Abdecken ist auch Vlies. Das hauchdünne Material ist zwar luftdurchlässig, mildert aber dennoch die Verdunstung und verhindert einen Wärmestau bei Sonneneinstrahlung.
In Kleingewächshäuser lassen sich entweder einzelne Töpfe oder die sogenannten Multipaletten stellen. Alternativ kann man den Boden eines Mini-Gewächshauses auch ganz mit Vermehrungssubstrat füllen und die Stecklinge direkt hineinstecken.
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Einzelne kleinere Gefäßeinheiten, in die jeweils nur ein Steckling kommt, haben den Vorteil, dass die angewachsenen Jungpflanzen beim Umsetzen keinen Pflanzschock erleiden und zügig weiterwachsen. Daher sollte auch beim Austopfen der bewurzelten Stecklinge besonders darauf geachtet werden, dass der Wurzelballen intakt bleibt und nicht auseinanderfällt. Torfpresstöpfe in Multipalettenformat brauchen nur abgetrennt und in ein größeres Gefäß gesetzt zu werden.
Gute Pflege ist wichtig
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Die Stecklinge sollten hell und temperiert stehen, jedoch nicht in der Sonne. Das Substrat sollte stets leicht feucht, aber nicht nass sein, denn das bremst die Wurzelbildung und fördert Fäulnis. Totes Material und abgefallene Blätter wöchentlich entfernen und dabei gleich etwas lüften. Der Steckling ist angewachsen, sobald sich neue Blätter zeigen. Bei Multipaletten mit Löchern auf der Unterseite kann man dies an den dort sichtbaren neuen Wurzeln leicht feststellen.
Im Herbst vermehrte Stecklinge werden, so sie im Freiland stehen, vor den ersten Frösten hereingenommen. Ideal ist eine helle Überwinterung bei 5 bis 10 °C. Gegossen wird dann nur sehr wenig. Das Topfen in nährstoffreiche Erde und größere Töpfe erfolgt am besten erst im Frühjahr, einige Wochen bevor die Jungpflanzen wieder nach draußen kommen. Werden die Herbststecklinge warm und hell weiterkultiviert, treiben sie durch und können bereits ab etwa Dezember getopft werden.
Besonders kompakte und dichte Pflanzen erhält man, wenn man mehrere Stecklinge in einen Topf setzt. Besonders bei hängenden Sorten wird dies häufig auch von Erwerbsgärtnern durchgeführt.
Eine andere gängige Praxis ist das Pinzieren der jungen Pflanzen. Diese Methode ist vor allem bei stehenden Sorten sehr wirkungsvoll. Dafür kneift man mit den Fingern oder einer Schere die Triebspitze von der heranwachsenden Jungpflanze ab, wodurch die Bildung von Seitentrieben angeregt wird und eine füllige Pelargonie entsteht.
Thomas Neder
Kreisfachberater im Landratsamt Coburg
Für krautige Stecklinge geeignete Arten
Sie werden im Frühsommer geschnitten. Die Triebe sollten weder zu weich noch zu hart sein. Optimal ist es, wenn sie sich schon leicht brechen lassen.
Beet-, Balkon- und Kübelpflanzen: Fuchsien (Fuchsia), Verbene (Verbena), Enzianstrauch (Solanum rantonetii), Kap-Geißblatt (Tecomaria capensis)
Obstgehölze: Johannisbeere (Ribes), Jostabeere (Ribes nidigrolaria), Stachelbeere (Ribes uva-crispa var. sativum), Kiwi (Actinidia)
Ziergehölze: Falscher Jasmin (Philadelphus), Schmetterlingsstrauch (Buddleja), Deutzie (Deutzia), Felsenmispel (Cotoneaster), Feuerdorn (Pyracantha)
Stauden: Flammenblume (Phlox), Sonnenbraut (Helenium), Indianernessel (Monarda), Sonnenröschen (Helianthemum)
Für halbreife Stecklinge geeignete Arten
Sie werden von Frühsommer bis Herbst geschnitten. Die Triebe sind z.B. bei Gehölzen dann schon leicht verholzt. Auf diese Art werden viele Kletterpflanzen, Gehölze und Stauden vermehrt, etwa Geißblatt (Lonicera), Buchsbaum (Buxus), Felsenmispel (Cotoneaster), Feuerdorn (Pyracantha), Mahonie (Mahonia), Clematis (Clematis) und Lavendel (Lavandula).
Spezialfälle sind Stecklinge, die durch den Abriss von Seitentrieben erfolgen und die noch eine Rindenzunge vom Haupttrieb besitzen, wie z.B. bei der Säckelblume (Ceanothus), oder die wie beim Purpurglöckchen (Heuchera) noch etwas von der Wurzel haben. Stecklinge mit einem Stück des Wurzelansatzes werden vor allem von Stauden mit hohlem Stängel wie Lupinen (Lupinus) oder Rittersporn (Delphinium) gewonnen.