- Gartenpflege
Was sind Knöllchenbakterien?
Foto: Flora Press/Visions/Modeste Herwig Sie stehen im Garten und wundern sich: Die im Vorjahr gepflanzten Rosen und der Rhabarber sind klein und kümmerlich, während der Besenginster und die Dicken Bohnen direkt daneben prachtvoll gedeihen. Des Rätsels Lösung könnten kleine „Düngerfabriken“ mit Bakterien unter der Erdoberfläche sein.
Knöllchenbakterien (Bakterien aus der Familie der Rhizobiaceae), auch Rhizobien genannt, sind in der Lage, den Dünger sozusagen aus der Luft zu holen. Sie gehen mit Schmetterlingsblütlern (Fabaceae), auch Leguminosen oder Hülsenfrüchtler genannt, eine Lebensgemeinschaft ein, binden den Stickstoff aus der Luft und stellen ihn den Pflanzen zur Verfügung. Ginster und Bohnen gehören wie viele weitere klassische Gartenpflanzen zu den Schmetterlingsblütlern und kommen so in den Genuss einer Extraportion Stickstoff.
Der Weg in die Wurzel
Zuerst müssen Pflanze und Knöllchenbakterien zueinanderfinden. Normalerweise sind die Bakterien im Boden vorhanden. Die Wurzeln von Hülsenfrüchtlern scheiden bestimmte Eiweißstoffe aus, um auf sich aufmerksam zu machen. Die angelockten Bakterien dringen in die Schleimhülle der Wurzelhaare der Keimwurzeln ein.
Nun prüfen die Pflanzenzellen der Wurzelhaare, ob es sich um willkommene Bakterien handelt, die ins Wurzelhaar eindringen dürfen. Ist das der Fall, wandern die Knöllchenbakterien ein und infizieren die Zellen der Wurzelrinde. Diese teilen sich und werden größer. Dadurch entwickeln sich knötchenartige Wurzelverdickungen, die „Wurzelknöllchen“, in denen sich die stickstoffbindenden Bakterien befinden.
Foto: Rai Kitakam/Adobe Stock
Solange es sich um schlanke, stäbchenförmige Bakterien handelt, vermehren sie sich. Später entstehen daraus verdickte, unförmige und verzweigte Zellen, sogenannte Bakteroide, die sich nicht mehr weitervermehren, aber weiterhin Luftstickstoff binden.
Sammeln und teilen
Stickstoff stellt den wichtigsten Nährstoff für Pflanzen dar, er liegt allerdings im Boden oft nur in begrenzter Menge vor. Unsere Atmosphäre enthält zwar zu 78 % Stickstoff, dieser Luftstickstoff ist aber nicht für die Pflanzen nutzbar. Wurzeln nehmen Stickstoff nur in Form von Ammonium oder Nitrat aus dem Boden auf. Allein Bakterien sind in der Lage, den reichlich vorhandenen Luftstickstoff zu binden und chemisch so umzuwandeln, dass er von den Pflanzen genutzt werden kann.
Die in den Knöllchen sitzenden Bakterien nehmen also den Stickstoff aus der Luft auf und bauen ihn zu Ammonium um, das wiederum den Pflanzen zur Verfügung steht. Im Gegenzug versorgen die Schmetterlingsblütler die Knöllchenbakterien mit Zuckern, die bei der Fotosynthese aufgebaut werden. So profitieren beide Partner von der Lebensgemeinschaft (Symbiose).
Die Extraportion Stickstoff sorgt dafür, dass Leguminosen insbesondere auf nährstoffarmen Standorten einen eindeutigen Wachstumsvorsprung haben. In der Natur bedeutet dies, dass sie als Pionierpflanzen auch an sehr kargen Standorten gedeihen. Beispiele dafür sind Ginster (Genista-Arten), Besenginster (Cytisus-Arten) und Stechginster (Ulex europaeus) oder Robinien (Robinia pseudoacacia).
Schichtwechsel im Gemüsebeet
Im Garten können Sie Schmetterlingsblütler gezielt einsetzen, um die Nährstoffverfügbarkeit im Boden zu verbessern. Ihre Stellung innerhalb des Fruchtwechsels im Gemüsegarten ergibt sich dadurch von selbst: Bohnen, Erbsen und Co. sät man erst, wenn der Stickstoffvorrat im Boden ziemlich erschöpft ist.
Fotos: Pahler; Nigel Cattlin/Alamy (Kreis)
Schließlich hängt die Bildung der Wurzelknöllchen mit dem verfügbaren Stickstoff im Boden zusammen: In gut versorgter Erde verweigert die Pflanze den Knöllchenbakterien eher den Zugang in die Zellen der Wurzelhaare, es kommt wesentlich seltener zur Ausbildung von Knöllchen.
Mineralische Stickstoffdüngung unterdrückt sogar die Bildung der Knöllchen. Unter nährstoffärmeren Bedingungen lässt sich die Pflanze dagegen viel bereitwilliger auf die Bildung der Symbiose ein.
Schmetterlingsblütler hinterlassen einen mit Stickstoff angereicherten Boden, der sich somit hervorragend für den Anbau von nährstoffzehrenden Kulturen wie Kopfkohl, Knollensellerie, Tomate oder Kürbis eignet. Diesen starkzehrenden Gemüsearten folgen im nächsten Jahr mittelstarkzehrende Kulturen wie Brokkoli, Kohlrabi, Mangold, Möhren und Rote Bete. Im dritten Anbaujahr kommen schwachzehrende Kulturen aufs Beet wie Spinat, Zwiebeln oder eben Schmetterlingsblütler wie Erbsen, Bohnen oder Sojabohnen.
Eine gute Kulturplanung kann zu sehr produktiven Beeten führen: So können Sie z.B. Dicke Bohnen bereits im Februar säen, die Hülsen sind dann Mitte Mai reif für die Ernte. Nach gründlicher Bodenlockerung können Sie gleich danach auf demselben Beet Tomaten pflanzen.
Foto: Flora Press/Frédéric Tournay
Praktische Gründüngung
Ganz gezielt können Sie die stickstoffbindende Eigenschaft der Schmetterlingsblütler durch den Einsatz von Gründüngungspflanzen nutzen. So können Sie auf ein abgeerntetes Beet im Herbst z.B. winterharte Arten wie die Zottige Wicke säen und auf diese Weise Stickstoff in den Boden einbringen. Mit dieser auch in der biologischen Landwirtschaft häufig verwendeten Methode schaffen Sie optimale Wachstumsbedingungen für die Kulturen im nächsten Jahr.
Eine Einsaat von niedrigen Schmetterlingsblütlern unter Obstbäumen oder Beerensträuchern führt dem Boden Stickstoff zu und hält ihn bedeckt, was die Verdunstung von Wasser aus der Erde verlangsamt. Erd-Klee, Weiß-Klee oder Rot-Klee eignen sich hervorragend als Untersaat. Deutlich höher wächst der ungemein dekorative Inkarnat-Klee: Die zahlreichen leuchtend roten Blüten stehen in langgestreckten Kerzen. Während sie nach und nach aufblühen, stellen sie eine wertvolle Nahrungsquelle für Insekten dar.
Foto: Flora Press/GWI Von Frühjahr bis Spätsommer können Sie mit dem Ziel der Bodenverbesserung die verschiedensten Schmetterlingsblütler säen: Futter-Esparsette, Luzerne, Saat-Platterbse, Serradella oder Futterwicke.
Eine Einsaat von Leguminosen auf nicht genutzten sandigen Flächen bringt nicht nur Stickstoff in den Boden ein, sondern reichert das mineralische Substrat auch mit organischer Substanz an. Diese trägt dazu bei, dass der Boden Nährstoffe und Wasser besser speichert.
Schneiden Sie die Gründüngung immer kurz über dem Boden ab und reißen Sie sie nicht aus. So verbleiben die Wurzeln mitsamt ihren Wurzelknöllchen und dem angesparten Stickstoffvorrat im Boden. Während der Vegetationsperiode geschieht das Abschneiden unmittelbar, bevor Sie die Fläche für weitere Kulturen herrichten. Stand die Gründüngung den Winter über auf dem Beet, warten Sie mit dem Schnitt bis Frühjahrsbeginn, damit der angesammelte Stickstoff dem Pflanzenwachstum zur Verfügung steht und nicht ausgewaschen wird. Zusätzlich können Sie auch die oberirdischen Teile der Gründüngungspflanzen in den Boden einarbeiten und damit für organische Substanz sorgen.
Foto: Flora Press/JS Sira
Genügsame Zierpflanzen
Zu den traditionellen Blumen im Bauerngarten gehört nicht umsonst die Duftwicke. Die großen, farbintensiven und duftenden Schmetterlingsblüten locken nicht nur Bestäuber und nützliche Insekten in den Garten. Das einjährige Gewächs rankt an Stäben, Schnüren oder am Zaun. Es schmückt und bringt zusätzlichen Stickstoff in Blumen- und Gemüsebeete ein.
Schmetterlingsblütler können Sie auch bewusst an nährstoffarmen Stellen im Garten als Zierpflanzen einsetzen. Der Gewöhnliche Goldregen entwickelt sich selbst an weniger günstigen Standorten und punktet im Mai mit langen Trauben goldgelber Blüten.
Unter den Schmetterlingsblütlern finden sich etliche Kleinsträucher, die karge Böschungen, trockene Wegränder oder schwierige Stellen vor Gehölzen besiedeln. Der Besenginster bietet zahlreiche Auslesen, die gelb, cremeweiß, rosa, rot oder auch zweifarbig blühen. Gewöhnlich wird der vieltriebige Strauch gut 1 m hoch. Vom gelb blühenden Ginster gibt es auch kleine Sträucher oder kissenartig ausgebreitete Polster wie etwa den zierlichen Lydischen Ginster oder den Kriech-Ginster.
Foto mauritius images/Dragoncello/Alamy
An Mauerkronen oder Böschungen kommt der Buschklee schön zur Geltung, weil die biegsamen Triebe von etwa 1,5 m Länge sich dort malerisch überneigen. Dieser Strauch überrascht mit einer späten Blüte im Oktober. Die karminroten bis violetten Blüten erhalten zu dieser Jahreszeit regen Insektenbesuch.
Einen ungewöhnlichen Fruchtschmuck bietet der Blasenstrauch: Den gelben Blüten im Frühsommer folgen rötlich hellbraune, blasig angeschwollene Balgfrüchte, die zwischen dem fein gefiederten Laub hängen. Der Strauch wird 2 bis 2,5 m hoch und ebenso breit.
Gefiederte Blätter besitzt auch der Indigostrauch. Er wächst locker, wird etwa 1,5 m hoch und trägt über Wochen hinweg seine leuchtend pinkfarbenen Blüten.
Alle genannten Schmetterlingsblütler wollen sonnig stehen. Dank der Knöllchenbakterien an ihren Wurzeln brauchen sie keine Stickstoffdüngung.
Agnes Pahler
Schmetterlingsblütler für den Garten
Gemüse: |
Gründüngung: |
Zierpflanzen: |
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• Kichererbse (Cicer arietinum) |
• Saat-Platterbse (Lathyrus sativus) |
• Indigo-Lupine (Baptisia australis) |
• Sojabohne (Glycine max) |
• Luzerne (Medicago sativa) |
• Blasenstrauch (Colutea arborescens) |
• Buschbohne (Phaseolus vulgaris var. nanus) |
• Futter-Esparsette (Onobrychis viciifolia) |
• Kriech-Ginster (Cytisus decumbens) |
• Stangenbohne (Phaseolus vulgaris var. vulgaris) |
• Serradella (Ornithopus sativus) |
• Besenginster (Cytisus scoparius) |
• Markerbse (Pisum sativum subsp. sativum) |
• Inkarnat-Klee (Trifolium incarnatum) |
• Lydischer Ginster (Genista lydia) |
• Schalerbse (Pisum sativum subsp. sativum) |
• Rot-Klee (Trifolium pratense) |
• Flügel-Ginster (Genista sagittalis) |
• Zuckererbse (Pisum sativum subsp. sativum) |
• Weiß-Klee (Trifolium repens) |
• Färber-Ginster (Genista tinctoria) |
• Dicke Bohne (Vicia faba) |
• Persischer Klee (Trifolium resupinatum) |
• Indigostrauch (Indigofera heterantha) |
• Spaghettibohne (Vigna unguiculata) |
• Erd-Klee (Trifolium subterraneum) |
• Gewöhnlicher Goldregen (Laburnum anagyroides) |
• Futterwicke (Vicia sativa) |
• Staudenwicke (Lathyrus latifolius) |
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• Zottige Wicke (Vicia villosa) |
• Duftwicke (Lathyrus odoratus) |
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• Frühlingsplatterbse (Lathyrus vernus) |
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• Buschklee (Lespedeza thunbergii) |