• Kleingartenwesen
  • Aktuelles, Trends und Geschichtliches

Kleingartenanlagen dort bauen, wo Bedarf besteht

Schlagworte zu diesem Artikel:
  • Kleingartenanlagen
  • Be­völ­ke­rungs­ent­wick­lung
  • Wirtschaft
  • Stadtentwicklung
  • Stadtplanung
  • Kleingartenentwicklung
  • Zukunft
  • Fördermöglichkeiten

Zuordnung einer Kleingarten-NeuanlageFoto: Spieß Städtebauliche Zuordnung einer Kleingarten-Neuanlage zu der benachbarten Großsiedlung Unsere Städte und Gemeinden sind großen Veränderungen un­terworfen. Hierbei spielen einige Hauptfaktoren eine Rolle:

  1. Der demografische Faktor: eine ungleichmäßige Be­völ­ke­rungs­ent­wick­lung durch „Ster­be­über­schuss“ (wenn in einem be­stimm­ten Gebiet mehr Menschen ster­ben als geboren werden) und Abwanderungsverluste. Damit ist eine zunehmende Alterung der Gesellschaft verbunden.
  2. Der wirtschaftliche Faktor: Veränderungen in der Kaufkraft der Bevölkerung infolge der wirtschaftlichen Strukturveränderungen ziehen oft eine ver­än­der­te Nachfrage nach Konsumgütern nach sich.
  3. Der wohnungswirtschaftliche und finanzielle Faktor: Bei rückläufiger Nachfrage entstehen Leerstände im Wohnungssektor. Bei der Erschließung neuer Wohn­flächen entsteht neuer Bedarf an Kleingärten.
  4. Der soziale Faktor: Gewachsene soziale Strukturen lösen sich auf oder es entstehen neue.
  5. Kleingartenanlagen gehören in den Städten und Gemeinden zu den sogenannten „weichen“ Standortfaktoren und zur städtebaulichen Gesamtsituation. Das bedeutet, dass Veränderun­gen, die sich aufgrund der oben beschriebenen Faktoren ergeben, sich auch in unseren Anlagen wiederfinden.

Was bedeuten diese Faktoren nun im Einzelnen? Grundsätzlich ist festzustellen, dass sich mit den Änderungen der Lebensumstände auch die Entwicklungsschwerpunk­te in der städtebaulichen Pla­nung verschieben: Wo weniger Wohnun­gen sind, sind weniger Menschen. Wo neue Wohn­bau­ge­bie­te entstehen, ergeben sich neue Bewohnerstrukturen, und dadurch verändert sich die Infrastruktur, z.B. in Bezug auf Kindergärten, Senio­renwohnun­gen, Grün­flächen und Kleingärten.


Kleingartenanlagen gehören zentral in die Städte

Frei- und Kleingartenflächen, die nicht Wohnungsbaugebieten zuge­ordnet sind, verlieren einen Teil ih­rer Qualität und damit ihrer Attraktivität. In der Vergangenheit wurde oft folgendermaßen gehandelt:

  • Kleingärten gehören an den Stadtrand.
  • Kleingärten siedeln wir dort an, wo preiswerte Grundstücke vorhanden sind.
  • Kleingärten können auf „Restflä­chen“ entstehen.

Dies hat mit Städtebauplanung und planerischer Vorsorge sehr wenig zu tun. Die vielfachen Wohl­fahrts­wir­kun­gen der Kleingartenanlagen sind hinreichend bekannt und erläutert worden. Nur noch einmal die Schlagworte: Kleingärten haben ökologische Bedeutung! Kleingärten haben soziale Bedeutung! Kleingärten haben wirt­schaftspolitische Bedeutung!

Wenn diesen Bedeutungen entsprochen werden soll, kann es nur eine Forderung geben: Klein­gär­ten gehören zentral in die Städte und Gemeinden und müssen den Stadtteilen und Wohnquartieren zugeordnet werden.


Gelungenes Beispiel: Kleingartenanlage nach Grabeland

In der Ruhrgebietsstadt Castrop-Rauxel wurde eine Grabelandfläche durch den Eigentümer ge­kün­digt. Die Grabelandfläche lag in unmittelbarer Nähe zu den Wohnungen der Pächter und deckte damit den aktuellen Bedarf ab. (Die Grabeländer waren die niedrigste Stufe der Versorgung mit Gärten. Sie sollten die Lebensqualität verbessern und den Wünschen der Bevölkerung nach­kom­men.)

Daher fanden Abstimmungsgespräche mit den Pächtern statt, und die Stadt Castrop-Rauxel stell­te in unmittelbarer Nähe eine ge­eignete Fläche bereit, die über ei­nen Bebauungsplan als Dauer­klein­gartenanlage entwickelt und abgesichert worden ist. Der Grund­stückseigentümer ist die Stadt.

So entstanden auf ca. 9000 m² 23 Einzelgärten in einer Größe von ca. 240–330 m². Hinzu kommt die Infrastruktur der Anlage mit Vereinsflächen (Standort für Vereinsheim und Ge­mein­schafts­toi­let­ten), einem Parkplatz, Wasseranschluss bis zur Parzellengrenze sowie einem stationären Strom­an­schluss an den jeweiligen Erschließungswegen. Eine standortgerechte Anpflanzung mit hei­mi­schen Gehölzen erfüllt auch die ökologischen Ansprüche.

Auf diese Weise werden die städ­tebaulichen Anforderungen an die Anlage erfüllt: Zuordnung zu den Wohngebieten, Bedarfsdeckung, Verbesserung der Infrastruktur durch Gärten und Freiräume, Verbesserung der ökologi­schen Situa­tion und der Lebensqua­lität.

Fazit: Eine erfolgreiche Städtebauplanung muss sich in allen Bereichen – Wohnen, Arbeiten und Freiraum – am Bedarf und an den Erfordernissen orientieren. Hierbei ist eine direkte Zuordnung der jeweiligen Bereiche zueinander zwingend notwendig.

Der Flächenanspruch für die Frei­zeitgestaltung und Gartennutzung ist in diesem Dreiklang genau­so wichtig wie Wohnen und Arbeiten. Jede Kommune muss sich im Klaren darüber sein, welche Flächen für die Freizeitgestaltung notwendig und damit zu erhalten oder zu schaffen sind.


Kleingartenanlagen dorthin, wo die Menschen leben

Gewachsene SiedlungsstrukturFoto: Spieß Gewachsene Siedlungsstruktur; Wohnsiedlung und Kleingärten Kleingartenanlagen sind dort not­wen­dig, wo die Menschen wohnen und leben. Das bedeutet, dass bei jeder Planung von zusätzlichen Woh­nungs­bau­flä­chen auch neue Klein­gar­ten­an­la­gen bedarfsgerecht errichtet werden müssen.

Nicht vergessen werden darf, dass auch die Umgestaltung von Klein­gar­ten­an­la­gen, die bessere Anbindung an die Wohngebiete, die Vernetzung mit Fuß- und Wanderwegsystemen wichtige Aufgaben sind. Dies gilt sowohl für Alt­anlagen als auch besonders für die Neuanlagen.

 

Entwicklungs­pläne müssen individuell sein

Ein weiterer Schwerpunkt bei der städtebaulichen Einbeziehung liegt auf der Klein­gar­ten­ent­wick­lungs­pla­nung. Da die Bedingungen in den bundesweiten Regionen sehr unterschiedlich sind, ist es sinnvoll, dass die Kommunen jeweils eine eigene Kleingartenentwicklungsplanung erstellen.

Siedlungswohnungsbau und KleingärtenFoto: Spieß Siedlungswohnungsbau und Kleingärten in unmittelbarer Nachbarschaft Die Kleingartenentwicklungsplanung geht von einem Ist-Zustand aus und weist als Planungsinstrument Zu­kunfts­pers­pek­ti­ven aus. Diese Planung muss sowohl fachbezogen als auch politisch verankert sein. Je bewusster das Klein­gar­ten­we­sen als wertvoller Bestandteil einer Stadt begriffen wird, desto eher wird die Politik einer Stadt Interesse an seiner planerischen Sicherung haben.

Notwendig ist also die Aufstellung und Fortschreibung von Klein­gar­ten­ent­wick­lungs­kon­zep­ten sowie das Ein­brin­gen der quantitativen und qualitativen Zielvorstellungen in Flächennutzungs- und Landschaftspläne, Be­bauungs- und Grünordnungspläne sowie in andere Fachkonzepte.

„Entwicklung“ ist auch unter dem Aspekt wichtig, dass auf die immer schneller werdenden Ver­än­de­run­gen in unserer Gesellschaft flexibel reagiert werden muss. Das heißt, dass Pla­nungs­zeit­räu­me und -ziele bei veränderten Rahmenbedingungen angepasst werden müssen. Die Entwicklung muss sich nach dem Bedarf richten.

Auf der Grundlage der Kleingartenentwicklungsplanungen können die Handlungsfelder bearbeitet werden. Hier wird es zwingend notwendig, die städtebaulichen Förderprogramme und die darin bereitgestellten Mittel neben dem Neubau auch auf den Umbau oder Rückbau bestehender Klein­gar­ten­an­la­gen, die evtl. mit Leerständen belastet sind, zu erweitern.

Die im Kleingartenwesen existierenden Fördermöglichkeiten einzelner Länder für den Neubau von Kleingartenanlagen stellen aufgrund der Unterschiede in der Zielsetzung keine Doppelförderung dar und müssen daher ausgebaut und erweitert werden.

Wilhelm Spieß,
stellvertretender Vorsitzender des Landesverbandes

Westfalen und Lippe der Kleingärtner