Einführung: Integration ist eine Bürgerpflicht
Niedersachsens Gartenfreunde diskutierten über interkulturelle Kleingärten
Foto: Roemer
In unseren Kleingartenanlagen nimmt der Anteil der Gartenfreunde, die aus anderen Ländern zu uns gekommen sind, immer mehr zu. Integration ist zu einem zentralen Thema geworden, das uns zunehmend beschäftigt und bei dem die kleingärtnerischen Organisationen und alle Gartenfreunde immer wieder gefordert werden.
Einerseits erleben wir unsere ausländischen Nachbarn als hilfsbereite Gartenfreunde, die kräftig mit anpacken und bei Familienfeiern jeden willkommen heißen. Andererseits beklagen wir uns über Sprachschwierigkeiten, mangelnde Beteiligung an Gartenfesten und Versammlungen.
Einander verstehen!
Wie wird es möglich, dass wir uns besser verstehen? Gibt es Gründe dafür, dass die Menschen, die heute als Migranten bezeichnet werden, sich so anders verhalten, als wir es uns wünschen? Was müssen wir über ihre Lebensart wissen, ihre Wünsche und Bedürfnisse, ihre Ängste? An wen können wir uns wenden, wenn wir Fragen haben? Was leisten die Kommunen und die Wohlfahrtsverbände? Gibt es Organisationen, in denen sich die Migranten zusammenschließen, mit denen wir als kleingärtnerische Organisationen zusammenarbeiten können?
Podiumsveranstaltung suchte nach Antworten
Foto: Roemer Viele Fragen, zu denen Antworten gesucht werden. Was liegt da näher, als diese Antworten gemeinsam zu finden, mit Experten, die sich auskennen mit Migranten und mit dem Thema Integration.
Deshalb hatten die niedersächsischen Landesverbände zur Podiumsveranstaltung eingeladen und es wurde ein großer Erfolg. Die Lehr- und Versuchsanstalt der Landwirtschaftskammer Hannover, in der der Leiter und seit Kurzem auch Gartenfreund Prof. Dr. Bernhard Beßler die Teilnehmer begrüßte, entwickelt sich zu einem Anziehungspunkt für Seminare der niedersächsischen Gartenfreunde. Für die über einhundert Gartenfreundinnen und Gartenfreunde aus allen Teilen des Landes war der Raum fast zu klein.
Mit dem Thema „Für Menschen aus nah und fern – interkulturelle Kleingärten in Niedersachsen“ traf die vom Landesverband Niedersächsischer Gartenfreunde (LNG) organisierte Veranstaltung das zentrale Interesse der Kleingärtner. Eine Podiumsveranstaltung ist – das hatte sich auch bereits bei der ersten Veranstaltung zum Thema „Demografische Entwicklung“ gezeigt – hervorragend geeignet, mit vielen Gartenfreundinnen und Gartenfreunden zu diskutieren und Lösungen zu entwickeln.
Hochkarätig besetztes Podium
Foto: Roemer Versierte Referenten aus Niedersachsen saßen auf dem Podium, und sie mussten alle erst einmal bekennen, dass sie nicht wussten, wie viele Migranten in den Kleingärtnervereinen als Mitglieder einen Garten bewirtschaften. Sie betonten im Anschluss, wie wichtig es sei, mit den kleingärtnerischen Organisationen enger zusammenzuarbeiten. Ein Versprechen, dass die Vertreter der Verbände gerne mit nach Hause nahmen.
Migration und Integration sind vielschichtige Themen. Das Podium war daher gut besetzt, auch wenn die Integrationsbeauftragte des Landes Niedersachsen, Frau Honey Deihimi, wegen einer dringenden Familienangelegenheit kurzfristig absagen musste.
Doris Bonkowski, Leiterin des Büros für Migrationsangelegenheiten der Stadt Braunschweig, referierte zum Thema „Kommunale Integrationsarbeit“, Dr. Anwar Hadeed von der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg berichtete darüber, was Selbsthilfeorganisationen in der Migration leisten können, und Christina Müller-Wille von der Arbeiterwohlfahrt Osnabrück sprach über das sehr spannende Thema „Integration aus Sicht von Migranten“.
Über die Studie des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde und darüber, was Kleingärtnerorganisationen leisten können, referierte Dietmar Klepatz, Geschäftsführer der Bremer Gartenfreunde. Manfred Weiß, Vorsitzender des Landesverbandes Braunschweig, berichtete über Erfahrungen mit einem interkulturellen Kleingarten in Braunschweig.
Manager der Wortmeldungen: Hartmut Brinkmann
Foto: Roemer Geleitet und professionell moderiert wurde die Veranstaltung vom Journalisten und Gartenfreund Hartmut Brinkmann. Die Teilnehmer berichteten über viele positive Erfahrungen, Kontakte über den Gartenzaun, multikulturelle Feste, aber auch über die Probleme im Zusammenleben mit Migranten. Neben den Sprachproblemen wurden immer wieder die mangelnde Beachtung der Vereinsregeln und die nur seltene Beteiligung an den Veranstaltungen des Vereins genannt.
Am Ende der fünfstündigen Veranstaltung konnte Joachim Roemer als Organisator das Fazit ziehen: Wir müssen aufeinander zugehen, wenn Integration gelingen will. Nicht Toleranz ist gefragt, sondern Akzeptanz, die gegenseitige Achtung der Persönlichkeit und der unterschiedlichen Lebensstile und -formen. Sich verstehen bedeutet natürlich, die gleiche Sprache zu sprechen, aber auch die Bereitschaft, auf die Wünsche und Bedürfnisse einzugehen, Hindernisse zu überwinden.
Integration ist ein langer Prozess, der bei jedem einzelnen Menschen nur individuell gelingt. Wir brauchen dazu Zeit, die notwendige Gelassenheit, und wir sollten mit den Einrichtungen und Organisationen zusammenarbeiten, die uns bei dieser Aufgabe helfen können.
Joachim Roemer