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Das Osterfeuer fällt aus ...
Foto: Roemer
Ratlos standen kleine Gruppen Männer, Frauen und Kinder neben dem bereits aufgeschichteten Holz. In jedem Jahr waren oft um die tausend Menschen am Ostersamstag in die Kolonie gewandert, um das Osterfeuer zu erleben. Einige waren bereits vor Jahren mit ihren Eltern zu den Osterfeuern gegangen und kamen immer noch jedes Jahr wieder.
Jetzt leuchteten statt der Flammen nur zwei Fenster im benachbarten Vereinsheim. Dort starrten der Vorstand und der Festausschuss auf ein Schreiben der Gemeindeverwaltung. „Eine Genehmigung zum Abbrennen des Osterfeuers wird aus Gründen des Klimaschutzes nicht erteilt“, lautete es in knappen Sätzen.
Vorwürfe wurden laut, warum der Vorsitzende denn nicht rechtzeitig den Antrag gestellt habe. „Nie hat es Probleme gegeben“, maulte er, selbst dann nicht, wenn der Antrag einmal vergessen wurde. Es gab immer eine Genehmigung, und nach der Größe des Feuers hat auch niemand geschaut.
Schließlich entlud sich der Zorn auf die Verwaltung, fühlte man sich doch im Recht: „Wir Kleingärtner schützen doch unsere Umwelt, pflegen öffentliche Grünflächen“, schimpfte der Vorsitzende. Da fällt viel Holz an, das beseitigt werden muss. „Wo sollen wir mit dem ganzen Zeug denn hin?“
Außerdem sei das Osterfeuer die erste große Veranstaltung im Jahr, und die Einnahmen aus dem Verkauf von Gegrilltem und Getränken seien bitter nötig, schließlich gebe es ja auch schon lange keine Zuschüsse mehr. „Wir sind darauf angewiesen, das müssen die Verantwortlichen in der Stadt doch verstehen.“
Die Presse hatte gewarnt
Dabei hätten die Verantwortlichen im Verein die Berichte in der Lokalpresse nur etwas gewissenhafter lesen müssen. Schon ein Jahr zuvor hatte es eine heftige Diskussion um die Feinstaubbelastung der Luft an den Ostertagen gegeben. So berichtete NDR Niedersachsen, dass die Stadt Lüneburg die Zahl der Osterfeuer halbieren wolle.
In der Osnabrücker Zeitung stand: „Wer gestern über die Stadt schaute, hatte den Eindruck, als blicke er zu DDR-Zeiten auf Bitterfeld. Schon der nächste Kirchturm war kaum noch zu entdecken.“ Die Münstersche Zeitung warnte gar, dass die miese Luftqualität zwangsläufig zur Einrichtung von Umweltzonen in der Stadt führen werde. Das zuständige Landesamt hatte zu Spitzenzeiten Werte gemessen, die die zulässige Marke um das Vierfache überschritten.
Ein Bürgermeister warb um Verständnis für seine Entscheidung. „Niemand will Traditionen abschaffen, dazu gehört auch das Osterfeuer. Aber wir müssen an unsere Umwelt denken. Der Klimawandel betriff uns alle, wir dürfen nicht die Augen verschließen.“
Gerade beim Osterfeuer werde die drastische Zunahme der Feinstaubbelastung durch Feuerstätten für jeden sichtbar. „Leider hat in den Jahren auch die Tradition verloren“, bedauerte das Stadtoberhaupt. Vielerorts ist das Feuer nur ein Aufhänger für kommerzielle Veranstaltungen bei lauter Musik, Bier und Grillwurst. „Da gilt es einen Riegel vorzuschieben, und da dürfe man auch bei den Kleingärtnern keine Ausnahme machen.“
Messungen sind dramatisch
In einem Bericht des Umweltbundesamtes (UBA) vom Mai 2009 wird die Situation deutlich. Die enorme Zunahme der Feinstaubkonzentration begann meistens in den Abendstunden des Sonnabends und erreichte am Ostersonntag ihren Höhepunkt.
Der Ort Waldhof in der Lüneburger Heide erreichte Ostersonntag 2002 den höchsten Wert seit 1989. In Regionen, in denen kein Osterfeuer abgebrannt wird, zeigten Vergleichsmessungen keinen Anstieg an den Ostertagen.
Kommen zu der erhöhten Feinstaubbelastung ungünstige – austauscharme – Wetterlagen hinzu, so können Osterfeuer großflächig für einen der 35 Überschreitungstage im Jahr verantwortlich sein, so das UBA. Das wiederum bedeutet für die Kommune, dass das Osterfeuer die Pflicht zur Einführung der Umweltzone beschleunigen kann. So war in Münster der Wert nach dem ersten Quartal bereits 13-mal überschritten worden!
Klimaschutz ist Bürgerpflicht
Klimaschutz geht uns alle an. Wir alle tragen Verantwortung dafür, dass unsere Welt auch für kommende Generationen noch lebenswert ist. Das gilt für die großen Unternehmen genauso wie für jeden einzelnen Bürger.
Wir alle, auch wir Gartenfreunde, werden uns in Zukunft noch umweltbewusster verhalten müssen, um die unvermeidliche Katastrophe wenigstens in ihrem Ablauf zu mildern. Und das gilt auch für die Osterfeuer.
Brauchtum bewahren
Wir Gartenfreunde pflegen seit vielen Jahrzehnten das Osterfeuer als eine der ersten Veranstaltungen im Gartenjahr, die für viele Menschen das Ende einer langen, dunklen und oft auch einsamen Winterzeit bedeutet. Aber wir müssen unsere Umwelt dabei im Blick behalten.
Osterfeuer sind keine Gelegenheit, um lästigen Baumschnitt oder andere brennbare Abfälle zu entsorgen. Auf das Ostfeuer gehören nur abgelagerte, trockene Laubhölzer. Und auch der Umsatz von Bratwurst und Bier darf nicht im Vordergrund stehen.
Bewahren wir uns eine alte Tradition, indem wir sie als solche pflegen: mit Maß und Vernunft für unsere Umwelt und unsere Gesundheit.
Osterfeuer als Brauchtum
Osterfeuer werden am Samstag vor Ostern entzündet, mancherorts auch erst am Abend des Ostersonntags. Die Ursprünge dieses Brauches werden im heidnisch-germanischen Sonnenkult vermutet. Das Feuer diente dazu, den Winter zu vertreiben. Später wurde der Brauch von den Christen übernommen. Das Osterfest beginnt häufig mit einem Feuerritual in der Osternacht. Zu Beginn der feierlichen Ostermesse wird vor der Kirche ein kleines Feuer entfacht. Der Priester entzündet daran die Osterkerze, die als Sinnbild für den auferstandenen Christus steht, und trägt sie in die dunkle Kirche. Die Gläubigen folgen in feierlicher Prozession.
Joachim Roemer,
Vizepräsident des Landesverbandes Niedersächsischer Gartenfreunde