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Winterzeit - Einsamkeit?
Auch in der dunklen Jahreszeit können Gartenfreunde gemeinsam aktiv sein
Foto: Roemer
Das Jahr neigt sich wieder einmal dem Ende zu. Der Garten wurde winterfertig gemacht, die letzten Lebensmittel aus der Gartenlaube geholt, und auch die Jahreshauptversammlung hat bereits stattgefunden. In vielen Familien beginnen die Vorbereitungen auf die Adventszeit. Das Thema Kleingarten ist erst einmal abgehakt, Pause bis zum nächsten Frühjahr.
Ein halbes Jahr Seite an Seite
Unsere Gartenfreunde werden wir wiedersehen, wenn es Frühling wird. Zwischendurch treffen wir sie eher zufällig.
Ein gutes halbes Jahr haben wir mit unseren Nachbarn in den angrenzenden Gärten Seite an Seite verbracht. Wir haben in Gemeinschaftsarbeit so manchen Sonnabend die Zäune neu errichtet und die Anlagen gepflegt.
Wir haben auf dem Sommerfest und beim Kartoffelfeuer zusammengesessen, an Abenden gemeinsam gegrillt oder ein Bierchen getrunken. Vom Frühjahr bis zum Herbst sind wir uns sehr nahe gewesen, unsere Kinder haben miteinander getobt und im Wasserbecken geplanscht.
Wir haben unsere Ernte stolz präsentiert und den einen oder anderen Gemüsekorb über den Zaun gereicht. Kaum ein Wochenende ist vergangen, ohne dass wir über den Zaun geschaut haben: „Ach, schön dass Ihr auch da seid.“
Nun wird es Winter, und manchmal hat man das Gefühl: „Aus den Augen, aus dem Sinn.“
Der Garten als Lebensmittelpunkt
Dabei ist für viele Menschen der Garten mehr als nur ein Ort für aktive Freizeitgestaltung im Sommer. Er ist ihr Lebensmittelpunkt. Hier treffen sie Gleichgesinnte, oft langjährig Bekannte, mit denen sie reden können.
Der Garten gibt ihnen ein Gesprächsthema. Keine Wand versperrt die Sicht, und so wird schnell einmal eine Einladung zum Essen ausgesprochen, wenn wir sehen, dass die Nachbarin oder der Nachbar alleine in seinen Beeten hockt.
Zu Hause in der Wohnung passiert das nicht, dort bekommen die Nachbarn kaum mit, was der andere so den ganzen Tag in seinen vier Wänden unternimmt. Besonders für ältere Menschen sind die sozialen Kontakte im Garten enorm wichtig – ein Stück raus aus der Einsamkeit. Ein Gespräch mit Besuchern, die regelmäßig am Garten vorbeikommen und neugierig stehen bleiben, um nach der Erdbeer- oder Kirschernte zu fragen oder die hübschen Blumen zu bewundern.
„Ich geh mal nach dem Rechten schauen.“
Vielen Menschen fehlen diese sozialen Kontakte in den Wintermonaten. Daheim am Herd ist es zwar warm und trocken, aber die Tage sind lang und noch länger die dunklen Abende.
„Ich geh mal nach dem Rechten schauen.“ Nicht wenige unserer Gartenfreundinnen und Gartenfreunde machen sich, manchmal jeden Tag, auf den Weg zum Garten. Natürlich ist es notwendig, auch im Winter nachzusehen, ob alles in Ordnung ist oder ob Sturm und Schnee Schäden angerichtet haben.
Aber der eigentliche Grund liegt darin, den vertrauten Ort aufzusuchen und zu hoffen, dass doch der eine oder andere Nachbar die gleiche Idee hatte. Man trifft sich zufällig. „Na, ist bei Dir auch alles in Ordnung? Wird Zeit, dass wieder Frühjahr wird.“
Es ist schon erstaunlich, geht man einmal nach Schneefall in eine Anlage, wie viele Fußspuren auch in den Gärten zu sehen sind. Manche schieben sogar den Weg bis zur Laube frei.
„Ich muss täglich hierher kommen, um die Tiere zu füttern.“ Obgleich kaum eine Meise oder ein Grünfink in unseren Gärten im Winter Hunger leiden muss, wenn wir im Herbst ein paar Früchte hängen lassen und auch die Samenstände von den Stauden nicht abschneiden – es ist ein guter Grund, zum Garten zu gehen.
Die Gemeinschaft der Gartenfreunde – keine Angelegenheit für die Saison
Die soziale Bedeutung des Kleingartenwesens hängt im Wesentlichen damit zusammen, dass die Kleingärtnervereine ein Ort der Kommunikation sind. Sie helfen vielen Menschen, zusammen mit Gleichgesinnten ihre Freizeit zu gestalten.
Diese Gemeinschaft muss sich nicht, nein, sie darf sich nicht auf die Sommermonate beschränken. Auch in der dunklen Jahreszeit ergeben sich vielfältige Möglichkeiten, gemeinsam etwas zu unternehmen.
Da ist zum Beispiel die Handarbeitsgruppe vom Kleingärtnerverein „Am Pferdeteich“ in Lüneburg, die sich seit fast fünfundzwanzig Jahren regelmäßig im Vereinhaus trifft. Wie in vielen anderen Vereinen auch ist das Vereinshaus in den Wintermonaten geöffnet und beheizt, und so hat die Gruppe einmal in der Woche ihren festen Treffpunkt.
Etwas in die Jahre gekommen fällt das Handarbeiten schwerer, und die Aktivitäten haben sich auf Gesellschaftsspiele verlagert. Aber treffen tun sie sich auch weiterhin, und zu Gartenfesten und anderen Anlässen werden Kuchen gebacken und kleine Speisen mit selbst geerntetem Obst und Gemüse zubereitet.
Dartspielen für die Jungen
Foto: Balkenohl In einem Braunschweiger Verein wird etwas für die Jugend geboten. Diese trifft sich regelmäßig zum Dartspielen und erfährt so, dass Kleingärtner nicht spießig und Kleingärten nicht nur für ältere Menschen da sind.
In anderen Vereinen wird regelmäßig geknobelt oder Skat gespielt. So ein Gänsepreisskat kurz vor Weihnachten ist doch eine gute Gelegenheit, günstig einen Festtagsbraten zu erobern.
Aktiv im ganzen Jahr
Weitere Aktivitäten lassen sich im Verein in den Wintermonaten durchführen. Wie wäre es mit Winterboßeln? An einem frostigen Tag wird die Kugel auf dem angefrorenen Weg bestimmt nicht nur geradeaus rollen. Gut angezogen bleibt man warm, bis am Ende der Glühwein im Vereinshaus wartet.
Silvester- und Karnevalsfeiern finden neben Advents- und Weihnachtskaffee bereits an vielen Orten statt. Was halten Sie aber von einem Neujahrsgrillen?
Wenn wir Glück haben, die Sonne lacht und dazu der Grill ein wenig Wärme abgibt, lässt sich das Würstchen oder das Holzfällersteak auch im Winter genießen. Für die Kinder ist das bestimmt ein großer Spaß, wenn sie dazu Maiskolben rösten oder Stockbrote backen können.
Vorbereitung auf das neue Gartenjahr
Wie planen Sie die neue Gartensaison? Sitzen Sie abends mit dem Katalog auf dem Sofa und überlegen, welches Saatgut Sie einkaufen werden, welche Pflanzen Sie schon am Beginn des neuen Jahres am Fenster vorziehen? Machen Sie es doch einmal gemeinsam an einem Sonntagnachmittag mit Ihren Gartennachbarn.
Erfahrungen austauschen über die Ernte im letzten Jahr, die besten Gemüsesorten, die Probleme mit Krankheiten und Schädlingen. Eine Sammelbestellung durchführen, um so günstiger einzukaufen und Porto zu sparen. Das Anziehen der Pflanzen aufteilen, damit nicht jeder Jungpflanzen im Überfluss produziert, die später keiner haben will, weil alle das Gleiche getan haben.
So nebenbei ergeben sich weitere Ideen: für einen Ausflug zum Rhododendronpark oder zum Rosarium, für eine Fahrt zur Grünen Woche nach Berlin, um dort in der Blumenhalle nicht nur dem überwältigenden Angebot an Blumenzwiebeln und Sämereien zu erliegen, sondern auch den jedes Jahr aufs Neue hervorragend gelungenen Ausstellungsbeitrag der Berliner Gartenfreunde zu besuchen.
Lebenslanges Lernen auch für den Garten
Eine weitere, beinahe unverzichtbare Winterbeschäftigung ist der Besuch der Angebote unserer Fachberater. Die Fachberatung als Herzstück der kleingärtnerischen Organisationen bietet vielerorts auch in der dunklen Jahreszeit Vorträge und Vorführungen an.
Vielfach werden sie von Experten unterstützt, die interessante Referate zum biologischen Pflanzenschutz, zur richtigen Aussaat und Kultur der Nutzpflanzen oder über kleinkronige neue Obstsorten für den Kleingarten anbieten. Draußen ist dann der richtige Zeitpunkt für den praktischen Baum- und Strauchschnitt.
Tiere und Pflanzen im Winter
Kennen Sie die Tiere in Ihrer Anlage? Fragen Sie beim örtlichen Naturschutzverband nach einer Winterführung durch Ihre Kolonie. Bestimmt werden Sie viele verschiedene Vögel, aber auch andere Tiere, vielleicht an den Fußspuren im Schnee, in Ihrer Kleingartenanlage entdecken.
Und dann gibt es ja noch die Gehölze im Winter. Im Sommer geht es ja noch recht einfach, die Eiche an ihren Blättern oder die Kastanie an den Früchten zu erkennen. Aber im Winter? Sie werden erstaunt sein, wie gut sich Gehölze unterscheiden lassen und wie interessant die Rinde von Pfaffenhütchen und Birke erst im laubfreien Zustand wirkt.
Das ganze Jahr im Kleingärtnerverein
Gemeinschaft in einem Verein ist eine ganzjährige Aufgabe, sie beschränkt sich nicht auf eine Saison. Dieses gilt für unsere Kleingärtnervereine genauso.
Auch in den Wintermonaten haben wir vielfältige Möglichkeiten, die Kontakte zu unseren Gartenfreundinnen und Gartenfreunden aufrecht zu erhalten.
Für viele, besonders ältere Menschen und Alleinstehende, ist die Gemeinschaft im Kleingärtnerverein die einzige Möglichkeit, mit anderen zu kommunizieren und so der Einsamkeit zu entrinnen.
Kleingärtnervereine haben in hohem Maße eine soziale Bedeutung. Wir alle müssen dieser Bedeutung durch gemeinsame Aktivitäten und nachbarschaftliche Kontakte gerecht werden, das ganze Jahr über.
Joachim Roemer,
Vizepräsident des Landesverbandes Niedersächsischer Gartenfreunde