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Nützlinge im Porträt: Wespen und Hornissen
Foto: JPW.Peters/PIXELIO Dass staatenbildende Wespen und Hornissen als Nützlinge bezeichnet werden, wird wohl so manchen Gartenfreund zum Kopfschütteln bringen. Wie kann man diese allgemein als stechlustig verrufenen Insekten, von denen viele äußerst lästige und ungebetene Besucher an unserer Kaffeetafel im Garten sind, nur als Nützlinge bezeichnen? Die Gründe hierfür sind, wie wir sehen werden, vielfältiger Art.
Soziale Faltenwespen, wie auch die Bienen und viele andere Insekten, gehören zur Ordnung der Hautflügler, deren Kennzeichen zwei häutige Flügelpaare sind. Alle Sozialen Faltenwespen bilden mehr oder weniger große Staaten, in denen alle Tiere von einer Königin abstammen.
Bei den Sozialen Faltenwespen finden wir die Unterfamilie der Echten Wespen mit den Gattungen der Kurzkopfwespen, der Langkopfwespen und die Gattung Hornisse.
In unseren Gärten kommen überwiegend die wohl bekanntesten Arten Deutsche Wespe und Gemeine Wespe aus der Gattung der Kurzkopfwespen vor. Auch die zur Gattung der Langkopfwespen zählende Sächsische Wespe können wir antreffen. Die drei Arten sind durch ihr Aussehen allein nur schwer voneinander zu unterscheiden. Des Weiteren kann man auch die Hornisse, eine Art aus der gleichnamigen Gattung, beobachten.
Gemeinsame Merkmale
In Ruhestellung falten Echte Wespen ihre Flügel nach hinten längs zusammen, daher der Name Faltenwespen. Sie leben in Staaten mit einer Königin und Arbeiterinnen. Die Anzahl der Insekten in den Staaten ist je nach Art sehr unterschiedlich.
Alle Arten bauen ihre Nester aus einer papierartigen Masse, die aus morschem oder verwittertem Holz durch Zumischung eines Speicheldrüsensekrets hergestellt wird. Aufgrund des Baumaterials werden diese Wespen auch als Papierwespen bezeichnet. Die Nester sind bei jeder Wespenart unterschiedlich konstruiert, und auch der Ort, an dem sie erbaut werden, ist arttypisch verschieden.
Adulte (vollentwickelte) Wespen ernähren sich überwiegend von Blütennektar, Honigtau, Baumsäften und von weichen Früchten. Für ihre Nachkommen benötigen sie tierisches Eiweiß, welches je nach Art aus unterschiedlichen Quellen stammt. Darunter sind viele Fliegen und Raupen, sodass Wespen für uns als Schädlingsregulierer nützlich sind.
Biologie der Echten Wespen
Im zeitigen Frühjahr erwachen die Jungköniginnen, die an einem geschützten Ort unter Rinde oder Moos, in einem Hohlraum einer Trockenmauer, einer Mauerspalte, morschem Baum o.Ä. den Winter in einer Art Winterstarre überlebt haben. Sie wurden im Herbst von männlichen Wespen begattet. Die Jungköniginnen brauchen jetzt Blütennektar als Nahrung.
Foto: Rike/PIXELIO
Ist ein geeigneter, geschützter Nistplatz gefunden, beginnt der Bau der Burg aus Papier. Immer ausgehend von einem kleinen Stiel werden die kleinen, nach unten offenen Zellen in Form eines Sechsecks aneinandergebaut. Die so entstehenden Waben werden mit einer schützenden Außenhaut umhüllt.
Sind die ersten Zellen errichtet, klebt die Königin ein winziges Ei hinein. Die Königin hat das Sperma in einer Samenblase gespeichert und gibt es nun gezielt an die Eier ab, da zu dieser Zeit Weibchen (Arbeiterinnen) entstehen sollen. Männliche Eier werden nicht befruchtet.
Nach fünf bis sechs Tagen schlüpfen die kleinen Larven, die dann kopfüber in den Zellen hängen. Unermüdlich füttert jetzt die Königin die Larven mit einem eiweißhaltigen Nahrungsbrei, der je nach Wespenart aus unterschiedlichen tierischen Quellen stammt.
Nach dreimaliger Häutung ist die Entwicklung der Larven, die zwei bis drei Wochen dauert, abgeschlossen. Die ausgewachsenen Larven spinnen die Zelle nun mit einem feinen, seidenartigen Gewebe zu (Fachausdruck: verdeckeln) und verpuppen sich anschließend in der Zelle. In diesem Kokon erfolgt nun die Umwandlung (Metamorphose) zum vollentwickelten Insekt. Dieser Vorgang dauert temperaturabhängig etwa zehn bis 20 Tage.
Die Tiere, die jetzt schlüpfen, sind Arbeiterinnen. Sie sind alle unfruchtbar. Die Ursache dafür sind bestimmte Botenstoffe (Pheromone), die die Königin während der Entwicklungszeit der Larven abgibt. Die Arbeiterinnen übernehmen nun die Erweiterung des Nestes und das Füttern der Larven. Die Königin selbst konzentriert sich jetzt ausschließlich darauf, Eier zu legen. So wächst der Wespenstaat ständig weiter.
Im Spätsommer reduziert die Königin die Abgabe ihrer Pheromone, und so werden aus befruchteten Eiern und besonders intensiv gefütterten Larven fruchtbare Jungköniginnen, die sofort wieder Eier legen. Diese Eier sind nicht befruchtet, und aus ihnen entwickeln sich Männchen, die sich dann mit den Jungköniginnen paaren. Zur Vermeidung von Inzucht verlassen einige Männchen das Nest und suchen sich Weibchen aus anderen Völkern, um sich zu paaren.
Im Spätherbst, wenn das Nahrungsangebot nachlässt, löst sich der Staat auf, die Tiere verenden nach und nach. Die von den Männchen begatteten Jungköniginnen suchen einen Platz zum Überwintern, und der Kreis schließt sich.
Besonderheiten der einzelnen Arten:
Gemeine Wespe
Foto: blickwinkel/W. Layer
Aussehen: Typisch schwarz-gelbe Zeichnung der Segmente des Hinterleibes, gelbes Kopfschild mit schwarzer, ankerartiger Zeichnung.
Nest: Versteckte Nester an dunklen, geschützten Orten, z.B. in Rollladenkästen, Verschalungen, auch unterirdisch in selbst gegrabenen Erdlöchern oder verlassenen Mäusenestern. Acht bis zehn Waben, Durchmesser 20 cm und größer, ockerfarben.
Nestmaterial: Morsches Holz oder morsche Rinde von verrottenden Bäumen oder faulenden Pfählen, welches mit Speicheldrüsensekret verarbeitet wird.
Staatengröße: 1000 bis 5000 Tiere.
Ernährung Vollinsekt: Blütennektar, Honigtau, weiche Früchte, oft auch „Besucher“ an süßen Getränken, Pflaumenkuchen etc. Dadurch lästige Art.
Larvennahrung: Fleisch von toten Tieren (Aas), erbeuteten Insekten, mitunter auch „Beute“ vom Grillfleisch.
Bedeutung: Die Gemeine Wespe spielt als Aasverwerter im Naturhaushalt eine nicht unwesentliche Rolle. Wespen erbeuten viele Fliegen und Raupen und sind daher Schädlingsregulatoren im Garten. Die Gemeine Wespe steht unter Naturschutz.
Deutsche Wespe
Aussehen: Typisch schwarz-gelbe Zeichnung der Segmente des Hinterleibes, gelbes Kopfschild mit ein bis drei kleinen, schwarzen Punkten. Nest: Unterirdische Nester an dunklen, geschützten Orten, z.B. verlassene Mäuse- oder Maulwurfsnester, auch in oberirdischen dunklen Hohlräumen, Dachstühlen etc. Sieben bis acht Waben, Durchmesser 30 cm und größer, selten auch Riesennester mit Durchmessern von 1 m und mehr, Farbe grau.
Foto: blickwinkel/McPHOTO Nestmaterial: Verwittertes Holz von Zaunpfählen o.Ä., welches mit Speicheldrüsensekret vermischt und dann verarbeitet wird.
Staatengröße: 1000–7000 Tiere.
Ernährung Vollinsekt: Wie Gemeine Wespe, dadurch ebenfalls lästige Art.
Larvennahrung: Wie Gemeine Wespe.
Bedeutung: Wie Gemeine Wespe; auch die Deutsche Wespe steht unter Naturschutz.
Verhaltenstipps: Gemeine und Deutsche Wespe sind die einzigen Arten, die uns durch ihre Vorliebe für Kuchen, Säfte, Obst und Grillfleisch lästig werden können. Wenn sie lästig werden, beachten Sie Folgendes: Nie nach Wespen schlagen, das macht sie aggressiv. Besser mit vorsichtigen, langsamen Bewegungen wegschieben. Nicht anpusten! Das in der Atemluft angereicherte Kohlendioxid steigert ebenfalls die Aggressivität der Tiere.
Sogenannte Wespenfallen, die der Handel anbietet oder für die es diverse Bauvorschläge gibt, sollten absolut tabu sein. Die Tiere verenden hier qualvoll, und zudem werden durch solche Fallen auch unzählige andere Insekten angelockt und getötet.
Versuchen Sie, beim Essen im Freien die Tiere erst gar nicht durch Gerüche anzulocken: Verschließen Sie Flaschen und Gläser nach Gebrauch sofort wieder, decken Sie Nahrungsmittel ab, spülen Sie gebrauchtes Geschirr gleich oder räumen Sie es weg.
Sächsische Wespe
Foto: blickwinkel/J. Kottmann Im Gegensatz zu den beiden vorher genannten Wespenarten ist die Sächsische Wespe eine äußerst friedfertige Art. Nur wenn ihr Nest angegriffen wird, verteidigt sie es. An unserem Kuchen oder Säften hat sie keinerlei Interesse, sie wird niemals lästig.
Aussehen: Wespentypisch schwarzgelb, das gelbe Kopfschild weist eine schwarze Zeichnung auf, die an eine Krone erinnert.
Nest: Oft offen sichtbar, frei hängend auf Dachböden, an Häusern oder unter Dachterrassen. Manchmal werden auch Vogelnistkästen angenommen. Sogar unter einem Gartentisch habe ich ein solches Nest schon entdeckt. Diese sorglose Platzwahl kostet viele dieser harmlosen Insekten das Leben, weil die Nester aus Unkenntnis von Menschen zerstört werden.
Nestmaterial: Aus verwittertem Holz mit Speicheldrüsensekret vermischt und dann verarbeitet. Farbe grau. Die Nester der Sächsischen Wespe sind relativ klein (ca. 10–20 cm).
Staatengröße: 100–300 Tiere.
Ernährung Vollinsekt: Blütennektar, Honigtau, Säfte von weichen Früchten.
Larvennahrung: Fleisch erbeuteter Insekten, kein Aas.
Bedeutung: Sächsische Wespen erbeuten viele Insekten wie Fliegen und Raupen und spielen somit als Schädlingsregulatoren im Garten eine Rolle. Die Art steht unter Naturschutz.
Hornissen
Hornissen sind die größten und wohl auch schönsten Faltenwespen, die bei uns vorkommen. Über sie gibt es hartnäckige Vorurteile, z.B. dass drei Stiche einen Menschen und sieben ein Pferd töten können. Diese blödsinnigen Aussagen haben dazu geführt, dass sie erbarmungslos verfolgt und vernichtet wurden, was sie an den Rand des Aussterbens brachte. Hornissen sind von Natur aus nicht aggressiv und greifen nie grundlos Menschen an.
Foto: blickwinkel/D. Maehrmann
Aussehen: Man braucht die Tiere eigentlich nicht zu beschreiben. Sie fallen sofort durch ihre imposante Größe auf. Eine Königin ist bis zu 40 mm groß, und Arbeiterinnen messen immerhin noch bis zu 25 mm. Hornissen weisen nicht die typische gelb-schwarze Wespenfärbung auf. Sie sind eher gelb-rötlich bis braun gefärbt. Auffallend ist auch das tiefe Brummgeräusch, das beim Fliegen der Tiere entsteht.
Nest: Gebaut wird in Schuppen, Scheunen, Gartenhäusern, hinter Verschalungen, aber auch in Vogelnistkästen oder hohlen Bäumen.
Nestmaterial: Aus morschem Eichenholz oder Hartholzstückchen, die sie mit Speicheldrüsensekret zu einem Brei verarbeiten. Die Nester sind ockerfarben.
Staatengröße: Hornissenstaaten erreichen auf dem Höhepunkt der Entwicklung bis zu 700 Tiere.
Ernährung Vollinsekt: Kohlenhydratreiche Nahrung in Form von Säften reifer Früchte (Hornissen gehen gerne an Fallobst) und Nektar aus Blüten verschiedener heimischer Gehölze. Manchmal beißen sie mit ihren Mandibeln (Wundwerkzeugen) Rinde von Weiden, Pappeln oder anderen Baumarten an und nehmen den austretenden Baumsaft als Energiequelle auf.
Larvennahrung: Spinnen, Fliegen, Raupen u.a. werden erbeutet und zerlegt. Das Fleisch wird zu einem Brei verarbeitet und an die Larven verfüttert. In der Literatur findet man Angaben, dass ein starkes Hornissenvolk pro Tag bis zu 500 g Insekten verfüttern kann.
Bedeutung: Wegen ihrer hohen ökologischen Bedeutung und ihrer Nützlichkeit als Insektenvertilger stehen Hornissen unter besonderem Artenschutz und dürfen nicht verfolgt oder getötet werden. Ja sogar das Stören von Hornissen ist zu unterlassen.
Das ist allerdings auch besonders im Bereich des Nestes nicht ratsam. Sehen Hornissen ihren Staat bedroht, verteidigen sie ihn vehement, wie übrigens alle Wespenarten. Daraus ergibt sich eine einfache Vorsichtsmaßnahme: Niemals zu nahe an ein Nest herantreten (2–3 m Sicherheitsabstand). Einflugöffnung nicht versperren, keine hektischen Bewegungen in Nestnähe.
Wollen Sie Hornissen fördern, können Sie einen geeigneten Nistkasten in einer Höhe von mindestens 3 m und sonniger Lage aufhängen. Der Handel bietet verschiedene Modelle an, im Internet findet man Baupläne. In Kleingartenanlagen sollten Sie die Nistkästen vorsichtshalber nicht in Nähe von Kinderspielplätzen anbringen.
Übrigens werden verlassene Nester aller Wespenarten nicht wieder besiedelt. Ein belegter Hornissenkasten muss nach Absterben des Volkes also immer gereinigt werden.
Klaus-Dieter Kerpa