- Kleingartenwesen
Fit für die Zukunft
Die Schulungsangebote der Landesverbände
Foto: Heidemann
Wenn Schnee und Eis unsere Kleingärten fest in ihrem frostigen Griff haben und das satte Grün der Pflanzen einem vergilbten Braun gewichen ist, dann nutzen viele Gartenfreunde die Winterzeit, um sich weiterzubilden. In Kursen lernen sie etwa, wie man Obstbäume richtig schneidet, Gemüse naturnah anbaut oder welche Zierpflanzen Bienen Nahrung bieten.
Einige Gartenfreunde befassen sich in dieser Zeit aber auch mit anderen Seiten des Kleingartenwesens. Sie lernen, wie man einen Verein führt, Konflikte schlichtet, Pachtverträge verhandelt, die Vereinskasse verwaltet oder etwa Kinder- und Jugendarbeit macht. Andere nehmen an Kursen zur Öffentlichkeitsarbeit oder zum Versicherungswesen teil, wieder andere lassen sich zum Wertermittler ausbilden.
Von Botanik bis Pachtrecht
Die Bezirks- und Landesverbände der Kleingärtner halten für die wissbegierigen Gartenfreunde eine breite Palette an Schulungsmöglichkeiten bereit. Dabei richten sich die Angebote sowohl an Einsteiger als auch an „alte Hasen“.
Gefragt bei den Kleingärtnern sind vor allem die Angebote der Gartenfachberatung. Sie sind immerhin die Voraussetzung dafür, dass die Organisationen des Kleingartenwesens als gemeinnützig anerkannt werden und auch ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber anderen Gartennutzungsformen. Hier bekommen die Teilnehmer alles vermittelt, was man vor allem über den Anbau von Obst, Gemüse und Kräutern wissen muss. Ebenso werden beispielsweise Grundlagen des naturnahen Gärtnerns, des Pflanzenschutzes, der Botanik, der Gartengestaltung oder etwa der Bodenkunde unterrichtet. Die Fachberater-Schulungen sind äußerst umfangreich und ein Grund dafür, dass Kleingärtner mehr übers Gärtnern wissen als andere Hobbygärtner.
Immer mehr Zuspruch finden Kurse, die sich an neu gewählte Vereinsvorstände richten. „Es ist ja nicht so einfach, einen Verein zu führen, das muss gelernt werden, und dabei helfen die Landesverbände. Vielfach wird unterschätzt, dass sich die Kleingärtner nicht nur um ihre Pflanzen kümmern, wir lassen die Ehrenamtlichen aber nicht alleine“, erklärt Dirk Sielmann, Vorsitzender und Geschäftsführer des Landesbundes der Gartenfreunde in Hamburg und Vizepräsident des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde (BDG).
In Hamburg heißen sie „Crash-Schulungen“, der Landesverband Westfalen und Lippe bietet mit den Kursen „Fit ins Amt“ oder „Wo drückt der Schuh“ den Einsteigern wichtige Hilfestellungen. „Diese beiden Angebote sprechen Vorstandsmitglieder an, die schnell und praxisnah eine bestimmte Auskunft möchten“, so Werner Heidemann, Geschäftsführer des Landesverbandes Westfalen und Lippe. „Wer in einem Vorstand tätig ist, hat z.B. mit der Anwendung der Satzung oder dem Pachtrecht zu tun. In diesen Tageslehrgängen vermitteln wir die nötigen Grundlagen. Zusätzlich gibt es natürlich auch vertiefende Lehrgänge.“
Bestandteile der Kurse an der verbandseigenen Landesschule in Lünen sind u.a. Fragen zum Vereinsmanagement, zur Integration von Neupächtern, zum Pacht-, Vereins- oder Steuerrecht, zum Finanzmanagement, zur Wertermittlung, zur Vereinsführung oder zur Konfliktschlichtung. Ein Schwerpunkt liegt auch auf der Zusammenarbeit mit den Kommunen, ein besonders wichtiger Aspekt, da sich Städte und Gemeinden vielerorts aus der Verwaltung der öffentlichen Grünflächen zurückziehen.
Foto: Heidemann
Bewusstsein statt Paragraphen
Dabei geht es grundsätzlich nicht darum, Paragraphen oder Richtlinien auswendig zu lernen, sondern ein Bewusststein für die Regelungen des Kleingartenwesens zu vermitteln – vor allem für den Sinn des Bundeskleingartengesetzes. „Es ist wichtig, deutlich zu machen, dass bestimmte Vorgaben nicht der Laune eines Vereinsvorsitzenden entspringen, sondern einen Sinn haben. Es führt nur zur Konfrontation, wenn man sagt, dass man z.B. die kleingärtnerische Nutzung beachten sollte, weil das so irgendwo geschrieben steht oder der Landesverband das so gesagt hat“, erläutert Werner Heidemann.
Man sollte bedenken, dass der Gesetzgeber – entgegen den Prinzipien der freien Marktwirtschaft – die Pachtzinsen für unsere Parzellen begrenzt hat und die Kleingärtner außerdem einen besonders strengen Kündigungsschutz genießen. „Dann ist es ja nur verständlich, wenn der Gesetzgeber nicht möchte, dass Schwimmteiche angelegt oder Wochenendhäuser gebaut werden“, so Heidemann.
Von Imker bis Jurist
So vielfältig wie die Themen, so groß ist die Bandbreite der Vortragenden. „Da gibt es den passionierten Imker oder den Juristen, der sich bestens mit dem Vereins- oder Pachtrecht auskennt. Auch Gärtnermeister, Ökologen, Ingenieure, Steuer- und Versicherungsexperten oder ehemalige Gartenamtsleiter sind dabei“, so Heidemann, „alle fachlich hochkompetent und vertraut mit dem Kleingartenwesen“.
Auch die anderen Landesverbände bieten Referenten mit großer Kompetenz. Fachleute aus Politik, Wissenschaft, Verwaltung oder „grünen“ Berufen garantieren die hohe Qualität der Angebote. Entsprechend positiv ist die Resonanz, berichtet Heidemann: „Unsere Kurse werden stark nachgefragt. Erfreulich ist, dass der Zuspruch sogar noch zunimmt. Viele unserer Teilnehmer sind dann angenehm überrascht über das, was sie an vielfältigem Wissen vermittelt bekommen. Dabei repräsentieren die Teilnehmer die gesamte Bandbreite der Gesellschaft – ob jung oder alt, Mann oder Frau.“
Zukunftsfähige Kleingärten
Abgesehen vom persönlichen Nutzen können die Teilnehmer der Schulungen – ganz nebenbei – auch dazu beitragen, das Kleingartenwesen fit für die Zukunft zu machen. „Die Gesellschaft ist im Wandel, davon ist auch das Kleingartenwesen betroffen. Dem gegenüber muss man offen sein. Das Kleingartenwesen ist kein Selbstgänger mehr, es muss seine Existenzberechtigung dadurch beweisen, dass es seinen Nutzen für die Gesellschaft unter Beweis stellt“, so Sielmann.
Foto: Gloszat
Schließlich erfüllt das Kleingartenwesen auch eine soziale Funktion. „Die besteht nicht nur darin, dass sich auch weniger betuchte Menschen ein eigenes Stück Grün leisten können, es wird auch das soziale Miteinander und die Integration gefördert. Menschen verschiedener Generationen, unterschiedlicher Herkunft oder etwa Alleinerziehende kommen in den Vereinen zusammen. Es können aber auch Kinder in den Anlagen spielen, ohne Angst zu haben, überfahren zu werden.“ Um den Nutzen für die Gesellschaft zu verdeutlichen, sollten die Vereine sich weiter öffnen. Das betrifft nicht nur die Wege durch die Anlagen, es können z.B. auch Kooperationen mit externen Partnern eingegangen werden, erklärt Sielmann. In den Schulungen können die Verbände das nötige Rüstzeug dafür vermitteln. So werden z.B. Tipps zu Kooperationen gegeben, Projekte beschrieben oder neue Gesetze vorgestellt.
Mehr als Selbstzweck
Die breit gefächerten Schulungsangebote der Verbände dienen also nicht nur einem Selbstzweck, sie gewährleisten, dass das Kleingartenwesen auch in Zukunft seinen Platz in der Gesellschaft einnehmen kann. Ergänzt werden die Möglichkeiten der Weiterbildung durch die Kursangebote des BDG, bei denen sich die Kleingärtner einen Überblick darüber verschaffen können, wie Regelungen und Vereinbarungen in den anderen Landesverbänden aussehen. So gibt es für interessierte Gartenfreunde auch im Winter immer genug zu tun – und die Zeit bis zur Gartensaison wird wieder ein Stück kürzer.
sök