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Kunst spricht an – kreative Schüler im Kleingartengebiet "Fuchsberg" in Bremen
„Bunte Welle“, „Drahtkünstler“ und andere farbige Gesellen
Foto: Kgv. Fuchsberg
2. Juli 2005. Kurz vor 14.00 Uhr. Im Eingangsbereich des Kleingartenvereins „Fuchsberg e.V.“ in BremenNord tummeln sich viele Menschen. Gespanntes Warten!
Da kommen sie: 40 Kinder der Grundschule Schönebeck kommen von der schuleigenen Parzelle den Hauptweg entlang. Die Skulpturenausstellung „Kunst spricht an!“ kann beginnen. Stolz hören die Kinder den Reden zu und warten ungeduldig darauf, dass die Ausstellung offiziell eröffnet wird. Denn natürlich wollen sie den Erwachsenen ihre Werke zeigen.
33 von den Grundschülern geschaffene Skulpturen aus unterschiedlichen Materialien stehen in den Parzellengärten verteilt. Vor den Gärten weist jeweils ein „Pflanzschild“ auf die Skulptur hin. Zu erfahren sind Titel und Material der Kunstwerke, Name und Alter des jungen Künstlers. Sie heißen „Bunte Welle“, „Kugelblitz“, „Drahtkünstler“ oder „Holzakrobat“ und haben ihren Platz zwischen Blumen, in Bäumen und Sträuchern gefunden.
Sie sind aus bemaltem Holz, YtongSteinen, bemalten Acrylglasformen, Draht oder Naturmaterialien. Eine Plane dient ebenso als Materialgrundlage wie etwa eine Fahrradfelge. Sorgsam aufgestellt und mit Hilfe der Kleingärtner gut befestigt ziehen sie die Blicke auf sich, verleihen den Gärten neuen Ausdruck.
Foto: Kgv. Fuchsberg Stolz sind die Kinder auf ihre Arbeiten, und stolz sind auch die Kleingärtner, ein Kunstwerk in ihrem Reich präsentieren zu dürfen. In den kommenden Wochen haben sie „ihr Werk“ sorgsam betreut und gegen die Unbill des Bremer Sommers geschützt.
Wenn Kleingärtner und Grundschüler aufeinander treffen, dann ...
Ich bin Lehrerin und Bildhauerin und habe mit gut 45 Kindern dieses Projekt durchgeführt. Heute sind hier die Kinder die Experten, sie geben Auskunft über den Entstehungsprozess der Skulpturen und über die phantasievollen Titel. So ist „Pfiel“ nicht ein Schreibfehler, sondern bewusst gesetzt. Lukas‘ farbiges Holzwerk erinnert an einen Pfeil, aber es ist eben keiner.
Foto: Schmeling
Die Namensgebung war ein spannender Prozess in dem künstlerischen Gestalten der Schüler. Das eigene Produkt wurde benannt, und das war gleichzeitig eine Auseinandersetzung mit dem Objekt. Unterstützt von der guten Beobachtungsgabe der Mitschüler gab es ein intensives Ringen um den richtigen Titel.
Wie kam es zu dieser Ausstellung, die pünktlich zum 40jährigen Bestehen des Kleingartenvereins eröffnet worden ist?
Seit gut zwei Jahren ist die nahegelegene Grundschule Schönebeck Pächter einer Parzelle in der Kleingartenanlage. Hier im grünen Klassenzimmer lernen die Schüler unter Anleitung der Kleingärtner den Wachstumszyklus der Kartoffeln oder Bohnen kennen. Gemeinsam wird das Beet bestellt und gepflegt, die Früchte werden geerntet und zubereitet. Hier greifen die Kinder selbst zu Schaufel und Hacke, ziehen Furchen und häufeln an.
Doch bislang beschränkte sich der Kontakt auf einige wenige Kleingärtner. Auch wurde die Parzelle noch zu wenig von der Schule als Unterrichtsort an sich genutzt.
„Kunst spricht an!“ – Wer spricht mit wem, und was spricht an?
Foto: Kgv. Fuchsberg Das will das Projekt „Kunst spricht an!“ ändern. Ich möchte mit dieser Aktion einen Beitrag zur besseren Verständigung zwischen Grundschule und Kleingartenverein leisten, möchte die generationsübergreifende Kommunikation anregen. Und diesmal sind die Kinder die Experten. Sie treten mit den Kleingärtnern in den Dialog über Kunst, über ihre Kunst, über Kunst und Natur. Sie sind diejenigen, die auf der Suche nach einem geeigneten Standort für ihre Skulpturen mit den Kleingärtnern ins Gespräch kommen.
Möglich wurde das Kunstprojekt durch die Unterstützung der „Aktion Mensch“. „5000 x Zukunft“ heißt die Förderidee, mit der im Jahr 2005 bundesweit 5000 Projekte im Bereich Kultur und Kunst mit maximal 5000,– Euro gefördert wurden. „Kunst spricht an!“ gehört zu diesen 5000 ausgewählten Ideen.
Erst diese finanzielle Unterstützung machte die Durchführung des Ausstellungsprojekts möglich. So konnten Materialen gekauft und gutes Werkzeug angeschafft werden; Plakate, Einladungskarten und Verpflegung für die Eröffnung waren ebenso finanzierbar wie Honorar für die Projektleitung. Dafür sei auch an dieser Stelle „Aktion Mensch“ für ihre großzügige Förderung gedankt.
Kreatives Schaffen spricht an!
Gedankt sei aber auch den gut 45 Grundschülern, die ein halbes Jahr regelmäßig jede zweite Woche einen Nachmittag gemeinsam in Gruppen à 15 Kinder mitgearbeitet haben. Zu Beginn erkundeten wir das Kleingartengebiet, probierten verschiedene Materialen aus und beschäftigten uns mit Skulpturen allgemein, mit Kunst und verschiedenen Künstlern.
Foto: Kgv. Fuchsberg Verschiedenes Holz, Acrylglas, verschiedene Steine und Ziegel, Draht, Naturmaterial und Farben boten breite Möglichkeiten, um ins künstlerische Tun zu kommen. Dabei entwickelten sich erste Werkideen oder Themen.
Die Kinder hatten selbst Vorschläge für neues Material oder brachten es sogar von zu Hause mit. Schnell entfaltete sich ein kreativer und lebendiger Prozess, kleine Grüppchen begannen, gemeinsam zu arbeiten und sich gegenseitig zu inspirieren.
Sie lernten Hämmern und Schrauben – für manche zum ersten Mal –, die Bohrmaschine zu benutzen und mit der Heißklebepistole umzugehen. Sie bekamen ein Gefühl für Statik und Proportionen. Ich lernte, meine erwachsene Sichtweise hintanzustellen und mich auf den Schaffensprozess der Kinder einzulassen.
Große Vorbilder beflügeln kleine Künstler
Der Ausflug zum Skulpturenpark Kramelheide ließ die Vorstellung von Kunst in der Natur erfahrbar werden. Objekte passen sich dort in ihre Umgebung ein oder aber sie heben sich deutlich von ihr ab. Alle Varianten sind in diesem Park zu finden.
Sie öffneten den Blick der Kinder und stärkten das Selbstbewusstsein für das eigene künstlerische Schaffen. So fiel es ihnen auch nicht schwer, mit einer selbstverständlichen Sicherheit im Kleingartengebiet nach geeigneten Orten für ihre Werke zu suchen. Genauso selbstverständlich haben sie dann auch den Kontakt zu den Parzellenbesitzern aufgenommen. Gemeinsam mit ihnen wurden die Skulpturen aufgestellt.
Die gegenseitige Skepsis zu Projektbeginn wich in dieser letzten Phase einer entspannten Zusammenarbeit. Die gemeinsame Ausstellungseröffnung und das anschließende Sommerfest mit Jung und Alt, fröhlichem Beisammensitzen und abwechslungsreichen Spielen bis spät in den Abend waren der lebendige Beweis dafür.
Birgit Schmeling