- Kleingartenwesen
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Von Blumenwiesen, Trockenmauern und Nisthilfen
Auf ökologische Projekte in Kleingartenanlagen aufmerksam machen
In den vergangenen Jahren ist das ökologische Bewusstsein von Gartenpächtern und den Verantwortlichen in den Vereinen und Verbänden erheblich gestiegen. Es entstanden viele Ökoprojekte auf den Parzellen und auf den Gemeinschaftsflächen in den Kleingartenanlagen.
Ziel war es, Verantwortung für die Natur zu übernehmen und die Zukunft nachfolgender Generationen zu sichern. Für viele waren diese Aktivitäten selbstverständlich, manche dieser Projekte trugen noch nicht einmal die Überschrift Natur- und Umweltschutz.
Da sich in unserer Gesellschaft die „Grüne Bewegung“ etabliert und Umweltschutz einen hohen Stellenwert bekommen hat, sollten wir Kleingärtner unsere Leistungen auf diesem Gebiet noch weiter hervorheben. Machen wir einen Rundgang durch eine Kleingartenanlage und schauen wir uns bewusst nach Projekten zum Umwelt- und Naturschutz um.
Grüne Wände
Direkt neben dem Eingang sehen wir das Vereinsheim: ein schmuckes Gebäude mit einer begrünten Fassade. Die Vorderseite ist mit Wildem Wein bepflanzt. Auf der Rückseite wächst Efeu.
Die Kletterpflanzen, die in die Höhe wachsen, bilden einen Lebensraum für Vögel und Insekten. Zwischen ihren Blättern finden Kohlmeisen und Amseln Nistplätze und Nahrung. Schmetterlinge legen ihre Eier auf den Pflanzen ab. Raupen leben von den saftigen Blättern und können sich in Ruhe verpuppen.
Dabei sorgen Vögel und Marienkäfer dafür, dass Blattläuse und andere Insekten nicht zu zahlreich werden. Mit der Zeit entsteht ein natürliches biologisches Gleichgewicht. Leider fehlen hier Infotafeln, die die Ökoprojekte beschreiben und damit die Besucher schon beim Betreten der Anlage über das Natur- und Umweltschutzbewusstsein der Vereinsmitglieder aufklären.
Bunte Blumenwiese
Foto: Bolder Neben dem Vereinsheim sehen wir einen kurz geschorenen Rasen und eine bunte Blumenwiese. Bewusst haben die Mitglieder des Vereins nicht nur den klassischen Scherrasen angelegt. Denn auf der Wiese wachsen heimische Kräuter und Gräser. Insekten, Hummeln, Schmetterlinge, Wildbienen und Bienen finden hier einen vorzüglichen Lebensraum.
Schon an der Gestaltung erkennt man: Diese Blumenwiese soll nicht betreten werden, außer beim Mähen. Sie ist jetzt zehn Jahre alt, viele heimische Pflanzen haben sich angesiedelt. Die Wiese wird nur noch zweimal pro Jahr gemäht. Um den blütenlosen Zustand in den ersten Jahren abzumildern, hatten die Kleingärtner Blausternchen, Krokusse, Milchstern, kleine Narzissen, Schneeglöckchen usw. gepflanzt.
Alter Baumstumpf
In der hinteren linken Ecke der Wiese sehen wir einen mit Efeu überwucherten Hügel. Beim näheren Hinschauen entdecken wir unter der Efeuschicht die Reste eines Baumstumpfes. Beim Vermoderungsprozess haben sich viele kleine Öffnungen in dem Holz gebildet. Ein idealer Lebensraum für Insekten und Kleinlebewesen. Ein weiterer Vorteil dieses Ökoprojektes: Der Baumstumpf musste nicht mühevoll entsorgt werden.
Totholz- und Reisighaufen
Foto: Bolder Ebenfalls im hinteren Bereich der Wiese befindet sich ein Haufen aus Zweigresten, die bei einer Baumschnittaktion im Rahmen eines Fachberaterseminars angefallen sind: ein Totholzhaufen. Er bietet vielen Tieren wie Amphibien, Kleinsäugern und Vögeln Schutz. Totholz wird über Jahre hinweg von Bakterien, Käfern und Baumpilzen zersetzt, dabei werden Nährstoffe frei und dem Boden wieder zugeführt.
In der Nähe des Kompostplatzes entdecken wir einen Reisighaufen. Geschickt angelegt bietet er Brut- und Versteckplätze für Erdkröten, Igel, Laufkäfer, Mauswiesel, Singvögel, Spinnen und Zauneidechsen.
Steinhaufen und Holzstapel
Direkt daneben sehen wir einen Steinhaufen. Steine heizen sich in der Sonne stark auf und geben die Wärme nachts langsam wieder ab. Hierdurch ergibt sich ein günstiger Lebensraum für Eidechsen: Sie sonnen sich gern auf den Steinen und nutzen den Steinhaufen auch als frostfreies Winterquartier. In den Hohlräumen des Steinhaufens finden Kröten, Molche und Frösche im Sommer kühlfeuchte Bedingungen und im Winter ebenfalls einen frostfreien Ruheplatz.
Die Oberflächen der Steine werden auch von Wildbienen, Schmetterlingen und Spinnen als Aufwärm- und Lauerplatz aufgesucht. Der Steinhaufen bietet zudem eine sichere Kinderstube für die Spitzmausfamilie, der die Nachbarschaft von Spinnen und Käfern als Nahrungsquelle willkommen ist. Um die Tiere gut beobachten zu können, wurden einige Platten aus Naturstein um den Steinhaufen gelegt.
An der linken Seite der Wiese sehen wir einen Holzstapel. Hier sind Baumstämme, so wie wir es aus dem Wald kennen, aufgestapelt. Ihr zerfallendes Holz bietet ebenfalls vielen Kleininsekten einen Lebensraum.
Nisthilfen für Nützlinge
Foto: Bolder Natürlich steht auf dieser Fläche auch ein „Insektenhotel“ (Nisthilfe für Insekten). Für viele Gartenfreundinnen und Gartenfreunde ist es wegen der Möglichkeit, es schön zu gestalten, das Vorzeigeobjekt für ihre Aktivitäten im Natur- und Umweltschutz.
Auf unserem Rundgang durch die Gartenanlage halten wir bewusst Ausschau nach Projekten auf den Parzellen. Wir sehen die verschiedensten Ansiedlungshilfen für Kleininsekten: z.B. einen Ohrwurmtopf, einen Holzklotz mit nebeneinanderliegenden Bohrlöchern und einen Florfliegenkasten.
Weidenzaun
Auf der anderen Seite des Weges hat der Parzellenpächter an seiner Terrasse einen Sichtschutz aus Weidenstecklingen geschaffen. Eine lobenswerte Alternative zum Flechtzaun aus dem Baumarkt.
Die Weidenstecklinge hat er zu einem Bogen geformt und beide Enden in den Boden gesteckt. Mit Beginn der Vegetationszeit schlagen die Stecklinge aus, begrünen sich dicht und können im Herbst wieder beschnitten werden. Wer kann, nutzt das anfallende Schnittgut zum Flechten von Weidenkörben oder für neue Weidenzäune.
Trockenmauer
Die Grenze zur Nachbarparzelle bildet eine 40 cm hohe Trockenmauer aus alten Ziegelsteinen. Diese wurden nur aufgeschichtet und nicht mit Mörtel verbunden. Die Mauer ist Lebensraum für Trockenpflanzen wie Fetthenne, Mauerpfeffer und Steinbrech sowie für Eidechsen, Goldwespen und Mauerbienen.
Gartenteiche
Auf dem weiteren Rundgang sehen wir etliche Teiche. Die meisten sind aus Folie gebaut und werden vom Pächter voller Stolz mit Goldfischen oder Goldorfen besetzt. Umweltschützer würden darin lieber heimische Fische sehen oder empfehlen, ganz auf Fische zu verzichten, da sie Nahrungskonkurrenten für die Amphibien sind und Laich und Larven der Lurche fressen. Aber auch mit Fischen sind die Teiche Lebensraum für viele Insekten und Kröten. Gleichzeitig dienen sie als Tränke für Vögel, Bienen und Wildbienen.
Ein anderer Pächter hat seinen Gartenteich zu einem Sumpfbeet umgestaltet: Lebensraum für selten gewordene Pflanzen wie Baldrian, Dreimasterblume, Fieberklee, Goldähre, Goldfelberich, Kreuzkraut und Pfeilkraut.
Und vieles mehr …
Auf der Grenze zur Nachbarparzelle steht ein Flechtdrahtzaun. Er ist mit Efeu überwachsen und nicht mehr zu erkennen. Eine schöne, natürliche Abgrenzung, die gleichzeitig auch Lebensraum für Vögel und Kleinlebewesen ist.
Bei unserem weiteren Gang durch die Anlage sehen wir noch viele Staudenbeete, die durch ihre vielfältige Bepflanzung ein Biotop für selten gewordene Lebewesen sind. Wir kommen an einem Bienenhaus mit einem begrünten Dach vorbei, sehen noch etliche Vogelkästen und kehren schließlich mit der Erkenntnis zurück: Kleingärtner sind Umwelt- und Naturschützer, auch wenn sie es nicht immer allen sagen.
Besser wäre es allerdings, damit aktiv in die Öffentlichkeit zu gehen. Wir tun Gutes und sollten auch darüber reden.
Werner Bolder,
ehemaliger Vorsitzender des Landesverbandes
Westfalen und Lippe der Kleingärtner