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Voll im Trend: Junge Familien im Kleingarten
Foto: Oltmanns Es ist an der Zeit, sich von manchmal liebgewonnenen Vorurteilen zu trennen. Häufig wird die Meinung vertreten, dass Kleingärtnerinnen und Kleingärtner engstirnig oder gar spießig seien, und alt sowieso – der Kleingarten damit ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Das Wesen eines Vorurteils besteht gerade darin, dass das Behauptete mit der Wirklichkeit wenig zu tun hat.
Was passiert heutzutage in den Kleingärten? Mehr denn je sind die Kleingärtnervereine, wie viele andere gesellschaftliche Institutionen und Organisationen, auch dem sogenannten demografischen Wandel unterworfen. Hier wie da rücken jüngere Generationen nach.
Insbesondere junge Familien mit Kindern wissen immer mehr die Vorteile des eigenen Gartens zu schätzen, sie stellen inzwischen nach Erkenntnissen des Wissenschaftlichen Beirates des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde (BDG) die größte Interessentengruppe dar. Die Gründe dafür liegen auf der Hand:
- In größeren Städten wie in Berlin und Hamburg erfreuen sich die Innenstadtquartiere – nach vielen Jahren der Stadtflucht – bei jüngeren Familien höchster Beliebtheit. Geschossbauten aber in stark verdichteten Innenstädten bieten bestenfalls einen Balkon, aber keinen eigenen Garten. Hier wohnen die neuen Garteninteressenten – die Kleingärtnerinnen und Kleingärtner von heute und morgen.
- Die jüngste Diskussion um die Lebensmittelqualität (insbesondere die EHEC-Problematik) forciert den Wunsch nach einem eigenen Garten. Selbst gezogenes Gemüse, Obst aus dem eigenen Garten – Lebensmittel aus eigener Produktion geben Sicherheit. Außerdem schmecken sie besser und als Bio-Produkte (wenn nicht gespritzt wird) sind sie äußerst preiswert!
- Ein Kleingarten ist ein fantasievoller Kinderspielplatz, der am besten auf genormt bespielbare Geräte verzichtet und stattdessen eigene Gestaltungsideen mit Hilfe von Sand, Wasser und Pflanzbeeten ermöglicht. Erdhügel, trockene Gräben, Pflanzendickichte, in denen Höhlen gebaut werden können, Sträucher, deren Zweige, Blätter und Früchte zum Basteln genutzt werden können; eine Fläche, auf der sich Kinder austoben können und die dauerhaften Bestand hat.
- Kleine Kinder können in einer natürlichen und vor allen Dingen in einer sicheren Umgebung aufwachsen. Die Eltern wissen, dass ihre Kinder bei der Hinführung zu kleingärtnerischer Tätigkeit Umweltbildung vom Artenschutz bis hin zum Klimaschutz erfahren können.
Die Kleingärtnervereine werden sich auf die Veränderungen einstellen. Das fällt erfahrungsgemäß umso leichter, wenn die Vorstände und die Mitglieder den Wandlungsprozess als Verein aktiv angehen. Aber eigentlich ist das ja nichts Neues: Generationenwechsel hat es in der über hundertjährigen Geschichte des Kleingartenwesens schon viele gegeben.
„Ein wunderbarer Ausgleich“
Foto: Oltmanns
Wenn Jann (45), Gianfranca (43), Sarafina (15) und Piet (6) nach einem Tag im Kleingarten wieder in ihrer Wohnung in Hamburg ankommen, sind alle zumeist wohlig erschöpft. „Das kommt von der frischen Luft, ein wunderbarer Ausgleich für das laute und aufgeregte Stadtleben. Hier entschleunigt sich alles!“ freut sich Gianfranca, die als PR-Managerin arbeitet.
Vor wenigen Jahren hat die junge Familie einen ca. 400 m² großen Garten mit einer Laube übernommen, den sie kaum renovieren musste. „Die Pächter hatten den Garten sehr gut in Schuss. Die Substanz der Laube war sehr gut erhalten, und auf dem Gartengelände war vieles gut gezogen: Neben einem Gemüsegarten gab es drei Obstbäume, jede Menge Ziersträucher und ein Baumhaus – bis heute“, berichtet Gianfranca.
Der Garten liegt im Kleingärtnerverein Uhlenbrook im Stadtteil Hummelsbüttel in Hamburg. Auf dem Vereinsgelände gibt es 149 Parzellen, ein Vereinshaus, einen großen Kinderspielplatz und ein Insektenhotel.
Von großem Vorteil ist, dass der Garten der Großeltern direkt angrenzt, so gibt es keine Begrenzung! Es wird häufig gegrillt, man teilt sich die Gartenarbeit und die Kinder sind immer ganz „wild“ darauf, dorthin zu kommen.
Überhaupt wird Kinderfreundlichkeit in der Gartenanlage nicht nur ganz groß geschrieben, sondern geradezu postuliert. „In den letzten Jahren haben immer mehr Familien mit Kindern die Kleingartenanlage entdeckt, das ist ein richtiger Trend geworden. Nichts mehr mit den Klischees um die Spießigkeit von Kleingartenfreunden“, so Jann.
Es werden mehrmals im Jahr bunte Feste gefeiert, bei denen die Kinder sehr viel Spaß haben. „Die Kids sind hier quasi aufgewachsen, und Piet hat hier viele – meist gleichaltrige – Freunde gefunden“, berichtet Jann.
Es hat sich in den vergangenen Jahren viel getan, und die Führungen der Vereine wissen das. So wurde erkannt, dass verstärkt junge Familien für die Kleingartenidee gewonnen werden müssen, und dafür wurde dann eben auch viel getan.
Der Kleingarten ergänzt ideal das Leben in der Großstadt. „Die Verstädterung nimmt ja nicht ab, und gerade hier in Hamburg sind Wohnungen mit Gärten rar und die Mieten für solche Wohnungen sehr hoch“, sagt Jann. Die Kosten für den Kleingarten dagegen sind sehr niedrig: Ca. 300,– Euro pro Jahr fallen an. Daher ist der Kleingarten auch eine überaus kostengünstige Variante privat genutzten Grüns.
Und wie fühlt man sich nach einem Gartentag? „Sehr gut!“, sagt Jann. „Die Chance, etwas Eigenes zu machen, bringt einem das gute Gefühl, etwas Sinnvolles getan zu haben. Auch die Kids lernen hier, mit Geduld positive Erlebnisse zu erzielen. Alle sind nach so einem Tag zufrieden und müde. Piet ist meist sehr schmutzig, weil er das Gärtnern bevorzugt mit den Händen ausführt. Er muss dann immer in die Wanne, aber er fühlt sich prima …“
Dirk Sielmann,
Geschäftsführer des Landesbundes
der Gartenfreunde in Hamburg