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Geringverdiener unterstützen
Wie können Vereine bei ansteigenden Kosten Solidarität zeigen?
Foto: Goldberg
Am 3. September 2011 hat der 26. Bundeskongress der Gartenfreunde in Heidelberg ein Positionspapier zum Thema „Kleingärten haben Zukunft“ verabschiedet. Darin heißt es u.a.: „Kleingärten dienen der Gesundheit, vermitteln Aspekte urbaner Gartenkultur, bieten soziale Kontakte, persönliche Weiterbildung, fördern Gemeinsinn, den Dialog der Generationen und die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund.“ Einige Zeilen vorher drückt das Papier auch aus, dass wir „ein klares Statement für Menschen mit unterem und mittlerem Einkommen“ abgeben. Täuschen wir uns mit derartigen Aussagen wohlwollend über die Realität hinweg?
Der Kleingärtnerverein spiegelt die Gesellschaft wider
Wir Kleingärtner sind Teil dieser Gesellschaft und hoffentlich genauso zusammengewürfelt, wie ich es bei Stefan Leppert in dem Buch „Paradies mit Laube“ (Deutsche Verlags-Anstalt, Seite 8f.) nett formuliert finde: „Schrebergärtner sind nie nur Schrebergärtner. Sie sind Wohnungsmieter und Hausbesitzer, Grundschullehrer und arbeitslose Ex-Opelaner, Vorsitzende im Naturschutzverein und Freizeitfußballer, Ballermann- und Schwedenurlauber, rüstige Rentner und alleinerziehende Frauen. Der Bevölkerungsquerschnitt Deutschlands, abzüglich der Topmanager und Gartenhasser, versammelt sich in der Kleingartenanlage, die unter diesem Blickwinkel wie ein Modell unseres Landes erscheint.“
Verträgt sich diese wohlwollende Formulierung mit der Aussage eines Abgeordneten, der da den Spruch prägte vom „Malochen bis zum Tode“ (sueddeutsche.de, „Hunderttausende Rentner müssen nebenbei arbeiten“, vom 22.08.2011)? Dabei meinte er nicht die Arbeit im Garten, sondern die, der viele Rentner nachgehen, um ihre Rente aufzubessern. Über andere Menschen, die auch zu den von Leppert genannten gehören, war zu lesen: „Trotz des sogenannten Jobwunders geht es für viele Menschen auf dem deutschen Arbeitsmarkt bergab. Die prekäre Beschäftigung steigt weiter an, die Einkommen sinken. … Auch eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftswachstum ergab, dass viele Bundesbürger seit der Jahrtausendwende drastische Einkommenseinbußen hinnehmen mussten“ (zitiert aus „Die Zeit“, Nr. 31, vom 28.07.2011, S. 20). Auch wenn diese Aussagen gerne heruntergespielt werden, werden sie doch u.a. vom statistischen Bundesamt bestätigt.
Den Kostendruck flexibel auffangen
Wir alle bekommen meist in den Herbst- und Wintermonaten unsere Rechnung für den Garten. Je nach Region und Stadt belaufen sich die Rechnungsbeträge inklusive Pacht, Versicherungen, Vereinsbeitrag, Wassergeld und Stromkosten auf zwischen 250,– und 400,– Euro, mancherorts ist es sogar noch mehr. Wenn wir über die Zukunft unserer Kleingartenbewegung und über die Möglichkeit nachdenken, wie wir jedem den Zugang zum Garten erhalten können, müssen wir uns im Klaren sein, dass es sich für manche unserer Gartenfreunde, die sich in den obigen Zitaten wiederfinden, fast um ein Monatsgehalt handelt, wenn man die Miete vom Nettoeinkommen abzieht.
Den weniger Verdienenden die Kosten für den Garten zu erlassen, wäre falsch, wie mir jemand versicherte, der selbst Einkünfte in dieser Größenordnung hatte. Wir können aber helfen, indem wir die Kosten in Raten – übers Jahr verteilt – einziehen, auch wenn dies leider mehr Verwaltungsaufwand bedeutet.
Gartenkündigung darf nur der allerletzte Ausweg sein
Foto: Pulwei – Fotolia Aus der Erfahrung derjenigen, die oft mit Gartenkündigungen zu tun haben, ergibt sich, dass der häufigste Kündigungsgrund seitens des Vereins die ausbleibenden Zahlungen für den Garten sind. Hinzu kommen die Fälle, in denen die Gartenfreunde selbst kündigen, um einer Kündigung durch den Verein zuvorzukommen. Vielleicht kann die eine oder andere Kündigung durch Ratenzahlungen verhindert werden.
Ferner sollte man sich als Gartenfreund bei finanziellen Engpässen auch nicht scheuen, den Vereinskassierer einmal anzusprechen. Umgekehrt gehört es sich nicht, Gartenfreunde mit solchen Problemen auf der Mitgliederversammlung namentlich zu nennen, was leider immer noch hier und da geschieht.
Besser ist es, daran zu erinnern, dass man mit dem Garten auch für sich Wertvolles schafft. Obst und Gemüse sollten nicht nur für den Verbrauch im Sommer angebaut werden. Wer einen Teil der Ernte konserviert, kann das Haushaltsbudget über den Sommer hinaus entlasten. Das mag zwar nicht so viel bringen, wie der Garten kostet, kann aber einiges dazu beitragen, dass man die Haushaltskosten senkt und in der Gemeinschaft bleiben kann.
Höhere Kosten durch gemeinsames Handeln zurückweisen
Nur die Pachtpreise sind gesetzlich durch das Bundeskleingartengesetz begrenzt. Mitgliedsbeiträge, Wasser- und Stromkosten, Versicherungsbeiträge usw. entwickeln sich – nach den Regeln der Marktwirtschaft – meist nach oben. Dagegen können wir nur über unsere Dachorganisationen (Bundesverband Deutscher Gartenfreunde, Landesverbände, Bezirksverbände ...) etwas tun. Das gelingt immer wieder, wie jetzt die GEZ-Gebühren zeigen, die ab 2013 nur noch pro Haushalt erhoben werden (für das Radio in der unbewohnten Laube wird dann also keine Gebühr mehr fällig), oder die Anrechnung von Gartenlauben als Schonvermögen beim Hartz-IV-Bezug (Schonvermögen ist der Vermögensanteil, den der Berechtigte vor dem Bezug einer Sozialleistung nicht verwerten muss).
Gemeinschaftsarbeit nach dem körperlichen Können verteilen
Immer wieder wird vom demografischen Wandel gesprochen und geschrieben. Das Durchschnittsalter der Kleingärtner ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Es ist gar nicht schlimm, wenn viele Menschen bis ins hohe Alter einen Garten bewirtschaften. Wir verkennen nur die Auswirkungen des demografischen Faktors, wenn wir es nicht schaffen, Kleingärten als ein Produkt für alle Generationen, sowohl für Rentner als auch besonders für junge Familien und für Singles, mit und ohne Kinder, oder für sogenannte Patchworkfamilien zu sichern.
Dies gelingt nur, wenn wir auf deren Bedürfnisse eingehen, indem wir z.B. ihre Arbeitszeiten mit unseren Gartenordnungen in Einklang bringen. Und indem wir für die schwere Arbeit bei der Gemeinschaftsarbeit die Jungen und Kräftigen einteilen und die Älteren damit beschäftigen, dass sie sich um die Kinder der Jüngeren kümmern, wenn diese für den einen oder anderen Rentner die Arbeit mitmachen. Indem der eine etwas für den anderen macht, kann man Kosten für nicht erbrachte Gemeinschaftsarbeit sparen.
Ich schließe diesen Artikel gerne mit den Gedanken von Prof. Dr. Klaus Neumann, der in einem Festvortrag anlässlich des 110-jährigen Bestehens des organisierten Kleingartenwesens in Berlin auf der Grünen Woche Anfang des Jahres formulierte, dass der Kleingarten die Chance habe, „zur Oase für Junge und Alte, für Natur-Unerfahrene und vom Fitnessgedanken beseelte Städter zu werden. Es gibt kaum einen Bereich in der Stadt, wo der demografische Wandel so intensiv aufgenommen, gelebt werden kann wie in Kleingärten“. (aus: „Berliner Gartenfreund“, April-Ausgabe 2011, Seite 4/10). Wichtig ist, dass der Verein als tolerante Gemeinschaft in diesem Sinne zusammensteht!
Hans-Jörg Kefeder,
Präsident des Landesverbandes
Niedersächsischer Gartenfreunde