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„Pflanzenschutz“ mit Grundstoffen

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Wirksamkeit von GrundstoffenFoto: Valerii Honcharuk/Adobe Stock Die Wirksamkeit von Grundstoffen etwa gegen Mehltaupilze ist sehr unterschiedlich.

Um Krankheiten und Schädlinge an Pflanzen zu bekämpfen, werden in der Regel Pflanzenschutzmittel eingesetzt. In Kleingärten immer weniger – dort sind sie kaum noch erwünscht und oft auch verboten.

Grundstoffe auf dem Markt

Was aber kann man tun, wenn der Salat oder die Möhren von Krankheiten oder Schädlingen angegriffen werden und man nicht auf Ware aus dem Supermarkt zurückgreifen möchte? Als Erstes gilt es natürlich, die Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes zu beherzigen, das heißt, die Kulturbedingungen und die Düngung zu optimieren und bei einem ersten Schaderregerbefall mechanische Maßnahmen zu ergreifen, z.B. Schädlinge abzusammeln oder mit Krankheiten befallene Blätter zu entfernen. Erst wenn diese Maßnahmen nicht mehr ausreichen, könnten Produkte mit direkter Wirkung auf die Schaderreger eingesetzt werden. Neben Pflanzenschutzmitteln sind das die sogenannten „Grundstoffe“.

Laut Definition (Art. 23 der VO (EU) 1107/2009) handelt es sich um unbedenkliche Stoffe, die zwar nicht in erster Linie für den Pflanzenschutz verwendet werden, aber für  Pflanzenschutzmittelprüfung den Pflanzenschutz von Nutzen sind – entweder ohne weitere Verarbeitung oder in einem Produkt, das aus dem Stoff und einem ein­fachen Verdünnungsmittel besteht –, aber nicht als Pflanzenschutzmittel verkauft werden. Grundstoffe werden entweder selbst „hergestellt“ oder, seit einiger Zeit, in anwendungsfertigen Produkten verkauft. Werden sie als Grundstoff verkauft, ist im Gegensatz zu Pflan­zenschutzmitteln weder ein spezieller Schrank noch ein Sachkundenachweis des Verkäufers erforderlich. Grundstoffe dürfen zur Be­kämpfung von Schaderregern nur bei der dafür vorgesehenen Indikation, d.h. nur auf den geprüften Kulturen, gegen die ge­nannten Schaderreger und in der dafür vorgeschriebenen Aufwandmenge und Anwendungsart eingesetzt werden.

Wie Pflanzenschutzmittel werden auch diese Stoffe auf EU-Ebene auf ihre nega­tiven Auswirkungen auf Mensch, Natur und Umwelt geprüft. Erst dann, wenn nichts dagegenspricht, werden sie für be­stimmte Kulturen gegen bestimmte Schad­erreger in einer genau festgelegten Aufwandmenge genehmigt.

Sonnenblumenöl an Tomaten einsetzenFoto: Александр Лебедько/Adobe Stock Sonnenblumenöl darf nur bei Tomaten eingesetzt werden.

Denn auch Grundstoffe können, wenn sie nicht fachgerecht eingesetzt werden, ein Risiko für die Umwelt oder den Menschen darstellen. Nur in der ausgewiesenen Anwendung sind sie sicher und unbedenklich. Sonnenblumenöl beispielsweise ist für Wasserorganismen toxisch und darf nur bei Tomaten einge­setzt werden. Wasserstoffperoxid ist als Desinfektionsmittel für Schnittwerkzeu­ge und zur Saatgutbeize in verschiedenen Kulturen genehmigt. Gespritzt werden darf es nicht, da das Einatmen der kleinen Tropfen zu Verätzungen und zu Schä­den an der Lunge führt. Andere Stoffe wie Schafgarbe oder Wermut sind nicht genehmigt, da möglicherweise bei der Anwendung ein Risiko für Anwender, Um­stehende oder für den Naturhaushalt be­steht.

Werden Grundstoffe vermarktet, muss auf der Verpackung ein Hinweis zu finden sein, dass es sich um Grundstoffe und nicht um Pflanzenschutzmittel han­delt. 

Für jeden etwas ...

Zurzeit sind 26 Grundstoffe mit sehr un­terschiedlichen Wirkungsweisen in der EU genehmigt. Stoffe wie Wasserstoff­per­oxid, Milch, Molke oder Essig haben eine direkte bakterizide und viruzide Wirkung und werden unter anderem als Desinfek­tionsmittel für Schnittwerkzeuge ein­ge­setzt.

Ackerschachtelhalm gegen SchaderregernFoto: Flora Press/BIOSPHOTO/NouN Ackerschachtelhalm soll das Eindringen von Schaderregern behindern. Zucker (Saccharose, Fruktose), Chi­to­san und Chitosanhydrochlorid wirken resistenzinduzierend. Durch den Resistenzinduktor wird ein Befall mit einem Schaderreger simuliert, woraufhin die Pflanzen ihr Abwehrsystem aktivieren. Die Zellwände werden verstärkt, um das Eindringen von Schaderregern zu verhin­dern, und es werden Stoffe produziert, die Schaderreger aktiv bekämpfen können. Resistenzinduktoren müssen unge­fähr drei bis fünf Tage vor einer In­fektion mit Schaderregern und wiederholt eingesetzt werden, da ihre Wirkung nur ungefähr sieben bis zehn Tage anhält.

Bier und Diammoniumphosphat wir­ken als Lockmittel. Bier wird als Bierfalle gegen Nackt- und Gehäuseschnecken, Diammoniumphosphat als Lockstoff in Fallen zum Anlocken von Fruchtfliegen in Zitruspflanzen, Kirschen und anderen Obstgehölzen eingesetzt.

Zwiebelöl dient der Verwirrung von Möhrenfliegen, sodass sie ihre Futterpflanze nicht finden. Andere Stoffe haben eine direkte bekämpfende Wirkung, z.B. Natriumhydrogencarbonat (Backpulver), Milch, Molke oder Sonnenblumen­öl. Diese Stoffe werden bei leichtem Befall als Spritzbehandlung direkt auf die Pflanze ausgebracht. Acker­schachtelhalm enthält viel Silicium, das in Zellwände eingelagert für Stabilität sorgt und das Eindringen von Schaderre­gern behindert.

Konkrete Anwendungen

Backpulver (Natriumhydrogencarbonat) kann bei Beerenobst, Gemüse und Zierpflanzen zur Bekämpfung von Echtem Mehltau eingesetzt werden. Dafür werden 3,3–10 g Backpulver in 1 l Wasser aufgelöst. Auf 100 m² dürfen 3–6 l dieser Spritzbrühe ausgebracht werden.

Weitere Infos hat der Pflanzenschutzdienst Berlin zusammengestellt: Hier finden Sie auch eine Datenbank mit den zugelassenen Grundstoffen in den jeweiligen Indikationen sowie Informationen über nicht zulassungsfähige Grundstoffe: https://bit.ly/grundstoffe


Unterschiedliche Wirksamkeit

Die Wirksamkeit von Grundstoffen ist sehr unterschiedlich. Es kommt auf viele Faktoren an, z.B. auf den Zeitpunkt der Ausbringung, das Stadium des Schaderregers und wie gut der Grundstoff generell gegen Schaderreger wirkt. Einige Grundstoffe haben eine sehr gute direkte Wirkung auf die ausgewiesenen Schaderreger, wie Backpulver gegen Echte Mehl­taupilze, sofern sie frühzeitig eingesetzt werden, während andere, wie Schachtelhalmmulch oder -ex­trakt, eine eher schwache Wirkung haben.

Grund­stoffe weniger gefährlichFoto: Sonja Birkelbach/Adobe Stock Generell gelten Grund­stoffe als weniger gefährlich als Pflanzenschutzmittel.

Generell gelten Grundstoffe als weniger gefährlich für Mensch, Umwelt und Natur als Pflanzenschutzmittel. Im speziellen Fall kommt es natürlich auf den Grundstoff und das Pflanzenschutzmittel an.  Rapsöl, das in Pflanzenschutzmitteln verwendet wird, ist z.B. ebenso für die Umwelt schädlich wie Sonnenblumenöl, das als Grundstoff verwendet wird. Am besten für die Umwelt ist es, ganz auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Grundstoffen zu verzichten.

Elisabeth Götte
Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen