- Kleingartenwesen
- Aktuelles, Trends und Geschichtliches
Ehrendiplome für herausragende Projekte
Kleingärtnervereine erhalten europäische Auszeichnung vom Office International
Foto: Grämer
Preisgekrönter Neustart: Nach dem Jahrhunderthochwasser 2002 musste die Anlage des Kleingärtnervereins „Dresden-Altleuben“ wieder neu aufgebaut werden. Die Gartenfreunde begannen nun mit großem Engagement, ihre Parzellen ökologisch zu bewirtschaften und die kleingärtnerische Nutzung in den Vordergrund zu stellen. Außerdem setzten sie sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dafür ein, dass auch benachteiligte Familien einen Kleingarten pachten können. Vollendet wurde der Neuanfang mit einem Therapiegarten für Menschen mit geistiger Behinderung.
Grund genug, die Kleingärtner aus Sachsen mit einer ganz besonderen Auszeichnung zu würdigen: dem Ehrendiplom der Europäischen Kleingärtnervereinigung in der Kategorie „soziale Projekte“, verliehen auf dem Treffen des Office International du Coin de Terre et des Jardins Familiaux (kurz Office) vom 23. bis zum 25. August in Berlin.
Europäische Strategie
Mit der Verleihung der Ehrendiplome und dem internationalen Seminar in Berlin soll weiter daran gearbeitet werden, die Leistungen des Kleingartenwesens in Europa öffentlich zu machen. Strategischer Ansatz dabei ist, Projekte in den Medien zu platzieren, die über das Kleingartenwesen hinausgehen, und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass die Verdienste des Kleingartenwesens bei politischen Entscheidungen ausreichend gewürdigt werden.
In Berlin wurden so Fragestellungen behandelt, die bereits auf der Studientagung 2012 in Zürich aufgeworfen worden waren und Grundlage für den Kongress 2014 in Utrecht sein sollen. Dort sollen dann auch die strategischen Schwerpunkte für die weitere Arbeit im Office beschlossen werden.
Projekte als Aushängeschilder
Beispiele wie das in Dresden zeigen, dass das Kleingartenwesen eine hohe soziale Verantwortung hat und diese auch wahrnimmt. Unzählige Projekte werden in den Landesverbänden realisiert, die weit über das Kleingartenwesen hinausgehen und von Bedeutung für die Gesellschaft und die Lebensqualität der Menschen sind.
Diese Projekte sind äußerst vielfältig: So gibt es Lehr- und Schaugärten für alle Schichten der Bevölkerung, ebenso Feuchtbiotope, Kräutergärten und Naturlehrpfade, auf denen man die vielfältige Flora und Fauna der Anlagen erleben kann. Auch im Bildungsbereich gibt es viele Vorhaben – seien es „Grüne Klassenzimmer“, Erlebnisgärten oder einfach Treffpunkte im Grünen. Diese Projekte sind besonders wichtig, wenn es darum geht, die junge Generation an die Natur heranzuführen – durch das direkte Erleben des Wachsens und Gedeihens von Flora und Fauna.
Kleingärten sind aber auch gefragte Bereiche für Senioren, Behinderte und Menschen mit Migrationshintergrund. Dies zeigt sich an vielen spezifischen Themengärten, wie z.B. Blinden-, Demenz- oder Generationengärten.
Die Planung, der Aufbau und vor allem der Erhalt solcher Projekte fordert hohes Engagement von den Kleingärtnern. Schließlich müssen die Vorhaben das ganze Jahr hindurch betreut werden.
Von den vielfältigen Projekten in den 14 Mitgliedsländern des Office werden jährlich besonders hervorragende Vorhaben mit dem Ehrendiplom ausgezeichnet. Sie werden in den Kategorien „innovative Projekte“, „soziale Projekte“ und „Projekte des naturgemäßen Gärtnerns“ vergeben. Dieses Jahr waren es neun Projekte, die anlässlich des „Europäischen Tages des Gartens“ am 25. August gewürdigt wurden.
Bei den sozialen Projekten ging eine Auszeichnung nach Frankreich – zur Anlage „Mazargues“ in Marseille. Zwei weitere Preisträger kommen aus den Niederlanden: die Anlagen „Stadspark“ in Groningen sowie „De Driehoek“ in Utrecht.
Als innovative Projekte wurden zwei Vorhaben aus Wales ausgezeichnet: Ein Diplom ging an die Kleingärtner von „Bron Fair“ aus Bridgend County Borogh für die Zusammenarbeit mit Behinderten, ein weiteres an das Projekt der Anlage „Cold Barn Farm Association“ und der Abersychan Schule in Pontypool, das für die Arbeit mit benachteiligen Kindern gewürdigt wurde.
Ehrendiplome für Deutschland
Aus dem deutschen Kleingartenwesen wurden vier Projekte ausgezeichnet. Das „Europäische Diplom für soziale Projekte“ ging neben dem Kleingärtnerverein „Dresden-Altleuben“ an den Bezirksverband der Gartenfreunde Karlsruhe mit dem Projekt „Mehrgenerationen-Park“ in Sinzheim.
Der Park ist eine Begegnungsstätte, in der sich Jung und Alt treffen können. Barierrefreie Wege sowie verschiedene Ruhebereiche machen ihn zu einem geschlossenen Ganzen. Herauszuheben in der Gestaltung sind der Ort der Stille, der Demenzgarten und die Hochbeete, aber auch der Grillplatz für die Besucher.
Foto: Gloszat
Mit dem „Europäischen Diplom für naturgemäßes Gärtnern“ wurden der Kleingärtnerverein „Neugrabener Moor“ in Hamburg und der Bayerische Kleingärtnerverein „An der Vils“ in Amberg ausgezeichnet.
Die Anlage „Neugrabener Moor“ zeichnet sich durch ihren besonderen ökologischen Charakter und das Bemühen der Kleingärtner um die Nachhaltigkeit von Flora und Fauna auf dem Gelände aus. Ein umfangreicher Lehrpfad mit einer Imkerstation, einer Kernobstallee und einem Bauerngarten mit einem ausgedehnten Kräutergarten machen diese Anlage zu einem Anziehungspunkt auch für die Menschen aus der Nachbarschaft.
Der Verein „An der Vils“ legt bei seiner Arbeit einen Schwerpunkt auf vorbildliche Fachberatung. Ökologie und Nachhaltigkeit stehen dabei im Mittelpunkt, insbesondere die Artenvielfalt bei Kulturpflanzen. Im Lehrgarten und auf dem Naturlehrpfad der Anlage stehen zudem Artenschutz und ökologisches Verhalten im Fokus.
Die ausgezeichneten Kleingärtnervereine zeigen über die Ländergrenzen hinweg die Vielfältigkeit und die Bedeutung der kleingärtnerischen Leistungen. Gleichzeitig sind sie ein Zeichen vielfältigen bürgerlichen Engagements und der Beweis dafür, dass Kleingärten integrierter Teil der Kultur eines Landes sind.
Dr. Norbert Franke
Präsident des Bundesverbandes
Deutscher Gartenfreunde