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Kleingärtner und Schreberjugend – verbunden in der Tradition der Kleingartenbewegung
Foto: Roemer Sie haben gemeinsame Wurzeln, aber sie gingen getrennte Wege, die kleingärtnerischen Organisationen und die Deutsche Schreberjugend. Doch häufig begegnen sie sich wieder, in Vereinen, auf Festen und Jubiläen, Ausstellungen oder bei den großen Verbandstagen.
Wir haben in unseren kleingärtnerischen Organisationen im Regelfall keine eigenen Kinder- und Jugendgruppen. Liegt es da nicht nahe, mit der Schreberjugend gemeinsam die wichtige Nachwuchsförderung zu betreiben?
Wir Gartenfreunde wissen es zu gut: Heute wird es in den Städten für Kinder immer schwieriger, geeignete Räume zu finden, in denen sie gefahrlos Erfahrungen sammeln können. Die eigenen Eltern sind häufig selbst schon weit von der Natur entfernt, pflegen das Leben vor dem Fernseher mit Fertiggerichten aus der Kühltruhe oder vom Imbiss nebenan.
Die Wurzeln der Schreberbewegung
Weil auch damals die Lebensbedingungen in den Städten schwierig waren, entwickelte sich vor über 150 Jahren die Schreberbewegung. Die zunehmende Industrialisierung, das Leben in engen, dunklen Wohnungen inmitten der rapide wachsenden Städte boten Erwachsenen wie Kindern nur noch ein Leben in tristen Gassen und Hinterhöfen.
Grüne Parkanlagen oder blühende Gärten waren nur wenigen vergönnt. Die Gesundheit – insbesondere die der Kinder – litt darunter, und so begann die Idee von Dr. Schreber um sich zu greifen, dass vor allem den Kindern ein Platz geboten werden müsse, wo sie wieder frische Luft atmen und ausgelassen spielen konnten.
In den vielen Jahren, die die Kleingartenbewegung nun erfolgreich besteht, sind Kinder noch immer charakteristisch für die Vereine. Zunehmend bewerben sich junge Familien um einen Garten oder die Kinder kommen zu den Großeltern, spielen auf den Plätzen, die als öffentliche Spielplätze in fast allen Vereinen vorhanden sind.
Spielerisch wächst das Interesse am Garten und am gemeinsamen Miteinander, und hier setzt auch das Angebot der den Kleingärtnern sehr nahe stehenden Organisation an unter dem Motto „Deutsche Schreberjugend – macht Spaß und bildet – grenzenlos“.
Naturforscher und Solotänzer
Wenn Susanne Martin, Nils König und Volker Wendorff in ihrer Geschäftsstelle in der Bebelstraße in Hannover zusammensitzen, dann geht es um Jugendarbeit. Die drei führen den Landesverband der niedersächsischen Schreberjugend.
Als Träger der freien Jugendarbeit bereiten sie gemeinsam mit den Ortsgruppen Jugendfreizeiten vor, organisieren Jugendgruppenleiterlehrgänge und unterstützen den Aufbau von Jugendgruppen vor Ort. Ein Beispiel sind die Schrebinos in der Lüneburger Kleingartenanlage „Am Pferdeteich“ (siehe September-Ausgabe 2007 vom „Gartenfreund“, Seite 172/173). Hier bewirtschaften unter der Leitung von Angela Calovius die Kinder ihren eigenen Garten, ernten Erdbeeren und forschen im kleinen, selbst gebauten Teich.
So wie in Niedersachsen ist die Deutsche Schreberjugend in vielen Bundesländern aktiv. Vielerorts hat sie es z.B. durch Fanfarenzüge und Tanzgruppen zu großer Anerkennung gebracht.
Sein 50-jähriges Bestehen feierte in diesem Jahr der Fanfarenzug aus Duingen im Landkreis Hildesheim. Noch zehn Jahre älter ist die Schreberjugend Bergkamen, die mit acht Tanzgruppen ein breites Angebot für Kinder, Jugendliche und auch Ältere bietet.
Foto: Pachel In Berlin werden Zeltlager organisiert und für Ferienreisen für Kinder und Jugendliche, die in Armut leben, geworben. In Sachsen sieht die Schreberjugend ihre wichtigste Aufgabe in der Natur- und Umwelterziehung der jungen Generation.
Ziele für kleingärtnerische Organisationen erstrebenswert
Foto: Pachel Die Ziele der Deutschen Schreberjugend sind in vielen Bereichen auch für die kleingärtnerischen Organisationen erstrebenswert. So beschreibt die Schreberjugend Bergkamen auf ihrer Internetseite http://www.schreberjugend-bergkamen.de ihre Ziele folgendermaßen:
„Wir wollen junge Menschen zu bewusstem Denken und Handeln, sinnvoller Selbstverwirklichung und zu verantwortungsbewusstem Umgang mit ihrer Welt befähigen. Wir wollen ihr Demokratieverständnis fördern und sie zu positiver Mitgestaltung der Gesellschaft anleiten.
Wir vertreten als Träger freier Jugendarbeit die Interessen der Jugend, insbesondere unserer Mitglieder, in der Gesellschaft. Wir machen uns stark für den besseren Schutz des Kindes, die Schaffung von Spiel- und Erholungsmöglichkeiten, die Schaffung und Erhaltung einer humanen Umwelt, die Erhaltung des Friedens und für die Völkerverständigung.
Wir fördern soziales Verhalten durch gemeinsame Erlebnisse innerhalb der Gruppe. Wir fördern neben der musischen und kulturellen auch die jugend- und gesellschaftspolitische Bildung. Wir fördern die Aus- und Weiterbildung von Gruppenleitern.
Wir veranstalten Reisen und Begegnungen grenzenlos – international und bieten Spiel, Sport und Entspannung. Wir sind aktiv bei Natur- und Umweltschutz.“
Spielerische Integration
Für die Deutsche Schreberjugend ist Integration ein Selbstverständnis. Begegnungen mit Jugendlichen aus allen Teilen der Erde und aus allen Kulturen stehen auf dem Programm. Die Schreberjugend leistet hier einen wichtigen Beitrag, Schranken und Grenzen zu überwinden, so wie wir in unseren Gartenanlagen interkulturell das offene Zusammenleben der Nationen pflegen.
Die Zukunft gemeinsam gestalten?
Die kleingärtnerischen Organisationen und die Deutsche Schreberjugend sollten ihre Gemeinsamkeiten verstärkt zum gegenseitigen Wohl nutzen. Beide Organisationen können so eigene Lücken schließen und in ihrer Arbeit voneinander profitieren.
Kleingärtnervereine brauchen Nachwuchs, nicht nur als Mitglieder in den Vereinen und Pächtern in den Gärten, sondern auch bei der Vorstandsarbeit. Die Jugendarbeit der Schreberjugend ist auf Aktivität und Verantwortlichkeit ausgerichtet, Eigenschaften die auch bei der Führung von Vereinen unverzichtbar sind.
Die Schreberjugend hat ihr Angebot für Kinder und Jugendliche dem heutigen Freizeitverhalten angepasst und versteht sich so als moderne Organisation. Für unsere gemeinsame Arbeit ist dieses sehr wichtig, denn ein Angebot, das die Wünsche und Interessen der Kleingärtner wie auch der Kinder und Jugendlichen erreicht, entscheidet über die Zukunft beider Verbände.
Foto: Roemer Und auch die Eltern von Kindern und Jugendlichen, die ihren Nachwuchs bei der Schreberjugend gut aufgehoben wissen, können sich befreit ihrer eigenen (Garten-)Arbeit widmen und haben vielleicht ebenfalls mehr Zeit und Interesse an einer ehrenamtlichen Tätigkeit. Profitieren können wir in unseren Vereinen auch von der gelebten Integration, die für Kinder und Jugendliche oft viel einfacher ist als für uns Erwachsene.
Wir Kleingärtner kommen nicht mit leeren Händen
Mit dem Angebot der Vereine, Gärten für die Schreberjugend bereitzustellen oder die Vereinsheime und Freiflächen als Begegnungsstätten zu nutzen, lassen sich die gemeinsamen Wurzeln beider Organisationen nutzbringend verbinden.
Den Kindern aus unseren Vereinen werden so zusätzliche Freizeitaktivitäten geboten, professionell organisiert von ausgebildeten Jugendgruppenleitern. Sie lernen dabei, über die Grenzen ihres Gartens hinauszuschauen, und erhalten durch positive Lebenserfahrungen wiederum eine engere Bindung an ihren Garten. Aus der Erfahrung mit meinen Kindern kann ich bestätigen, dass dieses so ist.
Die Liste der Möglichkeiten lässt sich beliebig fortführen, den Ideen sind keine Grenzen gesetzt. Alle Gartenfreundinnen und Gartenfreunde und alle jungen Menschen sind eingeladen mitzumachen: Die Zukunft gemeinsam gestalten!
Joachim Roemer,
Landesgartenfachberater des Landesverbandes Niedersächsischer Gartenfreunde