- Kleingartenwesen
Solarstrom auf der Parzelle
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In Zeiten von Klimakrise und hohen Energiekosten gewinnen erneuerbare Energien an Bedeutung. Kleingärten scheinen in diesem Zusammenhang vielversprechende Plattformen für Photovoltaik (PV) zu sein. Bevor Sie aber Sonnenenergie auf der Parzelle selbst nutzen können, sollten Sie mindestens drei Fragen klären:
1. Dürfen Sie überhaupt elektrischen Strom auf der Parzelle haben? Einen rechtlichen Anspruch darauf haben Sie nicht. Das Bundeskleingartengesetz spricht ausschließlich von Arbeitsstrom, der eigentlich nicht an oder in der Laube installiert werden darf. Einige Flächenverpächter dulden dies jedoch.
2. Ist eine Solaranlage in Ihrem Verein erlaubt? Bei den im Handel erhältlichen „Balkonkraftwerken“ spricht von Seiten des Gesetzgebers im Regelfall nichts dagegen. Es kann aber vereinsinterne Regularien oder auch auf Landesebene erlassene Richtlinien geben, die gegen eine Installation sprechen. Fragen Sie daher in jedem Fall immer erst Ihren Vorstand!
3. Lohnt sich die Anschaffung überhaupt? Abgesehen von den Anschaffungskosten gibt es Versicherungskosten, Haftungsfragen, Instandhaltungsmaßnahmen sowie die Grundsatzfrage, ob der Aufstellort überhaupt ausreichend Sonnenstunden abbekommt, damit die Anlage auch die Leistung erzeugt, die vom Hersteller angegeben wird. Eine Vergütung für zu viel produzierten Strom können Sie nicht erhalten, denn Sie dürfen nicht direkt ins Netz einspeisen. Das käme einer gewerblichen Nutzung gleich, und diese ist gesetzlich untersagt. Nur mit Einnahmen, die dem Verein zugutekommen, wäre dies denkbar.
Stromanschlüsse oft besser
Haben Sie alle drei Fragen mit „Ja“ beantwortet, sollten noch weitere Punkte vor der Anschaffung berücksichtigt werden – besonders im Sinne der Nachhaltigkeit: Für Parzellen, die keinen eigenen Stromanschluss haben, ist eine Stromgewinnung mit PV durchaus eine sinnvolle und auch nachhaltige Möglichkeit. In vielen Vereinen existieren jedoch bereits Stromanschlüsse auf den Parzellen. Hier ist die Anschaffung im Regelfall alles andere als nachhaltig.
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Die Produktion der Anlagen ist sehr energieaufwendig und kostet viele Rohstoffe. Das Recycling ausgedienter Anlagen ist nur sehr dürftig. Sollte ein Stromanschluss bereits bestehen, wechseln Sie zu einem Ökostromanbieter, sofern sie einen eigenen Vertrag haben, oder überzeugen Sie Ihre Stromgemeinschaft – das wäre ein echter Beitrag zur Energiewende.
Sind Sie bereits Teil einer solchen Gemeinschaft oder handelt es sich sogar um ein Vereinsnetz, über das alle Mitglieder versorgt werden, bedeutet ein Austritt höhere Kosten für die Verbliebenen, man könnte also sagen, Sie lassen diese im Stich!
Autark zu sein hat seinen Reiz, und das Kleingartenwesen steht in gewisser Weise auch für Selbstversorgung. Es steht aber ebenso für Gemeinschaft und Solidarität mit anderen Vereinsmitgliedern. Wenn die Stromgemeinschaften immer kleiner werden, wachsen die verbrauchsunabhängigen Kosten für diejenigen, die sich kein „Balkonkraftwerk“ leisten können. Das sollten Sie innerhalb des Vereins besprechen und keine Impulskäufe tätigen.
Was brauchen wir wirklich?
Außerdem verbrauchen viele Geräte einen sogenannten „Anlaufstrom“, eine Art Spitzenverbrauch, um den Motor zu starten. Das ist ein kurzer, starker elektrischer Impuls, der z.B. bei Rasenmähern deutlich über dem liegt, was ein gewöhnliches „Balkonkraftwerk“ leisten kann. Prüfen Sie also, ob Sie Ihre Maschinen weiterhin verwenden können. Müssen Sie neue Akkugeräte o.Ä. anschaffen, wird es kostspieliger und weniger nachhaltig.
Auch wenn unsere Gesellschaft ohne elektrischen Strom nicht denkbar ist, sollten wir immer hinterfragen, ob wir all die Geräte, die der Handel für den Garten anbietet, wirklich benötigen. Denn echte Nachhaltigkeit bedeutet, verschwenderische Verhaltensweisen einzustellen und bestimmte Verbräuche gar nicht erst entstehen zu lassen!
Joschka Meyer
Fachberater des Landesbundes
der Gartenfreunde in Hamburg