- Gartenpflege
Sommerschnitt an Obstbäumen
Foto: Flora Press/Bodo Butz Sie möchten gesunde und langlebige Obstbäume, die jedes Jahr viele Früchte tragen? Dann kommen Sie nicht darum herum, Apfel, Kirsche Pflaume und Co. regelmäßig und konsequent zu schneiden. Neben dem bekannten Winterschnitt, der in der Wachstumsruhe durchgeführt wird, ist ein zusätzlicher Baumschnitt im Sommer empfehlenswert.
Bei diesem Sommerschnitt, auch Grünschnitt genannt, lichten Sie vor allem die Kronen aus und führen einen leichten Formschnitt durch. Somit regulieren Sie den Zuwachs und das Ausbilden der Früchte auf sanfte Art. Die Früchte im Bauminnern bekommen hierdurch mehr Licht und können sich besser entwickeln.
Der richtige Zeitpunkt ist der ausklingende Sommer – etwa ab Ende Juli/Anfang August. Wichtig ist, dass die Bäume ihr Triebwachstum bereits abgeschlossen haben. Das erkennen Sie daran, dass die Triebe an ihrer Spitze eine große Knospe, die sog. Terminalknospe, ausbilden. Bei zu frühem Schnitt würde es zu einem erneuten, unerwünschten Austrieb im Spätsommer kommen.
Wie wachsen Bäume?
Um die Wirkung von Schnittmaßnahmen und die Reaktion der Bäume besser zu verstehen, hilft ein bisschen Baum-Biologie. Auch Bäume haben Stoffwechselphasen – von der Winterruhe über starke Aktivität im Frühling bis zum Laubfall im Herbst.
Stoffwechselphasen von Bäumen
Winter (November bis Februar)
• Die biochemischen Prozesse ruhen.
Frühjahr (März bis April)
• Die im Vorjahr gebildeten Assimilate (energiereiche Stoffe, die bei der Fotosynthese entstehen) steigen von der Wurzel und aus dem Stamm in die Äste und Zweige auf (sog. Saftfluss).
Spätfrühling bis Hochsommer (Mai bis Juli)
• Das Dicken- und Längenwachstum erfolgt, die Fotosynthese und andere Stoffwechselprozesse laufen auf Hochtouren.
Spätsommer bis Laubfall (August bis Oktober)
• Die Überschüsse an neu gebildeten Assimilaten werden als Reservestoffe für das nächste Jahr im Gewebe eingelagert.
So treiben Bäume nicht nur im Frühling aus, sondern haben zwei Austriebsphasen. Die erste beginnt direkt nach der Blüte. Es werden neue Blätter gebildet, die Triebe wachsen in die Länge, und es entstehen neue Triebe. Auch die Wurzeln und das Holz wachsen jetzt kräftig.
Die zweite Austriebsphase, der sog. Johannistrieb (benannt nach „Johanni“ am 21. Juni), beginnt im Juni und zieht sich bis zum Spätsommer hin. Je nach Witterungsverlauf kann der Johannistrieb stärker oder schwächer ausfallen.
Wichtig zu wissen ist auch, dass bei Obstbäumen im Hochsommer bereits sämtliche Knospen für das kommende Jahr angelegt werden.
Winterschnitt und Sommerschnitt wirken sich so auf den Baum ganz unterschiedlich aus – weil der Baum sich je nach Jahreszeit in einer anderen Wachstumsphase befindet. Daraus folgt eine unterschiedliche Reaktion auf den an sich gleichen Eingriff: von starker Förderung bis zur Bremsung des Wachstums. Diese unterschiedlichen Reaktionen können Sie gezielt zur Beeinflussung des Wachstums Ihres Baumes nutzen.
Foto: HappyLenses/Adobe Stock
Reaktion auf Schnitt
Bäume reagieren ganz unterschiedlich auf Schnittmaßnahmen – ja nachdem, zu welchem Zeitpunkt der Schnitt erfolgt:
Winter (November bis Februar)
• Kräftiger Durchtrieb
• Die Reservestoffe sind in der Wurzel und im Stamm eingelagert (noch nicht aufgestiegen) und stehen dem Baum voll zur Verfügung
Frühjahr (März bis April)
• Wachstum wird stark gebremst
• Bereits aufgestiegene Reservestoffe werden weggeschnitten
Spätfrühjahr (April/Mai)
• Ein Rückschnitt zur Blütezeit schwächt das Wachstum am stärksten
Spätsommer (Ende Juli bis September)
• Sommerschnitt: bremst das Wachstum, Baum wird „ruhiger“
Was soll ich abschneiden?
Wenn Sie nun vor Ihrem Obstbaum stehen und die Schere oder Säge ansetzen, sollten Sie auf folgende Punkte achten:
Entfernen Sie als erstes den sog. Konkurrenztrieb, also den Trieb, der auf den Leittrieb folgt. Bleibt er stehen, überwächst er oft den Leittrieb, und der klare Aufbau des Baumes geht verloren.
Foto: M. Schuppich/Adobe Stock Schneiden Sie dann alle Äste ab, die zu dicht stehen, die sich überkreuzen oder die parallel verlaufen. Wenn Sie nur einen Teil des Astes entfernen, schauen Sie vorher nach passenden Seitenästen, auf die Sie ableiten können.
Grafik: Faltermayr (nach Vorlage Wachtmann) Entfernen Sie in jedem Sommer einen Teil der Wasserschosse, also die einjährigen Triebe, die auf der Oberseite von Ästen senkrecht nach oben wachsen. Um den Baum aber nicht zur erneuten Bildung vieler Wasserschosse zu verleiten, sollten Sie nur etwa die Hälfte auf einmal wegnehmen. Anstatt sie abzuschneiden, können Sie die Wasserschosse im Sommer auch durch ein beherztes Abreißen bis zum Ansatz entfernen.
Diese jungen Triebe sind kaum verholzt und hinterlassen somit nur kleine Wunden. Zudem werden durch das Ausreißen der Astring und somit die schlafenden Augen mit entfernt, sodass sich nicht so schnell wieder ein neuer Trieb bilden kann.
Schneiden Sie auch alle trockenen und toten Triebe aus der Krone heraus genauso wie von Pilzen befallene Partien.
Durch das Entspitzen, auch Pinzieren genannt, können Sie Ihren Obstbaum auf sanfte Art in Form bringen. Zudem lässt sich auf diese Weise auch ein Insektenbefall reduzieren, da sich Blattlaus und Co. meist an den saftigen Triebspitzen häufen.
Schließlich sollten Sie auch alle Stockausschläge, also Austriebe an der Stammbasis entfernen.
Vorteile und Knackpunkte
Ein großer Vorteil des Sommerschnitts ist die schnelle Wundheilung: Der im Wachstum befindliche Baum kann die Schnittwunden meist schnell und problemlos verschließen. So verhindert er das Eindringen von Krankheitserregern und Pilzsporen. Wundverschlussmittel sind hier nur bei sehr großen Wunden notwendig. Achten Sie beim Schneiden von Ästen aber auch darauf, keine Stummel stehen zu lassen, sondern die Äste sauber und glatt bis zum Astring zu entfernen.
Ein Problem bei allen Sommerschnitten an Obstgehölzen stellt jedoch das „grüne Dach“ dar: Bei voll belaubten Kronen ist es sehr schwierig, den Aufbau und die Struktur des Baumes überhaupt zu erkennen.
Umfassende Schnittmaßnahmen, die die Struktur des Baumes stark beeinflussen, sollten Sie daher im laublosen Zustand des Baumes im Winter durchführen. Der Sommerschnitt ist immer als ergänzende Maßnahme zum Winterschnitt zu sehen. So sollte auf einen starken Verjüngungsschnitt stets ein Sommerschnitt folgen, der das Wachstum des Baumes weiter reguliert. Idealerweise wurde der Winterschnitt fachmännisch durchgeführt und Sie nehmen nun den Sommerschnitt als leichten Auslichtungs- und Formschnitt zusätzlich vor.
Steinobst, Kernobst und Co.
Je nach Baumart wird der Sommerschnitt leicht unterschiedlich und mit anderen Schwerpunkten durchgeführt. Beim Steinobst wie Kirsche, Pfirsich und Pflaume können Sie als Faustregel vor der Ernte einen leichten Formschnitt durch Entspitzen und nach der Ernte einen stärkeren Rückschnitt vornehmen.
Foto: Kzenon/Adobe StockBei Sauerkirschen sollten Sie unbedingt durch einen Sommerschnitt das Wachstum des kommenden Fruchtholzes fördern, denn Sauerkirschen fruchten nur am einjährigen Holz. Hier ist ein jährlicher „Nachernteschnitt“ notwendig, um wieder neue Fruchttriebe zu fördern, sonst vergreist die Sauerkirsche sehr schnell und bekommt die Struktur einer Trauerweide.
Der Schnitt der Süßkirsche ist im abklingenden Sommer zu empfehlen, weil sie dann weniger zum sog. Gummifluss, dem Austritt einer klaren bis rötlichen, gelartigen Flüssigkeit, neigt. Auch bremsen Sie zu diesem Zeitpunkt das Wachstum des Baumes, wodurch Sie sich so mache Schnittmaßnahme im Winterhalbjahr ersparen. Achten Sie auch darauf, stets zurück auf austriebfähige Augen oder einen einjährigen Seitentrieb zu schneiden und nicht auf verkahlte Triebe, da hier kein Austrieb mehr erfolgen würde. Schließlich können Sie bei Süßkirschen auch den Befall mit der Schwarzen Kirschblattlaus durch das Entspitzen der jungen Triebe gut eindämmen.
Beim Pfirsich sollten Sie den Sommerschnitt gleichzeitig mit der Ernte durchführen. Pfirsiche müssen für die neue Fruchtbildung immer wieder zur Bildung neuer Triebe angeregt werden. Empfehlenswert ist hier ein Schnitt mit der Säge: Am besten entfernen Sie einzelne abgeerntete Äste komplett. Die belassenen Äste sollten Sie einkürzen, um das Risiko von Astbruch zu verringern.
Sehr empfehlenswert ist der Sommerschnitt auch bei Pflaumenbäumen, weil diese Obstart sehr wuchsfreudig ist. Zu diesem Zeitpunkt können Sie die Neutriebbildung sowie die Bildung von Wasserschossen deutlich bremsen.
Bei Kernobstgehölzen wie Apfel, Birne und Quitte sorgen Sie durch den Schnitt für mehr Luft und Licht im inneren Kronenbereich des Baumes. So wird auch die Ausfärbung der Früchte intensiver, was sich besonders bei Äpfeln bemerkbar macht. Beim Kernobst ist der Sommerschnitt vor allem als Auslichtungs- und Formschnitt zu sehen.
Am besten, Sie probieren den sanften Sommerschnitt einfach mal aus und beobachten die Reaktion Ihrer Bäume. Oder Sie besuchen einen Baumschnittkurs und fragen Ihren Fachberater.
Sven Wachtmann
Vorstandsmitglied für Fachberatung
des Landesverbandes Berlin der Gartenfreunde