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Frisches Gemüse, viel Hilfe und viel Bürokratie

Schlagworte zu diesem Artikel:
  • Vereinsmitglieder
  • Integra­tion
  • Kleingärtnergemeinschaft
  • Gartengemeinschaft

Erfahrungen einer Neu-Kleingärtnerin


Erfahrungen einer Neu-Kleingärtnerin Liebe Gartenfreunde, war das nicht aufregend? War das nicht eine spannende Zeit? Damals, als unsere Zeit im Kleingarten begann, als alle und alles neu war? Immer wieder erleben neue Pächter diese span­nen­de Zeit, und immer wieder muss sich die Gemeinschaft der Gartenfreunde in einem Verein auf neue Mitglieder einstellen.

Für einige Mitglieder ist es schon lange her, „neu“ zu sein. Ich kann mir aber vorstellen, dass sich der eine oder die andere noch daran erinnert. Wie und in welchen Bereichen hat die Integra­tion funk­tio­niert, und wo hätte es besser laufen können? Ich habe einmal bei einer jungen Familie nach­ge­fragt: Wie ist es denn, „neu“ im Verein zu sein? Ich möchte mich bei der Gartenfreundin Sylke be­dan­ken, sie hat sich die Zeit genommen, mir einige Fragen zu beantworten.

Sylke, wie bist du auf die Idee gekommen, Kleingärtnerin werden zu wollen?
Ich selbst bin, als eines von sieben Kindern, auf dem Lande aufge­wach­sen. Für mich gehörte es zum täglichen Leben, dass sich die Familie aus dem eigenen Garten ernährt und dass wir Kinder bei der Gartenarbeit helfen.

Inzwischen lebe und arbeite ich in einer Großstadt, und unsere ei­genen Kinder denken, dass Erdbeeren im Supermarkt wachsen. Al­so habe ich nach einer Möglichkeit gesucht, ihnen die Natur wieder näher zu bringen. Ein Kleingarten war da für mich die nahelie­gendste Lösung.

War es schwer, einen Kleingarten zu bekommen?
Nein, gar nicht. Zunächst habe ich die umliegenden Vereinshäuser besucht und dort einige An­ge­bo­te am Anschlag gefunden. Nach verschiedenen Besichtigungen habe ich mich dann nach meinen Priori­täten (Größe der Kolonie, Lage und Erreichbarkeit, Größe des Gartens, Lage des Gartens, Zu­stand der Lau­be etc.) entschieden. Nur die darauf folgenden bürokratischen Ab­wicklungen waren kompliziert und langwierig und haben Monate in An­spruch genommen.


All diese Dinge waren im „Preis mit drin“Foto: Kleinworth Die Laube, als Sylke sie übernommen hat: All diese Dinge waren im „Preis mit drin“ ...


Wie seid ihr dann in der be­stehenden Kleingärtnergemeinschaft aufgenommen worden?
Sehr warmherzig, aber auch mit einer gewissen Skepsis seitens un­serer „Elterngeneration“. Zu Beginn habe ich mich immer ein biss­chen beobachtet gefühlt. Wird sie irgendetwas falsch ma­chen? Wie werden sich die Kinder verhalten? Schafft sie das auch alles allein? Fragen, die ich in den Gesichtern der Nachbarn gelesen habe.

Aber schon nach einer kurzen Eingewöhnungsphase habe ich mir deren Vertrauen erarbeitet. Inzwischen bin ich als vollwertiges und verantwortungsbewusstes Vereinsmitglied in die Gar­ten­ge­mein­schaft eingegliedert.

In wieweit haben der Verein, der Fachberater oder einzelne Gartenfreunde beratende Unterstützung bei der anfänglichen Gartengestaltung und Garten­arbeit angeboten?
Leider wurde mir vom Verein keine derartige Unterstützung angeboten, dafür aber von den Gar­ten­freun­den in der Kolonie. Ich bekomme zu jeder Zeit Beratung und Hilfe, wenn ich sie benötige. Die Gartengemeinschaft wird in unse­rer Kolonie sehr großgeschrieben.

Beteiligt ihr euch an den Festen und Aktivitäten des Vereines? Was wird angeboten?
Natürlich. Das gehört selbstverständlich dazu. Zu unseren Pflicht-Aktivitäten gehört dreimal jähr­lich die Gemeinschaftsarbeit. Freiwillig sind dagegen das Osterfeuer, die Mitgliederversammlung sowie die gemeinsame „Ausfahrt“ einmal jährlich. Unregelmäßig findet auch ein Kaffeeklatsch im Vereinshaus statt, der von einigen Gartenfreunden organisiert wird.

Hast du den Eindruck, die Kinder „stören“ andere Gartenfreunde? Gab es Beschwerden?
Auch wir müssen uns natürlich an die vorgegebenen Ruhezeiten halten, was mit zwei kleinen Kindern, zugegeben, manchmal wirklich schwie­rig ist. Wenn es früher zu Aus­einandersetzungen wegen des Kinderlärms kam, waren es immer die hiesigen Anwohner, nicht die Gar­tennachbarn. Be­schwer­den dies­bezüglich oder aus anderen Gründen kommen leider häufiger vor.


Die Laube heuteFoto: Kleinworth Die Laube heute: Der Aufwand hat sich gelohnt, die gemütliche Einrichtung lädt zum Ausruhen nach getaner Arbeit ein


Kleingärtnern wird auferlegt, einen gewissen Teil des Gartens als Gemüseland zu nutzen, ist das für dich eine lästige Pflicht oder wolltet ihr sowieso Gemüse im Garten anbauen?
Nein, für uns ist das überhaupt kei­ne Last. Wie schon gesagt, waren meine Beweggründe für den Erwerb des Gartens die Anzucht und Pflege von Gemüsepflanzen, die Chance, erntefrische Gar­ten­er­zeug­nisse zu genießen, sowie auch die damit verbundenen finanziellen Einsparmöglichkeiten.

Als ich den Garten vor ca. 11/2 Jah­ren übernahm, gab es dort keinerlei Obst- oder Gemüseanbau. Ich musste hier „bei Null“ anfangen. Und eben dies ist es, was mir und den Kinder große Freude bereitet: säen, pflanzen, pflegen und zusehen, wie die Dinge wachsen, gedei­hen und Früchte schenken. Es wird noch Jahre dauern, den Garten so zu gestalten, wie ich es mir vorgestellt habe.


Beet vor einer GartenlaubeFoto: Kleinworth Bis der Garten so aussieht, wie Sylke sich ihn vorstellt, wird es noch dauern, aber das Beet an der Laube nimmt schon Gestalt an


Als Berufstätige kannst du nicht zu jeder Zeit im Garten sein. Lassen sich die anstehenden ­Arbeiten mit den Ruhezeiten im Verein und deinen Arbeitszeiten gut kombinieren?
Als Teilzeitbeschäftigte habe ich das große Glück, auch täglich in den Garten gehen zu können. Da fällt es mir also nicht schwer, Ruhezeiten einzuhalten und die bevorstehenden Arbeiten dennoch zu bewerkstelligen.

Was würde aus deiner Sicht ­einen Kleingarten für ­junge ­Familien attraktiver machen?
Gelockerte Richtlinien und mehr Toleranz wären aus meiner Sicht für junge Familien attraktiver. Nur im Rahmen des Möglichen, versteht sich. Ich persönlich, als eine der „Nachwuchs-Familien“, habe kei­ne Probleme, mich den bereits bestehenden Vereinsregeln anzupassen.

„Back to the roots“, zurück zu den Wurzeln meiner Kindheit, habe ich mich ganz bewusst für so wenig modernen Luxus wie möglich entschieden. Kein fließendes Wasser in der Laube, keine Einbauküche, kein Herd.

Damit habe ich mir (ganz liebevoll natürlich) unter meinen Garten­nachbarn den Spitznamen „Öko“ eingehandelt. Ich finde, Kleingarten sollte auch Kleingarten bleiben und nicht wie eine Kopie der eigenen Wohnung sein. Der Garten sollte immer im Vordergrund stehen.

Vielen Dank, Sylke, für deine offenen Antworten. Mich freut besonders deine Toleranz gegen­über den Regeln und der „Elterngeneration“. Schön ist auch deine Aussage, der Garten solle im Vordergrund stehen.

Dein Wunsch nach weniger Büro­kratie bei der Vergabe der Parzelle und mehr Unterstützung durch den Verein in Sachen Beratung wird sicher vielen ein wichtiger Hinweis sein. Für die Gestaltung deines Gartens wünsche ich dir viele gute Ideen und reichlich Unterstützung von deinen Gartenfreunden!

Thomas Kleinworth,
Landesverbandsfachberater des
Landesverbandes Schleswig-Holstein der Gartenfreunde