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Die Zukunft der Kleingärten in der Stadt

Schlagworte zu diesem Artikel:
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Kleingärten in der StadtFoto: Heidemann


Die Schlagzeilen häufen sich: „In größeren Städten steigen die Wohnungsmieten immer stärker!“ – „Mehr Wohnungen müssen gebaut werden!“ – „Kleingärten in Gefahr!“

Der Grund dafür, dass der Bedarf an Wohn­raum in den Ballungs­zen­tren immer größer wird, liegt darin, dass die Einwohner­zahl dort weiter zunimmt und gleichzeitig der soziale Wohnungsbau in den letz­ten Jahren vielerorts zum Erliegen gekommen ist. Städte und Kommunen gehen jetzt, neben einer Reihe anderer Maßnahmen, vermehrt dazu über, umfangreiche Woh­nungs­bau­pro­gram­me auf­zu­le­gen, um so dem Mangel an Wohnraum zu begegnen.

In vielen Städten planen die Verwaltungen und die Politik, auch bisher verschonte Flächen, dazu gehören auch Kleingartenflächen, in die Überplanung einzubeziehen. In Berlin stehen bei­spiels­wei­se mehrere tausend Kleingartenparzellen, in Hamburg, Hannover und Dresden mehrere hun­dert Parzellen zur Disposition.


Streit vorprogrammiert

Wenn sich die Kommunen darauf verlegen sollten, Klein­gar­ten­flä­chen lediglich als „Bau­land­re­ser­ve“ zu betrachten, dann sind Auseinandersetzungen mit den Kleingärtnerverbänden vor­pro­gram­miert. Die Probleme der zukünftigen Entwicklung der Städte dürfen nicht nur eindimensional betrachtet werden.

Die „einfache“ Lösung wäre sonst der ungehemmte und rück­­sichtslose Wohnungsbau. Ohne die Folgen zu bedenken, würden Klein­gar­ten­flächen für Wohnungsbauprojekte und andere Infra­struk­tur­maß­nah­men geopfert werden. Bei vielen stadtplanerischen Gedankenspielen werden darüber hinaus die Konsequenzen unter­schätzt bzw. gar nicht erst beachtet, die sich aus dem Bundes­klein­gar­ten­gesetz ergeben.

Dass die Kommune z.B. die im Paragrafen 14 des Bundesklein­gar­ten­gesetzes vorgesehene Er­satz­land­ver­pflich­tung zu erfüllen hat, offenbart sich manchem Stadtplaner erst, wenn die Pläne das Licht der Öffentlichkeit erreichen. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Flächenkonkurrenz zwischen den verschiedenen Nutzungen in Ballungszentren (Wohnen, Gewerbe, Grün- und Sport­flä­che, Stra­ßen etc.) von Jahr zu Jahr weiter vergrößert.


Kleingartenentwicklung

Dabei hat sich der Deutsche Städtetag Ende 2011 mit seinen „Leitlinien zur nachhaltigen Ent­wick­lung des Kleingartenwesens in den Städten“ bereits eine gute Grundlage für die zukünftige Arbeit zurechtgelegt: In sechs Handlungsfeldern werden Empfehlungen formuliert, wie z.B. für den Erhalt und die Aufwertung von Klein­gär­ten („Kleingartenentwicklung“), die Sicherung der klein­gärt­ne­ri­schen Nutzung als „wichtigste Grundlage“, den Ausbau der „so­zia­len Funk­tio­nen“ des Klein­gar­ten­we­sens und für die „ökologischen Chancen als Beitrag zur Anpassung an den Klimawandel“. Nach diesen Grundlinien sind die Kommunen und die jeweils zuständigen Kleingärtnerorganisationen dazu aufgerufen, Lösungen zu entwi­ckeln, die möglichst den jeweiligen Interessen ent­ge­gen­kom­men.


Kleingärten in der Nähe von Geschoss­woh­nun­genFoto: Breder Kleingärten dort, wo sie hingehören – in der Nähe von großen Geschoss­woh­nun­gen.


Interessenkonflikte

Zu den Interessen der Städte und Kommu­nen zählen neue Wohnungsbau- und Gewerbeflächen und die möglichst kurzfristige Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum. Die Interessen der Klein­gärt­ner­ver­bän­de sind der Erhalt der Kleingar­tenanlagen und, wenn das nicht möglich ist, die An­sied­lung von Ersatzkleingärten in der Nähe von Geschoss­woh­nun­gen.

Eine sinnvolle und zukunftsweisende Möglichkeit kann darin liegen, in frühzeitigen und intensiven Gesprächen mit Verwaltung, Politik und den Kleingärtnerverbänden Lösungen zu finden, mit denen die zum Teil unterschiedlichen Interessen in Übereinstimmung gebracht werden können.


Lösungsansätze

Das erfordert auf allen Seiten Kreativität, Flexibilität und den Willen zu tragfähigen Ver­ein­ba­run­gen. Auf der Verwaltungsseite können gute Lösungen besonders durch ressortübergreifende Zu­sam­men­arbeit verwirklicht werden. Damit ist nicht die erforderliche „behördeninterne Ab­stim­mung“ gemeint, sondern eine ressort- bzw. abteilungs­über­grei­fen­de Planung von Anfang an. Es gibt viele Ansatzpunkte für diese Vor­ge­hens­­wei­se. Einige Beispiele dafür sind oder können sein:

  • Wohnungsneubau – mit neuen Kleingärten: Bei der Erstellung eines neuen Be­bau­ungs­pla­nes für Geschosswohnungs­bau könnte die Errichtung von Kleingärten verpflichtend werden! So könnte in jedem Fall eine Kleingartenanlage bei grö­ßeren Wohnungsbau­vor­haben berücksichtigt und geplant werden. Weitere Ko­operations­möglichkeiten mit Woh­nungs­bau­ge­sell­schaf­ten und -genossen­schaf­ten sind in diesem Zusammenhang möglich. Zwei neue Wohnungsbauprojekte in Hamburg sollen bald in diesem Sinne umgesetzt werden.
     
  • Neue Kleingärten in bestehenden Geschosswohnungsanlagen: In den 1970er bis 1990er Jahren wurden in den Ballungszentren große, hochgeschossige Wohnanlagen (auch Trabantenstädte genannt) gebaut. Häufig sind diese von grö­ßeren Grünanlagen umgeben, die derzeit ein eher trauriges Bild abgeben. Das könn­ten Flächen für kleine Klein­gar­ten­parks bzw. -inseln werden. In einem Pilotprojekt könnten Wohnungsbaugenossenschaften und -gesell­schaf­ten mit der Stadt bzw. Kommune und der Kleingärtner­orga­ni­sation ein Projekt entwickeln, dass für alle Seiten einen positiven Effekt bringt.
    Die Vorteile für die Wohnungsgesellschaft würden darin bestehen, dass die Attraktivität der Wohnanlagen gesteigert und Kosten für die Gartenpflege gesenkt werden – ggf. gäbe es auch zusätzliche Pachteinnahmen.

    Kleingärten in GeschosswohnungsanlagenFoto: Fotolia/Harald07 Die Grünflächen von Stadtteilen, die überwiegend aus Geschoss­woh­nun­gen bestehen, könnten auch als Kleingartenparks genutzt werden.
    Für die Stadt bzw. für die Kommune wäre das von Vorteil, da so mögliche Ersatzflächen für Kleingartenanlagen entstehen würden. Der Vorteil für die Kleingärtner wäre, dass die Parzellen sich da befinden, wo sie hingehören – in der Nähe von Geschoss­woh­nun­gen.
  • Mehr Gärten im Bestand: Insbesondere ältere Anlagen zeichnen sich durch große und zum Teil sehr große Parzellen aus. Diese Anlagen bieten das Potenzial für mehr Gärten im Bestand. Bei einer guten Planung, an der die betroffenen Gartenfreunde beteiligt werden und bei der aus einer „Sonstigen Kleingartenanlage“ eine „Dauerkleingartenanlage“ wird, liegen die Vorteile auf der Hand.

Der Vorteil für die Kleingärtner: Die Anlage wird gesichert, und mehr Parzellen entstehen in­nen­stadt­nah. Bei dieser Gelegenheit können die Gartenfreunde auch von einer Erneuerung der „Garteninfrastruktur“ profitieren, wie z.B. dem Neubau der Wasserleitungen und der Vereins­wege. Der Vorteil für die Stadt bzw. für die Kommune: Auch hier gibt es dann mehr potenzielle Er­satz­flä­chen.

Die steigende Nachfrage nach Kleingärten, insbesondere durch junge Familien mit Kindern, in den Großstädten und Ballungszentren erfordert von allen Seiten, dass trotz einer größeren Flä­chen­kon­kur­renz zwischen Wohnungsbau, Gewerbe und Grünflächen, Lösungen für den Erhalt oder sogar zusätzliche Kleingärten gefunden werden. Wenn sich alle Beteiligten aufeinander zu bewegen und zukünftig mehr das „große Ganze“ betrach­ten, ist das möglich.

Dirk Sielmann
Vorsitzender des Landesbundes
der Gartenfreunde in Hamburg