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Torfersatzstoffe
Was taugen Holzfasern, Rindenhumus und Co.?
Foto: mauritius images/Juice Images Torffreie Erden werden immer beliebter. Auch in unseren Gärten wird immer öfter torffrei gegärtnert. Wir im „Lehr- und Erlebnisgarten FlorAtrium“ des Landesverbandes Bremen zeigen mit einem Schild an unserer Gartenpforte: „Hier gärtnern wir ohne Torf!“ Die Erdenhersteller stellen sich dem Trend und entwickeln seit über 20 Jahren Substrate auf Basis von sogenannten „Torfersatzstoffen“. Mittlerweile werden dutzende Stoffe als Torfersatz in Substraten verwendet und immer wieder neue erprobt – von Chinaschilf über Holzfasern und Grünkompost bis zu Reisspelzen und Hanfschäben – kaum ein Material ist vor den Substratherstellern sicher.
Ein Stoff aber, der die gleiche Qualität wie Torf hat, ist (noch) nicht in Sicht. Eine gute Blumenerde muss schließlich nicht nur die richtige Menge an Nährstoffen und Spurenelementen in einem ausgewogenen Verhältnis besitzen. Sie muss z.B. auch strukturstabil sein, um der Pflanze dauerhaft Halt und den Wurzeln Raum zu geben. Sie sollte die Luft- und Wasserversorgung der Wurzeln sicherstellen, einen optimalen pH-Wert besitzen, und der Salzgehalt darf auch nicht zu hoch sein. Natürlich sollte ein gutes Substrat auch frei von Unkrautsamen oder Krankheitserregern sein.
Diese Qualitätskriterien erfüllen die einzelnen Torfersatzstoffe aber nur teilweise (siehe auch Tabelle). So haben die Hersteller aus der Not eine Tugend gemacht und mischen meist nur 10–30 % eines Torfersatzstoffes in eine Blumenerde und kombinieren verschiedene Grundstoffe zu einem Substrat. Mittlerweile sind so viele torfreduzierte und auch torffreie Erden im Handel erhältlich, die für den Einsatz im Garten bestens geeignet sind. Allerdings sind bei den torffreien Erden die Qualitätsunterschiede deutlich größer. Denn meist schaffen es nur die großen, bekannten Hersteller mit aufwändigen Produktionsverfahren, hochwertige torffreie Erden zu produzieren.
Wer torffrei gärtnern möchte, der muss aber trotzdem oft anders düngen und gießen. Kübelpflanzen etwa müssen meist häufiger gegossen werden, manchmal brauchen sie aber auch weniger Wasser. Hilfreich ist es deshalb, einen Blick auf die Eigenschaften der wichtigsten Torfersatzstoffe zu werfen.
Das erlaubt aber nur begrenzt Rückschlüsse auf die Eigenschaften einer Blumenerde. Bei der Gesamtbewertung eines Substrates kommt es eben auch darauf an, welche Komponenten in welchem Verhältnis miteinander gemischt werden und wie das Substrat hergestellt wird. So schaffen es die meisten Hersteller, die negativen Eigenschaften eines Torfersatzstoffes durch die Kombination mit anderen Stoffen oder spezielle Herstellungsverfahren auszugleichen – so z.B. bei den Holzfasern.
Holzfasern – Luft für die Wurzeln
Holzfasern werden meist aus Sägeresten von unbehandelten Fichten- oder Kiefernhölzern hergestellt. Oft werden die Fasern auch eingefärbt. Sie gehören zu den am häufigsten eingesetzten Torfersatzstoffen. Ihr Anteil in den Substraten liegt meist bei 20–30 %. Dank ihrer vielen Grobporen besitzen sie vor allem eine sehr hohe Luft-Speicherkapazität, sodass viel Luft an die Wurzeln gelangen kann. Aufgrund ihrer lockeren Struktur haben Holzfasern ebenfalls eine gute Drainagewirkung. Da Wasser nicht in, sondern nur an den Fasern gespeichert werden kann, ist die Wasser-Speicherkapazität dagegen eher gering. Um das auszugleichen, werden die Holzfasern in Substraten von den Produzenten aber mit Stoffen wie Ton kombiniert.
Foto: Gebr. Brill Substrate
Ein Problem bei Holzfasern ist, dass Stickstoff durch die Verrottung der Fasern im Substrat gebunden wird („Stickstoff-Festlegung“). Die Hersteller wirken dem aber durch eine Aufdüngung entgegen. Je nach verwendetem Düngertyp, mineralisch oder organisch, kann es nötig sein, dass Sie die Erde etwas früher, nach drei bis vier Wochen, nachdüngen müssen. Das gilt besonders für organisch aufgedüngte Bio-Erden. Durch die Zersetzung der Fasern müssen Sie auch mit einem leichten Verlust an Volumen rechnen. Achten Sie deswegen darauf, ein Substrat mit Holzfasern beim Pflanzen fest anzudrücken.
Grünkompost – wertvoller Nährstofflieferant
Grünkompost ist anfangs sehr strukturstabil, fällt aber nach einiger Zeit zusammen. Er liefert den Pflanzen die meisten wichtigen Nährstoffe und Spurenelemente. Der Nährstoff- und auch der Salzgehalt können aber schwanken. Der Stickstoffgehalt ist eher gering, sodass die Hersteller Substrat mit Grünkompostanteilen aufdüngen müssen. Eher negativ ist die geringe Fähigkeit von Grünkompost zu bewerten, Wasser aufzunehmen.
Foto: Gebr. Brill Substrate
Kokosfasern – guter Speicher, lange Transportwege
Kokosfasern stammen aus der äußeren Hülle der Kokosnuss. Die Fasern haben über einen längeren Zeitraum eine stabile Struktur, die für eine gute Durchlüftung der Wurzeln sorgt. Kokosfasern haben außerdem gute Drainageeigenschaften. Ein weiterer Vorteil ist das geringe Transportgewicht und das kleine Volumen. Ein Nachteil: Das Ausgangsprodukt stammt nicht von hier, es hat seinen Ursprung in Afrika und Asien. Der Transport verbraucht entsprechend viel Energie, obwohl grundsätzlich alle Torfersatzstoffe eine bessere CO2-Bilanz als Torf haben.
Foto: Heinrich Beltz/LWK Nds.
Kokosfasern werden auch als einzelner Stoff verkauft: Vor Jahren entdeckte ich sie als gepresste Briketts in einem Laden für fair gehandelte Produkte. Von der Anwendbarkeit bin ich als Gärtner begeistert, ein 500 g schweres Kokosbrikett ergibt ca. 9 l gebrauchsfertiges Substrat. Der Kokosblock wird in 6 l Wasser zum Quellen gebracht, innerhalb einer halben Stunde quillt er auf das Sieben- bis Achtfache seines Volumens auf und erhält eine torfähnliche Konsistenz. Anschließend wird er zerbröselt zu einem lockeren Substrat, welches frei von Unkrautsamen ist.
Foto: Gebr. Brill Substrate
Immer mehr Hersteller verwenden auch Cocopeat (Kokosfaserstaub), das sich aus den feinen Bestandteilen zwischen den Fasern und zum Teil aus kleinen Faseranteilen zusammensetzt. Es speichert Nährstoffe und Wasser wesentlich besser als die Kokosfasern. Gerade bei Topfkulturen auf Terrasse und Balkon ist das interessant, da Sie so seltener gießen müssen.
Foto: Gebr. Brill Substrate
Mineralische Komponenten – Xylit und Co.
Xylit fällt als Nebenprodukt im Braunkohleabbau an. Wie andere mineralische Komponenten (z.B. Perlite oder Blähton) ist es ein klassischer Zuschlagstoff in Substraten. Xylit wird oft mit Kompost, Rindenhumus und Holzfasern kombiniert, um etwa die pH-Werte auf ein optimales Niveau einzustellen.
Foto: spline_x/Fotolia
Im Gegensatz zu den Ersatzstoffen auf Holzbasis verursacht Xylit keine Stickstoff-Festlegung. Xylit hat eine gute Luft- aber eine geringe Wasser-Speicherkapazität. Es überzeugt durch eine gute Strukturstabilität und ist in seinen Eigenschaften denen von Torf vergleichbar.
Rindenhumus – hoher Kaliumgehalt
Foto: Flora Press/BIOSPHOTO/ Serge Lapouge Rindenhumus ist nicht zu verwechseln mit Rindenmulch. Die Rinde hat eine kleinere Körnung (bis 20 mm), ist also feiner zerkleinert. Der strukturstabile Rindenhumus entsteht bei der Fermentierung von Rindenstücken. Seine Wasser-Speicherkapazität ist geringer als die von Torf, sodass Sie unter Umständen öfter gießen müssen. Die Luft-Speicherkapazität ist dagegen höher. Stickstoff wird bei optimaler Fermentierung kaum festgelegt. Wenn Sie Substrate, die Rindenhumusanteile enthalten, düngen, sollten Sie beachten, dass der Kaliumgehalt relativ hoch sein kann. Auch Phosphat und einige Spurenelemente können in größeren Anteilen im Rindenhumus enthalten sein.
Mit Bedacht düngen und gießen
Grundsätzlich brauchen Sie eine größere Aufmerksamkeit, um einen torffreien Garten zu bewirtschaften. Düngeempfehlungen sind nicht immer auf das Gärtnern mit torffreiem Substrat abgestimmt. Gerade wenn es als Anzuchterde eingesetzt wird, ist eine regelmäßige Kontrolle der Feuchtigkeit per Fingerprobe unerlässlich.
Kokosfasern oder Rindenhumus können mitunter aber dazu neigen, an der Oberfläche rasch auszutrocknen, sodass der Eindruck entsteht, dass die Pflanze Wasser benötigt, obwohl der Ballen noch feucht ist. Durch unser bewusstes Verhalten im eigenen Garten ist es aber machbar, auf die wertvolle Ressource Torf zu verzichten. Wenn wir achtsam das Wachsen unserer Pflanzen begleiten, sollten alle Nutzer des Gartens viel Freude haben.
Laub als Torfersatz
Unsere tägliche Gartenpraxis bestätigt, Gärtnern ohne Torf ist möglich – auch dort, wo Torf nicht in einer Blumenerde, sondern als Einzelstoff verwendet wird. Beispielhaft dafür ist unsere Sammlung der unterschiedlichen Sorten von Blaubeeren im FlorAtrium. Gepflanzt wurden sie vor vier Jahren an einem sandigen Standort, seit zwei Jahren ernten wir ausreichende Mengen. Selbstverständlich wäre es gewesen, gleich bei der Pflanzung Großballen von Torf als Substrat einzubringen. Wir dagegen bedeckten im Herbst die Pflanzfläche mit Blättern von Eiche und Buche. Schon im Folgejahr hatten Regenwurm und Co. ganze Arbeit geleistet, sodass wir uns für eine Sommerabdeckung mit selbst produziertem Baumhäcksel entschieden. Diese natürlichen Stoffe aus Blättern und Holzfasern, regelmäßig ausgebracht, sorgen für den notwendigen sauren pH-Wert des Kulturstandortes.
Foto: Smileus/Fotolia
Hartmut Clemen
Landesfachberater des Landesverbandes
der Gartenfreunde Bremen
Einen kurzen Beitrag über die Eignung von „Torfmoos als Torfersatz“ finden Sie hier.
Einen Artikel über „Spezialsubstrate: Was steckt drin, und was macht Sinn?“ finden Sie hier.