- Kleingartenwesen
Kleine Gärten weltweit
Von Mini-Beeten in Nordamerika
Foto: Heidemann
Ob nun an den Stadträndern von Thessaloniki, im Zentrum von New York oder im Umland von Tokio: Der Anbau von Obst und Gemüse in kleinen Gärten nimmt weltweit zu. Das hiesige Kleingartenwesen ist dabei vielen Gartenfreunden auf der ganzen Welt ein Vorbild.
Die Vorzüge einer organisierten „Kleingartenbewegung“, also Selbstverwaltung und Interessenvertretung, werden allmählich weltweit erkannt – in den großen Städten der USA und in Kanada genauso wie in Japan, Korea oder in den Niederlanden, Frankreich und Polen. Delegationen aus Korea besuchen uns, um sich unsere Kleingärten anzusehen, und vor allem in Nordamerika stößt man auf großes Interesse, wenn man von den Vorzügen des Bundeskleingartengesetzes berichtet.
„Community gardens“ in den USA und Kanada
„Klein-Gärten“ („community gardens“) sind in den USA und Kanada wenige Quadratmeter groß, mit Mini-Beeten für die Gartenpächter und oft ohne Laube, Sträucher und Bäume. Langfristige Pachtverträge für die Nutzer gibt es nicht. Viele Gärten sind in Baulücken auf unbebauten Grundstücken entstanden, die im Eigentum der Wohnungsbaugesellschaften stehen.
Beiträge und Pachten variieren. In Minneapolis zahlen Gartenpächter pro Saison – je nach Parzellengröße – 10 bis 50 US-Dollar an die örtliche Gartenorganisation. Bei der Beitragsbemessung wird in einigen Vereinen die persönliche Einkommenssituation berücksichtigt. So kann es sein, dass in derselben Gartenanlage für eine gleich große Parzelle ein Beitrag von 7,50, 15 oder 50 US-Dollar fällig wird.
Bei anderen Gartenprojekten steht der soziale oder therapeutische Aspekt bei der Gartennutzung im Mittelpunkt. Obdachlose Bürger helfen beim ökologischen Anbau von Kräutern und Gemüse, erhalten einen Teil der Ernte oder bessern durch den Verkauf von Gemüse ihr schmales Budget auf. Bei manchen Gartenprojekten steht die Verwertung der Ernteprodukte im Vordergrund. Familien lernen, wie mit wenigen Handgriffen eine Gemüsemahlzeit – gesund und günstig – zubereitet werden kann.
Foto: Heidemann
Die weltweite Kleingartenbewegung
Die in Deutschland gesetzlichen Regelungen vor allem zur Pachtzinsbegrenzung und zum Kündigungsschutz gibt es in den USA und Kanada nicht. Sie sind auch das Ergebnis eines starken Zusammenhaltes der Kleingärtner durch gute Organisationsstrukturen. Weltweit sind solche Regelungen (noch) die Ausnahme.
In Europa sind Kleingärtner seit 1926 im „Office International du Coin de Terre et des Jardins Familiaux“ vereint. In Kanada und den USA erfolgt eine überregionale Interessenvertretung durch die
„American Community Gardening Association“ (ACGA).
ACGA vernetzt unterschiedliche Grün- und Gartengruppen, um sich als starker Partner in der Politik und Verwaltung Gehör zu verschaffen. Ihr zentrales Anliegen ist der Kampf um mehr Umweltgerechtigkeit, also für einen gerechten Zugang zu städtischem Grün und gegen die ungerechte Verteilung von Umweltbelastungen wie Lärm oder Abgasen.
Auf der 37. Tagung der ACGA in Hartford (Connecticut) hielt Mark Winne, Experte für Ernährungsfragen und globale Lebensmittelverteilung, dazu einen viel beachteten Vortrag. Seine Empfehlungen sind heute aktueller denn je:
- Nehmen Sie die Politik und Verwaltung mit ins Boot.
- Gemeinschaft ist wichtig, nicht nur das Gärtnern.
- Stellen Sie Ihre guten Leistungen ins Licht und knüpfen Sie Beziehungen
zu anderen Organisationen, die Sie unterstützen. - Kümmern Sie sich um Ernährungspolitik.
- Die Zeit ist reif für mehr Engagement gegen das Wohlstandsgefälle.
Trotz aller länderspezifischen und kulturellen Unterschiede gibt es so im Kern Gemeinsamkeiten der weltweiten Kleingartenbewegung – in Zeiten eines zügellosen Kapitalismus ist das wichtiger denn je.
Werner Heidemann
Geschäftsführer des Landesverbandes Westfalen
und Lippe der Kleingärtner
Weitere InfosInternetseite des „Office International du Coin de Terre et des Jardins Familiaux“: Internetseite der „ACGA“ (englisch): |