- Kleingartenwesen
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Der „östliche“ Rückblick auf das BundesKleingartenGesetz
Es war das Jahr 1989, die Ereignisse in der DDR überschlugen sich. Menschen gingen auf die Straße. Am 4. September 1989 waren es in Leipzig 1000, am 9. Oktober 70.000. Montagsdemonstrationen gab es bald in fast allen Städten. Unter der Losung „Wir sind das Volk!“ ging es um die Erneuerung des Staates, um mehr Demokratie, mehr Freiheiten, keine Bevormundung durch den Staat und weniger Bürokratie. Die Aufbruchstimmung ergriff das ganze Land, es wurde diskutiert und fast alles infrage gestellt. Aber nur wenige hatten konkrete Vorstellungen davon, wie es weitergehen sollte.
Die Situation änderte sich recht bald, und mit der leicht geänderten Losung „Wir sind ein Volk“ wurde der Wunsch nach dem Zusammenschluss der beiden deutschen Staaten zum Ausdruck gebracht. Aus dem Zusammenschluss wurde ein Beitritt der DDR zur BRD.
1989: Aufbruchstimmung auch bei den Kleingärtnern
Auch das Kleingartenwesen hatte an dieser Aufbruchstimmung teil. Der bisherige Verband der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter (VKSK) bestand bis zur Wende aus zwölf verschiedenen Fachrichtungen. Sukzessive verabschiedeten sich einzelne Fachrichtungen, bis meist nur noch die Kleingärtner, Siedler und Wochenendsiedler übrig waren und der Verband schließlich offiziell aufgelöst wurde.
Die Entwicklung in den einzelnen Kreisverbänden des VKSK verlief zwar ähnlich, dennoch gab es im Detail Unterschiede. Personen, die es über Jahrzehnte gewohnt waren „Anordnungen von oben“ mehr oder weniger kreativ umzusetzen, fehlte plötzlich die „führende Hand“. Der Zentralverband des VKSK verfiel zunächst in Sprachlosigkeit und wurde dann von der Wirklichkeit „überrollt“.
An der Basis dagegen drängten die Kleingärtner auf schnelle Veränderungen. Einige siedelten in die alten Bundesländer über und ließen ihr Eigentum auf der Parzelle zurück. Viele Gartenfreunde tauschten den Spaten gegen den Reisekoffer ein. Manche Gartenfreunde verwechselten den Begriff „Freiheit“ mit absoluter Freiheit. Die Bautätigkeit uferte aus, und die kleingärtnerische Nutzung wurde heruntergefahren.
Die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) kündigten alle Verträge über Kleingartenanlagen, denn sie waren keine Bodeneigentümer. Die Bauern dagegen, die tatsächlichen Bodeneigentümer, hatten kein Mitspracherecht. Mit der Änderung des LPG-Gesetzes erhielten die Bauern die Verfügungsgewalt über ihr Besitztum zurück und sollten nunmehr Vertragspartner der Zwischenpächter werden. Doch sie hatten in den wenigsten Fällen Interesse an Kleingartenanlagen.
Diese Situation herrschte in den Jahren 1989/90 im Kleingartenwesen vor. Keiner wusste, wie es weitergehen sollte. Der „eiserne Vorhang“ war zu DDR-Zeiten so dicht gewesen, dass die Verbände noch nicht einmal wussten, ob es in der BRD überhaupt Kleingartenanlagen gab.
Das BKleingG sorgte für Klarheit – und viele Fragen
Mit dem Einigungsvertrag zwischen BRD und DDR wurde uns dann endlich mit dem BKleingG eine Rechtsgrundlage in die Hand gegeben. Die Umsatzzahlen für dieses und andere Rechtshandbücher spiegelten wider, dass der Informationsbedarf groß war. Die durch Verbände organisierten Schulungsveranstaltungen für Vereinsvorstände waren stets überfüllt.
Besonders ältere Gartenfreunde hatten Probleme mit der neuen Freiheit, selbst zu entscheiden, Gesetze zu kommentieren, abzuwägen und für konkrete Bedingungen anzuwenden. Meist gab es mehrere Möglichkeiten mit unterschiedlichen Ergebnissen. Das war ungewohnt für ehemalige DDR-Bürger, und dem Lieblingssatz der Rechtsanwälte: „Das kommt ganz darauf an …“ entgegneten sie: „Da muss doch einer sein, der sagt, wie es gemacht wird.“
Zu Zeiten des VKSK gab es drei Hefte im Format DIN A6, die in den meisten Fällen ausreichten, um einen Verein zu leiten. Das waren das Statut des VKSK, die Kleingartenordnung und die Beitrags- und Konfliktordnung. Für ganz Wissbegierige gab es noch ein Handbuch „Kleingartenwesen, Kleintierzucht, Kleintierhaltung“. Auf nur 239 Seiten wurden hier alle rechtlichen und finanziellen Fragen der Kleingärtner und Züchter abgehandelt.
Kein Vergleich zu dem breiten Rechtsspektrum der heutigen Zeit: Unzählige Gesetze, Verordnungen und Erlasse „versperren“ die Sicht auf den Kleingarten selbst. Deshalb ist es gut, wenn das BKleingG als eine Art Kompass durch die Vielzahl von Vorschriften hilft. Setzen wir alles daran, dass es uns noch recht lange erhalten bleibt.
Lothar Fritzsch
Vizepräsident Landesverband der
Kleingärtner Sachsen
Lesen Sie hierzu auch den Beitrag: „30 Jahre Bundeskleingartengesetz“