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Warum Kleingärten das Stadtklima verbessern

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KleingartenanlagenFoto: dpa/Report Kleingartenanlagen wie hier in Berlin sind wichtig für ein gutes Mikroklima in den Städten.


Es war wie in den Tropen: Von Juni bis Juli diesen Jahres entluden sich in schwülwarmer Luft immer wieder Gewitter an vielen Orten in Deutschland. Den Gewitterfronten folgten oft sintflutartige Re­gen­fälle, die in einigen Regionen zu Überschwemmungen führten. Nach einem durchwachsenen Juli folgte dann von Ende August bis Mitte September eine für diese Zeit ungewöhnliche Hitze­pe­ri­ode. Der Sommer 2016 war ein Sommer der Extreme, an den sich viele Gartenfreunde noch lange erinnern werden.


Extreme in den Städten

Die Wissenschaftler sind sich einig: Das sind Vorboten eines Klimawandels, der sich eben nicht nur darin auswirkt, dass es überall wärmer wird, sondern vor allem dadurch, dass die Zahl der Wetter­extreme steigt. „In den letzten 100 Jahren sind die Jahresmitteltemperaturen schon um über 1 °C ge­stie­gen. Das scheint nicht viel zu sein, sollte einen aber wach machen. Es wird in naher Zukunft mehr Sommertage und Tage mit Hitze, also mit Temperaturen über 30 °C, geben. Dürreperioden werden länger werden und hohe Niederschlagssummen weiter zunehmen“, so Gabriele Krugmann, Diplom-Meteoro­login vom Deutschen Wetterdienst (DWD), mit Blick auf das Klima der nächsten 50 Jahre.

Mehr Tage mit großer Hitze – gerade in den Städten wird sich das bemerkbar ma­chen. Dort liegen die Durchschnittstempe­raturen im Vergleich zum Umland schon jetzt um einige Grad höher. Auf einzelnen Wärmeinseln kann es aber auch mal 10 °C wärmer werden! Für ältere und geschwäch­te Menschen kann das zu gesund­heitlichen Problemen führen.

„Längere Hitzewellen sind für die Menschen belastend, insbesondere, wenn die Tem­pe­ra­tu­ren in den Nächten nicht zurückgehen. Die Anzahl der „tropischen“ Nächte mit Tiefsttemperaturen über 20 °C werden zunehmen. Dauern diese Phasen länger, kann das belastend für den menschlichen Organismus sein“, erläutert Krugmann.

Eine Gefahr, die nicht zu unterschätzen ist: Während der Hitzewelle im Sommer 2003 kam es nach Angaben des Bundesumweltministeriums zu ca. 7000 zusätzlichen Todesfällen durch direkte hitze­bedingte Erkrankungen, wie Hitzschlag oder akute Verschlechterungen bestehender Vor­er­kran­kungen z.B. des Herz-Kreislauf-Systems.

Ganz andere Probleme drohen den Men­schen in den Städten durch die zu erwartende Zunahme von Starkregenereignissen. In den Ballungsräumen ist die Gefahr von lokalen Überschwemmungen nach star­ken Regenfällen größer. Hier kön­nen die Wassermassen nicht versickern, sondern müssen oberirdisch ablaufen. Oft ge­raten die Abwasserrohre oder kleine Was­serläufe an die Grenzen ihrer Kapazität.


Kühlschrank Kleingarten

Kleingärten wirken diesen Gefahren entgegen, indem sie das „Mikroklima“ einer Stadt verbessern und Regenwasser speichern. Sie können das Stadtklima etwa beeinflussen, indem sie zusammen unbebaute Frischluftschneisen bilden, durch die kalte, feuchte Luft aus der Umgebung in die In­nen­städte geführt wird, oder Frischluft gleich selbst produzieren.

Aber Kleingärten haben noch mehr Vorteile: „Kleingartenanlagen wirken positiv auf das Stadt­klima, weil dort sehr viel Grün vorhanden und sehr wenig versiegelt ist. Die Vegetation dort versorgt die Luft mit Feuchtigkeit. Niederschläge versickern dort und laufen nicht einfach ab. Der versickerte Niederschlag kann dann in den nächsten Tagen wieder als Feuchtigkeit an die Luft abgegeben werden. Insgesamt sind Kleingärten wie auch Stadtparks oder kleine Grünflächen immer wunderbar für das Stadtklima, weil sie ausgleichend wirken und hohen Temperaturen entgegenwirken“, so Gabriele Krugmann.

Temperaturen an der KleingartenanlageGrafik: Geoportal/Umweltatlas Berlin/ Klimamodell Berlin: Lufttemperatur am Abend 22.00 Uhr 2005 Die Temperaturen an einen warmen Som­mer­abend im Bezirk Treptow in Berlin – deutlich zu ­sehen ist, dass es in den ein­ge­zeich­neten Klein­garten­an­lagen kühler ist. Wie groß der Nutzen der Kleingartenfläche für das Mikroklima ist, hängt nicht nur von Größe und Lage einer Anlage ab, erklärt Prof. Hartmut Balder von der Beuth Hochschule für Technik in Berlin: „Die kli­ma­tischen Effekte begründen sich über die Blattmasse von Sträuchern, Bäumen und auch Rasen. Mit der Grün­masse kann der Temperaturanstieg über Ge­bäu­den abgefedert werden. Kleingärten binden so aber auch Stäube und Gase über die Pflanzenoberflächen und haben damit einen positiven Effekt auf die Luft in den Städten. Das spiegelt sich auch in der Lebens­qua­li­tät der Menschen wider.“

Um wie viel Grad Kleingartenanlagen die Tem­pe­ra­turen absinken lassen, können die Experten aber nicht genau sagen. Lediglich eine Orientierung geben Mes­sungen des DWD in Frankfurt am Main an einem Hit­ze­tag. Dort wurden in einer Fuß­gänger­zone ohne Grün über 40 °C gemessen, in der benachbarten Fuß­gänger­zone mit Bäumen waren es noch 37 °C, in einer nahe liegenden kleinen Grünanlage betrugen die Tem­pe­ra­turen dann nur noch 33 bis 34 °C.

Diese deutlichen Temperaturunterschie­de von bis zu 6 °C wurden in der unmittelbaren Nach­bar­schaft gemessen. Kleingärten reduzieren aber nicht nur die Temperaturen in der nahen Umgebung einer Anlage, sondern wirken zusammen mit anderen Grünflächen auch der Erwärmung des ge­sam­ten Stadtklimas entgegen. Wie groß die Kühl-Effekte von Kleingartenanlagen auf das ge­sam­te Stadtklima sind, lässt sich nicht beziffern. Sicher ist nur, dass viele Kleingartenanlagen besser für das Stadtklima sind als wenige große Parks.

„Die Meteorologen zeigen nach neusten Erkenntnissen heute ganz klar auf, dass, wenn man für das ge­sam­te Stadtklima etwas tun will, wir ein dichtes Netz von Grünflächen brauchen, also nicht nur einen großen Park, sondern kleinste Flächen, die überall in der Stadt verteilt sind“, so Balder.


Aufgabe für die Stadtplanung

Kleingartenanlagen haben also viele Vorteile für das Stadtklima: Sie senken die Temperaturen, sor­gen für einen besseren Luftaustausch, binden gesundheitsschädlichen Feinstaub und klima­schäd­liche Gase, halten Regenwasser zurück und verbessern die Luftfeuchtigkeit. Viele Gründe also, wa­rum Politiker und Stadtplaner Wert darauf legen sollten, dass Kleingartenanlagen erhalten bleiben – trotz des immer knapper werdenden Baulands.

„Stadtplaner sollten Bebauungspläne so gestalten, dass Frischluftschneisen nicht zugebaut wer­den. Der Anteil von Grün in der Stadt darf auch nicht weiter reduziert werden, sondern sollte im Gegenteil erhöht werden“, rät Gabriele Krugmann vom DWD. Prof. Hartmut Balder empfiehlt dabei, Klein­garten­an­la­gen, Parks und andere Grünanlagen zusammen zu betrachten. „Die Bundes­re­gie­rung hat beschlossen, dass der Flächenverbrauch der Städte zulasten der Landwirtschaft bis 2020 halbiert werden muss, die Städte müssen sich also verdichten. In diesem Zusammenhang sind die Kleingartenflächen wichtig, sie müssen in ein Gesamtkonzept eingebunden werden, im dem die positiven Effekte der Grünflächen für das Stadtklima berücksichtigt werden.“

Gerade in Zeiten, in denen sich Politik und Verwaltung mit der sogenannten „Klimaanpassung“ auf die Folgen des Klimawandels vorbereiten, ist der positive Effekt von Kleingartenanlagen auf das Stadtklima wichtiger denn je. Kleingärten sind Regulatoren des Stadtklimas, die nicht zu ersetzen sind – gerade in Zeiten zunehmender Wetterextreme.

Sören Keller
Verlag W. Wächter