- Kleingartenwesen
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Brauchen wir Kleingärtner Gartenschauen?
Foto: Spieß Eine Antwort auf die Frage erhalten wir, wenn wir einen Blick auf die Ziele von Gartenschauen, insbesondere von Landesgartenschauen, werfen. Die „grünen Ausstellungen“ haben verschiedene Intentionen: Sie sollen u.a. Impulse für die Entwicklungen im gesamten Grünbereich geben. Sie sollen Grünflächen in das Freiraumsystem der Städte einfügen, neue Freiflächen schaffen oder in der Vergangenheit genutzte Flächen einem neuen Zweck zuführen, der den heutigen Anforderungen gerecht wird.
Auch geht es darum, die Lebensqualität der Menschen zu steigern und das soziale Umfeld zu verbessern. Zugleich sollen Möglichkeiten der Umweltbildung geschaffen und das Umweltbewusstsein gestärkt werden. Dafür steht die gesamte Bandbreite der gesellschaftlichen und städtebaulichen Möglichkeiten zur Verfügung.
Betrachten wir nun die Möglichkeiten, eine Gartenschau zu gestalten und umzusetzen, so kommt man schnell dahin, alle Standortfaktoren zu überdenken. Die Kommunen handeln in diesem Punkt zielorientiert. Ziel ist es, mit dieser Schau solche Standortfaktoren zu stärken, die u.a. auch die Ansiedlung von Gewerbe, Industrie- oder Dienstleistungsbetrieben fördern. Ziel kann aber auch sein, die Faktoren „Grün“ und „Freizeit“ zu stärken. Diese Intention ist jedoch nur dann von Erfolgt gekrönt, wenn man sich der Unterstützung breiter Bevölkerungsschichten sicher sein kann.
Kleingärtner in NRW immer mit dabei
Foto: Pleiner In Nordrhein-Westfalen werden seit mehr als 20 Jahren erfolgreich Landesgartenschauen durchgeführt. Traditionell wird die Kleingärtnerorganisation schon im frühesten Stadium in die Überlegungen, Planungen und Umsetzungen eingebunden.
Das Engagement wurde bisher immer sehr flexibel im Rahmen der jeweiligen Grundkonzeption gehandhabt. Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Einbindung:
- Der Bau einer neuen Kleingartenanlage wird im Konzept der Landesgartenschau verwirklicht.
- Eine bestehende Anlage kann in das Ausstellungskonzept integriert werden.
- Einzelne Mustergärten entstehen.
- Vorhandene Einrichtungen werden für Informationsveranstaltungen genutzt.
Hierzu zwei Beispiele:
Paderborn: neue Kleingartenanlage für die Stadt
Im Zuge der Landesgartenschau Paderborn 1994 wurde die Dauerkleingartenanlage „Im Quinhagen“ erstellt. Die Gestaltung wurde vom Gartenamt der Stadt Paderborn in Zusammenarbeit mit dem Bezirksverband Paderborn und dem Landesverband Westfalen und Lippe der Kleingärtner konzipiert.
So konnten neben den Planungszielen der Kommunen auch die Erfahrungen der Gartenfreunde genutzt und ihre Wünsche und Anregungen berücksichtigt werden. Ziel war es, eine neue Anlage auf der Basis des neuesten – aber genau auf den Standort ausgerichteten – Wissensstandes zu bauen.
Eine solche Vorgehensweise hat für alle Beteiligten Vorteile. Die Gartenfreunde erhalten eine neue Anlage und können sich weiter in der Kommune etablieren. Oft können zudem durch die Eingliederung in das Gesamtfinanzierungssystem der Gartenschau die Kosten auf mehrere Schultern verteilt werden. Und die Kommunen erhalten eine gut funktionierende Grünanlage, die in der Regel geringe Folgekosten nach sich zieht und als „weicher“ Standortfaktor das Gesamtbild der Stadt verbessert.
Letztendlich profitiert auch die Gartenschau davon, wenn die Ausstellungsthemen den gesamten Themenkomplex „Garten“ abdecken. Die einzelnen Gärten können unterschiedliche Themenbereiche aufgreifen, auf relativ engem Raum viele Einzelaspekte herausarbeiten und das Interesse der Besucher wecken.
Oelde: bestehende Kleingartenanlage integriert
Beispiel Nr. 2: Die Landesgartenschau in Oelde 2001 bot die Möglichkeit, eine bestehende Anlage in das Gesamtkonzept der Gartenschau zu integrieren. Auch hier wurden schon im Planungsstadium der Gartenschau der Landes- und der Bezirksverband der Kleingärtner eingebunden. Ein Garten der Anlage sowie das neue, im Zuge der Gartenschau errichtete Vereinsheim dienten als Anlauf- und Informationsstelle für die Besucher der Gartenschau.
Der „Fall Oelde“ zeigt: Der Nutzen für die Gartenfreunde entsteht oft durch Maßnahmen, die die Anlage aufwerten, z.B. die Errichtung eines Gemeinschaftshauses, das während der Gartenschau als Informationszentrum genutzt wird. Auch kann mit einer solchen Einbindung die Gesamtgestaltung der Anlage einschließlich des Rahmengrüns verbessert werden. Der Nutzen für die Gartenschau entspricht dem einer Neuanlage.
Themen- und Mustergärten als Möglichkeit der Beteiligung
Foto: Pleiner Bei einem Flächenstandort wie NRW ist gerade in ländlichen Regionen die Errichtung einer Kleingartenanlage manchmal nicht erforderlich. Um jedoch auch hier als Organisation präsent zu sein, können die Kleingärtner zwei Möglichkeiten nutzen, die im Folgenden aufgezeigt werden.
So können die Kleingärtner z.B. in die Themenfindung von Muster- oder Themengärten, die Teil der Gartenschau sind, eingebunden werden. Besonders wichtig hierbei ist, dass hierbei kleingärtnerische Schwerpunkte berücksichtigen werden, z.B. die kleingärtnerische Nutzung oder ökologische Maßnahmen, um das vorhandene Wissen der Gartenfreunde darstellen zu können. So können die Gartenfreunde ihre Fachkompetenz beweisen, und ihr Engagement wird nachhaltig einer breiten Öffentlichkeit näher gebracht.
Am 25. April 2008 hat die Landesgartenschau Rietberg ihre Tore geöffnet. Erkennbarer Bedarf an Kleingärten in diesem ländlich geprägten Raum Ostwestfalens war nicht vorhanden. Dennoch bot sich eine Möglichkeit an, an dieser Gartenschau mitzuwirken: Es entstand ein kunterbunter Erlebnisgarten, der viele Seiten des „Gärtnerns“ zeigt.
Frühzeitig wurde der Bezirksverband Bielefeld und Kreis Gütersloh in die Planung eingebunden. Es bot sich eine Zusammenarbeit mit dem örtlichen Gartenbauverein an. Das Ergebnis: Beide Organisationen werden gemeinsam im Wechsel den Garten während der Gartenschau betreuen und den interessierten Besuchern Rede und Antwort stehen.
Beteiligung mit Innen- und Außenwirkung
Die oben aufgeführten Beispiele zeigen, dass es in fast allen Fällen die Möglichkeit gibt, sich als Kleingärtnerorganisation an einer Gartenschau zu beteiligen. Wir Gartenfreunde profitieren in vielfacher Weise davon:
Es wird damit nicht nur unser „Wir-Gefühl“ gestärkt, sondern wir haben auch die Möglichkeit, einer breiten Bevölkerungsschicht den praktischen Anbau von Obst und Gemüse in Verbindung mit einer Vielfalt an Zierpflanzen zu zeigen – und zu zeigen, wie viel Freude unser Hobby bereitet!
Zudem können wir darüber informieren, wie unser Vereinsalltag aussieht und mit diesem „Blick hinter die Kulissen“ Vorurteile abbauen und Interessierten Berührungsängste mit dem Kleingartenwesen nehmen. Mit der aktiven Beteiligung an Gartenschauen betreiben wir also sehr effektiv Öffentlichkeitsarbeit – ein wichtiger Aspekt, wenn es um die Zukunft des Kleingartenwesens geht. Wir Kleingärtner sollten diese Chancen nutzen.
Wilhelm Spieß, Landesfachberater des
Landesverbandes Westfalen und Lippe der Kleingärtner