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Generationswechsel im Vorstand
Mit Vertrauen und guter Kommunikation klappt die Nachfolge perfekt
Foto: Verlag W. Wächter/cb
Schon viele Jahre bevor ich anfing, mich ehrenamtlich in unserer Organisation zu engagieren, hörte ich die Klagen über eine zu geringe Bereitschaft von Vereinsmitgliedern, sich einzubringen. Die Gründe sind bekannt und wurden schon oft thematisiert. Aus eigener Erfahrung im Ehrenamt weiß ich, dass eine optimale Kommunikation die Voraussetzung dafür ist, dass sich Alt und Jung verstehen und eine langfristige Bindung entsteht.
Für diesen Artikel besuchte ich zwei Vereine des Landesverbandes der Gartenfreunde Bremen, um mir ein Bild vor Ort machen zu können. Der Vorsitzende des Kleingärtnervereins (Kgv.) „Am Krähenberg“, August Judel, war auf Anfrage sofort bereit, sich während einer Vorstandssitzung meinen Fragen zu stellen. Gleich bei meinem ersten Besuch stellte ich fest, dass bei einem Generationswechsel nicht nur die Altersstruktur des Vorstands eine Rolle spielt, sondern vor allem die Zusammenarbeit zwischen den bisherigen und den neu hinzukommenden Vorstandsmitgliedern.
Im Kgv. „Am Krähenberg“ sind der Kassierer und die Fachberaterin um die 50 Jahre alt, andere Akteure älter. Das ergibt ein Durchschnittsalter des Vorstandes von 59 Jahren. Andere Vereine haben in der Führungsebene einen Altersdurchschnitt von Ende 60 und älter.
Gemeinsam nach kreativen Lösungen suchen
Im Vereinshaus wurde mir versichert, dass der alte Vorstand dem jungen, also neuen Vorstand mit Rat und Tat zur Seite steht. Auf die Frage nach der Motivation für die Vorstandsarbeit erhielt ich eine klare Antwort: Die Sicherung des Kleingartenwesens in Bremen, das Mitgestalten im Stadtteil, für sich selbst und für die Mitglieder, ist Ansporn, dabei zu sein. Von den Vereinsmitgliedern wird dieses Engagement unterschiedlich wahrgenommen: 40 % der Mitglieder akzeptieren die Vorstandsarbeit, 40 % sind Mitläufer, 20 % sind Neinsager. Um noch mehr jüngere Gartenfreunde für die Vorstandsarbeit zu gewinnen, will man langfristig Projekte anbieten und mit dieser Teamarbeit für das Ehrenamt begeistern.
Mein zweites Gespräch fand statt mit Mitgliedern des Vorstands des Kgv. „Sommerdeich“. Andreas Hensel erzählte mir, wie er 2011 zum Vorsitzenden gewählt wurde – eine spannende Geschichte. Da keine weiteren Mitbewerber für die Vorstandsarbeit zur Verfügung standen, beriet er sich im Vorfeld der Wahl mit zwei anderen Gartenfreunden, und die drei stellten sich schließlich mit folgendem Modell zur Wahl: Die voll berufstätigen Gartenfreunde wollten die Vereinsführung übernehmen, wenn sie alle drei als direkte Vorsitzende gewählt würden, d.h. ein Vorsitzender und zwei Beisitzer mit denselben Rechten und Pflichten. So könne man sich untereinander entlasten, und es wäre nicht nur einer als Vorsitzender für die Mitglieder da.
Moderne Kommunikationsmittel unbedingt nutzen
Voraussetzung für diesen Weg der Vereinsführung sind Vertrauen und dass man sich gegenseitig gut kennt. Um die Vereinsarbeit mit dem beruflichen Alltag vereinbaren zu können, entschieden sich die Drei, telefonisch nach einem Rotationsprinzip erreichbar zu sein. Der Vorsitzende und die Beisitzer sind zu vereinbarten Zeiten unter einer Handy-Nummer für die Mitglieder erreichbar. Soll heißen, jeder der drei Verantwortlichen hat für einen gewissen Zeitraum das Handy, während die anderen in ihrem Beruf aktiv sind oder ihren anderen privaten Interessen nachgehen.
Foto: Verlag W. Wächter/cb
Ergebnisse und Entscheidungen werden online kommuniziert. Überhaupt bedient sich der relativ junge Vorstand des Kgv. „Sommerdeich“ einer Online-Verwaltungssoftware, die extra für Vereine entwickelt wurde und zu der alle Berechtigten über einen Pin-Code Zugang haben. Nicht nur die Technik erleichtert die Vereinsarbeit, sondern die heute Verantwortlichen sind auf den alten Vorstand zugegangen und haben z.B. als „Praktikanten“ Erfahrungen als Kassierer und Schriftführer gesammelt.
Gute Beispiele überzeugen auch die Vereinsmitglieder
Seit dem Vorstandswechsel wurde viel erreicht. Das Vereinshaus wurde verschönert, durch die Anschaffung eines Beamers können Kinder-Kinonachmittage stattfinden, und eine Spiellandschaft mit Spielgeräten bereichert das Vereinsgelände. Alle Veränderungen werden durch einen Aushang im Verein und durch einen Newsletter regelmäßig bekannt gegeben. Wenn wundert es da, dass der ganze Vorstand des Kgv. „Sommerdeich“ eine hohe Akzeptanz genießt.
Durch die Umverteilung der Vereinsarbeit und das Einbeziehen Einzelner für zeitlich begrenzte Projekte können Mitglieder für anfallende Arbeiten gewonnen werden. Wenn Gartenfreunde Anregungen für ihren Verein einbringen wollen, nutzen sie einen Wunsch- bzw. Kummerkasten auf dem Vereinsgelände.
Erfahrungen nutzen und Veränderungen zulassen
Diese beiden positiven Beispiele von Bremer Kleingärtnervereinen zeigen, dass mit Kreativität und Engagement auch für Berufstätige die Vorstandsarbeit möglich ist. Frühzeitig sollten jüngere Mitglieder in die Arbeit des Vorstandes eingebunden werden. Dabei müssen Alt und Jung unterschiedliche Sichtweisen akzeptieren, und die Bereitschaft, Veränderungen zuzulassen, ist unabdingbar. Dass zur Wahl eines Vorstands keine Kandidaten zur Verfügung stehen, kann sich kein Verein leisten. Und was für eine Verschwendung von Ressourcen, wenn Erfahrungen von Älteren nicht genutzt werden (können)!
Ältere Mitglieder eines Vorstands, die ihr Amt einem Jüngeren übertragen, sollten klar und deutlich ihre aktuelle Situation und ihre Aufgaben darstellen, den notwendigen Zeitaufwand der Vorstandsarbeit benennen und für Fragen zur Verfügung stehen. Für neue Mitglieder eines Vorstands ist es wichtig, dass die Arbeit im Team von einem vertrauensvollen Miteinander geprägt ist. Nur so ist es möglich, langfristig einen Generationswechsel in der ehrenamtlichen Vorstandsarbeit zu garantieren, der dem Kleingartenwesen auf allen Ebenen der Verbandsarbeit eine für uns Gartenfreunde sprichwörtliche blühende Zukunft verspricht.
Hartmut Clemen
Landesfachberater der Gartenfreunde Bremen