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Kleingärten und ihre Bedeutung im Grünsystem unserer Städte und Gemeinden
Foto: Queißer Grünflächen und damit auch Kleingärten besitzen eine besondere Qualität für die Städte und Gemeinden. Aufgrund der demografischen Voraussetzungen, wie Bevölkerungsrückgang und weniger Bedarf an Industrie- und Wohnbauflächen, entsteht unter den Städten und Gemeinden eine Konkurrenzsituation im Werben um Einwohner und Investoren. Im Rahmen dieses Szenarios gehören die Kleingartenanlagen zu den so genannten „weichen“ Standortfaktoren. Sie sind ein wichtiger Bestandteil der Stadtentwicklung.
Die in der Folge genannten Gesichtspunkte - ganz gleich ob ökologisch, sozial, pädagogisch, materiell oder auch immateriell – stellen Werte dar, die die Qualität der Kommunen festigen und festlegen. Wenn die Qualität erfolgreich gefördert werden soll, wird sich der Wert der Kleingartenanlagen nicht über die Masse, sondern über die Klasse definieren müssen.
Grünflächen mit hohem Erholungs- und Freizeitwert
Foto: Heidemann Das Bundeskleingartengesetz fasst in § 1 unter dem Begriff kleingärtnerische Nutzung die Gewinnung von Obst und Gemüse sowie sonstiger Gartenbauerzeugnisse, die Erholung und auch den Naturschutz zusammen. Für die Städte und Gemeinden ist aber die städtebauliche, ökologische und auch die sozialpolitische Wirkung der Anlagen von weitaus größerer Bedeutung. Kleingartenanlagen, und ganz besonders Kleingartenparks, spielen eine wesentliche Rolle im grünflächen bezogenen Erholungs- und Freizeitangebot der Kommunen.
Das eine ist die Nutzung durch die Pächter und deren Familien. Das andere aber ist der Nutzen für die Gesamtbevölkerung: Spaziergänger, Schulen, Kindergärten und ältere Mitbürger. Alle diese Gruppen nutzen vor allem aufgrund der Zuordnung zu den jeweiligen Wohngebieten diese Anlagen intensiv.
So können Kinder räumlich getrennt vom Straßenverkehr unbesorgt spielen und die Natur erfahren. Schulen und Kindergärten nutzen die Anlagen als Lernorte, Senioren zu sinnvoller Freizeitgestaltung im Garten oder als Treff- und Kommunikationspunkt.
Besonders auffällig werden diese unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten, wenn sich Kleingartenanlagen im Zusammenspiel mit der Umgebung zu Kleingartenparks entwickeln oder zusammengefasst werden. Unterschiedliche Grün- und Freiflächen werden miteinander verbunden. Es entstehen neue Rad- und Wanderwege oder auch Joggingstrecken, die dem gestiegenen Bewegungsinteresse und den Veränderungen in der Freizeitgestaltung der Bevölkerung entgegenkommen.
Demografischer Wandel bewirkt neue Nutzungsformen
Oft beruht das „Zusammenfassen“ auf den eingangs erwähnten demografischen Veränderungen. Durch die Umsiedelung der Bevölkerung von einem Stadtteil in einen anderen, durch Wegzug oder natürliche Verringerung der Bewohner ergeben sich völlig veränderte Situationen. Es entstehen Bereiche in den Anlagen oder gar ganze Anlagen, die kleingärtnerisch nicht mehr genutzt werden.
Oft können diese Bereiche für die Verbesserung der Infrastruktur, wie z. B. als Aufenthaltsbereiche für Senioren, Kinderspielbereiche, für ökologische Aufwertungen oder für die Schaffung neuer Weganbindungen, um nur einige zu nennen, genutzt werden. So werden Kleingartenanlagen für die Besucher und Bewohnerder Kommunen noch einladender und funktionaler.
Anbindung an Wohnbereiche wichtig
Durch Grünverbindungen entstehen größere, im Zusammenhang nutzbare Freiflächen, die sowohl dem Bedarf an Kleingärten, als auch den Wünschen nach größeren, zusammenhängenden öffentlichen Grünflächen gerecht werden. Ein weiterer Vorteil für die Kleingärtner ist eine größere soziale Kontrolle der Flächen, die leider auch den Nachteil der leichteren Erreichbarkeit auch für Rowdys mit sich bringt. Dieser ist jedoch meines Erachtens vertretbar.
Allerdings gelingt die Umsetzung solcher Konzeptionen nur dann optimal, wenn auch die Akzeptanz durch die Gartenfreunde gegeben ist. Zwingende Voraussetzung bei der Umsetzung ist die direkte Zuordnung und Anbindung zu den angrenzenden Wohnbereichen.
Hierbei muss auch die Anbindung anden öffentlichen Personennahverkehr gegeben sein, um den Nutzen für alle Interessengruppen zu optimieren. Die Leistungen der Kleingärtner für die Versorgung der Bevölkerung mit nutzbaren Grünflächen können so optimal in Szene gesetzt werden.
Ökologischer Nutzen
Zur städtebaulichen Situation gehören selbstverständlich auch ökologische Aspekte. Kleingartenanlagen verbessern als Frischluftzonen das Stadtklima, erhöhen die Luftfeuchtigkeit und absorbieren Staub. Die strukturellen Besonderheiten haben ihre Bedeutung für die Lebensräume von Pflanzen und Tieren. Unterschiedliche Bewirtschaftungsweisen führen zu einer großen Artenvielfalt und unterschiedlichsten Vegetationsstrukturen.
Soziale Bedeutung
Foto: Breder Die soziale Bedeutung der Kleingärten darf natürlich auch unter den städtebaulichen Aspekten nicht vernachlässigt werden. Vor dem Hintergrund der sich stetig verringernden staatlichen Unterstützungsprogramme sind gerade Kleingärten in optimaler Lage und Anbindung wichtige Begegnungsmöglichkeiten für alle Bevölkerungsteile. Hier können sich Jung und Alt, Arm und Reich, Arbeitslose, Rentner und Mitbürger mit einem Migrationshintergrund treffen bzw. ihre Freizeit sinnvoll verbringen.
So finden das Wissen und die Erfahrung älterer oder auch anderer Kulturen entstammender Menschen Anerkennung. Familien können ihre Freizeit gemeinsam verbringen, und die Berufstätigen können ihren alltäglichen Stress abbauen.
Zu jedem einzelnen dieser zusammengetragenen Gesichtspunkte der städtebaulichen Bedeutung der Kleingartenanlagen könnte man noch viele Details hinzufügen. Sie zeigen in jedem Fall deutlich, dass Kleingärten mehr leisten, als lediglich Orte für die Nahrungsmittelproduktion, die Erholung, den Naturschutz oder die Grünpflege zu sein.
In ihrer Komplexität sind Anlagen bei der entsprechenden Einbindung in das Gesamtgefüge der Kommunen ein Element, das für die Attraktivität, das Zusammenleben, die Infrastruktur und damit für den Standort als Wohn-, Arbeits- und Lebensort von unverzichtbarer Bedeutung ist.
Wilhelm Spieß,
Landesfachberater des LV Westfalen und Lippe der Kleingärtner
"Kleingärten sind für die breite Öffentlichkeit nutzbar"
Ernst Prüsse ist Vorsitzender der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Dortmund. Mit ihm führte Wilhelm Spieß das folgende Interview.
Herr Prüsse, Dortmund verfügt über 118 Dauerkleingartenanlagen, die mit anderen Grünflächen zusammengefasst oder verbunden sind. Wie stellen sich für Sie die Auswirkungen für die Stadt dar?
Zum einen ist es wirtschaftlich eine gute Sache, dass Dauerkleingartenanlagen und Grünflächen zusammengefasst werden, da Kosten für die Pflege und Erhaltung der Flächen vermindert werden. Die Gartenfreunde pflegen somit öffentliches Grün. Zum anderen werden auf diese Weise großflächig Grünanlagen und Grünverbindungen in ihrer Gesamtheit erhalten und der Bürgerschaft zur Verfügung gestellt.
Welche Leistungen der Kleingärtner und Kleingartenanlagen sind für Sie als politischer Entscheidungsträger besonders wichtig?
Wichtig ist, dass der Zusammenhalt unter Gleichgesinnten gefördert wird. Ein besonderer Vorteil liegt darin, dass die Kleingartenanlagen für die breite Öffentlichkeit nutzbar sind. Nicht zu vernachlässigen ist, dass für Kinder und Jugendliche Spiel-, Freizeit- und Lernmöglichkeiten angeboten und erhalten werden.
Dortmund unterliegt einem gigantischen Strukturwandel. Sind Kleingärten Ihrer Meinung nach noch zeitgemäß und können Sie noch Aufgaben im Gefüge der Stadt erfüllen?
Unter dem heutigen Gesichtspunkt sind Kleingartenanlagen sicherlich anders zu bewerten, als es bei ihrer Gründung war. War in der Vergangenheit die Versorgung der Bevölkerung durch den Anbau von Gemüse, d. h. Geldersparnis, wichtig, so spielt heute die Freizeitnutzung eine größere Rolle. Nicht zu vernachlässigen ist, dass neben dem Erhalt der Grünflächen auch die soziale Verantwortung der Mitglieder und Bürger angeregt und gesteigert wird.
Der Flächennutzungsplan wurde im letzten Jahr neu aufgestellt und beschlossen. Wurde, und wenn ja, wie wurde auf die Veränderungen, den demografischen Wandel und die städtebauliche Situation reagiert?
Bei der Aufstellung des Flächennutzungsplanes war es wichtig, dass neben der Sicherung der bestehenden Anlagen auch zusätzliche Flächen ausgewiesen werden konnten, um der Nachfrage nach Gärten gerecht zu werden. Man kann sicherlich auch feststellen, dass in einigen Stadtbezirken eine Überversorgung vorhanden ist, in anderen Stadtbezirken jedoch noch Bedarf besteht. Aufgrund dieser Situation haben wir im Flächennutzungsplan noch Flächen ausgewiesen, um bei erkennbarem Bedarf neue Gärten erstellen zu können.